In einen Artikel habe ich kürzlich etwas über den sechsten Sinn gelesen, den Realitätssinn. Wie mit allen anderen Sinnen auch, ist es wichtig, sich dieses Sinnes bewusst zu sein. Wie wir aus Kommunikationsmodellen wie dem Neuro-Linguistischen Programmieren wissen, sind mit den Sinnen auch Filter verbunden. Ohne diese Filter würden wir vermutlich aufgrund von Reizüberflutung wahnsinnig werden und könnten uns auch nicht mehr um die wichtigen Dinge kümmern.
Ein wichtiges Werkzeug, um sinnvoll mit dem Realitätssinn umzugehen, ist das Risikomanagement. Ein wichtiger Bestandteil des Risikomanagement ist der bewusste Umgang mit den Folgen und Konsequenzen aus einer Situation. Zu einer Situation gehören auch die Entscheidungen, die getroffen werden. Dabei sollten wir beachten, dass auch vermeintliche Nicht-Entscheidungen Entscheidungen sind, nämlich für die Beibehaltung eines Status Quo. Um es mit Watzlawik auszudrücken: So wie wir nicht nicht-kommunizieren können, so können wir auch nicht nicht-entscheiden.
Die Folgen aus Entscheidungen (auch in Form von Nicht-Entscheidungen) lassen sich mit der Fehler-Möglichkeits-Einfluss-Analyse (FMEA) überprüfen. Hierbei werden einerseits die Folgen einbezogen, aber auch die Entstehung einer Situation. Dabei sollte der Begriff „Fehler“ durchaus etwas ausgeweitet werden. „Fehler“ sind dabei alle Vorbedingungen, die zu einer Situation führen können. Die FMEA zieht auch die Erkennung dieser Vorbedingung in Betracht.
Eine Methode, um mit Entscheidungen umzugehen, ist ein Rückblick auf die Vergangenheit.
– Rainer-Maria Rilke
Um bewusst mit der Realität umzugehen, werden bei der FMEA interdisziplinäre Teams gebildet. Die Mitglieder betrachten dabei eine Situation aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit ihrem jeweils eigenen Realitätssinn. Durch den Austausch über die Wahrnehmungen und Einschätzungen entsteht auch eine neue Sicht auf die Situation, die über die Summe der Einzelrealitäten hinausgehen kann. Wichtig ist dabei, dass keine Wahrnehmungen, Interpretationen und die entstehenden Meinungen unterdrückt werden. Führungskräfte sind in diesen Fällen gut beraten, mehr echte Fragen zu stellen, statt den Austausch durch eigene Aussagen zu beherrschen oder Fragen als Aussagemedium zu missbrauchen.
Sie (die Führungskräfte) sollten auch bedenken, welche Wirkung sie durch ihre Kommunikation in anderen Situationen schaffen. Eine übersteigerte Dominanz in der generellen Kommunikation kann im Rahmen des Risikomanagement (die FMEA ist ein Werkzeug dazu) leicht dazu führen, dass Mitarbeiter ihr Fachwissen (unbewusst) zurückhalten, weil sie in anderen Situationen die Erfahrungen gemacht haben, dass ihre Beiträge nicht gewertschätzt oder gar unerwünscht sind.
Aus diesem Grund ist es oft wertvoll, wenn FMEA-Workshops von einer unabhängigen Personen moderiert werden, die nicht in das o.g. Szenario verstrickt sind und evtl. den angedeuteten Limitierungen und Abhängigkeiten unterliegen. Dazu kommt dann auch noch, dass die FMEA an sich kein einfaches zu handhabendes Werkzeug ist und eine gewisse Erfahrung im Umgang damit erfordert, um sie effektiv und effizient einsetzen zu können. Wenn dies nicht der Fall ist, können sowohl wichtige Aspekte übersehen werden oder der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Sie können einen Kommentar hinterlassen, indem Sie hier klicken.
Artikel teilen auf ...
Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.