In diesem Artikel will ich einen Führungsaspekt diskutieren, der auch im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess Relevanz hat. Es geht mir dabei um das Thema Rückdelegation, landläufig und metaphorisch auch mit der Übernahme eines Affen vom Mitarbeiter durch die Führungskraft ausgedrückt. Dabei möchte ich gleich zu Beginn betonen, dass das Bild des Affen keinerlei Wertung der Aufgabe, des Mitarbeiters oder der Führungskraft darstellen soll. Letztlich hätte auch jedes andere Tier oder Objekt dafür herhalten können. Woher das Bild des Affen in dieser Rolle bzw. Funktion ursprünglich stammt, ist für mich nicht nachvollziehbar. Es ist mir in der Darstellung unterschiedlicher Führungstrainer bzw. unterschiedlicher Führungsliteratur schon begegnet, zuletzt bei Frank Breckwoldts „Hochleistung und Menschlichkeit“ (wobei er explizit auch nicht den Anspruch auf Originalität erhebt).
Die Metapher des Affen drückt aus, dass der Mitarbeiter mit einem Problem zu seiner Führungskraft kommt und diese bereitwillig die Aufgabe (wieder) übernimmt und sich zu eigen macht. „wieder“ schreibe ich hier unter der Annahme, dass der Mitarbeiter ursprünglich die Aufgabe von der Führungskraft erhalten hat und es durch die (unreflektierte) Rücknahme der Aufgabe in die eigene Verantwortung der Führungskraft also zu einer mehr oder weniger bewussten Rückdelegation kommt.
So weit diese Vorbemerkung, jetzt also zur Relevanz im KVP und wie dort die Rückdelegation vermieden werden kann.
Die Aufgabe an den Mitarbeiter im KVP kann beispielsweise eine Aktivität im Rahmen einer Phase des PDCA-Zyklus sein, die Erarbeitung eines Schrittes der Verbesserungs-Kata (Schritt 2, Erarbeitung des Ist-Zustands oder Schritt 4, Durchführung eines Experiments eben mittels PDCA-Zyklen) oder die Beantwortung einer oder mehrerer der fünf Fragen der Coaching-Kata.
In der Regel wird die Ursache der Rückdelegation darin begründet sein, dass der Mitarbeiter aus unterschiedlichen Gründen die Aufgabe real oder gefühlt nicht lösen kann und deshalb den Versuch unternimmt, sie wieder an die Führungskraft zurückzugeben bzw. diese sich die Aufgabe zurückholt.
– Samuel Langhorne Clemens, besser bekannt als Mark Twain
Um diese Rückdelegation zu vermeiden, ist es zu allererst entscheidend, dass die Führungskraft den bewussten oder unbewussten Versuch des Mitarbeiters zur Rückdelegation ebenso wie die eigene Beteiligung wahrnimmt. Innerhalb der Verbesserungs-Kata ist das durchaus auch ein versteckter Zweck, der durch die Fragetechnik der begleitenden Coaching-Kata erreicht wird. Deshalb ist es auch so wichtig, dass die Coaching-Kata durch die Führungskraft bewusst angewendet und speziell zu Beginn durch einen Coach-Coach begleitet wird, weil dieser den unabhängigen Blick eines Beobachters von außen hat. Dieser Coach-Coach muss dabei nicht notwendigerweise erfahrener als der Coach selbst sein.
Innerhalb der Coaching-Kata ist es also entscheidend, dass der Coach bei den Fragen bleibt, nicht selbst die Antworten gibt und schon damit sich selbst den Affen auf die Schulter setzt. Wenn der Mitarbeiter weiterhin nicht in der Lage ist, Antworten zu liefern, kann und sollte die Führungskraft hinterfragen, welche Ursachen dafür in Frage kommen und wie der Mitarbeiter zu den Antworten befähigt werden kann. Die Situation der Unwilligkeit des Mitarbeiters will ich hier explizit ausklammern, weil das genügend Stoff für mindestens einen weiteren Artikel wäre.
Mögliche Lösungen innerhalb der oben genannten Schritte 2 und 4 der Verbesserungs-Kata können geeignete Schulungsmaßnahmen sein oder auch die Erweiterung des beteiligten Personenkreises, um auf dem Weg notwendiges Wissen oder Erfahrungen einzubeziehen. Hierbei kommen den Fragen nach dem nächsten Schritt und den Hürden eine hohe Bedeutung bei, weil dadurch vorhandenes aber unter Umständen nicht erkanntes Wissen ins Bewusstsein geholt wird.
Ein weiterer Grund zur Rückdelegation neben der beschriebenen Unwissenheit können fehlende Freiräume beim Mitarbeiter sein. Diese fehlenden Freiräume können zeitlicher Natur sein (bspw. aufgrund des Tagesgeschäfts) oder in fehlender Autorität begründet sein. Beides sollte wiederum zuerst durch Fragen der Führungskraft nach möglichen Lösungen geklärt werden. Auch hier jedoch nicht dadurch, dass die Führungskraft die Aufgaben übernimmt, sondern sich auf die Schaffung der Freiräume beschränkt.
Außerdem ist es wichtig, dass die Führungskraft den möglichen Grund zur Annahme der Rückdelegation in Form der Erhöhung durch die eigene fachliche Kompetenz erkennt, dieses Verlangen zurückstellt, sich auf ihre Führungsrolle konzentriert und dem unter Umständen schnelleren und/oder vermeintlich einfacheren Weg der Rückdelegation versagt.
Grundprinzip zur Vermeidung von Rückdelegation ist es also, dass der Mitarbeiter bei auftretenden Problemen immer dazu aufgefordert wird, selbst Lösungsvorschläge zu machen bzw. zu erarbeiten, selbst wenn diese über den Zwischenschritt notwendiger Befähigung (Wissen und Freiräume) gehen und kurzfristigen Mehraufwand oder zeitliche Verzögerungen bedeuten.
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