Vorbilder sind im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess bzw. allgemeinen Prozessdenken unter mehreren Gesichtpunkten interessant und wichtig.
Vorbilder aus anderen Branchen
In diesem Abschnitt geht es mir um die Vorbilder zu Prozessdenken und KVP aus anderen Branchen und wie Erkenntnisse von dort auf die eigene Branche übertragen werden können.
Eine, wenn nicht die wichtigste Vorbildfunktion übt die Automobilindustrie aus. Die Vorbilder wirken dabei in zwei Richtungen. Eine horizontale Natur hat die Übertragung auf andere Branchen, bspw. das Gesundheitswesen, speziell im Bereich der Krankenhäuser oder auch im Baugewerbe. Eine vertikale Vorbildfunktion besteht bei der Übertragung in Aufwärtsrichtung des Wertstroms in Richtung der Zulieferer. Diese Form der Vorbildfunktion ist sicherlich die naheliegendere. Herausforderungen entstehen dabei vorallem dadurch, dass die Produkte, Abläufe und Strukturen einfacher werden und dadurch die Verbesserungspotenziale auf den ersten Blick eher zurückgehen und deshalb leicht Zweifel entstehen, ob die Kosten-Nutzen-Relation aufgrund der geringeren „Masse“ noch positiv ist.
Die horizontale Vorbildfunktion schafft in den Anfängen oft den verbreiteten Einwand „bei uns ist alles ganz anderes“, speziell wenn es sich wie oben angeführt um in ihrem Wesen völlig unterschiedliche Branchen handelt. Hier kann es dann wertvoll sein, sich die Historie – bspw. in der Automobilindustrie – genauer anzusehen. Dabei wird offensichtlich, dass es dort irgendwann mal die gleiche Situation mit den gleichen Vorbehalten gab. Vor Henry Ford wurden Autos schon mehrere Jahrzehnte (also mindestens eine Generation von Arbeitskräften) lang in Werkstatt-ähnlichen Verhältnissen gebaut. Und auch die Variantenvielfalt wurde dort im Lauf der Zeit zu einer beherrschbaren Herausforderung (auch wenn weniger Varianten immer noch einfach handzuhaben sind).
Ebenso wichtig ist es, sich immer wieder den Bezug zum wirklichen Einzelkunden (oft auch „nur“ die Anwender oder Nutzer) ins Bewusstsein zu rufen und diese bzgl. den Geschäftsprozessen und deren Verbesserung ins Zentrum der Bemühungen zu stellen und sich daran auszurichten. Speziell im Gesundheitswesen sehe ich noch einen dringend erforderlichen Bewussswandel (von der Arztzentrierung zur echten Patientenzentrierung), welcher schon früh in der Ausbildung beginnen muss und deshalb möglicherweise sich über mindestens eine Generation hinziehen wird.
Vorbilder bzgl. Vorgehensweisen
Vorbildhafte Vorgehensweisen sind bspw. die Trennung von Produktion und Logistik oder Begriffe und Konzepte wie Wertschöpfung, Wertstrom, Pull-Prinzip oder Verschwendungen. In Verbindung mit der horizontalen Übertragung in andere Branchen und speziell auch nicht klassisch (industriell) produzierende Branchen kann das eine echte Herausforderung sein.
Dabei kann es hilfreich sein, die Betrachtung von Vorbildern auf eine Meta-Ebene zu heben. Also nicht einfach nur eine Branche wie die Automobilindustrie als Vorbild für die eigene Branche wählen, sondern eine Branche betrachten, die diese Transformation am Vorbild der Automobilindustrie – in möglicherweise schnellerer Form – schon durchlaufen hat, um von deren spezifischen Lernerfahrungen zu profitieren.
– Cyril Northcote Parkinson
Die sieben Verschwendungsarten in unterschiedlichen Branchen oder manchmal auch nur anderen Unternehmensbereichen sind dabei gute Vorbilder dafür, wie diese Übertragung gelingen kann und welche Gedankengänge dafür nützlich sind.
Diese Form der Vorbildfunktion hat dann auch einen fließenden Übergang zur folgenden Abschnitt.
Vorbilder zur Fehlervermeidung
Mit Fehlern meine ich hier nicht die notwendigen Fehler im Detail beim Verbesserung, die notwendig sind, wirklich neues Wissen zu schaffen, sondern um Fehler in der generellen Vorgehensweise bei der Einführung und Umsetzung des KVP. Also beispielsweise zu geringe Einbeziehung von Mitarbeitern, fehlende Ausbildung von Führungskräften. Generell sind das die Punkte, die landläufig unter den Begriff „Best Practice“ fallen. Diese Vorbilder können durch regelmäßigen Austausch innerhalb des Unternehmens erzielt werden und noch wichtiger durch Austausch über Unternehmensgrenzen hinweg.
Der Austausch ist nicht nur zu Beginn oder noch vor der KVP-Einführung wichtig, sondern sogar noch wichtiger, wenn die ersten naheliegenden Verbesserungen umgesetzt wurden und sich dann unter Umständen eine gewisse Ermüdung bereitzumachen droht, weil sich Verbesserungen jetzt nicht mehr an den offensichtlichen Verschwendungen orientieren können, sondern die Arbeit mit Ziel-Zuständen entsprechend der Verbesserungs-Kata zum Einsatz kommt. Dazu sind weitere Schulungsmaßnahmen notwendig. Wenn die Arbeit mit der Verbesserungs-Kata zu Beginn bei der Einführung eingeführt wird, kommt es zu den gleichen Verbesserungen aber es wird schon zu Beginn eine bessere Routine eingeführt und die Fortsetzung des KVP wird erleichtert.
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