KVP – eine Frage nach Japan

Japan

Vor kurzem (Oktober 2015) hatte ich den Lean-Stammtisch in Stuttgart besucht. Kernthema des Treffens war dieses Mal Japan bzw. wieviel japanische Kultur notwendig ist, damit Lean funktioniert. Es waren drei Teilnehmer dabei, die selbst keinen direkten Lean-Hintergrund hatten aber durch jahrzehntelange Dolmetscher- und Übersetzungstätigkeiten für japanische Lean-Berater bei deutschen Unternehmen viel Einsicht in die kulturellen Grundlagen erhalten haben. Die einhellige Aussage war, dass es nicht die japanische Kultur selbst ist, die als Voraussetzung für Lean besteht. Beispielsweise ist nur ein Teil der fünf japanischen Automobilhersteller nach Lean-Prinzipien organisiert und auch nur ein kleinerer Teil der japanischen Unternehmen insgesamt.

Ich gebe in diesem Artikel einfach einige Punkte wieder, die ich mir in der Diskussion als bemerkenswert notiert habe.

Der entscheidende Faktor ist das Führungsverständnis in den Unternehmen und die sich daraus ergebende Einstellung der Belegschaft zum Unternehmen und umgekehrt.

Die Arbeit wird als Mannschaftssport betrachtet. Dazu gehört die gegenseitige Unterstützung, ein hohes Maß an Transparenz und Wissen über den Status der anderen „Mitspieler“ und dazu notwendige Vertrauen. Natürlich wird diese Einstellung durch den stärker kollektiven Gedanken asiatischer Kulturen eher unterstützt als durch den Individualismus westlicher Kulturen.

In diesem Umfeld ist es auch eher störend, dass sich in westlichen Unternehmen Ausbildungs-, Wissens- und Leistungsunterschiede schneller und stärker in Vergütungsunterschieden niederschlagen und diese von den Mitarbeitern auch erwartet bzw. sogar eingefordert werden.

„Ein Mensch lernt wenig von seinem Siege, aber viel von seiner Niederlage.“
 
„Fürchte Dich nicht vor langsamen Veränderungen, fürchte Dich vor dem Stillstand.

– aus Japan

In erfolgreichen Lean-Unternehmen haben Teamgespräche ein stärkeres Gewicht, während sonst eher Einzelgespräche überwiegen. Ebenso wird offener mit Informationen umgegangen, während sonst eher die Tendenz vorherrscht, Wissen als Machtfaktor zu betrachten – sowohl zwischen den Hierachieebenen als auch untereinander innerhalb einer Ebene.

Zentrale Fragen der Führungskräfte an die Mitarbeiter im Rahmen täglicher Mini-Coachings sind:

  • „Was kannst Du tun, um dieses Ziel zu erreichen?“
  • „Was hindert Dich daran, dieses Ziel zu erreichen?“

In der Kombination dieser beiden Fragen steckt in meinem Augen viel „Fördern und Fordern“ und letztlich auch das Grundprinzip des „Respect for People“ mit dem Aufbau von Selbstwirksamkeit bei allen Beteiligten.

Wichtig ist das Verständnis der Führungskräfte für die Prozessqualität ebenso wie das Verständnis der Mitarbeiter dafür, um selbstständig geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Diesem Zweck dienen dann auch Visualisierungsmaßnahmen und ihre Ausrichtung.

In erfolgreichen Lean-Unternehmen bestehen Standards unter zwei Aspekten bzw. Fragestellungen:

  • WAS im Sinne des Produkts, seiner Eigenschaften und Ausprägungen – hier liegt die Verantwortung bei der Entwicklung
  • WIE im Sinne des Prozesses, dessen Gestaltung und Verbesserung – hier liegt die Verantwortung beim ausführenden Team bis hinunter beim einzelnen Werker

Ein Merkmal erfolgreicher Lean-Einführungen ist die gleichmäßige, intensive und individuelle Einbeziehung aller Beteiligten im Unternehmen auf sämtlichen Ebenen. Wenn nur eine Gruppe bzw. nicht ausreichend einbezogen, unterstützt oder berücksichtigt wird (auch in den Auswirkungen auf das Selbst- und Rollenverständnis), besteht die sehr große Gefahr, dass die Bestrebungen langfristig, das heißt nach der Ernte der „low hanging fruits“, zum Erliegen kommen und die Lean-Einführung scheitert.

Frage: Welche kulturellen Ausprägungen unterstützen Lean & KVP in Ihren Unternehmen? Wo sind noch Veränderungen in der kulturellen Basis notwendig? Wie können Sie diese beeinflussen?

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