KVP – eine Frage des Einfahrens

Einfahren

Bei einem neuen Auto sollte man den Motor erst langsam einfahren, das heißt die Drehzahl nur langsam steigern und nicht gleich auf den ersten Kilo­meter mit Vollgas fahren.

Die Betriebsanleitungen der Autos verweisen dabei auf mehrere Faktoren, die zu beachten sind:

  • Erhöhte Reibung der beweglichen Teile, bis sie aufei­nander einge­spielt sind.
  • Die Belastung eines kalten Motors kann zu erhöhtem Verschleiß führen.
  • Vermeidung zusätz­licher Belas­tungen, wie bspw. Anhänger
  • Nicht extrem unter­tourig fahren.

Im Kontinuierlichen Verbes­serungs­prozess gelten diese Empfeh­lung im über­tra­genen Sinn genauso. Dabei gibt es zwei unter­schied­liche Szenarien, die zu beachten sind.­

Erstens sollte eine Verbesserung auch erst in einem kleineren Rahmen getestet werden. Wenn man den PDCA-Zyklus erstnimmt, sollte sogar erst in der Planungs­phase darüber nach­gedacht werden, was die Problem­situation wirk­lich bedeutet, welche Ursachen bestehen und wie der Ziel-Zustand aussehen soll. Erst danach wird die Verbes­serung an einer Stelle umgesetzt und dann getestet. Nachdem dann die Ergeb­nisse wie gewünscht aussehen, wird die Verbes­serung auf andere Bereiche übertragen.

Es wäre eine verfehlte Vorgehensweise, wenn die Verän­derung sofort im großen Rahmen eingeführt würde, bevor die Belast­bar­keit der Lösung ausrei­chend über­prüft wurde.

Zu den Tests gehört auch, dass die betrof­fenen Personen von der Verände­rung über­zeugt sein müssen. Das gilt nicht nur für die Verbes­serung selbst, sondern auch für die Problem­stellung. Wenn die Betrof­fenen eine Situa­tion nicht als pro­blema­tisch bewerten, wird es eine einge­brachte Verbes­serung vermut­lich schwer haben, weil die Not­wendig­keit einer Verände­rung in Frage gestellt wird. Hier ist es dann wichtig einen Bezug des pro­blema­tischen Ist-Zustands zum gewünschten Ziel-Zustand zu schaffen und diesen darüber hinaus mit der Vision von einem Ideal-Zustand zu verknüpfen.

Hier muss die notwendige Geduld und der zugehö­rige Aufwand aufgebracht werden, um diese Über­zeu­gungs­arbeit zu leisten. Eine übereilte Vor­gehens­weise kann sogar dazu führen, dass eine gute Lösung „verbrennt“, wenn sie zu schnell adhoc eingeführt wird, ohne die entspre­chende „Einlauf­phase“ zu berück­sich­tigen.

„Der Mensch ist ein Gewohn­heits­tier.“

– Gustav Freytag

Der zweite Aspekt betrifft dann die Einfüh­rung eines Konti­nuier­lichen Verbesse­rungs­pro­zesses selbst. Letztlich geht es auch dabei um Verände­rungen und es gelten daher die gleichen Gesetz­mäßig­keiten wie dies im Kleinen für einzelne Verbesse­rungen bereits beschrieben wurde.

Erschwerend kommt hier noch dazu, dass der Faktor Unbe­kannt­heit (der Auswirkungen) und die daraus resultie­rende Un­sicher­heit der Betei­ligten und Betrof­fenen eine noch größere Rolle spielen. Dazu kann auch bei­tragen, dass die Menschen die mög­lichen Verände­rungen mit Situa­tionen in der Vergangen­heit vergleichen und die damals erleb­ten Auswir­kungen auf die aktuelle Situa­tion abbil­den. Dies gilt besonders für negative Auswir­kungen in der Ver­gangen­heit, selbst wenn diese selbst gar nicht erlebt wurden oder nur indirekt wirk­sam waren.

In beiden geschil­derten Aspekten des „Einfahrens“ von Verände­rungen geht es auch daraum, dass sich die Gewohn­heiten der Menschen eben auch erst „einfahren“ müssen, wie das für einen Motor not­wendig ist. Die Gewohn­heiten betreffen dabei sowohl die neue Situa­tion mit geänderten Vor­gehens­weisen, als auch die alte, beste­hende Situa­tion mit den Vor­gehens­weisen, die abgelegt werden sollen. Im Grunde sind es also vier Anteile der Verän­derung, wie ich sie hier über die Frage der(Un-)Zufriedenheit beschrie­ben hatte, die zusammen einen resultie­renden Vektor auf einen neuen Zustand hin ergeben müssen, damit eine Veränderung Bestand hat.

Frage: Wie werden Verände­rungen in Ihrem Unter­nehmen „einge­fahren“? Welche Erfah­rungen haben Sie gemacht, wenn dies igno­riert wurde? Was ist die Lehre daraus?

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