KVP – eine Frage des „Not Invented Here“

Einbeziehung

Das „Not Invented Here“ Synd­rom ist unter Entwick­lungs­inge­nieuren ein weit verbrei­tetes Phänomen, das mir in meiner Zeit als Leiter von Produkt­entwick­lungs­projekten sehr häufig begegnet ist. Interes­santer­weise war in meiner Wahr­nehmung dieser Effekt umso ausge­prägter, je näher einem die „anderen“ Ent­wickler waren. Es bestand also kaum Scheu Open-Source zu über­nehmen, aber wehe der Code kam aus einer benach­barten Abtei­lung oder einem anderen Projekt. Es soll in diesem Artikel aber nicht um die Ursachen und Auswir­kungen in der Entwick­lung gehen, sondern um die Punkte, die für den Konti­nuier­lichen Verbes­serungs­prozess relevant sind.

Vereinfacht und unterm Strich betrachtet, gibt es in meinen Augen ein hohes Maß an Ähn­lich­keit. Im Vergleich zum Entwick­lungs­prozess ist es im Kontinuierlichen Verbesse­rungs­prozess ungleich ein­facher mit diesem Effekt umzu­gehen und die Auswir­kungen zu vermeiden.

Um das Thema zu erörtern, macht es m.E. Sinn sich zuerst mal über die Herkunft und Ursa­chen Gedanken zu machen. Sowohl auf den Entwick­lungs­prozess als auf den Verbes­serungs­prozess bezogen, wage ich hier mal eine nicht alltäg­liche These. So wie im Tier­reich ein Rudel­führer bestrebt ist, seine Gene durch die Paarung und Fort­pflan­zung zu erhalten, denke ich, dass dieser Effekt im über­tragenen Sinn auch in Pro­jekten und Prozessen auftritt.

Die Ausprägungen sind dabei ganz unter­schied­licher Natur. Das kann die offene Ableh­nung eines Verbes­serungs­vor­schlags sein, den ein Außen­stehen­der gemacht hat. Oder es ist die offene Ableh­nung, die sich direkt auf eine Person bezieht. Sei es, dass es eine abtei­lungs­fremde Person ist (was durch­aus auch den exter­nen Berater betref­fen kann ;-) oder es ist die Führungs­kraft, der ebenso wie dem Außen­stehenden die (vermeint­liche) Ferne vom Wir­kungs­punkt des Verbes­serungs­vor­schlags zum Verhäng­nis wird.

Aus diesem Ablehnungs­effekt lassen sich nun mehrere Schluß­folge­rungen bzgl. einem Ent­gegen­wirkung der Ableh­nung ziehen.

Konsequentes Umsetzen des Gemba-Gedankens, das heißt, dass sich bspw. die Füh­rungs­kraft häufig, regel­mäßig und auch ggf. ohne spe­ziellen Anlass am Ort des Gesche­hens sehen lässt, sich intensiv und ehrlich für die Pro­bleme vor Ort interes­siert und mittels der Coaching-Kata auch Unter­stützung anbietet und Einfluss auf die Problem­lösungs­methodik nimmt (siehe KVP – eine Frage der Wanderung).

„Die Schwierig­keit liegt nicht darin, die neuen Ideen zu finden, sondern darin, die alten loszu­werden.“

– John Maynard Keynes

Diese Vorgehensweise hat wiederum zwei Auswir­kungen. Erstens wird bei den Mitar­beitern der Eindruck vermieden, dass die Füh­rungs­kraft sich in einem Elfen­bein­turm befindet. Gleich­zeitig werden die Mitar­beiter vor Ort intensiv in die Lösungs­findung einbe­zogen bzw. sind im Idealfall sogar die Quelle der Lösungen. Dabei ent­stehen nicht nur die besten Lösungen im direkten Umfeld der Pro­bleme, es wird gleich­zeitig vermieden, dass externe Lösungen aufwän­dige Akzep­tanz­tests durch­laufen müssen, um die Wirk­sam­keit in einem fremden Umfeld sicher­zu­stellen und ebenso das Not-Invented-Here-Syndrom zu über­winden.

Durch die Einbeziehung der Mitar­beiter vor Ort entsteht also etwas, was mit dem Begriff „Ownership“ beschrieben werden kann, das heißt die Lösung entsteht aus dem Team heraus und wird nicht wie ein Fremd­körper von außen einge­bracht, was dann die beschriebenen Vorbe­halte erzeugt.

Im Idealfall geht es dann nicht mehr darum, die Problem­lösungs­kompetenz der Mitar­beiter zu stärken, sondern diese zu befä­higen, einen selbst­initiier­ten Verbes­serungs­prozess in der täg­lichen Arbeit zu leben, statt nur mit dem Feuer­löscher von Problem zu Problem zu hasten.

Frage: Wie beziehen Sie die Mitarbeiter in den Konti­nuier­lichen Verbes­serungs­prozess ein? Wo stoßen neue Ideen auf Wider­stand? Was können Sie tun, um den Wider­stand in positive Energie umzu­wandeln?

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