KVP – eine Frage der (Selbst-) Erkenntnis

Erkenntnis

Es heißt so schön, Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Verbesserung. Mit der Erkenntnis meine ich nun die eigene Standortbestimmung, um dann im zweiten Schritt durch die Festlegung der Zielposition die Richtung der Verbesserung zu definieren. Die Selbstbetrachtung beinhaltet auch die Erkenntnis, dass der Erhalt des aktuellen Status bei passivem Verhalten nicht möglich ist, weil durch unvermeidbare, selbst kleinste Einflüsse von außen dieser Zustand laufend erodiert. Letztlich kann dieses Verhalten auch aus dem zweiten Hauptsatz der Themodynamik abgeleitet werden.

Zur Standortbestimmung gehört auch die Betrachtung des Umfelds einer Situation. Bei aller Selbstbetrachtung ist auch zu berücksichtigen, dass die Betrachtung eines Systems aus der Perspektive eines Teil des Systems nie das vollständige Bild ergeben kann. Dieser Aspekt wird schnell verständlich, wenn wir an den fallenden Apfel in einem fahrenden Zug denken. Welche unterschiedlichen Möglichkeiten sich da ergeben können, wird klar, wenn wir uns in die verschiedenen Komponenten hinein versetzen. Aus der Sicht des Apfels ergibt sich ein ganz anderes Bild wie für den Beobachter des Apfels im Abteil oder für einen Beobachter entlang der Eisenbahnstrecke.

Ähnlich verhält es sich auch beim Kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Für Beteiligte in einem Prozessschritt ergibt sich ein anderes Bild wie für den Beobachter des Gesamtsprozesses oder einen Beteiligten an den Prozessschnittstellen. Wie beim Apfelmodell kann man aber nicht sagen, das ein Beobachter alleine für sich die ultimative Wahrheit oder Objektivität in Anspruch nehmen kann. Gleiches gilt auch für den KVP. Erst die Kombination der unterschiedlichen Sichten ergeben die Chance auf ein möglichst vollständiges Bild. Ich spreche hier bewusst nur von der Chance auf ein möglichst vollständiges Bild. In meinem Weltbild kann es die ultimative Wahrheit nicht geben. Zum einen stellt sich immer die Frage nach der Vollständigkeit und zum anderen unterliegt unsere Wahrnehmung als Basis für Erkenntnis immer auch unserer subjektiven Bewertung.

Wir leben alle unter einem Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“ – Aesop, griechischer Fabeldichter (6. Jh. v. Chr.)

Die Tatsache der latenten Unvollständigkeit ist auch der Grund, warum im KVP oft mit interdisziplinären Teams gearbeitet wird und selbst bei Verbesserungsthemen, die vermeintlich nur eine Person betreffen, in der Toyota Kata und deren Bestandteilen Verbesserungs- und Coaching-Kata immer eine zweite Person in einer Coaching-Rolle zur Seite steht. Unter Coaching sollten hierbei jedoch nicht stundenlange Sitzungen verstanden werden, sondern oft nur wenige Minuten am Tag, die sich an der aktuellen Situation, dem angestrebten Ziel und dem nächsten Schritt dorthin orientieren. Ebenso wenig sollten diese kurzen regelmäßige Gespräche das andere Extrem von Mikromanagement einnehmen. Letztlich sind sie einfach nur die Chance den eigenen Erkenntnishorizont auszudehnen.

“Wo steht der Kontinuierliche Verbesserungsprozess in Ihrem Unternehmen? Der KVP-Quick-Check kann auf diese Frage erste Antworten geben.

Ein Teil des Erkenntnisprozesses besteht auch darin, die unterschiedlichen Dimensionen zusammenzuführen. Sie erstrecken sich von den Unternehmenszielen (u.U. sogar darüber hinaus, wenn das Unternehmen seine gesellschaftliche Verantwortung ernstnimmt) bis zu den abgeleiteten Zielen der Arbeitsgruppe und des einzelnen Mitarbeiters.

Auch das Ausmaß der Veränderung durch die Erkenntnis kann sich in verschiedenen Größenordnungen bewegen. Die Erkenntnis und die Veränderung muss nicht notwendigerweise den Umfang eines Damaskuserlebnis haben. Beim KVP und dessen Einführung selbst gilt diese Regel jedoch nicht. Ein bisschen KVP geht ebenso wenig wie ein bisschen schwanger. Und im Unterschied zur Schwangerschaft hat er nicht mal ein Ende!

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Grundvoraussetzung für den KVP die Erkenntnis ist, noch nicht dort zu sein, wo man (mit dem Unternehmen) sein will.

Frage: Welche Erkenntnis hat in Ihrem Unternehmen in der Einführung des KVP resultiert? Welche Erkenntnis wäre notwendig zur Einführung, wenn Sie noch keinen haben? Worauf warten Sie dann noch? – Ich weiß, dass diese Fragen vielleicht etwas provozierend klingen. Das ist durchaus Absicht ;-)

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