KVP – eine Frage der Räume

Raum

Aktuell lese (höre) ich das Buch von Dan Olson „The Lean Product Playbook“. Der Autor unter­scheidet hier zwischen zwischen dem Lösungs­raum und dem Problem­raum, wenn es darum geht, neue Produkte zu entwickeln. Im Lösungs­raum aus der Sicht eines Anbieters wird sehr oft von einer techni­schen Lösung ausgegangen, während im Problem­raum vom Bedürfnis eines Kunden ausge­gangen wird. Diese Diffe­renzie­rung lässt sich in meinen Augen auch auf den Konti­nuier­lichen Verbes­serungs­prozess übertragen.

Im Lösungsraum ist die Wahr­schein­lich­keit groß, dass man zu sehr von vorhan­denen und erkannten Verschwen­dungen ausgeht und versucht wird, diese abzu­schaffen. Hier ist der Ausgangs­punkt ein beste­hender Prozess, der verbes­sert werden soll. Das Gemeine an diesem Ansatz ist, dass ja durchaus Lösungen gefunden werden, den Prozess schneller, billiger, mit weniger Ressourcen-Verbrauch zu gestalten. Es kann dann sehr leicht passieren, dass die Verbes­serung immer schwie­riger wird, weil das Poten­zial zur Verbes­serung mit zuneh­mender Zeit immer weiter abnimmt, was letzt­lich in der Natur der Sache begründet liegt. Aller­dings besteht auch immer die große Gefahr, dass gar nicht hinter­fragt wird, ob der Prozess an sich über­haupt notwendig ist. Im Kern geht es also um die Frage nach Effek­tivität oder Effizienz.

Im Problemraum wird zuerst die Frage gestellt, was denn das über­geord­nete Bedürfnis ist, das mit dem Produkt gestillt werden soll. Der Autor von oben genannten Buch verweist an dieser Stelle auf das bekannte Zitat von Henry Ford „Wenn ich meine Kunden gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde.“ Im Grunde handelt es sich aber an dieser Stelle auch um einen Ausgangs­punkt im Lösungs­raum der Pferde. Das zugrunde­liegende Bedürf­nis der Kunden ist aber in Wahrheit eine schnelle und bequeme Möglich­keit sich von Punkt A zu Punkt B zu bewegen. Die bekannte Lösung dafür waren Pferde (und Kutschen).

„Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.“

– Marcus Tullius Cicero

Im Problemraum des zukünftigen Ziel-Zustands rückt die aktuelle Lösung des Ist-Zustands in den Hintergrund. Dies geschieht auch, weil mit dem unbekannten Weg zum Ziel-Zustand (der sich an der Vision orientiert) stärker auf das Problem fokus­siert wird als auf die Verbes­serung der bekannten Lösung. In der Coaching-Kata als Begleit­prozess der Verbesse­rungs-Kata kommt dies zum Ausdruck durch die Frage nach den Hinder­nissen auf dem Weg zum Ziel-Zustand. Davon ausge­hend wird dann auf das nächste Hindernis fokus­siert, welches der nächste Schritt ist und was daraus gelernt werden kann.

In oben genannten Buch umschreibt der Autor die beiden Räume mit zwei einfachen Fragen. Im Fall des Lösungs­raums ist es die Frage nach dem Wie, im Fall des Problem­raums die Frage nach dem Was. Er bringt auch klar zum Ausdruck, dass die Frage nach dem Was vor der Frage nach dem Wie zu beant­worten ist. Diese Reihen­folge ergibt sich auch aus Simon Sineks „Start with Why“ (dt. „Frag immer erst Warum“), bei dem nach der Warum-Frage auch erst die Was-Frage folgt und erst zum Schluss die Wie-Frage.

Auf die Toyota Kata über­tragen, beantwortet der Ziel-Zustand die Frage nach dem Was und der Weg dorthin die Frage nach dem Wie.

Ich denke, das Modell der beiden Räume ist ein hilf­reiches Instrument, mit dem man sich in der Verbes­serungs­arbeit immer fragen kann, in welchem Raum man sich aktuell befinden und ob die beschrie­bene Reihen­folge einge­halten wird. Ich will auch klar zum Ausdruck bringen, dass erst beide Räume im Zusammen­spiel die echte Chance auf Verbesse­rungen bieten. Nur durch den Beginn im Problem­raum mit dem folgenden Über­tritt in den Lösungs­raum kann echte Verbes­serung möglich werden, die sich auch konti­nuier­lich fortsetzt.

Frage: Wo haben Sie im KVP eine vorge­dachte Lösung parat? Welche Effekte ergeben sich daraus? Wie kann eine stärkere Kunden­orien­tierung geschaffen werden?

Sie können einen Kommentar hinter­lassen, indem Sie hier klicken.

Jetzt eintragen und Artikel/Denkanstöße zukünftig per eMail erhalten.

Artikel teilen auf ...

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.