KVP – eine Frage der Unsichtbarkeit

Unsichtbarkeit

Der Impuls zu diesem Artikel ist aus einem Vortrag von Mike Rother entstanden, bei dem er die Frage in den Raum stellt, was die unsicht­baren Führungs­routinen bei Toyota sind, die den Erfolg des Unter­nehmens in der konti­nuier­lichen Verbes­serung ausmachen. Im NLP-Umfeld (Neuro-Lingui­stisches Program­mieren) wird diese Suche nach Hand­lungs­strate­gien Modelling genannt. Es dient dann dazu, die gefun­denen Mecha­nismen auf andere Szenarien abzubilden. Dabei ist es wichtig, sich nicht nur auf der Ebene der Methoden und Werk­zeuge zu bewegen, sondern auch die Systeme zu betrachten und Unter­nehmens­werte und kulturelle Aspekte einzube­ziehen. Das Modell der (sechs) Logischen Ebenen von Robert Dilts kann ein Rahmen sein, um alle Elemente einer erfolg­reichen Strategie zu erfassen.

In dem Vortrag macht Mike Rother die in meinen Augen zentrale Aussage, dass es nicht darum geht, dass jeder einzelne Schritt auf dem Weg zum Ziel­zustand einen positiven ROI beinhaltet, sondern dass das dem Erreichen des Ziel­zustands vorbe­halten bleibt, die einzelnen Schritte „nur“ bzw. vorallem einen Erkennt­nis­gewinn mitbringen.

Rother verwendet auch den Begriff der Meta-Fähigkeit für die Verbes­serungs- und Coaching-Kata. Als NLPler bin ich natürlich ein großer Fan von Meta-Begriffen, wie sie schon im Meta-Modell der Sprache und den Meta-Programmen zum Ausdruck kommen. Auf den KVP ange­wendet bzw. allgemeine betrieb­liche Szenarien () übertragene Fähig­keiten, geht es also NICHT darum, den Mitar­beitern einzelne Methoden beizu­bringen, nur weil sie bei Toyota bei deren betrieb­lichen Heraus­forde­rungen wirksame Lösungen darstellen (was eben bloße Fähig­keiten wären), sondern zu erkennen, welche primär in der Unsicht­barkeit liegenden Meta-Fähig­keiten zur allgemeinen Problem­lösung eingesetzt werden und wie diese den Mitar­beitern und Führungs­kräften beigebracht werden.

„Das Schlimmste ist nicht: Fehler haben, nicht einmal sie nicht bekämpfen, ist schlimm. Schlimm ist, sie zu verstecken.“

– Bertolt Brecht

In der weiteren Folge des Vortrags spricht Rother dann davon, dass es nicht ausrei­chend ist, ein Modell nur vorzu­stellen, zu erklären und dann zu erwarten, dass die Menschen damit schon in der Lage sind, das Modell anzu­wenden. Dieser Punkt ist speziell dann relevant, wenn die Personen, aus deren Verhalten das Modell gebildet wird, sich selbst gar nicht über ihr Verhalten bewusst sind, weil es schon zur unbewussten Routine geworden ist. Es ist also erheblicher Model­lierungs­aufwand nötig, um die Essenz der verschie­denen Ebenen wieder zurück ins Bewusstsein zu holen, d.h. von der Unsicht­barkeit in die Sichtbar­keit.

Frühe Modellierungs­aktivitäten bzw. Wurzeln dessen, was wir heute als Toyota Way oder Toyota Production System kennen, stammen aus dem TWI-Programm (Training Within Industry). Dabei handelt es um kein Modell, sondern um konkrete Handlungs­beschrei­bungen in Form von Schulungen. Bemerkens­wert an diesem Programm – und speziell dem Job Instruktion Training – ist genau die oben beschrie­bene Thematik, dass in den Unterlagen dazu nicht einfach nur etwas beschrieben wird, sondern ein exakter Leitfaden verfügbar ist, anhand dem die Unter­weisung zur Fähigkeit der Unter­weisung durchgeführt wird. Durch die exakte Beschreibung der Vorgehens­weise inklusive der Begrün­dung derselben, wird dabei die oben beschrie­bene Problematik umgangen.

Im Sinne der Überwindung der Unsicht­barkeit der versteckten Gründe von bestimmten Elementen ist es eben wichtig, auch diese Gründe offenzulegen. Unter­bleibt dies, besteht zwei große Gefahren. Erstens, dass die Methode an sich nicht funk­tioniert, weil bestimmte Teile „vergessen“ werden, oder zweitens, dass die menschliche Kreati­vität einsetzt, und nicht verstandene – weil nicht begründete – Teile durch eigene Ausge­staltung ersetzt werden. Dabei geht es wohl gemerkt nicht darum, Kreati­vität zu unterdrücken. Gezielte Verbes­serung durch Veränderung ist nur dann möglich, wenn eine stabile Basis besteht, anhand der eine Verände­rung auf Verbes­serung überprüft werden kann.

Frage: Wo bestehen in Ihrem Unte­rnehmen unsichtbare Routinen im KVP? Welche positiven oder negativen Wir­kungen haben diese? Wie lässt sich Sicht­barkeit dieser Routinen schaffen, um sie geeignet zu nutzen?

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