Kaizen 2 go 105 : Startup-Prozesse


 

Inhalt der Episode

  • Unternehmensphasen: Was unterscheidet Startups von klassischen Unternehmen?
  • Was sind die größten Hürden für Startups?
  • Was unterscheidet den Startup-Code von Lean-Startup?
  • Was kann der Mittelstand von Startups lernen?
  • Warum Zielgruppe Mittelstand, wo doch Großunternehmen und Konzerne sich geradezu um Startups reißen?
  • Womit tun sich klassische Unternehmen schwer, wenn sie mit Startups zusammenarbeiten wollen? Was können beide Seiten tun, damit die Zusammenarbeit besser klappt?
  • Muss man eigentlich Startup immer nur mit einem digitalen Geschäftsmodell gleichsetzen?
  • Was unterscheidet die Stuttgarter Startup-Szene von der anderer Städte oder Länder?

Notizen zur Episode


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 105 – Startup-Prozesse

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Johannes Ellenberg bei mir im Podcast-Gespräch. Er ist Unternehmer, Redner und Autor. Als Unternehmer wird man, glaube ich, nicht geboren. Das heißt, man fängt irgendwann mal an und das passt dann auch zu unserem Thema, nämlich Startup-Prozesse. Hallo Johannes.

Johannes Ellenberg: Hallo, grüß Dich. Schön, dass ich da sein darf.

Götz Müller: Ja, schön, dass du dabei bist. Sag mal noch 1-2 Sätze mehr, was du abdeckst mit Deinem Thema Unternehmer, Redner und Autor.

Johannes Ellenberg: Sehr gerne, sehr gerne. Ja, also, ich bin hier Stuttgarter und habe sehr früh schon während dem Studium mein erstes Unternehmen gegründet: eine kleine Online-Agentur, habe dafür Web-Entwicklung gemacht, Web-Design und er während meines Studiums dann also mit dem Aufkommen der ersten Startup-Szene in Berlin mein Herz an das Thema Startup verloren. Ich wollte dann auch direkt nach dem Studium gründen und habe das schnell festgestellt, dass es mit ist Startups hier bei uns im Süden nicht so einfach ist und habe dann da erstmal ja die Community hier in Stuttgart aufgebaut. Das heißt, viel ehrenamtliche Arbeit gemacht, einen Verein gegründet, den Startup Stuttgart e.V., unterschiedliche Unternehmen selber gegründet, erfolgreicher, weniger erfolgreich. Und letztendlich 2012 mit den ganzen Erfahrungen, die ich gesammelt habe, Accelerate Stuttgart GmbH gegründet. Ein Unternehmen, das zum einen Dienstleister ist für Wirtschaftsförderer und zum anderen Startup-Unternehmen, ja in den ersten Schritten am Markt zum product/market fit, wie wir den nennen, begleitet und seit zwei Jahren auch immer mehr etablierten Unternehmen hilft, zu denken und handeln wie Startups.

Götz Müller: Ja, jetzt möchte ich zum Einstieg das noch ein bisschen vertiefen, weil für mich kam, wo ich auch deinen Vortrag da gehört habe, so der Gedanke, im Grunde behandelt ihr ja das Thema Startup auf so einer, nennen wir es mal Metaebene, was war für dich da der Anlass eben auf diese Metaebene zu gehen?

Johannes Ellenberg: Ja, genau. Also, ich habe einfach gemerkt, dass dieser Begriff Startup ja eigentlich super unscharf definiert ist. Jeder versteht da so ein bisschen was anderes drunter. Also, die Politik und die Banken, die sagen einfach ganz platt so ein Startup ist alles, was jünger ist als 3 Jahre. Dann gibt es diesen Begriff Startup im Bereich Risikokapital, haben immer Investoren wachsen mit fremdem Geld. Und dann gibt's irgendwie den Begriff Startup aus der ganzen Lean-Startup, also aus der methodischen Ecke heraus. Und ich habe einfach festgestellt, dass in der Diskussion über Startups, wie wir Start Ups unterstützen, also politisch, aber auch in der Diskussion von Unternehmen, wie wir von Startups lernen können oder von Startups profitieren können, es irgendwie sinnvoll ist, mal zu definieren, ja mal auf die Metaebene zu gehen und diesen Begriff Startup mal auseinanderzunehmen und da ist mir einfach, ja, dann relativ schnell klar geworden, das es eigentlich mehr Sinn macht das Ganze als, ja, als Managementmodell zu betrachten, und weg von der Unternehmensform zu gehen.

Götz Müller: Ja, das möchte ich noch ein bisschen vertiefen. Und zwar, du hast jetzt einmal diesen zeitlichen Aspekt reingebracht, wo man ein Startup von normalen Unternehmen differenzieren kann. Du hattest da in deinem Vortrag den Begriff Unternehmensphasen, hatte ich mir notiert, genannt. Wie unterscheidest du ein Startup von klassischen Unternehmen? Wann wird für dich ein Startup zum klassischen Unternehmen?

Johannes Ellenberg: Ja, genau. Also für mich ist Startup tatsächlich einfach nur ein Begriff, der einen zeitlichen Ablauf beschreibt und also sozusagen auch nur eine Phase ist. Ja, das heißt, eigentlich jede Person, jedes Unternehmen, groß oder klein, kann zum Startup werden, wenn es, ja, auf eine bestimmte Art und Weise handelt. Und diese Startup-Phase, klassisch, würde ich definieren als die Phase von Idee bis zum product/market fit. Das heißt, wenn validiert ist, dass da draußen tatsächlich ein real existierendes Problem besteht, meine Lösung dazu passt und validiert ist, wie ich diese Lösung auf den Markt bekomme und damit wiederholbar Geld verdienen kann, der klassische product/market fit. Und in dieser Phase muss ich eben, oder sollte ich eben, das, was ich gelernt habe in der klassischen Unternehmensführung, klassische Managementmodelle, die sind da nicht so gut aufgehoben, da muss ich anders handeln und denken, damit ich ja zum product/market fit komme. Damit ist das ist meine Definition Startup bis zum product/market fit und danach, ja eigentlich ein klassisches Unternehmen.

Götz Müller: Jetzt habe ich durchaus gerade rausgehört, vielleicht korrigiertst du mich dann aber, wenn es verkehrt war, dass ein klassisches Unternehmen auch ein Stück weit zum Startup werden kann. Weil, ich nehme hier dann natürlich den normalen Weg, das wird dann meine Anschlussfrage sein, wie sieht die Entwicklung vom Startup zum klassischen Unternehmen aus? Aber jetzt habe ich eben gerade rausgehört, du drehst das auch mal um.

Johannes Ellenberg: Ja, definitiv. Also, ich meine, das ist ja sozusagen, was da draußen gerade passiert. Na ja, also bis in der wirklich schwerwiegende Veränderungen, das alles, was da draußen gerade, und das ist auch wieder so ein Problem dort, meiner Meinung nach, die Digitalisierung, digitale Transformation, aktuell zusammengefasst wird und keiner irgendwie so richtig weiß, was man da so richtig runter zu verstehen hat. Das heißt ja eigentlich, dass da draußen in der Wirtschaft, aber auch in der Gesellschaft wirklich gerade schwerwiegende Veränderungen passieren, die Auswirkungen haben auf das Marktumfeld von Unternehmen, natürlich auch von etablierten Unternehmen und zwei Dinge tun. Zum einen, sie machen es immer unsicherer für Unternehmen Entscheidungen zu treffen, ja. Es müssen immer mehr Entscheidung unter Unsicherheit getroffen werden und sie müssen immer schneller getroffen werden und da haben wir halt letztendlich die Art und Weise, wie etablierte Unternehmen aufgebaut sind, strukturiert sind. Die sind aufgebaut, um Risiko zu reduzieren, Effizienzgewinne zu erzielen und knappe Ressourcen zu verwalten. Und mit dieser Art und Weise Unternehmen zu führen und zu managen kann ich in dieser neuen, unsicheren Welt, die sich immer schneller dreht, kann ich nicht mehr schnell genug auf Veränderungen reagieren, und es führt dazu, dass ich eben angegriffen werde von großen Digitalplayern oder von Startups. Und um das eben zu verhindern, um in dieser neuen digitalen Welt auch wieder mitspielen zu können, müssen eben etablierte Unternehmen eine andere Art und Weise zu denken und zu arbeiten implementieren, um mit der Unsicherheit umzugehen und schneller iterativ auch wieder neue Produkte entwickeln zu können und sich auch neu zu erfinden.

Götz Müller: Ja, ich denke, das werden wir noch vertiefen, aber jetzt noch mal, wie würdest du sagen, wie sieht so die klassische Entwicklung vom Startup zum klassischen Unternehmen aus, wenn das überhaupt erstrebenswert ist, was ich jetzt so rausgehört habe?

Johannes Ellenberg: Ja, es ist auf jeden Fall erstrebenswert. Also jedes … das Ziel ist immer, die Startup-Phase auch so schnell wie möglich wieder zu verlassen und dann als klassisches Unternehmen in Anführungszeichen, also als klassisches Unternehmen, meine ich mit klassischen Managementmethoden und klassischen Vorgehensweisen dann letztendlich auch Wertschöpfung zu generieren und, ja, ein bisschen auch Wertschöpfung zu generieren und, ja, letztendlich auch Geld zu verdienen, Margen zu erzielen. Das ist völlig klar. Wichtig dabei ist nur, dass es einem klar sein muss, dass diese Prozesse, die wir jetzt hatten, also wenn wir jetzt schauen wie die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten 100 Jahren waren. Da sind wir ja wirklich vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt gekommen. Das heißt, wir sind … nahezu jeder Markt, zumindest in Europa, in der westlichen Welt, sind alles gesättigte Märkte. Darauf müssen uns einstellen und wir müssen einfach dafür sorgen, dass da immer wieder irgendwie dann Prozesse implementieren, das wir immer wieder in diesem Startupmodus kommen. Das heißt Startupmodus, neues Geschäftsmodell, das dann auszuschöpfen und zu wissen, wann ich wieder praktisch in diesen Standardmodus komme, sodass das ist mir immer wieder ein fortlaufender Kreislauf ist. Startup – etabliertes Unternehmen – Startup – etabliertes Unternehmen. Wenn man das jetzt so als Phase, als Konzept sieht.

Götz Müller: Im Grunde … Also, ich hatte jetzt auch diesen Gedanken, ja, ich wechsle immer hin und her, alternierend habe habe ich mir hier gerade notiert … Aber im Grunde sprichst du eigentlich von etwas, was man, wenn es ums reine Verbessern geht, von einem Geschäftsprozesse eben den PDCA-Zyklus nennt. Also, da habe ich es irgendwo so eine Art, ja ich würde schon fast sagen, Déjà-vu und letzten Endes ist das ja, glaube ich, ja auch der Gedanke, der hinter dem Lean-Startup steht, weshalb ja auch der Begriff verwendet wurde. Aber vielleicht vorher noch mal, was ist aus deiner Sicht, was sind die größten Hürden für Startups?

Johannes Ellenberg: Ja, also die größten Hürden … Das kommt so ein bisschen darauf an, aus welchem Blickwinkel man das betrachtet. Ich denke die allergrößte Hürde, die tatsächlich gerade hier in Deutschland, also beziehen wir es mal direkt auf uns und vielleicht sogar auch auf unsere Region, also hier im Süden von Deutschland, ist die größte Hürde, dass wir, ja, dass es uns zu gut geht. Das hört sich verrückt an, aber wir sind ja einfach viel zu satt, wir haben eigentlich gar keinen Druck tatsächlich, wirklich was bei uns zu verändern ja und ein Risiko einzugehen, weil wir hier einfach … ja, der Wirtschaft geht's gut, gibt super spannende Arbeitsplätze, uns geht's sehr gut. Ja, das ist das ist mit Sicherheit eine sehr große Hürde für Innovationen. Aber davon mal abgesehen ist einer der größten oder einer der Hauptgründe warum Startups scheitern tatsächlich das Team, das es einfach in einer frühen Phase nicht passt mit den Mitgründern oder mit den ersten Mitarbeitern. Ein wesentlich weiterer Punkt ist, das zu frühe Skalieren, also das zu frühe Wachstum und das ist genau dann der Fall eben, wenn ich zu früh in den Unternehmensmodus wechsle, das heißt, bevor ich diesen product/market fit erreicht habe, Geld für Wachstum ausgebe. Das passiert meistens dann, wenn dann ein Risikokapitalgeber zu früh an Bord kommt und dann auf reine Finanzkennzahlen Unternehmenswachstum steuert und optimiert und dann führt das oft dazu, dass zu früh skaliert wird und der Trichter noch zu viele Löcher hat und zu viele Kunden durchfallen.

Götz Müller: Jetzt hast du ja den Begriff geprägt und, da kommen wir nachher bestimmt auch noch mal drauf, sogar ein Buch dazu geschrieben, nämlich den Begriff des Startup-Codes, den anderen hast du selber schon genannt im Grunde, fast schon ein Klassiker, nämlich Lean-Startup. Wo ist der primäre Unterschied, für die, die Lean-Startup jetzt ein bisschen kennen vielleicht?

Johannes Ellenberg: Ja, also, der Startup-Code, der ist mehr auf der Metaebene. Tatsächlich, und beschreibt sieben Prinzipien, die unter Anderem, eines davon ist auch dieses klassische Lean-Startup, also der Build-Measure-Learn-Loop. Und die anderen sind eher auf der kulturell kulturellen Ebene angesiedelt, das heißt zum Beispiel ganz arg wesentlich für mich der Punkt, sich jetzt … wenn ich mich neu am Fuß erfinde, wieder die Frage zu stellen: Warum mache ich das eigentlich? Also wofür ich bin ich angetreten? Was will ich eigentlich tatsächlich damit erreichen?Was ist mein reason weil? Und das haben wir auch verlernt als etabliertes Unternehmen, weil wir etablierte Unternehmen meistens nach Finanzkennzahlen steuern. Aber gerade in so einer frühen Startup-Phase ist das ist das zum Beispiel sehr elementar. Wenn man so will ist der Code die Zusammenfassung, meines learnings, best practices auf einer Metaebene, die ich in den letzten 8 Jahren Arbeit mit Startups, für Startups, ja, erlebt habe und als, ja, wirklich umsetzbare beziehungsweise handgreifliche, handfeste Handlungsempfehlung für Mittelständler, aber ich eigentlich auch für jedes Unternehmen mitgeben will.

Götz Müller: Ja, genau. Das war auch ein passendes Stichwort, was hier auf meinem Zettel steht, du hast ja auch den Untertitel Mittelstand in deinem Buch. Was sind jetzt Dinge, die einerseits der Mittelstand von Startups lernen kann und warum hast du jetzt gerade den Mittelstand rausgesucht, wo doch umgekehrt eigentlich die Großunternehmen und Konzerne sich ja geradezu darum reißen, die Krawatten fortschmeißen und sich in die Coworking-Spaces einnisten, um da mit den Startups zu reden.

Johannes Ellenberg: Ja, ich habe tatsächlich an diesem Untertitel sehr lange rumgedacht und gemacht und habe den Mittelstand immer mal wieder rausgestrichen oder reingestrichen und das letztendlich habe ich mich entschieden dazu, ihn reinzunehmen und zwar aus einem ganz einfachen Grund: der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft hier in Deutschland. Ich glaube, da erzähle ich nichts Neues, das ist jedem soweit klar. Ohne den Mittelstand würden wir nicht da stehen, wo wir heute stehen. Jetzt haben wir aber das Problem, meiner Meinung nach, oder die Herausforderung, dass der Mittelstand eben, zum Beispiel in der Automobilindustrie, sehr stark vertikal integriert in die in die großen OMs ist, und nie selber ja eigentlich genötigt waren Innovation außerhalb der Produktinnovation zu betreiben. Das heißt, Endkundenkontakte, Marketing, Kontakt zum Markt, das sind alles Themen, die so ein klassischer Mittelständler sehr schwach ausgeprägt hat und, ja, das sind eigentlich so die zwei Faktoren. Auf der einen Seite Seite, er ist superwichtig, der Mittelstand, und zum anderen glaube ich, dass da der größte Handlungsbedarf ist, Dinge anders zu machen und deshalb habe ich tatsächlich dieses Buch, ja, so stark auf den Mittelstand adressiert, obwohl natürlich auch ein Konzerne oder auch kleine Unternehmen oder jeder Einzelne da meiner Meinung nach davon etwas mitnehmen kann.

Götz Müller: Das möchte ich jetzt noch ein bisschen vertiefen, weil im Grunde ist ja ein Mittelstand auch ein klassisches Unternehmen, oder sind das klassische Unternehmen, wo tun sich die und vielleicht besonders als Mittelstand, wo tun sich die schwer ,wenn sie mit einem Startup zusammenarbeiten?

Johannes Ellenberg: Ja, also, da ist natürlich erstmal der Klassiker sozusagen, die Augenhöhe, was wir oftmals tatsächlich beobachtet haben schon. Eine Zusammenarbeit funktioniert nur auf Augenhöhe, wenn so ein Startup … und das ist natürlich schwierig, so ein kleines Startup, vielleicht fünf Mann, und ein größerer Mittelständler sich plötzlich auf Augenhöhe begegnen sollen. Das ist das ist ein Punkt. Also oftmals ist so ein bisschen die Challenge, die richtige, oder die Augenhöhle herzustellen. Die andere … ein anderer Faktor ist natürlich der kulturelle. So ein Startup ist gewöhnt, sehr schnell nach vorne zu gehen und das ist jetzt bei vielen mittelständischen Unternehmen oftmals nicht die vorherrschende Kultur. Das heißt, da einfach Geschwindigkeiten miteinander anzupassen ist definitiv auch definitiv auch ein wichtiger Punkt. Und abschließend vielleicht noch ein dritter Aspekt, den ich persönlich beobachte ist der Qualitätsanspruch. Wir haben, und zurecht, ne, deutsche Produkte für die wertigsten Produkte und haben eigentlich weltweit die Qualitätsführerschaft für unsere Ingenieure gebucht, was auch okay ist, aber was natürlich so kulturell dazu geführt hat, dass wir uns gar nicht mehr trauen, irgendwie auch mal so mit einem halbfertigen Produkt an den Markt zu gehen oder mal was auszuprobieren, das vielleicht noch nicht so 100% ist, und es steht natürlich so einer Zusammenarbeit oftmals auch im Wege, weil ich zu viel beobachtet habe, dass Mittelständler, ja, Hemmungen haben, zum Beispiel ein Produkt von einem Startup auf die eigenen Kunden loszulassen oder mal einzusetzen, tatsächlich produktiv, weil sie halt einfach Angst haben, dass es noch nicht Hand und Fuß hat.

Götz Müller: Was würdest du sagen … ich meine, einerseits haben wir so die greifbaren Dinge, in Produkten und Leistungen, andererseits diesen kulturellen Aspekte, den du mehrfach erwähnt hast … Was würdest du sagen, was können beide Seiten tun, um sich eben auf diesem gemeinsamen, ich nenne es jetzt mal Niveau, zu treffen?

Johannes Ellenberg: Ich glaube, da sind die Unternehmer gefragt und da ist der Mittelstand tatsächlich auch, ja, eigentlich die richtige Zielgruppe, weil in Konzernen die Unternehmer ja nicht mehr vorhanden sind in der Regel. Das heißt, es geht darum, eine unternehmerische Ebene herzustellen, ganz konkret eben, dass dieses familiengeführte Mittelständler, der entweder der Nachfolger oder vielleicht auch der Senior, der sich vielleicht schon rausgenommen hat aus dem Unternehmen, ja, verstärkt darum kümmert zu jungen Unternehmen Kontakt aufzubauen, da in die Communities reinzugehen und da eine unternehmerische Austauschenebene zu schaffen. Und das sehe ich eben schon bei einigen Unternehmern, Unternehmen, hier aus Stuttgart und das sehe ich ganz wohlwollend, und ist auch ganz schön zu sehen, dass die tatsächlich schon davon profitieren und Fortschritte in dem Bereich machen und daher wäre das sozusagen mein Geheimtipp und ein Erfolgsrezept, das ich gesehen habe, auf unternehmerische Ebene Austausch schaffen, dass die Familienunternehmer sich wirklich selber persönlich engagieren und Kontakt auch zu den jungen Unternehmen aufnehmen.

Götz Müller: Das möchte ich gleich noch aufgreifen, aber noch einen Punkt dazwischen reinschieben, du hattest das am Anfang auch kurz erwähnt, ganz oft setzt man ja Startup mit einem digitalen Geschäftsmodelle gleich und da jetzt die Frage: Muss man das oder was wären nicht digitale, mal ein Beispiel vielleicht, oder vielleicht ein paar Beispiele, von einem nicht digitalen Geschäftsmodell.

Johannes Ellenberg: Also, gut. Wir sind uns bestimmt einig, dass das Thema digital, wenn man heutzutage ein Unternehmen gründet, immer eine Rolle spielen muss, ja, was Geschäftsprozesse und so weiter angeht und Vermarktung und so weiter. Das heißt, ich glaube, egal mit welchem Geschäftsmodell man heute in den Unternehmen gründet, es muss irgendwie immer in Form ein digitales Unternehmen sein, aber ich mache dir gerne ein Beispiel von dem ersten Unternehmen, in das wir investiert haben hier in Stuttgart. Das sind die Exitgames Stuttgart, die bieten sogenannte Live Escape Games an, das sind Spiele, also offline Spiele, bei denen man in einen Raum geht, bis zu 6 Personen, und der Raum hat ein bestimmtes Motto, also zum Beispiel eben Horror, und man muss aus diesem Raum innerhalb von einer Stunde wieder entkommen und das tut man, indem man zusammen als Gruppe Such- und Logikrätsel löst und sehr immersives Spielerlebnis hat. Also ein klassischer offline use case, den hier sozusagen nennen könnte, aber gerade auch da, für die ist natürlich digitale Vermarktung, aber auch digitale Geschäftsprozesse, sind auch für die superwichtig.

Götz Müller: Gut. Jetzt lass uns diesen Punkt Stuttgart, Stuttgarter Startup-Szene mit anderen Ländern, anderen Städten in Deutschland mal vergleichen. So der Klassiker ist ja, Startup funktioniert nur im Silicon Valley, vielleicht noch in Israel, und wenn in Deutschland, dann sowieso nur in Berlin. Was unterscheidet die Stuttgarter Szene von anderen? Wir vertiefen’s dann noch.

Johannes Ellenberg: Ja, na gut, also klar. Die Dominanz der etablierten Industrie hier ist der größte Einflussfaktor hier auf die Branche, oder Szene besser gesagt. Das betrifft die Größe, ja, wir haben einfach viel weniger Leute, die ein Unternehmen gründen wollen, weil es so viele attraktive Arbeitgeber gibt und natürlich jetzt auch, vergiss mal den letzten zwei Jahren, ein- oder zugenommen Einfluss von etablierten Playern hier auf die Branche prägt natürlich so ein Bild. Das heißt, ja, die Corporate-Aktivitäten oder aus etablierten heraus gesteuerten Unternehmen, wie zum Beispiel Startup-Autobahn sind relativ groß und stark vertreten hier in Deutschland beziehungsweise hier in Stuttgart.

Götz Müller: Also ich habe es so ein bisschen rausgehört, im Grunde haben wir eigentlich zu viele, also zu viele etablierte Unternehmen. Jetzt kann man natürlich auch nicht die Frage mal andersrum stellen: Was fehlt in Stuttgart noch, was anderes Szenen haben? Vielleicht hört ja jemand von der Landesregierung mit.

Johannes Ellenberg: Ja, also, ich glaube gar nicht, dass die Politik da irgendwie eine große Aufgabe hätte, ehrlich gesagt. Kapital ist kein Thema für Startups, das ist eigentlich ausreichend vorhanden, wenn dann irgendwie im ganz frühen Bereich, Pre-Seed-Bereich, aber da ist für mich weniger die Politik gefragt, das sind eigentlich für mich wieder mehr die Unternehmer, also auch die etablierten Unternehmer gefragt und wenn ich mir was wünschen dürfte, tatsächlich, dann würde ich mir wünschen, dass mehr etablierte Unternehmen wirklich diesen Standort hier auch als relevant, weil es er ist für Sie relevant, auch tatsächlich erachten und, ja, anfangen, sage ich mal, in die Community zu riskieren. Das heißt tatsächlich, da ein bisschen Geld vielleicht sogar in die Hand zu nehmen und zu schauen, dass hier, ja, die Innovationscommunity wächst und vor allem auch wirklich den Kontakt sucht zu und Angebote schafft für frühphasige Gründer, Unternehmensgründung, Start-ups und sich hier einfach beteiligen. Das wäre glaube ich so der größte Katalysator, dass hier in der nächsten fünf Jahren noch mal so richtig was passiert.

Götz Müller: Vielleicht einfach auch mal auf die eigenen Wurzeln zurückbesinnen, auch wenn die unter Umständen schon Jahrzehnte bis vielleicht sogar ja 100 Jahre zurückliegen und sich vielleicht auch ein Stück weit an der eigenen unternehmerischen Nase zu packen.

Johannes Ellenberg: Ja. Definitiv. Also das ist, das ist ein sehr, sehr guter Hinweis, ja. Ich meine, das ist ja so … viele Unternehmen, von denen wir hier sprechen, die haben jahrzehntelangen, ununterbrochenen Erfolg, ja. Die mussten ja auch gar nicht wirklich noch mal so richtig ins unternehmerische Risiko gehen oder unternehmerisch, so richtig im Sinne von neu anfangen, neu machen, tätig werden. Und ja, das wäre schön, wenn man diesen Unternehmen- oder wie viel Unternehmerinstinkt auch wieder wecken würde und auch weg, also was ich sehe, wir haben ganz viele Unternehmer aus der Region sind enorm engagiert in irgendwelchen politischen Gremien, ehrenamtlichen Gremien, aber ganz arg viel ist da so in Richtung Politik orientiert und ich würde mir wünschen, dass wir diese Politikorientierung loswerden und nicht irgendwie, sage ich mal, Politik oder Lobbyarbeit machen, eher wieder zu sagen, „Oh lasst uns schauen, besinnen wir uns wirklich zurück zu unserem Unternehmertum und Ding einfach zu tun.“ Dinge einfach zu tun, weil wir können’s, wir haben Kapital da. Das ist kein Problem, es fehlt einfach nur daran, dass wir öfter einfach mal die Dinge schlicht machen sollten.

Götz Müller: Das erinnert mich absolut an eine Episode, die ich vor kurzem aufgezeichnet habe, wo es um Digitalisierung mit Friseuren ging und den habe ich auch gefragt: „Ja, wo soll ich anfangen?“ und er hat einfach gesagt „Ja, machen.“

Johannes Ellenberg: So einfach wie sich das anhört … aber ich glaube, ja, so einfach ist es tatsächlich.

Götz Müller: Johannes, ich danke dir. Da waren, finde ich, unheimlich spannende Themen drin und definitiv waren es ja nicht nur doppelt so viel wie die 12 Minuten, wo ich deinen Vortrag gehört habe. Ich könnte mir vorstellen, dass der ein oder andere von den Zuhörern da noch eine Sache mitnimmt für sein eigenes Unternehmen, für seine eigenen Geschäftsprozesse, vielleicht um dann mal wieder so einen Schritt in die andere Richtung, auch zu mehr Risiko vielleicht mal zu gehen.

Johannes Ellenberg: Das würde mich auf jeden Fall sehr freuen.

Götz Müller: Also, ich danke dir.

Johannes Ellenberg: Ich bedanke mich. Vielen Dank, dass ich da sein durfte und bis bald.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Johannes Ellenberg zum Thema Startup-Prozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 105.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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