KVP – eine Frage der Bedürfnisse

Bedürfnisse

Wenn wir über Bedürfnisse im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess reden, müssen wir ganze unterschiedliche Personen und Personenkreise in Betracht ziehen und berücksichtigen. Über unterschiedliche Personenkreise hatte ich schon einige Artikel geschrieben, u.a bzgl. einer Frage der Mitspieler, einer Frage der Bildung und einer Frage der Reife.

Jetzt geht es also um die Bedürfnisse der Menschen, die jedoch nicht alle gleich sind, was sonst diesen Artikel auch überflüssig machen würde. Inspiriert wurde der Artikel durch eine Sendung des LeanTalkTV, in der dieses Stichwort ganz kurz fiel, bei mir aber sofort einen Impuls ausgelöst hat.

Während die Personenkreise ziemlich offensichtlich sind, lohnt es sich in meinen Augen, über deren Bedürfnisse nachzudenken und auf den KVP auf einer abstrakten, ebenso wie auf einer konkreten Ebene abzubilden. Ich nehme aber nicht für mich in Anspruch, dass diese Liste vollständig ist, noch dass die einzelnen Bedürfnisse vollständig und korrekt beschrieben sind. Wenn Sie meine Gedanken ergänzen möchten, freue ich mich über Ihre Kommentare am Ende des Artikels.

Bedürfnisse der Kunden

Die Bedürfnisse der Kunden liefern den wichtigsten Antrieb, nämlich den Zweck eines Unternehmen. Welche konkreten Bedürfnisse bestehen, sei hier dahingestellt. Ein paar generelle Dinge sind jedoch immer zutreffend.

  • Nutzen, also das „Leben“ in irgendeiner Richtung erleichtern
  • Qualität, also den Nutzen in einer erwarteten Form leisten
  • Kosten, die den erzielten Nutzen nicht übersteigen
  • Zeit, bis die Leistung zur Verfügung steht

Wichtig bei diesen Aspekten, dass die einzelne Ausprägung und Gewichtung sehr individuell ausfallen kann. Darüber sollte für das Unternehmen, aber durchaus auch für den Kunden Klarheit bestehen, weil es sich daraus ergeben kann, dass eine einzelne Person eben auch nicht zur Zielgruppe des Unternehmens gehören kann und dessen konkrete Bedürfnisse damit unter Umständen auch irrelevant werden. Je mehr Klarheit hier besteht, desto eher werden Missverständnisse und Enttäuschungen in der Folge vermieden – auf beiden Seiten.

Bedürfnisse der Mitarbeiter

Die Bedürfnisse der Mitarbeiter folgen direkt nach den Bedürfnissen der Kunden. In bestimmten Fällen kann das sogar so weit gehen, dass allgemeine Bedürfnisse der Mitarbeiter (bspw. Wohlbefinden oder auch das Bedürfnis nach Respekt als einem Prinzip des Lean Managements) höher bewertet werden, als die eines bestimmten Kunden (dessen Bedürfnisse im oben genannten Sinn überflüssig werden). Ein sehr schönes Beispiel dieser Form der Kundenorientierung ist das kanadische Unternehmen DLGL Ltd. (www.dlgl.com), das in John Streleckys Buch „Das Leben gestalten mit den Big Five for Life“ beschrieben wird.

Neben dem genannten Respekt bietet die Maslowsche Bedürfnispyramide gute Anhaltspunkte (diese gilt natürlich in individueller Ausprägung auch für die anderen Personenkreise) für weitere Bedürfnisse. Wie durch das Grundprinzip im Job Relations Training des TWI (Training Within Industry) ausgedrückt, muss dabei bedacht werden, dass Menschen Individuen sind und diese auch als solche unterschiedliche Bedürfnisse haben. Dabei darf es durchaus auch sein, dass eine bestimmte Person mit ihren Bedürfnissen nicht zu einem Unternehmen passt und der Form, wie dort der Kontinuierliche Verbesserungsprozess gelebt wird. Auch hier kann dann ein gewisses Unvereinbarkeitsprinzip wie bei den Kunden gelten.

„Ein Leben, das vor allem auf die Erfüllung persönlicher Bedürfnisse ausgerichtet ist, führt früher oder später zu bitterer Enttäuschung.“

– Albert Einstein

Bedürfnisse der Führungskräfte

Bei Führungskräften sollte auch beachtet werden, dass diese auf eine gewisse Weise natürlich auch Mitarbeiter sind. Gleichzeitig haben Führungskräfte unter Umständen aufgrund ihrer besonderen Stellung im Unternehmen auch besondere Bedürfnisse. Das heißt aber nicht, dass deshalb die Bedürfnisse der anderen Personen dahinter zurückstehen müssen. Die Aussage von Rosa Luxemburg bzgl. der Freiheit des Einzelnen lässt sich in meinen Augen auch auf Bedürfnisse übertragen. Darüber hinaus habe ich die persönliche Erwartung an Führungskräfte, dass diese auch in verstärkten Maß des Bedürfnisse der anderen Personenkreise bei ihrem Verhalten berücksichtigen.

Bedürfnisse der Unternehmensleitung

Die Mitglieder der Unternehmensleitung betrachte ich hier eine besondere Form der Führungskräfte, die noch stärker stellvertretend für die Eigentümer des Unternehmens stehen, egal ob es sich um ein Unternehmen in Privatbesitz handelt oder ob es börsennotiert ist. Aus dieser besonderen Form und Verantwortung ergibt sich auch eine noch stärkere Berücksichtigung der schon erwähnten Bedürfnisse der anderen Personenkreise, wie ich das schon für die Führungskräfte genannt habe.

Bedürfnisse der Organisation

Hier kann man darüber streiten, ob etwas abstraktes wie eine Organisation überhaupt Bedürfnisse haben kann, oder ob es sich letztlich doch nur um die der Menschen handelt. Ich denke schon, dass sich Bedürfnisse auch auf Organisation abbilden lassen, wie das auch für Kultur möglich ist. Dies wird dann deutlich, wenn der Begriff der Organisation durch System ersetzt wird. Die Bedürfnisse eines Systems zu erfassen, ist dabei aber ungleich schwieriger zu erfassen, als das für Individuen möglich ist, die ja schließlich individuell befragt werden können, was bei Systemen bzw. Organisationen so nicht möglich ist. Die Bedürfnisse eines Systems finden sich auf den oberen Ebenen der Maslow-Pyramide wieder, ohne dass dabei ignoriert werden darf, dass auch dafür das Überleben der untersten Ebene zählt.

Bedürfnisse der Gesellschaft

Bei der Gesellschaft handelt es sich im Grunde „nur“ um ein weitergefasstes System, das nun nicht nur aus dem Unternehmen besteht, sondern auch aus dessen umgebender Umwelt.

Entsprechend der NLP-Vorannahme kann man in meinen Augen allen Bedürfnissen eine positive Intension zugrundelegen. Das heißt natürlich nicht, dass die Beurteilung der Bedürfnisse der gleichen Bewertung unterliegt. Diese Bewertung ist in der Regel hochgradig individuell und von der Perspektive des Beurteilenden und damit von dessen Bedürfnissen abhängig. Hier kommt es zu einem Zirkelschluss, der grundsätzlich nicht aufgelöst werden kann. Trotzdem oder gerade deshalb ist es jedoch wichtig, dass ein möglichst hohes Maß an Bewusstsein für die Bedürfnisse herrscht, sowohl für die eigenen (was nicht notwendigerweise vorausgesetzt werden kann) als auch für die der anderen Personen. Aus diesem Bewusstsein können sich wiederum neue Wege ergeben, die unterschiedliche Bedürfnisse trotzdem unter einen Hut zu bekommen, wie das bspw. im Haward-Konzept umgesetzt wird.

Jetzt habe ich bisher kaum etwas über die konkreten Ausprägungen der Bedürfnisse der verschiedenen Personenkreise und die Relevanz für den KVP gesagt. Ich rede mich jetzt einfach dadurch raus, dass diese Bedürfnisse in jedem Fall individuell betrachtet werden müssen, wie auch die Methoden und Werkzeuge des Lean Management auf den konkreten Fall angepasst werden müssen und nicht nur unreflektiert zum Selbstzweck betrieben werden dürfen.

Frage: Welche Bedürfnisse erkennen Sie in und um Ihr Unternehmen? Wie finden diese Bedürfnisse Berücksichtigung im KVP? Welche Folgen ergeben sich aus diesen Bedürfnissen?

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