Der Anstoß zu diesem Artikel ist aus einer Podcast-Episode von Stephan Heinrich entstanden, in der er unter anderem die Rationalität von Entscheidungen im Vertriebsprozess in Frage gestellt hat (ohne diese dabei gänzlich zu verneinen oder nur das Bauchgefühl als Allheilmittel zu überhöhen).
In der Podcast-Episode wird auch auf das Buch des Nobelpreisträgers Daniel Kahneman verwiesen (Schnelles Denken, langsames Denken). Zentrale Bestandteile sind dabei auch Versuche von Psychologen, die einerseits den freien Willen in Zweifel ziehen und andererseits auch Bauchentscheidungen in bestimmten Szenarien den Vorrang einräumen, weil deren Trefferquote unter spezifischen Randbedingungen höher ist als langwierige und aufwändige Untersuchungen.
Bauchentscheidungen sind bspw. in komplexen Situationen der Rationalität überlegen – naheliegenderweise in der Geschwindigkeit aber auch bei der Trefferquote. Im ersten Gedanken sind das dabei genau die Fälle, in denen der vermeintlich gesunde Menschenverstand zur Rationalität raten würde.
Für den KVP (wie auch in anderen Szenarien) möchte ich jetzt weder für Rationalität plädieren, noch der ausschließlichen Intuition den Vorrang geben. In meinen Augen ist es in jedem Fall die Bewusstheit der Entscheidungsstrategie, der wir den Vorzug geben sollten. Speziell bei der spontanen Bauchentscheidung ist das natürliche eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, weil sie der ursprünglichen Basis völlig entgegensteht und damit die geforderte intuitive Entscheidung schon fast wieder ad absurdum führt.
– Albert Einstein
Der Wert der Reflexion einer Bauchentscheidung ergibt sich für mich in der Nachvollziehbarkeit, zumindest in eingeschränktem Umfang. Ob dies auch für eine Reproduzierbarkeit und Übertragbarkeit auf andere Gelegenheiten gilt, bleibt für mich an dieser Stelle fraglich. Mit Sicherheit dürfte aber klar sein, dass eine unterlassene Reflexion Chancen verschenkt, weil sie nicht genutzt werden – sowohl bzgl. der der Nachvollziehbarkeit als auch der Reproduzierbarkeit und Übertragbarkeit.
Natürlich muss bei der Reflexion über Bauchentscheidungen auch bedacht werden, dass eben diese schon einen Teil der Rationalität darstellt. Das bedeutet, dass es fast nicht zu vermeiden ist, dass bei Folgeüberlegungen die Möglichkeit besteht, dass es durch die getroffene Entscheidung zu unbewussten Rechtfertigungstendenzen kommt, diese zu bestätigen.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma kann es in meinen Augen durch eine maximale Bewusstheit über die Gedankengänge geben, zumindest in der Retrospektive der Entscheidungswege.
Alternativ besteht die Möglichkeit die Entscheidungsbasis zu verbreitern – entweder indem weitere Personen in die Entscheidungen einbezogen werden oder indem unabhängige Entscheidungswege gegangen und dann zusammengeführt werden.
In beiden Fällen ist es sinnvoll, die späteren Bewertungskriterien gemeinsam vorab festzulegen, um zu vermeiden, dass später Rechtfertigungsdiskussionen und „vorgespannte“ Gewichtungen entstehen, die die eigenen Entscheidungswege untermauern sollen. Eine Methode, wie die Bewertungen und Auswahlkriterien in den Entscheidungsprozess integriert werden, ist die Pugh Concept Selection.
In jedem Fall sollten auch mögliche Fehler bzw. Irrtümer im Entscheidungsprozess mitberücksichtigt aber gleichzeitig als Chance zum Wissenszuwachs begriffen werden. Einerseits um die vorliegende Entscheidung zu verbessern und andererseits für zukünftige Entscheidungen eine bessere Basis zu schaffen.
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