Ängste können im kontinuierlichen Verbesserungsprozess durchaus ernstzunehmende Hindernisse darstellen. Ängste und verwandte Emotionen haben dabei unterschiedliche Ursachen und Auswirkungen. Beides gilt es wahrzunehmen und ihnen zu begegnen.
Angst vor Fehlern
Die Angst vor Fehlern besteht immer dann, wenn ein falsches Verständnis von Fehlern im Unternehmen präsent ist oder in der Vergangenheit war. Diesen kulturellen Aspekt Aspekt zu verändern, ist keine Sache, die in wenigen Wochen erledigt ist. Grundsätzlich sollten Fehler bei Verbesserungsbestrebungen begrüßt werden, weil sie ein Indiz dafür sind, das Lernerfahrungen und Lernerfolge gemacht werden. Ohne Fehler kann kein neues Wissen entstehen. Wenn auf dem Weg zu einem Ziel keine Fehler gemacht werden, ist das ein deutliches Zeichen, dass das Ziel nicht wirklich herausfordernd gesetzt wurde und der Weg deshalb nur durch bekanntes Terrain geführt hat.
Angst um den Arbeitsplatz
Diese Angst kann in der Angst vor Fehlern begründet sein, die dann den Arbeitsplatz gefährden könnten. Die andere Angst kann ihre Wurzeln darin haben, dass mögliche Verbesserungen die eigene Rolle im Unternehmen überflüssig machen. Diese zweite Sorge kann dadurch verhindert werden, dass ein klares Bekenntnis der Unternehmensleitung zur Belegschaft und dem Zweck der Verbesserungen kommuniziert wird, indem deutlich gemacht wird, dass ebenso wie das Unternehmen als Ganzes auch die Verbesserungen den Zweck haben, den Kundennutzen zu mehren und freiwerdende Kapazitäten in der Belegschaft auch dazu genutzt werden.
Angst vor Zurückweisung
Die Zurückweisung bezieht sich hier auf Ideen und Verbesserungsvorschläge. Dieser Angst kann dadurch begegnet werden, dass eine klare Kommunikation der Ziele besteht. Diese Klarheit hat dann innerhalb der Belegschaft zur Folge, dass eigene Ideen automatisch an diesen Zielen ausgerichtet sind und es deshalb erst gar nicht zur Ablehnung und Zurückweisung kommt. Selbst wenn es doch einmal der Fall sein sollte, verhindert respektvoller Umgang und entsprechende Kommunikation mit den Beteiligten, dass fehlende Wertschätzung der Menschen und ihrer Ideen, das Gefühl von Ablehnung und Zurückweisung entstehen lassen.
Die Zurückweisung kann aber nicht nur durch Vorgesetzte auftreten, sondern auch aus dem Kollegenkreis. Die Ursachen dafür können vielfältig sein, oft sind es ähnliche Ängste wie in den anderen Rubriken.
– W. Edwards Deming
Angst vor Veränderung
Die Angst vor Veränderung geht oft auf die Angst vor dem Unbekannten und den resultierenden Folgen zurück. Das Mittel der Wahl im Umgang und der Behebung dieser Angst ist eine offene Informationspolitik. Vereinfacht lässt sich sagen, dass im Umfeld von Lean & Co. im Grunde gar nicht zu viel kommuniziert werden. Das gilt sowohl für die Ziele von Lean an sich, ebenso wie die allgemeinen Folgen daraus und die ganz praktischen Veränderungen und die Durchbrechung liebgewordener Gewohnheiten und Routinen. Auch die versteckte Botschaft von Fehlverhalten ist ein Bestandteil der Angst vor Veränderung.
Angst vor Überlastung
Ursachen dieser Angst können die oben genannten neuen oder zusätzlichen Aufgaben sein. Aufgaben, für die unter Umständen die zeitlichen aber auch die fachlichen Ressourcen (noch) nicht verfügbar sind. Es liegt dabei in der Verantwortung der entsprechenden Vorgesetzten, diese Formen der Überlastung wahrzunehmen, sie zu differenzieren und die Betroffenen in geeigneter Form individuell beim Abbau zu unterstützen. Dies kann in Form notwendiger Schulungen auf der rein fachlichen Seite geschehen, durch Coaching auf der sozialen Seite oder durch die Umverteilung von Aufgaben und Schaffung von Freiräumen auf der Ebene zeitlicher Ressourcen geschehen.
Die Angst vor Überlastung kann auch in der Sorge begründet sein, Ideen und Vorschläge selbst umsetzen zu müssen, die notwendigen Ressourcen aber nicht zu besitzen oder keine Kontrolle darüber zu haben.
Angst vor Kontrollverlust
Die Angst vor Kontrollverlust betrifft in der Regel Führungskräfte. Eine Ursache kann dabei das fachliche Know-how sein, das in vielen Fällen Führungskräfte in ihre Position gebracht hat, dann aber aufgrund anderer Anforderungen keine Garantie dafür sind, dass die erreichte Position gehalten werden kann. Das passiert gerade dann, wenn plötzlich mehr gefordert ist, dass Führung durch Fragen statt durch Sagen geschehen soll, wie dies bei der Umsetzung der Toyota Kata und insbesondere der Coaching-Kata der Fall ist. Dieses neue Führungsverständnis und die damit verbundenen Veränderungen können bei Führungskräften ebenfalls Ängste hervorrufen. Besondere Herausforderungen können darin bestehen, dass die Führungskräfte diese Ängste sich selbst und ihrer Umgebung gar nicht eingesehen können oder wollen. Dieses Eingeständnis ist aber eine wichtige Voraussetzung für den bewussten Umgang damit.
Zum Abschluss noch das komplette Zitat von W. Edwards Deming aus seinen 14 Schritten zur Qualitätsverbesserung: „Angst ist eine häufige Ursache von Fehlern. Sie entsteht immer dann, wenn der Einzelne eine Gefühl der Ohnmacht gegenüber anderen – etwa seinen Vorgesetzten – oder dem System hat, in Dingen, die sein Leben oder seine Arbeit eng berühren.“ Deming vertritt die Ansicht, dass 94 Prozent aller Fehler dem Management und nur 6 Prozenten den Ausführenden zuzuordnen sind.
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