KVP – (k)eine Frage der Geschwindigkeit

Geschwindigkeit

Geschwindig­keit hat im Kon­tinuier­lichen Ver­besse­rungs­prozess meh­rere Dimen­sionen. Da gibt es einmal die Geschwin­digkeit der Einfüh­rung des KVP und zum anderen die Geschwin­digkeit der Durch­führung im Sinne der Durch­läufe von Ver­besse­rungen. In beiden Fällen kann man sich auch fragen, wie die Geschwin­digkeit gemessen wird. Außer­dem kommt bei der Geschwin­digkeit immer auch sehr schnell die Frage nach einer Ver­gleichs­größe hoch. Egal, ob es um die Einfüh­rung oder die Durch­führung geht, Geschwin­digkeit wird sehr oft gegen etwas gemessen.

Wenn die Rede davon ist, ob ein Auto schnell oder lang­sam ist, kann eine Antwort nur im Ver­gleich zu etwas anderem gegeben werden. Ein Sport­wagen ist ein schnelles Auto im Ver­gleich zu einem Last­wagen oder einem Fahrrad. Im Ver­gleich zur Licht­geschwin­digkeit wird aber auch das schnell­ste Auto zur Schnecke. Geschwin­digkeit ist also sehr oft relativ (nicht nur im Sinn der Ein­stein­schen Relati­vitäts­theorie ;-) Geschwin­digkeit definiert sich als der Quo­tient aus einer zurück­gelegten Strecke und der dafür benö­tigten Zeit.

Während die benötigte Zeit­punkt vom Start­punkt zum End­punkt gemessen wird, entsteht bei der zurück­gelegten Strecke steht die Frage, wie sich diese bemisst. Spätes­tens hier müssen die beiden oben genann­ten Dimen­sionen unter­schied­lich betrach­tet werden. Beginnen möchte ich dabei mit dem meines Erach­tens einfa­cheren Fall der Durch­führung.

„Man kann auch schnell denken, ohne schlecht zu denken.“ – Manfred Rommel

Geschwindig­keit der Durch­führung

Die Geschwin­digkeit der Durch­führung des KVP lässt sich an der benötig­ten Zeit messen, die für den Durch­lauf eines PDCA-Zyklus benötigt wird. Obwohl Anfang und Ende damit ziemlich ein­deutig bestimmt sind, ergibt sich eine Heraus­forde­rung bei der Geschwin­digkeits­messung, dass die Durch­läufe je nach Problem­stellung sehr unter­schied­lich lang sein können. Grund­sätz­lich lässt sich sagen, dass kür­zere Zyklen besser sind als längere, weil bei kür­zeren Zyklen eine frühere Rück­kopp­lung mög­lich ist und damit früher fest­gestellt wird, ob eine Verände­rung in die richtige Rich­tung auf den defi­nierten Zielzu­stand zugeht und bei einem vermeint­lichen Fehl­schlag die Lerner­fahrung früher gemacht wird.

Geschwindigkeit der Einführung

Während bei der Durch­führung des KVP die Geschwin­digkeit schon ein gar nicht so ein­facher Aspekt ist, bestehen bei der Einfüh­rung des Konti­nuier­lichen Ver­besse­rungspro­zesses noch ganz andere Heraus­forde­rungen bzgl. der Geschwin­digkeit. Natür­lich ist es auch eine Frage der Geschwin­digkeit. Nur ob schnel­ler auch immer besser ist, kann gar nicht so ein­fach beantwortet werden. Zusätzlich stellt sich die Frage wieder die Frage wie die Geschwin­digkeit eigentlich bestimmt wird. Es ist wieder die Frage nach Anfang und Ende. Der Anfang mag noch einfach zu bestimmen sein – obwohl hier schon zwischen dem ersten Gedanken daran und dem Ent­schluss dazu diffe­renziert werden muss – ist das Ende eine deutliche diffi­zilere Frage. Dass der KVP kein natür­liches oder vernünf­tiges Ende kennt, habe ich in früheren Artikeln schon ausrei­chend darge­legt. Bei der Geschwin­digkeit der Einfüh­rung geht es nun aber um das Ende der Einfüh­rung. Hier ist es grund­sätz­lich schon denkbar, dass es diesen Punkt gibt. Um ihn zu bestimmen – beispiels­weise im Sinn eines (Zwischen-)Ziels oder eines Ziel­zustands – kann es sinn­voll sein, mess­bare Kri­terien an diesen Punkt anzu­legen. Das kann die Schulungs­quote der Mitar­beiter und Führungs­kräfte sein und/oder der Zeit­punkt der Durch­führung regel­mäßiger KVP-Runden.

„Wettbewerb ist mehr und mehr eine Frage rich­tiger Beherrsch­bar­keit von Zeit. Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen überholen die Lang­samen.“

– Eberhard von Kuenheim

Wenn man jedoch über beide Kri­terien noch etwas weiter nach­denkt, wird anderer­seits schnell klar, dass diese ver­gleichs­weise ein­fachen Krite­rien gar nicht so trivial sind. Ist es wirklich erstre­bens­wert, möglichst schnell eine hohe Schulungs­quote zu erreichen? Werden die Mitar­beiter und Führungs­kräfte dadurch nicht viel­leicht sogar über­fordert? Welchen Einfluss hat das Tages­geschäft auf eine ange­messene Geschwin­digkeit? Aus diesem Grund werden des­halb bei der Einfüh­rung von KVP die besten Ergeb­nisse erzielt, wenn in Pilot­bereichen begonnen wird. Die dort gemachten Erfah­rungen lassen sich in der Regel sehr gut auf andere Bereiche des Unter­nehmens über­tragen und ggf. anpassen. Der PDCA-Zyklus hat also auch auf der Meta-Ebene der KVP-Ein­führung seine Berech­tigung.

Ebenso trickreich wie die Schulungs­quote als Endkri­terium der Ein­führung ist die Frage­stellung bzw. Fest­legung, wann KVP-Runden regel­mäßig sind. Ist eine wöchent­liche Durch­führung nach dem ersten Monat schon regel­mäßig und so routiniert, dass der KVP seinen Namen verdient? Oder muss die Konstanz über sechs Monate, zwölf Monate oder noch länger andauern? Grund­sätzlich gilt auch hier das Prin­zip der aufei­nander­folgenden und aufei­nanderauf­bauenden Ziel­zustände auf dem Weg zu einer Vision, wie sie in den letzten Artikeln disku­tiert wurde (KVP – eine Frage der Suche, des Weges, der Schritte).

Bei allem Streben nach höhe­rer Geschwin­digkeit sollten wir auch ein wich­tiges Prinzip in Erin­nerung behalten: Als Gazelle muss ich nicht schneller sein als der schnell­ste Löwe, um zu über­leben. Es ist in der Regel ausrei­chend, nicht die lang­samste Gazelle zu sein. Was will ich damit aus­drücken? Bei der Frage der Geschwin­digkeit kommt es auf den richtigen Ver­gleichs­maßstab an. Der Vergleich muss nicht mal zu Unter­nehmen inner­halb einer Branche – also „Markt­freunden“ – gezogen werden, es kann schon ausrei­chend sein, heute besser, nicht unbedingt schneller zu sein als gestern. – Rennen sollte ich aber trotz­dem, denn auch wenn es abg­edroschen ist: Stillstand ist Rückschritt ;-)

Fazit: Die Frage nach der richtigen Geschwin­digkeit kann nicht univer­sell, allgemein­gültig oder formel­haft beant­wortet werden. Sie hängt von vielen Randbe­dingungen ab. Grund­sätzlich gilt nur eins: Zu schnell ist meist genauso ungünstig wie zu lang­sam.

Frage: Wie schnell wurde in Ihrem Unter­nehmen der KVP einge­führt? Wie sind die Betei­ligten mit dieser Geschwin­digkeit zurecht­gekommen? Wo wäre eine andere Geschwin­digkeit besser gewesen?

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