Eine Frage, die immer wieder gestellt, aber auch in Zweifel gezogen wird, ist die nach der Machbarkeit bzw. Wirksamkeit von Lean Management und dessen Methoden in der Verwaltung, in den so genannten indirekten Bereichen.
Um dieses Thema zu bearbeiten, ist es m.E. wertvoll erstmal die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede herauszuarbeiten.
Gemeinsamkeiten zw. Produktion und Verwaltung
- Es gibt auch in der Verwaltung Prozesse.
- Es treten auch Verschwendungen auf.
- Die Effizienz der Prozesse kann mittels Kennzahlen festgestellt werden.
- In den Prozessen existieren Arbeitsstandards.
- Die Menschen und deren Einbeziehung haben entscheidenden Einfluss auf die Wahrnehmung und Vermeidung von Verschwendungen.
- Die Lean Prinzipien und Werkzeuge können in beiden Bereichen eingesetzt werden.
Unterschiede zw. Produktion und Verwaltung
- In den meisten produzierenden Branchen laufen in der Verwaltung mehr unterstützende Prozesse als direkt wertschöpfende Prozesse ab.
- Die Verschwendungen sind nicht so offensichtlich, wenn es sich um physische Produkte handelt.
- Kennzahlen in den Verwaltungsprozessen sind nicht so offensichtlich wie in der Produktion.
- Die Variabilität in den Prozessen ist in der Verwaltung größer.
- Der Bezug zum Endkunden ist oft indirekter als in der Produktion (daher auch der Name).
- In der Verwaltung herrschen noch oft Werkstattprinzipien vor, während die Industrialisierung in der Produktion schon lange Einzug gehalten hat.
- Die Anwendung der Lean Werkzeuge ist in der Verwaltung nicht so offensichtlich und naheliegend wie in der Produktion, wo sie entstanden sind und schon Jahrzehnte im Einsatz sind.
Wenn etwas weitergedacht wird und auch interne Kunden betrachtet werden, kann man auch in der Verwaltung von Produktion sprechen. Das Ergebnis sind dann zwar keine physischen Produkte, die Prozessergebnisse setzen sich trotzdem aus einzelnen Bestandteilen zusammen. Diese müssen ggf. aus- oder zusammengesucht werden (selbst wenn es nur Unterschriften oder Haken in einer Liste sind), es kommt auf eine bestimmte Reihenfolge an, die Bestandteile müssen – ggf. im übertragenen – bewegt werden. Ich entsinne mich noch gut an einen früheren Kunden, bei dem eine Telekommunikationsleistung im täglichen Sprachgebrauch „produziert“ wurde. Dazu waren verschiedene Schaltungen und Konfigurationen notwendig, ebenso wie die Einrichtung von Abrechnungsmodellen. Alle Teilleistungen mussten erbracht werden, bis dem Endkunden die Leistung zur Verfügung stand.
– Cyril Northcote Parkinson
In der Verwaltung bzw. anderen indirekten Bereichen treten genau Verschwendungen auch, die sich auf die sieben Verschwendungsarten zurückführen lassen. Da in vielen Fällen keine physischen Gegenstände entlang der Wertschöpfung beteiligt sind, ist es allerdings notwendig, von der physischen und die oft informationelle Welt zu wechseln, um vergleichbare Effekte wahrzunehmen. Der Artikel über Verschwendungen am Flughafen gibt in einer Außensicht einen kleinen Eindruck.
Eine vergleichbare Transformation ist auch bei der 5S/5A-Methodik möglich (bspw. in der Produktentwicklung). Der Begriff Arbeitsplatz kann dabei beispielsweise auch auf eine Benutzeroberfläche ausgedehnt werden. Ein möglicher Einwand ist dabei die Starrheit derselben und der fehlende Einfluss des einzelnen Benutzers. Mittlerweile existieren jedoch Konzepte wie Podio, die genau diese individuellen Oberflächen ermöglichen und dem Anwender neue Gestaltungsmöglichkeiten geben.
Was in der Produktion mit der Planung und Gestaltung von Produktionslayout schon seit Jahrzehnten Standard ist und sich an den individuellen Bedürfnissen der konkreten Produktentstehung orientiert, wird sich langsam auch in indirekten Bereichen durchsetzen und dort neue Möglichkeiten der Effizienzsteigerung schaffen.
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