KVP – eine Frage der Veränderung

Veränderung

Sie werden sich (bzw. würden am liebsten mich) jetzt vielleicht fragen, was es denn mit dieser Platitude auf sich hat. Schließlich hat schon Lichtenberg erkannt, dass es für eine Verbesserung zwingend notwendig, dass sich etwas verändert. Die Veränderung ist dabei zwar eine notwendige aber noch keine hinrei­chende Bedingung für die Verbesserung. Auf den Aspekt der Veränderung möchte ich eingehen, weil dieser Aspekt in meiner kleinen Umfrage von einem Leser oder einer Leserin genannt wurde.

Das geäußerte Interesse ging dabei besonders in Richtung der Heraus­forderungen, die sich ergeben, wenn Teams mit einer anstehenden Veränderung konfron­tiert werden. Ich kenne zwar die konkrete Situation nicht, möchte trotzdem ein paar Aspekte nennen, die in meiner Erfahrung immer wieder auftreten und deshalb vergleich­bar gelöst werden können.

Ein Teil des Wider­stands gegen Verände­rungen rührt oft daher, dass unbewusst (für die Betrof­fenen ebenso wie für den Auslösenden der Veränderung) mitschwingt, dass eine bisherige Verhaltens- bzw. Vorgehens­weise falsch ist, weil sie sonst ja nicht verändert werden müsste. Ich habe positive Erfah­rungen damit gemacht, wenn dieser Aspekt ganz offen angesprochen und gleich­zeitig die bisherige Weise gewert­schätzt wird in der Form, dass sie unter den bisherigen Randbe­dingungen durchaus richtig war. Gleich­zeitig betone ich jedoch, dass sich diese Rand­bedingungen jetzt verändert haben (das können auch neue Erkennt­nisse sein), die es jetzt gebieten, dass eine Veränderung notwendig wird, weil sonst die alte Vorgehens­weise ihren bisherigen Zweck nicht mehr erfüllt bzw. erfüllen kann.

Gleichzeitig ist es wichtig, die geänderten Rand­bedingungen oder auch die neuen Erkennt­nisse mit den Betrof­fenen offen zu diskutieren und klarzu­legen. Möglicher­weise ist es dazu notwendig, den Betrof­fenen ein größeres Bild auf das Gesamt­system zu vermitteln. Manchmal ist diese externe Sicht not­wendig, weil das Bild aus der Innen­ansicht auf eine Situation nur einen einge­schränkten Blick erlaubt. Diese tiefe oder breitere Einsicht bietet sich manchmal auch nur Führungs­kräften, sie sollte trotzdem ohne Überheb­lichkeit kommuni­ziert werden. Grund­sätzlich ist es auch hilfreich die Logischen Ebenen der Betrof­fenen ebenso wie der Situation in die Kommuni­kation einzube­ziehen bzw. zumindest sich selbst bewusst zu machen. Um die eigene Einsicht zu erweitern, kann es auch nützlich sein, die drei Wahrnehmungs­positionen gedanklich oder unter Einbezie­hung der Betrof­fenen „durchzu­spielen“. In meinem eBook „NLP in der Lean-Praxis“ und den ergänzenden Arbeits­blättern (die meine Newsletter-Abonnenten kostenlos erhalten haben) gehe ich sowohl auf dieses Werkzeug wie auch die Logischen Ebenen näher ein.

Mit der Frage nach dem Umgang mit Heraus­forderungen durch Veränderung war noch die Frage verbunden, welche Phasen durch­laufen werden und wie gute Kommunikation in diesem Zusammen­hang aussieht.

„Wer ständig glücklich sein möchte, muss sich oft verändern.“ – Konfuzius

Veränderungs­modelle existieren nun einige „auf dem Markt“. In meiner Six Sigma Ausbildung habe ich das House of Change (Haus der Veränderung) kennen gelernt und möchte es hier in Grund­zügen wiedergeben. Das House of Change besteht aus vier Räumen, die nach­einander im Kreis durch­laufen werden. Die Räume sind durch Türen mit ihren Vorgängern bzw. Nach­folgern verbunden. Wichtig ist in dem Modell, dass die Räume einer nach dem anderen durch­laufen werden und dabei auch keine über­sprungen werden kann (auch wenn die Führungs­kraft möglicher­weise schon einen Raum (oder mehrere) weiter ist, muss sie die betrof­fenen Mitar­beiter trotzdem durch die einzelnen Räume begleiten und auf die spezifischen Situa­tionen der Räume eingehen. Ähnlich wie der PDCA-Zyklus (es existiert aber sonst keine Äquivalenz zwischen den jeweils vier Phasen bzw. Räumen) geht der vierte Raum wieder in den ersten über und bildet dadurch auch einen kontinuier­lichen, nicht endenden Verlauf wie der Konti­nuierliche Verbesse­rungs­prozess.

House of Change

Raum der Zufriedenheit

In diesem Raum nimmt die Veränderung ihren Anfang, auch wenn sich dies von den Beteiligten noch nicht so wahrgenommen wird. Es besteht hier kein Wunsch nach Veränderung und man wähnt sich in einer entspannten Kontrolle der Situation. Darüber hinaus herrscht im allgemeinen nur wenig Selbst­reflektion über die Situation und die eigene Rolle.

Es geht jetzt darum die Menschen die Tür der Gleich­gültigkeit zu begleiten. Auslöser dazu können Vergleiche mit Benchmarks und Kunden­befragungen sein. Auch externe Kompetenz kann unter­stützend wirken. Die Aufgabe besteht hier darin heraus­zufordern und aufzu­rütteln. Dies kann auch dadurch geschehen, dass (zu) stabile Teams aufgebrochen werden.

Raum der Verweigerung

Hier kommt es oft zu einer Schein­anpassung mit erzwungener Selbst­kontrolle und gleich­zeitigen Festhalten an gewohnten, aber „hohlen“ und bedeutungs­losen Aktivi­täten, die auch immer wieder dazu dienen, das Gesicht zu wahren und das „Spiel“ mitzuspielen. Es fehlen klare Gefühle bei gleich­zeitiger Leere und rein mecha­nischem Verhalten.

Bei der Tür des Aufbruchs besteht die große Notwendig­keit, bestehende Probleme und Situationen zu kommunizieren, aber gleich­zeitig vordefi­nierte Lösungs­pakete zur vermeiden. Personen mit Einsicht und Vorwärts­drang müssen unterstützt werden und dabei die Verweigerer heraus­fordern und Fakten der Problem­situation betonen.

„Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte.“

– Gustav Heinemann

Raum der Verwirrung

Die (unausgesprochene) Verwirrung resultiert in selbst­zentrierten Gedanken, die sich auch in schlechtem Kontakt zu anderen ausdrücken. Es entsteht der Eindruck, dass etwas falsch ist oder sich falsch anfühlt; ob es die eigene Person ist oder die anderen. Das paart sich dann oft mit versteckter Furcht, Angst, Wut und Traurigkeit, ebenso wie Zweifel und Unsicher­heit darüber, was richtig ist und wohin das eigene Streben geht oder gehen soll.

Der Ausweg führt durch die Tür des Mutes. Entscheidend ist es jetzt, die Vision und Strategie deutlich zu kommunizieren, Lösungen zu anzubieten, vielleicht auch „verkaufen“, aber nicht vorzugeben. Die Konzen­tration liegt dabei auf dem ersten Schritt, der Ermutigung zu Experi­menten, gefolgt von Rück­meldungen zu neuen Ergeb­nissen.

Raum der Inspiration

Zum Schluss des Zyklus besteht Offenheit, intensiver Kontakt mit der Realität, kreative Veränderung mit Gefühlen der Veränderung, neuen Gemein­schaften und Zugehörig­keiten bei stärken der Selbst­sicherheit, Energie und Klarheit. Es wachsen radikale Ideen und der Wille zur Einfluss­nahme.

Mit dem Durch­schreiten der Tür der Verständigung werden externe und interne Eindrücke aufgenommen. Es geht jetzt auch darum Ergebnisse zu feiern und (sich) neue heraus­fordernde Ziele zu setzen.

Oft entsteht die Frage, wie der aktuelle Raum analy­siert werden kann. Das Mittel der Wahl ist immer bewusstes Zuhören und Wahrnehmen von Aussagen, Handlungen, Verhaltens­formen. Weitere Indizien sind die Reaktionen auf (gute und schlechte) Führung und Ereignisse.

Das Modell lässt sich noch um weitere Räume und Türen erweitern, die in Verände­rungs­prozessen auch immer wieder auftreten.

house-of-change-extended

Balkon der Selbst­überschätzung

Wir sind die Größten“ ist eine der typischen, wenn auch manchmal versteckt geäußerten Aussagen.

Bunker

Nein! Nein! Nein!“ Die Verweige­rung gipfelt hier im völligen Verschließen vor der aktuellen Situation.

Keller der Paralyse & Hinter­ausgang der Werkzeuge

Aus dem Raum der Verwirrung gibt es vermeint­lich zwei weitere Ausgänge. Während der eine in die Analysis Paralysis ohne Lösung führt, täuscht der zweite Ausgang die Befreiung durch den Einsatz von Werk­zeugen vor, statt echte Lösungen zu bieten.

Im Rahmen von Veränderungs­prozessen wie sie für den Konti­nuier­lichen Verbes­serungs­prozess notwendig sind, ist die Kommunikation mit den Betei­ligten eine wichtigsten Fähig­keiten, um eine Veränderungskultur zu schaffen und aufrecht­zuerhalten. Das Kommuni­kations­modell des NLP kann dazu wertvolle Unter­stützung bieten.

Frage: Wie gehen Sie in Ihrem Unter­nehmen mit Veränderung um? Welche Begleitung erhalten die betroffenen Mitarbeiter? Wo lässt sich Kommuni­kation mit den Betroffenen noch bewusster und gezielter gestalten?

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