KVP – keine Frage der Losgröße

Losgröße

Eine Ansicht, die mir immer wieder begegnet, dreht sich um die Anwendbarkeit von Lean Prinzipien und Methoden außerhalb von industrieller Massenproduktion. Leider besteht hier oft die (einschränkende) Einstellung, dass Lean eben nur für industrielle Massenproduktion taugt und außerhalb dieser Industrien nicht einsetzbar ist.

Dabei ist es in meinen Augen müßig, sich jetzt tiefschürfende Gedanken zu machen, wo oder wie dieser Eindruck entstanden ist. Es geht auch nicht darum, die betreffenden Personen nachzuweisen, dass sie Unrecht haben, weil sich in der Regel der Widerstand nur weiter verstärkt und vertieft.

Es ist deshalb besser zu zeigen, welche Lean Aspekte auch bei kleiner Losgröße interessant sind und warum sie dort auch ihre Wirkung erzeugen können.

Dabei gibt es grundsätzlich zwei Vorgehensweise, wobei ich von der ersten nicht sonderlich begeistert bin, weil dabei immer die Gefahr besteht, dass Lean zu sehr auf die methodischen und Werkzeug-Elemente reduziert wird.

Lean Methoden und Werkzeuge

Hier stehen die sieben (plus zwei) Verschwendungsarten ganz oben auf der Liste. Auch wenn es vielleicht dabei nirgends wortwörtlich so ausgedrückt wird, steckt doch eine möglichst kleine Losgröße in der Vermeidung der Verschwendungen drin. An vorderster Front natürlich bei der Vermeidung von Überproduktion der Fall. Speziell in der Lean-Musterbranche Automobilindustrie wird schon seit langen nur noch auftragsbezogen für den einzelnen Kunden produziert.

Auch der Klassiker 5S zur Einführung und Pflege von Lean baut an keiner Stelle auf einer möglichst großen Losgröße auf. Speziell wenn mit der Leistungserbringung kein fester Arbeitsplatz verbunden ist, spielt Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit eine wichtige Rolle, die mit 5S erfüllt wird.

„Ich stimme mit der Mathematik nicht überein. Ich meine, daß eine Summe von Nullen eine gefährliche Zahl ist.“

– Stanislaw Jerzy Lec

Die Konzepte zur Losgrößenreduzierung mittels begleitender Rüstzeitoptimierung (SMED – Single Minute Exchange of Die) lassen sich natürlich auch dann einsetzen, wenn die Losgröße 1 schon erreicht ist. In der Regel sind Rüstvorgänge immer notwendig und deren Reduktion hat ebenfalls positive Effekte, bspw. auf die Durchlaufzeit.

Lean Prinzipien und Philosophie

Gerade das Streben nach Losgröße 1 ist in sich das wichtigste Argument für Lean Management. Allerdings ist diese Tatsache eben oft nicht bekannt, wenn man sich noch nicht mit Lean beschäftigt hat. Mit der Losgröße 1 ist auch die Kundenorientierung engverbunden bzw. hat ihren Ursprung darin. In manchen Branchen (meist im Handwerk) ist die Losgröße 1 schon im Geschäftsmodell verankert. Dann kann es passieren, dass ein wichtiger Antrieb für Verbesserungen als Element der Unternehmensvision wegfällt bzw. gedanklich nie vorhanden war.

Die Losgröße 1 bezieht sich aber nicht nur auf die Dimension der Stückzahl, dass also ein einzelnes Stück möglichst in einem Rutsch produziert wird, sondern auch in der Dimension des inneren Leistungsumfang kann die Losgröße im übertragenen Sinn interessant sein. Das passende Stichwort ist hier „Unbundling“. Dabei erhält der Kunde nur die Elemente bzw. Bestandteile eines Produkts oder einer Leistung, die er wirklich benötigt. Dies geschickt oft im Zusammenhang mit der Digitalisierung von Leistungen, wie ich sie in der Podcast-Episode 088 „Unbundling“ mit Christoph Schmitt diskutiert habe.

Ebenfalls unabhängig von der Losgröße ist der Aspekt „Respect for People“, also der Respekt, den ich den Menschen entgegen bringe, vor allem den Mitarbeitern, im erweiterten Sinn aber auch der Gesellschaft als Ganzen.

Frage: Welche Rolle spielt die Losgröße in Ihrem Unternehmen? Welche Konsequenzen leiten sich daraus ab? Wie kann Lean dabei helfen, die Losgröße ggf. zu reduzieren?

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