KVP ist wie Grünpflege

Wenn man mal einen Garten angelegt hat, kann man nicht aufhören, sich darum zu kümmern. Würde man es tun, würde früher als später der Wildwuchs wieder überhandnehmen. Unkraut würde sich ausbreiten und die Nutzpflanzen verdrängen (ich spreche hier aus Erfahrung ;-)

Jetzt kann man natürlich damit argumentieren, dass ein Urwald auch was schönes sein kann. Aber spätestens an dieser Stelle sollte klar sein, dass ein Unternehmen mehr ein Nutzgarten oder -wald ist, als ein unberührtes Biotop oder ein Urwald. Genauso kann auch ein Unternehmen nicht sich selbst überlassen werden und muss sich stets vorwärts entwickeln. Nicht um den Profit des Unternehmers zu steigern, sondern um den Nutzen für die Kunden zu mehren. Der Profit ist niemals Selbstzweck, sondern nur die logische Folge, wenn mehr Nutzen für die Kunden erbracht wird.

Was im Fall des Garten das regelmäßige Rasen mähen oder Unkraut jäten ist, ist der Kontinuierliche Verbesserungsprozess für das Unternehmen. Gleichzeitig ersetzt der KVP auch nicht regelmäßige Strategiesitzungen im Unternehmen, so wie der Gärtner im Herbst Überlegungen anstellt, ob der Garten noch seinen Zweck erfüllt oder größere Umgestaltungen notwendig sind.

Und wenn sich zwischendurch mal die Witterung ändert, wird der kluge Gärtner nicht gleich alles unterpflügen, sondern entsprechend dem aktuellen Engpass geeignete Maßnahmen ergreifen. Gleichzeitig wird er den Markt kritisch beobachten und dessen Bedürfnisse in der Folge berücksichtigen. Bloß weil von einem Jahr auf das Nächste Zucchini statt Bohnen angepflanzt werden, heißt das auch nicht, dass das Unkraut (weil Zucchini wie Unkraut von alleine wächst) zwischen den Pflanzen nicht mehr entfernt wird. Genauso sind auch die KVP-Methoden und die zugrundeliegende Philosophie von der Branche und dem Leistungsspektrum eines Unternehmens weitgehend unabhängig und unberührt. Und Kompetenzen, die im KVP in einer Branche erworben wurden, machen einen MItarbeiter auch in anderen Branchen wertvoll. Selbst wenn dort ganz andere Produkte gefertigt oder Leistungen erbracht werden. Manchmal können es gerade der unbedarfte Blick und kritische Fragen von außen sein, die frische Ideen ins Unternehmen bringen und für eine Weiterentwicklung sorgen.

Die Aussagen, bei uns ist alles ganz anders und bei uns geht das nicht, sind genauso falsch, wie es immer klassische Engpässe sind, die Pflanzen und Unternehmen nicht mehr wachsen lassen. Das gilt für die Anwendung von Lean-Prinzipien aus der Automobilindustrie in Krankenhäusern ebenso wie von Franchise-Konzepten aus der Systemgastronomie im Systemwohnbau. In dem Augenblick, wo die erste Übertragung gelungen ist (oft sind auch schon die ersten Schritte Indikatoren für eine notwendige Veränderung), ist bewiesen, dass es geht. Die Augen dann vor einer neuen Entwicklung zu verschließen, heißt in nicht wenigen Fällen, den Anschluss zu verlieren – kein wirklich unternehmerisches Verhalten, weil es den Zweck des Unternehmens verfehlt, nämlich die Erfüllung eines Kundenbedürfnisses. Die Ausrede, dass der Markt sich fehlentwickelt hat, ist auch nicht wirklich gut!

Ob es eine biologische Invasion ist (wie die Kaninchen in Australien, der Waschbär in Großstädten oder die Kartoffel in Europa), die eine Fauna oder Flora aufmischen oder ein neuer Konkurrent in einem alteingesessenen Markt, in beiden Szenarien fällt etwas auf fruchtbaren Boden und kann nicht einfach verhindert werden. Dieser Artikel soll jetzt nicht in eine evolutionstheoretische oder marktregulatorische Diskussion abgleiten, die letzten Beispiele sollen nur zeigen, dass Gärten und Unternehmen ständigen Veränderungen unterliegen, die aktiv beeinflusst werden können und sollten.

Frage: Wo sehen Sie die metaphorische Übertragung von Prinzipien und Einflüsse aus einem ganz anderen Umfeld auf Ihr Unternehmen? Welche “Marktfreunde” haben Ihnen durch ungewöhnliche Ideen Marktanteile “geraubt” (Sie haben die Kunden nicht verloren, sie gehören nur grad' jemand anderem)? Wie könnten Sie das in anderen Bereichen durch eigene kreative Ideen wettmachen?

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