KVP – eine Frage der Verzerrung

Verzerrung

Menschen und damit die Organisa­tionen, in denen sie sich bewegen und handeln, neigen dazu die Realität zu verzerren. Diese Verzerrung betrifft sowohl Erfolge als auch Miss­erfolge, die sie erleben. Die Verzer­rungen finden auf zwei Ebenen und in zwei Rich­tungen statt.

Eine Ebene ist die Verzerrung der Auswir­kungen und die andere Ebene ist die Verzerrung der Ursachen. Die Rich­tungen verzerren dabei jeweils ins Positive und ins Negative.

Die Ursache der Verzerrungen selbst, sowohl bezogen auf die Ebenen als auf die Rich­tungen ist dabei ein und dieselbe. Die Ursache ist die Erhaltung des Selbstwerts. Man spricht deshalb auch von der selbst­wert­dien­lichen Verzerrung. Sie bedeutet, dass Menschen dazu neigen, sich die Realität so zurecht­zulegen, dass es ihrem Selbstwert dient, dieser also geschönt wird.

In der Praxis sieht das so aus, dass man dazu tendiert, sich auf der Ebene der Auswirkung eine schlechte Situation schönredet. Im Kontinuierlichen Verbes­serungs­prozess hat dies in der Regel die Auswirkung, dass wert­voller Antrieb zur Verände­rung und zur Verbes­serung verloren geht, weil ja „alles nicht so schlimm ist“.

Die selbstwert­dienliche Verzerrung der Ursachen sieht dagegen so aus, dass im Fall eines Miss­erfolgs die Ursachen desselben tenden­ziell in äußeren Einfluss­faktoren vermutet und gesucht werden. Diese äußeren Einfluss­faktoren sind dann aber oft nicht zu beein­flussen und dienen dann in Folge dazu, dass „man nichts machen kann“. Das resul­tiert dann wiederum wie bei den Auswir­kungen darin, dass Verbes­serungs­bestre­bungen erst gar nicht aufge­griffen werden, der Status Quo erhalten bleibt bzw. sich verschlech­tert – im Sinne von Stillstand ist Rückschritt.

„Theorien machen die Wirklich­keit sichtbar, indem sie anders sie verzerren, als man‘s gewohnt ist..“

– Matthias Pleye

Aber nicht nur die Verzerrung der Ursachen im Fall des Miss­erfolgs in Richtung externer Einfluss­faktoren ist problematisch. Im Erfolgs­fall tritt ebenso leicht eine Verzer­rung ein, bei der nun der Erfolg der eigenen Person zuge­schrie­ben wird und die äußeren Einfluss­faktoren unterschätzt werden. Auch diese Verzer­rung dient der Stärkung des Selbstwerts.

Problematisch wird sie dann, wenn kausale Zusammen­hänge missver­standen werden und deshalb entweder Still­stand eintritt, weil nicht geglaubt wird, dass sich die positiven Ergeb­nisse auf andere Bereiche über­tragen lassen („Not-invented-here-Syndrom“) oder die posi­tiven Ergeb­nisse keinen Bestand haben, wenn die wahren äußeren Einfluss­faktoren sich dann verändern, diese aber verkannt werden und keine angemes­sene Reaktion auf diese Veränderung stattfindet.

Die bisher genannten Verzer­rung entspringen der Eigen­sicht auf den Selbst­wert und dem Erhalt desselben. Ebenso proble­matisch kann die Fremd­sicht verzerrt werden, dann oft mit anderen Vorzeichen bzgl. der Auswir­kungen und Ursachen. Dabei wird dann eine Situa­tion leicht negativer darge­stellt, als sie in der Realität ist. Der Effekt kann dabei sein, dass eine Entmuti­gung eintritt („das ist ja alles nicht zu ändern“) und deshalb die verände­rungs­moti­vation ausbleibt oder zusammen­bricht.

Ein anderer negativer Effekt tritt dann ein, wenn die Verzerrung der Realität zu fehlender Aner­kennung von positiven Leis­tungen und zur Entmu­tigung führt, im Extremfall wenn Leis­tungen anderer auf die eigenen Fahnen geschrieben werden und man sich mit fremden Federn schmückt.

Wichtig bei all diesen Überle­gungen ist es, die Verzer­rungen zu erkennen und dann in der Folge auch zu vermeiden. Das Gemeine daran ist, dass man oft selbst dazu nicht in der Lage ist, sondern dafür den unbedarften Blick von außen benötigt. Bei der Auswahl von Konzepten bzw. Lösungen kann es hilfreich sein, die Bewer­tungs­kriterien festzulegen, bevor die ersten Lösungs­ansätze gesucht werden. Das Werkzeug der Pugh Concept Selection kann dabei helfen, dies zu erreichen.

Frage: Welche Verzerrungen treten in Ihrem Unter­nehmen auf? Was sind die Ursachen dieser Verzer­rung? Wie können diese vermieden werden?

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