KVP – eine Frage der Fragen

Fragen

Im letzten Artikel ging es allgemein um die Werkzeuge des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, auch um deren Anwendung. In diesem Artikel steht ein bestimmtes Werkzeug bzw. ein Werkzeugsatz im Vordergrund, der eine wichtige Rolle im KVP spielt. Dieser Werkzeugsatz besteht aus verschiedenen Fragen bzw. Fragetechniken. Die Qualität der Fragen bestimmt ganz entscheidend die Qualität der Antworten. Ungeeignete Fragen, ungeeignete Antworten. Gute Fragen, gute Antworten.

Die unterschiedlichen Fragetechniken kommen je nach Ziel des Werkzeugs in unterschiedlichen Phasen des Verbesserungsprozesses zum Einsatz.

  1. Problemidentifikation
  2. Zieldefinition
  3. Ursachenanalyse
  4. Lösungsfindung
  5. Lösungsauswahl

Neben diesen phasenbezogenen Fragen kommen auch Fragen auf einer Meta-Ebene zum Einsatz, also Fragen, die sich mit dem Prozess selbst beschäftigen.

Problemidentifikation

Hier stehen die fünf W-Fragen (Was, Wie, Wo, Wer, Wann, …) an der Spitze des Fragenkatalogs. Damit ist es möglich, ein Problem als Ausgangspunkt für spätere Verbesserung zuerst einmal umfassend zu beschreiben. Ein leider immer wieder auftretender Fehler ist ein Mangel an einer klaren Problemidentifikation, um dann in den Folgeschritten das Ziel zu definieren, die Ursachen zu analysieren, Lösungen zu finden und schließlich eine passende Lösung auszuwählen.

Zieldefinition

Nach der Problemdefinition, also dem Zustand, von dem man sich wegbewegen will, ist es mindestens genauso wichtig ein Ziel zu definieren. Nur durch diese beiden Punkte kann eine gerichtete Bewegung entstehen. In der Regel werden vergleichbare W-Fragen zur Zieldefinition gestellt. Die Wie-Frage tritt jedoch hier etwas in den Hintergrund, weil damit schon ein (zu früher) Eintritt in die Lösungsfindung beginnen würde.

Ursachenanalyse

Bei den fünf W-Fragen zur Problemidentifikation hat ein W-Fragewort noch gefehlt – die Frage nach dem Warum. Bei diesem Fragewort sind zwei Dinge zu beachten: Erstens handelt es sich um eine Frage zur Ursachenanalyse und zweitens ist die Warum-Frage mit Bedacht einzusetzen, um eine sehr leicht zu provizierende Abwehrhaltung zu vermeiden. Richtig eingesetzt kann die 5xWarum-Technik ein sehr mächtiges Werkzeug der Ursachenanalyse sein. Die zu beachtende Gefahr, die mit der Warum-Frage verbunden ist, habe ich bereits in einem anderen Artikel (das “Warum” im NLP und Projektmanagement) umfangreich diskutiert. Die Relevanz lässt sich vom Projektmanagement direkt auf das KVP-Umfeld übertragen.

Lösungsfindung

Ein klassisches Werkzeug der Lösungsfindung ist das Brainstorming. Welche Fragestellung hier im Vordergrund steht, hängt vom konkreten Problem ab und lässt sich nicht so allgemein beschreiben. Eine gute Orientierung gibt die Zieldefinition mit den dort beantworteten W-Fragen und den resultierenden Zielkriterien vor. Wichtig in dieser Phase ist, dass die möglichen Lösungen nicht zu früh bewertet werden, um die Vielfalt nicht zu früh zu limitieren und u.U. das Engagement der Mitwirkenden zu beschneiden.

Lösungsauswahl

Ein Werkzeug zur Selektion einer Lösung aus dem größeren Topf der möglichen Lösungen ist die Konzeptauswahl nach Pugh (Pugh Concept Selection). Die beiden Fragen, die diesem Werkzeug zugrundeliegen, sind letztlich immer die gleichen: Welche der möglichen Lösungen erfüllt die vordefinierten (!) Kriterien am besten und wie kann diese Lösung im Zuge der (schrittweisen) Auswahl noch verbessert werden? Dazu wird dann wieder auf die Antworten zur Zieldefinition zurückgegriffen.

Prozessfragen

Auf der Prozessebene werden Fragen gestellt, die den Weg vom Problem zur Lösung selbst nicht bestimmen, aber durch die Meta-Ebene trotzdem erhebliche Auswirkung haben können – positiv wie negativ. In seinem Buch Toyota-Kata beschreibt Mike Rother fünf Fragen der Coaching-Kata, die im KVP immer wieder zum Einsatz kommen und den Prozess vorwärts bewegen und begleiten:

  1. Was ist der Zielzustand?
  2. Wie ist der Ist-Zustand jetzt?
  3. Welche Hinternisse existieren auf dem Weg zum Ziel-Zustand? Welches “eine” ist als nächstes relevant?
  4. Was ist der nächste Schritt? Welche Erwartungen bestehen dazu?
  5. Wann können wir sehen, was aus diesem Schritt gelernt wurde?

Übergreifende Frageaspekte

In diese Kategorie fällt der generelle Fragetyp. Bei allen oben aufgelisteten Fragen bzw. Frageformen handelt es sich um offene Fragen, bei denen die Antworten nicht nur ein einfaches JA oder NEIN sind. Im Kontrast dazu kommen geschlossene Fragen praktisch nicht zum Einsatz, weil der Informationsgehalt der Antwort fast gegen Null geht bzw, nur eine vorgegebene Antwort bestätigt. Speziell bei der Ursachenanalyse besteht die große Gefahr, dass sich durch die Warum-Frage die Adressaten unter Druck fühlen können und dadurch eine Abwehrhaltung aufbaut. Dadurch kann das notwendige Sicherheitsbedürfnis der Beteiligten verloren gehen und eine nachhaltige Kommunikationsstörung entstehen.

Frage: Welche Fragen stellen Sie im Verbesserungsprozess in Ihrem Unternehmen? Wo bleiben durch ungeeignete Fragen Antworten aus oder entstehen Konflikte, deren Ursachen verborgen bleiben?

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