KVP – eine Frage des Haufens

Haufen

Vor kurzem (Juni 2015) hatte ich einen Vortrag eines Schweizer Dozenten im Rahmen des Stein­beis Unter­nehmer­tags in Stuttgart gehört. Er hat dort das Sand­haufen-Modell der Verbes­serung vorgestellt. Kern­aussage des Modells ist, dass man einen Haufen beginnt an der Basis aufzu­schütten und nicht an der Spitze. Das vorge­stellte Modell des Sand­haufens in Form einer Pyramide besteht aus vier Schichten bzw. Ebenen. Es beschreibt auch die Folgen für die darüber­liegende Ebene, wenn auf einer Ebene etwas nicht stimmt und wie dann in der Regel auf der über­geord­neten Ebene damit umgegangen wird.

Die Schichten des Sand­haufens beschreiben die Quellen nach­haltigen Erfolgs eines Unter­nehmens. Natürlich äußert sich dieser Erfolg auf der ober­sten Ebene durch eine positive Kosten-Nutzen-Relation. Die Basis dafür wird aber in den tiefer­liegenden Schichten der Geschwin­dig­keit, der Zuverlässig­keit und an der Basis durch die Prozess­qualität gelegt. Nur von dort aus sind auch nach­haltige Verbesse­rungen möglich, die sich schluss­endlich wieder an der Spitze in einer besseren Kosten-Nutzen-Relation aus­drücken.

Erste Ebene (unten)

Die unterste Schicht der Pyramide ist die Prozess­qualität, die die Leistungs­erbringung bestimmt. Hier geht es um sämt­liche Prozesse des Unter­nehmens, an Ferti­gungs­prozessen können die Bezüge sehr einfach darge­stellt werden. Die Folgen schlechter Prozess­qualität mani­festieren sich dann auf der darüber­liegenden Schicht der Zuver­lässig­keit. Maß­nahmen zur Kompen­sation schlechter Prozess­qualität sind in der Regel Puffer, die in unter­schied­licher Form einge­baut werden. Das können Puffer durch zusätz­liche Zeit, zusätz­liches Material oder zusätz­liche Maschinen oder Bearbei­tungs­schritte sein, ebenso wie mehr Men­schen und/oder Geld (mit dem die anderen Formen der Puffer letzt­lich bezahlt werden müssen). Allen Puffern gemein­sam ist, dass nur an Symp­tomen kuriert wird, statt die Ursachen zu beheben.

Zweite Ebene

Wenn es dann durch die schlechte Prozess­qualität zu Defi­ziten bei der Zuver­lässig­keit kommt, werden diese meist ebenso symp­toma­tisch durch Alternativ- oder Schatten­prozesse bewältigt. Im Gedanken an die sieben Verschwen­dungs­arten geht es um die Verschwen­dung durch Über­bear­beitung. Diese zusätz­lichen Aktivi­täten sind in der Regel weder planbar, priori­sierbar noch steuerbar, weil sie durch die wech­selnde Zuver­lässig­keit auch nicht reprodu­zierbar sind. In vielen Fällen treten sie auf, weil die Beteiligten wohl­meinende Regel­brüche begehen, um geforderte Leis­tungen zu erbringen und Ergeb­nisse zu erzielen. Eine passen­dere Vorgehens­weise – weil sie Probleme offen­legen würde, statt sie zu kaschieren – wäre im Grunde der Dienst nach Vorschrift und die resul­tierende Eskalation, von der auch mein Gesprächs­partner in Epsiode 019 meines Podcasts gesprochen hat.

„Wenn man einen hohen Berg bestiegen hat, stellt man fest, dass es noch viele andere Berge zu besteigen gibt.“

– Nelson Mandela

Dritte Ebene

Weil die Alternativen- oder Schatten­prozesse meist zu Lasten der Geschwin­dig­keit gehen, kommt es auf der dritte Ebene zum Biathlon­effekt. Dort müssen bei Fehl­schüssen Straf­runden gelaufen werden. Diese Straf­runden­kosten nur nicht die Zeit für die Straf­runden selbst, sondern verbrau­chen zusätz­lich weitere Ressourcen. Oft werden diese zu Lasten anderer Bereiche benötigt – d.h. die Strafe wird auf andere abge­wälzt, was dann zusätz­lich die Stimmung bei den dadurch Betrof­fenen verschlech­tert. Im schlech­testen Fall kommt es zu Rückruf­aktionen, welche die bspw. in der Auto­mobil­industrie die Händler betrifft und dort mit zusätz­lichen Ressourcen an Zeit, Geld und Mitar­beitern kompen­siert werden müssen.

Vierte Ebene (Spitze)

Alle vorgenannten Maß­nahmen haben dann auf der obersten Ebene negative Auswir­kungen auf die Kosten-Nutzen-Relation und das Betriebs­ergebnis. Natürlich kann es in Krisen­situationen not­wendig sein, direkt auf der obersten Ebene Kosten zu reduzieren, durch die eigent­lich weiter wirk­samem Ursachen in den unteren Schichten kommt es insgesamt zu einem Jo-Jo-Effekt, wie wir ihn von Diäten kennen, bei denen das Ender­gebnis sehr häufig schlechter als die ursprüng­liche Ausgangs­situation ist.

In dem Vortrag fügte der Redner dann unter der unter­sten Schicht der Prozess­qualität noch eine weitere Ebene ein und nannte diese die Beziehungs­qualität zwischen den Prozess­betei­ligten als die alles bestimmende Ebene des Modells. Ohne wert­schätzende Bezie­hungen und Kommuni­kation zwischen den Menschen bildet sich keine kultu­relle Basis, auf deren Funda­ment ein Unter­nehmen dauer­haft gebaut sein kann und bestehen bleibt.

Die logische Vermei­dung des übergrei­fenden Domino­effekts durch alle Schichten des Sand­haufens ist es, die Verbes­serungs­maßnahmen gerade dann in den guten Zeiten zu beginnen, wenn ein „eigent­lich“ keine Not­wendig­keit besteht. Im Bezug zu Verbes­serungs­maßnahmen wenden gerade die Unter­nehmen mehr dafür auf, die es vermeint­lich gar nicht nötig hätten, gerade weil sie in den guten Zeiten für die Zukunft vorgebeugt haben.

Frage: Wann werden Ihrem Unter­nehmen Verbes­serungs­maßnahmen gestartet? Wo greifen diese in der Regel an? Wie könnten die Verbes­serungs­ansätze selbst optimiert werden?

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