Kaizen 2 go 178 : Post Agile, Post Lean


 

Inhalt der Episode:

  • Quo vadis Lean Management?
  • Quo vadis Agile & New Work?
  • Veränderung in der Führung
  • Sind die Konzepte branchen-/industrieabhängig?
  • Mitarbeiter-Entwicklung am Shopfloor – Was kann Lean von Agile lernen?
  • Hoshin Kanri – das agile Element im Lean Management?
  • Spiral Dynamics als Vorhersage(-Werkzeuge) & Modell für die Weiterentwicklung von Lean & Agile
  • Welche Rolle spielt der Unternehmenszweck bei der Weiterentwicklung von Unternehmen?

Notizen zur Episode:


Mitmachen?

Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.

Ich freue mich darauf!

Ihnen hat der Inhalt gefallen? Dann bewerten Sie die Episode bitte bei iTunes.
Jetzt eintragen und Artikel/Denkanstöße zukünftig per eMail erhalten.

Artikel teilen auf ...


(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 178 : Post Agile, Post Lean

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Franziska Gütle bei mir im Podcastgespräch. Sie ist Smart Operations und Lean Managerin bei Atlas Copco. Hallo Franziska.

Franziska Gütle: Hallo Götz. Danke für deine Einladung.

Götz Müller: Ja, klasse, dass du dabei bist. Ich habe schon so einen halben Satz zu dir gesagt, stell Dich gerne noch mal bisschen intensiver vor, vielleicht auch schon die ersten Punkte, warum wir uns heute unterhalten.

Franziska Gütle: Genau. Also wie gesagt Name Franziska Gütle und ich bin bei Atlas Copco tätig. Ich verantworte den Bereich Industrie 4.0, also dafür steht Smart Operations und Lean-Management, wobei das Industrie 4.0 mittlerweile stärker in Richtung, wie entwickeln sich Organisationen, welche Modelle gibt es da, wie wollen wir zukünftig zusammenarbeiten, also solche Themen stecken da mit drin. Und wir haben das kombiniert also mit Lean Management zusammen, weil wir eigentlich glauben, dass es die ideale Basis für alles ist, auch gerade unter dem Gesichtspunkt Industrie 4.0 oder auch digitale Transformation, dass einfach sowohl Kultur als auch wie die Organisation funktioniert als auch im schlanke beziehungsweise gute aufeinander abgestimmte Prozesse einfach die Basis für alles bilden und daher ist es diese Kombination und der Bereich, den ich dort betreue.

Götz Müller: Jetzt habe ich aber auf den ersten Blick vielleicht einen bisschen provozierenden, einen bisschen Fragezeichen erzeugenden Titel gewählt so aus einem spontanen Impuls raus und jetzt an Dich die Frage, weil du dich mit beiden Themen ja beschäftigst, kann man davon sprechen, dass irgendetwas nach Lean kommt beziehungsweise wohin geht Lean? Wie wird sich Lean vielleicht noch weiterentwickeln?

Franziska Gütle: Also prinzipiell hat mich die Frage stark beschäftigt beziehungsweise mich hat auch die Frage beschäftigt, wie sieht denn mein Job in so 10-15 20 Jahren aus? Also bleibt der klassische Lean Manager einfach eine Funktion, die wir brauchen, die es auch immer geben wird oder was kommt danach? Das hat mich einfach so bisschen getrieben und dann habe ich mir so verschiedene Reifegrade beziehungsweise auch wie ist Lean überhaupt jetzt im deutschsprachigen Raum verbreitet. Das habe ich mir angeguckt und ich stelle jetzt fest, beziehungsweise ich habe viel recherchiert, ich habe auch viel mit Unternehmen gesprochen und ich stelle halt einfach fest, dass Lean doch sehr stark auf Produktion bezogen wird, teilweise die angrenzenden Bereiche werden mitgenommen, ja, aber so die richtige Durchdringung, dass jetzt Lean ganzheitlich auch als Kultur als Philosophie gesehen wird, das ist ganz, ganz selten. Also häufiger ich eigentlich Lean eher so ein Methodenbaukasten, so wird’s interpretiert und auch gelebt und was ich einfach glaube, dieses Post Lean für mich, oder auch dann in dem Übergang zu agil oder vielleicht auch Post Agilität, ich glaube einfach, dass dieser Faktor Mensch noch viel, viel stärker rauskommen muss, als es momentan gelebt wird und ich vergleich' es gern mit, ich sage jetzt mal der Metapher Maschine, also heute sind sehr viele Unternehmen wie eine Maschine ein bisschen organisiert, also du hast die Zahnräder, die laufen, man guckt, dass man noch etwas optimiert, man schmiert das Ganze ein bisschen, man justiert, man guckt, dass die Zahnrädchen besser ineinander laufen. Aber wenn man sich das jetzt anguckt, auch gerade in Bezug auf, was kommt mit der neuen Welt, also New Work oder vielleicht auch den agilen Ansätzen, die ziehe dann ja eigentlich alle da drauf ab, dass die Welt sich verändert beziehungsweise die Komplexität zunimmt und dass halt wenige Leute, die diese Maschine steuern einfach das nicht mehr überblicken können. Es verändert sich soviel, dass diese Maschine so schnell gar nicht umgebaut werden kann, also sie ist einfach schwerfällig oder halt auch stabil, was ja auch gut und deswegen glaube ich, dass sich das stark verändern wird und vielleicht kann man das auch tatsächlich Post Lean beziehungsweise Post Agil nennen, dass der Mensch viel stärker in den Fokus kommen wird. Also so interpretiere ich das. Wobei ich jetzt nicht sage, dass es unbedingt Post Lean sein muss mit der Brille aufgesetzt von Toyota, weil Toyota hat es ja eigentlich, also so sehe ich es zumindest, hat das ja schon sehr früh erkannt, dass eigentlich die Menschen der elementare Schlüssel zum Erfolg sind.

Götz Müller: Ja und ich glaube eben auch, Stichwort Toyota, aber ganz allgemein, Lean ist ja im Grunde kein Zustand. Also ich erinnere mich an eine Diskussion, ich erzähl’s, glaube ich, immer wieder in einer Episode, die wir vor vielleicht zwei Jahren, drei Jahren, auf einem Lean-Stammtischen in Stuttgart hatten, wo irgendwie so die Frage in den Raum gestellt wurde von einem Teilnehmer, was sind in die Kriterien, um zu sagen, da ist ein Unternehmen lean. Und wir sind dann ziemlich schnell in der Diskussion draufgekommen, in dem Augenblick, wo ich glaube, ich habe da irgendeinen Zustand erreicht, habe ich im Grunde ja schon verloren, weil ja dann dieses kontinuierliche Verbessern, da fällt dann der Antrieb weg und

Franziska Gütle: Ja, richtig.

Götz Müller: Und daher, meiner Ansicht nach, ist Lean kein Zustand. Und das ist natürlich vielleicht, wenn ich jetzt noch mehr darüber nachdenken, über den von mir so flapsig gewählten Titel, eigentlich ist es ja falsch, denn wenn eine Sache ein Ende hat, kann ja nichts nachkommen.

Franziska Gütle: Ja, kann man so sagen. Wobei mir gefällt … also ich dieses Wort New Work, ich stoße mich da so ein bisschen dran, weil das New Work, also ob das jetzt tatsächlich so neu ist, das ein oder andere Konzept, wage ich jetzt zu bezweifeln, weil es gab durchaus schon Menschen, die das vor vielen Jahren praktiziert haben, die wussten vielleicht halt nicht, dass es so heißt. Ich denke, dass also New Work ist für mich nicht der richtige Begriff, sondern ich verwende eigentlich gern so dieses Nowland, also dieses „Wie ist es heute“, und dieses Nextland, also einfach dieses „Es kommt irgendwas danach“ und ich finde, man kann durchaus sagen, dass es vielleicht eine Post Lean oder eine Post Agile Zeit ist, einfach wenn man die Interpretation sagt so und so wird Lean heute interpretiert und dann wird sich einfach die Interpretation weiterentwickeln und es kommt noch was dazu. Also für mich ist eine Reise. Man lernt etwas und je mehr man weiß und je mehr man zu dem Thema entdeckt, desto mehr wird wahrscheinlich einem das Gefühl kommen, dass man noch viel weniger weiß, weil ganz viele Türchen aufgehen und du denkst „Oh, da will ich noch etwas erfahren und da müssen wir noch was lernen oder da haben wir doch was nicht gemacht“. Also ich glaube, das ist einfach eine Reise, die nie endet.

Götz Müller: Ja, mit jedem Schritt, glaube ich, den man auf den Horizont zugeht, merkt man, dass er immer weiter wird.

Franziska Gütle: Genau. So kann man es auch beschreiben.

Götz Müller: Gut. Und das ist ja jetzt eine Sache, ich bin jetzt nicht ganz sicher, aber ich glaube, es waren die alten Griechen, die diesen Spruch gemacht haben „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“.

Franziska Gütle: Ja. Richtig. Also er ist durchaus schon ein bisschen älter.

Götz Müller: Also auch da, die Erkenntnis an sich ist gar nicht mal so neu. Jetzt hast du das Stichwort Mensch gebracht und ich glaube, da sind wir alle noch irgendwo drin verhaftet, dass halt so etwas wie Führung in Unternehmen stattfindet. Was ist so der Punkt, wo du eine Idee hast, wie wird sich Führung verändern in dem Umfeld, wie sich agil, wie sich Lean, wie sich New Work, wie es sich vom Nowland zum Nextland weiterentwickelt.

Franziska Gütle: Also ich glaube prinzipiell, dass so diese klassische Führungskraft, so dieses Command and Control, also ich Führungskraft, ich habe keine Ahnung 10,12, 15 Mitarbeiter, ich sag jedem Mitarbeiter „Das ist ein Arbeitspaket, das ist dein Paket und du machst heute das.“, also ich glaube, das ist weder attraktiv, also wenige Menschen haben darauf Lust, noch ist es zukunftsweisend. Also ich glaube einfach, dass dieses Command and Control ausgedient hat beziehungsweise irgendwann an einen Punkt kommt, wo es einfach nicht mehr passt, wo man auch die Probleme nicht mehr lösen kann. Auch gerade zu dem Thema Problemlösen, also wenn ich als Führungskraft der Meinung bin, nur ich kann die Probleme lösen, dann habe ich ein massives Problem, weil dann gehe ich irgendwann und der Laden ist komplett gelähmt. Daher glaube ich, dass die Führungskraft eher in die Rolle, ich sag es mal so eine Art, Enabler dann werden wird, also dass ich jemanden befähige, etwas selbst zu tun und dass ich mit ihm auch ganz stark an seiner persönlichen Entwicklung arbeite, also dass ich ihm Unterstützung gebe, Impulse gebe, dass er lernen kann, dass er sich weiterentwickeln kann, dass ich ihm vielleicht auch Vertrauen gebe, dass er Dinge, wo der Schuhe vielleicht noch bisschen groß ist, aber dass er da reinwachsen kann, dass ich ihn unterstütze, dass ich ihn coache. Ich glaube, es wird in diese Richtung gehen und ich glaube auch, beziehungsweise mir gefällt der Gedanke eigentlich ganz schön, dass … also dieser Begriff Followership, also dass ich glaube, die Menschen, die einfach eine gewisse Ausstrahlung haben, die … also wenn man in einen Raum kommt und der Raum ist plötzlich voll, weil die Person einfach etwas ausstrahlt, weil sie gute Ideen hat, weil sie innovativ oder vielleicht auch Visionär ist, ich glaube, dass solche Menschen stärker in diese Rollen wachsen müssen, einfach um auch Unternehmen voranzubringen und auch in gewisser Form Veränderung zu bringen, dass Menschen sagen „Hey, die Person finde ich cool, die hat was drauf, der möchte ich folgen“. Also dass sich das herum dreht und nicht die Person, die beste Note hatte oder irgendjemanden kannte und deswegen auf einer Position sitzt, sondern eher die Menschen, die auch wirklich dafür gemacht sind, dass sich das in die Richtung entwickeln kann, weil … also ich persönlich glaube, dass die Rolle als Führungskraft nur weil ich der beste Facharbeiter bin, das hat ausgedient, also das das macht ja beide Seiten nicht glücklich, die Person nicht, weil sie es menschlich vielleicht einfach nicht so gut kann und auch die Mitarbeiter nicht.

Götz Müller: Wobei man sich, also das ist meine Wahrnehmung, da halt auch dran gewöhnen kann und das dann wiederholst du lassen oder manchmal auch, weil man aufgrund von Leistung in eine Position kommt und dann plötzlich Dinge anders machen soll, kann immer mal wieder eine Herausforderung sein.

Franziska Gütle: Absolut, ja.

Götz Müller: Was mir gerade während deiner Ausführung durch den Kopf gehen, ich habe irgendwann mal, vor vielen, vielen Monaten muss man sagen, auch mal einen Artikel dazu geschrieben, im Grunde kommen ja viele Themen, wie führe ich ein Unternehmen aus dem militärischen Umfeld raus. Und gerade dieser Begriff Command And Control impliziert bei mir das sehr stark, obwohl ich nie bei der Firma gewesen bin. Ich weiß aber eben von einigen Menschen, dass sich zum Beispiel eine Bundeswehr ja auch weiterentwickelt nicht bloß die innere Führung schon seit vielen Jahrzehnten, sondern auch so ein Begriff wie, ich kriege ihn nicht ganz hin, aber er fängt mit Auftrags irgendwas an, also sprich, dass ich den Menschen nicht sage „Mach das und mach das, mach das“ und ich gebe ihm den Auftrag jetzt halt, wieder wahrscheinlich der militärische Anspruch „Nimm diesen Hügel ein, wie du das machst ist mir egal.“ Da glaube ich dann spannenderweise, dass sich vielleicht sogar das Militär wieder weiterentwickelt hat, aber manche Unternehmen noch nicht mithalten.

Franziska Gütle: Sicherlich auch rückständig sind, aber ich glaube prinzipiell, für mich ist das Thema eine Form von Sinnstiftung, also wenn ich jetzt zum Beispiel als Kommandant bei der Bundeswehr sage „Leute, passt auf, nehmt den Hügel ein, wir brauchen das, das ist total wichtig, wie ihr das macht, es ist mir völlig egal und die Menschen, die erkennen das, keine Ahnung, weil sie das üben müssen oder weil sie tatsächlich in einem Einsatz sind und das sie voran bringt. Ich glaube, das ist schon eine Frage von „Macht Sinn und möchte ich das tun und passt es für mich?“. weil wenn mir irgendjemand eine Aufgabe gibt und es im Unternehmenskontext, wo ich genau weiß „Okay, das was ich den ganzen Tag mache, das wird heute Abend in die Tonne getreten.“, dann fühle ich ja nicht diesen Sinn und dann bin ich ja auch nicht motiviert irgendwas zu tun. Ich glaube, das ist in dem Kontext ganz entscheidend.

Götz Müller: Ja, das Warum, also da ….

Franziska Gütle: Genau, also die Frage nach dem Warum zu beantworten. Da stimme ich völlig mit dir überein.

Götz Müller: Und eben auch die Frage: warum eine Veränderung? Warum jetzt, warum wir, warum ich, manchmal, wenn ich davon betroffen bin. Und ich glaube, da ist dann auch eine Form der Führungsverantwortung, darauf die Antwort zu geben.

Franziska Gütle: Richtig. Also ich glaube dieses Führen mit dem Warum, das ist ein ganz wichtiger, elementarer Kern, gerade wenn man über neue Führungsmodelle spricht.

Götz Müller: Jetzt hast du auch das Stichwort gebracht, so ein bisschen Branchenabhängigheit, Lean stark in der produzierenden Industrie. Agil jetzt eher so in Software-Umfeld, vielleicht noch in der, sagen wir mal, Plattform-Industrie ist ja schon mittlerweile ein Begriff. Hast du das Gefühl, dass die Konzepte immer so grundsätzlich Branchen-, Schrägstrich Industrie- abhängig sind?

Franziska Gütle: Ich glaube, dass es vielleicht weniger branchenabhängig ist, sondern ich sage mal aufgabenspezifisch. Also wenn ich in einem Bereich bin, der sehr standardisiert oder ich sage jetzt mal, wo du schon eine gewisse Fachkompetenz brauchst, aber wo sich gewisse Dinge einfach gut wiederholen lassen, also repetitirbare Vorgänge, ich glaube, da ist das Thema Lean extrem gut verbreitet und ich würde es auch nicht rein nur auf Produktion beziehen, sondern das geht auch in der Dienstleistung beziehungsweise auch in den Büros gibt's durchaus Ansätze und ich glaube auch Firmen oder ich weiß es von Firmen, die das tun, ich sehe einfach der Punkt, wenn du in ein komplexes Umfeld gehst, also wenn du einfach eine Aufgabenstellung bekommst und du hast keine Ahnung, wie du die angehst, weil du es noch nie gehabt hast, weil es halt neu ist und weil du vielleicht neue Schnittstellen hast. Du hast irgendwelche neuem Bauteile, neuen Konstruktionen, irgendwas komplett neues drin, dann musst du dich, ja, ich sage jetzt mal rantasten, man probiert gewisse Dinge: „Passt es? Können wir es so lösen? War’s vielleicht eine gute Idee? Vielleicht nicht. Verwerfe ich es? Bringt es mich zum Ziel?“ Ich glaube einfach, das ist jetzt nicht unbedingt branchenspezifisch, sondern es ist abhängig von vielleicht dem Grad der Komplexität, wo Lean greifen kann und wo dann agile Methoden eingesetzt werden. Weil ich persönlich glaube, agil, ich meinem heutzutage ist irgendwie alles agil und das Wort agile, das ist ich auch wunderschönen im Munde aller großen Medien und wird überall publiziert, also ich glaube nicht, dass es die Allerweltslösung für alle Probleme ist. Es kann für einen gewissen Anteil gut sein und auch für den komplexen Bereich kann es dir helfen, aber es löst dir nicht deine ganzen anderen Probleme.

Götz Müller: Ein Punkt, den ich nur so auf meinen Notizzettel drauf habe, aber auch wieder Aspekt Mensch, wo Lean jetzt relativ stark ist, würde ich sagen, das ist der Punkt Mitarbeiterentwicklung am Shopfloor. Da mal die Frage an dich, wie du dich ein Stück weit ja schon in den beiden Welten auch bewegst. was kann Lean da von agil lernen?

Franziska Gütle: Also ich finde, was ein sehr interessanter Ansatz ist, ist das Thema der Retrospektive. Also was bedeutet das? Unabhängig, ob ich das jetzt pro Woche mache oder also für einen gewissen Horizont, treffe ich mich als Team und spreche darüber, wie wir gearbeitet haben und je nach, ich sage jetzt mal Intensität und vielleicht auch Reifegrad von der Gruppe, kann man darüber sprechen, wie das Zwischenmenschliche war. Also ich meine über, ich sage jetzt, mal fachliche Themen sich auszutauschen und zu sagen „Ich fand jetzt nicht so gut, dass wir in unserer Dokumentation die und die Farbe verwendet haben“., also ganz blödes Beispiel, also auf dieser fachlichen Ebene, da kann man relativ schnell Lösungen finden und meistens sind dann Kompromisse, wo jeder mit leben kann, aber wenn es dann umso Dinge geht wie „Hey, ich habe mich da irgendwie übergangen gefühlt.“ oder „Hey, ihr habt mich da nicht richtig informiert und ich fühle mich da gerade irgendwie nicht wohl.“, also über solche Themen zu sprechen, ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig, denn eigentlich geht's ja in diesem agilen Kontext darum, dass du als Unternehmen, als Organisation, als Team wandlungsfähig bist. Es passiert etwas und du kannst darauf reagieren und ich denke, diese Reflexion und dieses Feedback geben auch einander, um einfach stärker zusammenzurücken, um sich selbst besser zu machen, weil ich weiß, was andere über mich denken, weil ich auch weiß, was vielleicht gut ankommt oder weniger gut ankommt. Ich glaube, das kann ganz entscheidend sein und das, denke ich, wäre, wenn man es bei agil wirklich gut macht, dann kann das durchaus auch in ein Thema sein, was in Richtung Lean überschwappen kann, wenn es vielleicht nicht sogar drin ist. Aber das heißt nicht, dass manche Leute des bei Shopfloor Management nicht auch machen, aber ich glaube, das machen eher wenige, über dieses zwischenmenschliche zu sprechen.

Götz Müller: Ja. Und ich meine, der Wert vom Shopfloor Management an sich im Sinne von das zusammenkommen, wo man vielleicht sonst die Chance gar nicht hat, weil man in zwei verschiedenen Schichten arbeitet und nie davon lernen kann, und ich habe jetzt gerade in den Zusammenhang kommt immer wieder hoch, das Thema von dem Kunden aus dem Handwerk, wo halt jeder Geselle in einem extra Zimmer arbeitet und nie die Chance hat zu sehen, wie machen andere denn das und nur so am Ende des Tages sein Vorarbeiter vorbeikommt und ihm sagt „Du bist zu langsam beim Tapezieren.“ und er im Grunde gar nicht weiß, warum obwohl er seit vierzig Jahren tapeziert. Und jetzt, wo du das erzählst, wird es mir noch mal bewusster, dass das eben auch eine Chance ist, wo man mit einem leichten Zwang, aber viel ernten kann.

Franziska Gütle: Wenn du sagst Zwang, das glaube ich … jeder Mensch ist ja eigentlich ganz happy in seiner Komfortzone und ich meine Feedback geben und Feedback nehmen, jetzt egal in welcher Form, das ist ja für also für die meisten Menschen zumindest zu Beginn durchaus erstmal unangenehm. Also das kann ja dann durchaus passieren, dass ich meine Komfortzone verlassen muss, entweder komme ich in die Lernzone oder wenn es halt ganz schrecklich läuft in die Panikzone. Das kann ja theoretisch auch passieren, aber ich glaube, es ist wichtig und ich glaube gerade als Führungskraft oder auch in einem Team kann das sehr bereichernd sein, wenn man da drauf guckt, dass man den diesen Modus kommt, einfach sich gegenseitig auszutauschen. Vielleicht auch klar, das Shopfloor Management ist in manchen Firmen total getaktet, das sind fünf bis zehn Minuten, aber dass man das in menschlichen Aspekt mit rein nimmt und eben nicht nur diese krasse Methode sieht.

Götz Müller: Aber hier in der Stelle auch, glaube ich, ganz wichtig, weil ich das ja nicht träume nachts, wie funktioniert Feedback als Geber und als Nehmer, weder als Mitarbeiter, noch als Führungskraft egal auf welcher Ebene. Das sind Dinge, die ein Stück weit, wenn jetzt nicht sogar ultimativ immer so vom Anstoß her von außen kommen müssen.

Franziska Gütle: Durchaus, ja. Ich glaube, es ist einfach der Punkt, wenn du als Organisation merkst, dass du dich weiterentwickeln musst, weil es kommen neue Generationen, es kommen irgendwann auch neue Produkt, die vielleicht einen stärkeren technischen Anteil haben, es werden mehr Schnittstellen dazukommen, ich glaube schon, dass Dynamik extrem zunehmen wird und dass irgendwann, also dass du an diesem Faktor Kommunikation und Austausch gar nicht vorbeikommen wirst und dann wird, denke ich, schon der Punkt irgendwann auftauchen in vielen Bereichen, wo man merkt, dass es irgendwie ein bisschen knirscht, also das zu viele Schnittstellen sind, das läuft nicht harmonisch und irgendwie passt es nicht so und ich glaube, das kann ein ganz wertvoller Schritt sein, dass vielleicht dann der Impuls auch von außen kommt, dass man lernt, gemeinsam zu reflektieren, war das jetzt gut, war es nicht gut, wie wollen was zukünftig machen, um einfach auch ein Bewusstsein zu haben, dass sich Dinge verändern können, also dass Veränderung einfach normal ist. Also ich glaube, das ist ganz entscheidend. Die Welt wird sich schneller denn je drehen und mein Arbeitsplatz, den ich heute habe, ich weiß nicht, ob ich den in dreißig Jahren noch genauso habe oder ob sich das nicht fünfmal umstrukturiert hat.

Götz Müller: Ja. Gut, auch da kann man ja ein Stück weit aus der Vergangenheit lernen. Wenn ich nicht mal nur Steine klopfe und auch da wird sich das ein oder andere verändert haben, aber vor 20 Jahren etwas anderes gemacht als man heute macht.

Franziska Gütle: Richtig. Also ich meine viele Menschen, die heute schon, sage ich jetzt mal, einen Job gelernt haben in der Vergangenheit, machen den nicht mehr, also haben etwas ganz anderes gemacht. Ich glaube, das ist einfach auch eine gewisse Reifegrad im Leben.

Götz Müller: So. Jetzt steckt ja im Lean, wenn man ganz genau hinguckt, auch wenn, ich würde sagen, noch nicht jedes Unternehmen, das Lean macht, dort ist, steckt ja ein Element da drin, mit dem japanischen Doppelnamen versehen, Hoshin Kanri. Das ist ja durchaus auf eine gewisse Art und Weise ein, nennen wir es mal agiles Element im Lean Management. Das wäre jetzt so ein Punkt, die Bitte an dich, da noch ein bisschen was drüber zu erzählen, was die Wechselwirkung angeht?

Franziska Gütle: Wie meinst du Wechselwirkung?

Götz Müller: Also die Wechselwirkung zwischen Lean und Agil eben? Wo steckt schon agil im Lean drin, nur kam bisher vielleicht noch keiner auf die Idee, das so zu nennen?

Franziska Gütle: Also ich denke, wo es drinsteckt, also Hoshin Kanri gibt ja zunächst eine gewisse Orientierung, also ist es eine Art Zielprozess, wo ich festschreibe, da und da möchte ich hin, das und das möchte ich erreichen und dann beginne ich das ja runterzubrechen. Ich beginne zum einen die Menschen zu involvieren, über gewisse Runden zu sagen „Hey, das und das wollen wir erreichen, wie könntet ihr euch das vorstellen?“ und letzten Endes sind das ja auch, ich sage jetzt mal kleine Sprints, könnte man sagen, wo sie sich Gedanken machen, das auch zurückspielen, dann wird es angeglichen. Also letzten Endes könnte man sagen, dass die übergeordnete Instanz, der ich verwende jetzt mal den Begriff von Scrum, also der Product Owner, der hat eine Anfrage, der gibt es in das Team, das wird in diesem Sprint bearbeitet, dann wird es zurückgegeben und dann wird geguckt, pass es, passt es nicht, müssen wir es noch mal durchspielen, wollen wir es anpassen oder übernehmen wir es so. Ich glaube, zum einen in diesem Entstehungsprozess selbst können oder finden sich agile Formen wieder oder können so eingesetzt werden, aber ich glaube auch, was ganz entscheidend ist, auch gerade für eine erfolgreiche Strategieumsetzung, dass man regelmäßig sich anguckt, wo stehe ich denn, was habe ich jetzt gemacht. Also ich habe über einen gewissen Zeitraum, gut, das wäre dann vielleicht ein etwas größerer Sprint, weil ich nicht jede Woche meine Strategie wahrscheinlich überprüfe, aber dass ich einfach in gewissen Zeiträumen abgleiche, passt das, was ich mir vorgenommen habe zu dem, was jetzt rausgekommen ist. Man kann sich auch dieses Thema Retrospektive und Feedback auf die Fahne schreiben und kann das übernehmen. Also ich glaube, diese kurzzyklischen Überprüfungen, ich glaube, dass die dort ganz entscheidend sind, damit man auf dem richtigen Weg bleibt und auch, ich denke, das ist auch ein Element, wo vielleicht eine Wechselwirkung besteht, dass man gewisse Dinge anpasst, also die Strategie, selbst wenn ich sie jetzt für drei Jahre mache und ich merke, es läuft aus dem Ruder und ich muss die anpassen, weil es einfach vom Markt nicht mehr passt. Der Markt fordert plötzlich andere Dinge, dann wäre ich blöd als Unternehmen, wenn ich auf die Strategie, die ich jetzt schön erarbeitet und schön fest geschrieben habe, wenn ich jetzt auf die beruhe, obwohl ich merke, dass es gar keinen Sinn mehr macht und dass ich es auch da anpassen muss, dass der Kunde, in dem Fall dann wirklich der Kunde vom Markt, dass er etwas ganz anderes fordert, dass ich es anpasse.

Götz Müller: Also das ist dann auch der Punkt, wo mir jetzt spontan der Aspekt Lean Startup in den Sinn kommt mit der dort postulierten Aussage, im Grunde ist die größte Verschwendung irgendwas zu machen, was draußen keiner haben will.

Franziska Gütle: Richtig. Aber ich muss es mir auch eingestehen, also ich meine das oder man muss es erkennen. Das kann zum einen daran scheitern, dass man sich sehr viel Mühe bei der Strategie gegeben hat und einfach an die glaubt, also das wär dann zu der Faktor Mensch, weil man es nicht wahrhaben will, aber es kann ja auch passieren, dass ich es wirklich jetzt, ich sage mal aus disruptiven Gründen vielleicht zu spät merke, weil einfach jemand an mir vorbei geschnellt ist und ich das im Schatten gar nicht gesehen habe.

Götz Müller: Jetzt hast du, ich habe mich ein bisschen auf deinen Seiten, in der Mehrzahl sage ich das mal, umgeguckt und bin da auf eine Sache gestoßen, die ich schon kannte, aber da in der Kombination sehr spannend fand, nämlich Sprial Dynamcis, als, ich habe es da wahrgenommen als eine Form von Vorhersagewerkzeug und vielleicht sogar als ein Modell, wie sich eben Lean und Agil weiterentwickeln wird.

Franziska Gütle: Genau, du hast es eigentlich sehr schön schon beschrieben. Also ich verwende das Spiral-Dynamics-Modell momentan für ein Forschungsprojekt. Also was ist der Hintergrund dazu? Mich interessiert einfach, wie sich Organisationen im Lean Kontext aufstellen, was sie besonders macht, was für Aktivitäten sie treiben, wie ihre Strategie ist, wie die Organisationsstruktur ist, wie so die Werte, die Kultur, die Menschen, der Managementstil, also wie das alles so ist. Das interessiert mich, aber es interessiert mich eben auch von den New-Work-Unternehmen oder von Unternehmen, die einfach heute, ich sag jetzt mal, etwas komplett anders machen als es jetzt normal traditionell gängig ist und nicht. Und ich habe viele Interviews mit Unternehmen geführt und ich habe sie danach immer gebeten, dass sie sich im Spiral Dynamics, also in diesem Modell, was aus Farben besteht, verorten, dass sie grob sagen, wo sie sich befinden und was so die Kernelemente ihrer Organisationen sind und was ich total interessant finde, also das Spiral-Dynamics-Modell besteht aus verschiedenen Stufen mit verschiedenen Farben, wie ich schon gesagt habe und es gibt jetzt die Farben blau, orange und so bisschen grün. Also blau steht doch sehr stark noch für eine klassische Hierarchie, sehr funktional organisiert, ich habe eine starke Loyalität, viele Regeln, die Prozesse sind niedergeschrieben. Ich habe ganz klare Strukturen und auch die Verantwortlichkeiten. In orange bin ich dann stärker leistungsorientiert, ich schaue auch bewusst auf prozessübergreifende Prozesse, ich schaue auf Wertschöpfung, ich bin durchaus jetzt auch mit Management by Objectives leistungsorientiert, entlohne entsprechend auch so. In Grün wechselt dann so der Faktor eher so in diesem menschlicheren Bereichen, diesen Teamgeist und ich nehme eben wahr, dass die Lean-Unternehmen sehr stark in diesen drei Bereichen vorhanden sind. Also dass das Thema Hierarchie und auch, ich sage jetzt eher dieser klassische Führungsstil doch noch sehr stark dort, ja, vorzufinden ist. Während jetzt Unternehmen mit diesem New-Work-Ansatz oder die sich einfach weiterentwickeln stärker in den Elementen gelb und türkis sind. Also gelb und türkis stehen dann eher für Netzwerkarbeiten, also dass ich mich löse von dieser klassischen Form der Hierarchie, dass ich mich in Teams befinde, die sich auch selbst steuern. Das Thema dieses große Ganze zu sehen, also nicht nur meinen kleinen Bereich und mein Kistchen, sondern schon, welche Auswirkung hat es aufs ganz Unternehmen, vielleicht auch welche Auswirkung hat es Unternehmen auf die Gesellschaft, auf die Gesamtheit, solche Fragen und auch Thema Umweltschutz etc., das sind Dinge, die dann eher in diesen oberen oder ich sag jetzt mal in diesem gelb-türkisen Bereich zu finden sind. Und was ich interessant finde oder weshalb ich auch dieses Modell so spannend finde, weil mich so die Frage beschäftigt, wie entwickelt sich denn das weiter. Und Spiral Dynamics, also diese Farbstufen, die sind evolutionär, also das heißt, ich muss jede Stufe durchlaufen, weil ich eine Erkenntnis gewinne, die mich dann reifen lässt, damit ich weiter komme, also das heißt, wenn ich jetzt blau, orange, grün, die ich mit den Lean-Themen stark in Verbindung bringe, heißt es, wenn ich mich dann weiterentwickle, weil nach grün folgt dann gelb und türkis, dass ich mich eigentlich auf Basis von Lean, und das ist so jetzt meine neue These, die ich eigentlich gewinne, dass Lean Management die Basis ist und die Erfahrungen, die ich dort mache, dass die elementar notwendig sind, um in Formen der Selbstorganisation überhaupt zu kommen, also dass die Menschen auch bereit sind, weil ich kann das nicht anordnen. Und das ist eigentlich so das Modell, weshalb ich sage, das gibt mir eine Orientierung für die Weiterentwicklung.

Götz Müller: Mir kommt da jetzt auch sofort in den Sinn, wenn ich jetzt die Weiterentwicklung von Menschen oder Veränderungsprozesse ganz allgemeiner Natur bei Menschen, da gibt es ja auch unterschiedliche Modelle. Was mir da jetzt in den Sinn kommt, House of Change, wo man halt vier Räume hat und da ist eine der Kernaussagen, du kannst die Räume nicht überspringen.

Franziska Gütle: Genau.

Götz Müller: Was im Grunde bei Spiral Dynamics für Unternehmen genau das Gleiche gilt. Das heißt, ich muss vielleicht sogar, muss nicht sein, dass es ein Tal der Tränen wird, aber …

Franziska Gütle: Ich glaube schon teilweise.

Götz Müller: Ich wollte nicht jedem die Hoffnung rauben, aber ich glaube, bestimmte Entwicklungen, weil dadurch auch eine Reife entsteht, muss ich auch als Organisation durchlaufen.

Franziska Gütle: Absolut. Und man sagt oder das zeigt auch jetzt so die Erfahrung, die ich gewinne durch die vielen Interviews mit den Unternehmen, dass es mindestens drei bis vier Jahre braucht, um so ein Farbwechsel zu durchlaufen. Also das geht ja dann nicht nur darum, welche Methoden wende ich an, sondern auch, wie ist unsere Haltung, wie gehen wir miteinander um, wie sind die Werte, wie sind die Prinzipien. Und häufig ist ja auch so, dass anfangs totale Panik ist, keiner das machen will, ich sag mal eine gewisse Abneigung besteht und dass sich dann mit einer gewissen Zeit der ein oder andere dran gewöhnt und sich das doch mal anguckt, aber, und das glaube ich schon, es wird immer Menschen geben, die vielleicht den Sprung auch nicht können.

Götz Müller: Ja. Und selbst da ist es dann aber eben wieder, wie ich finde, eine zentrale Führungsaufgabe, Führungsrolle, die in geeigneter Form auch dazu begleiten.

Franziska Gütle: Absolut. Und ich glaube, auch prinzipiell jetzt gerade, weil du eben auch von Selbstorganisation und diesen Themen sprachst, ich glaube, und das deckt sich jetzt so ein bisschen auch mit den Branchen beziehungsweise der Anwendungsorientierung, ich glaube, nicht alle Bereiche sind dafür gemacht, agil oder das selbstorganisiert zu arbeiten, weil einfach gar nicht der Bedarf da ist. Also wenn jemand in blau und orange, ich sage jetzt mal, auch mit der klassischen Hierarchie, die hat uns viele, viele Jahre sehr erfolgreich gemacht und ich glaube auch, dass das weiterhin ein Modell sein kann, was super erfolgreich sein kann. Also das ist völlig in Ordnung. In dem Zusammenhang finde ich eigentlich so die Idee von hybriden Systemen ganz interessant, also dass man beispielsweise eine Entwicklung, die doch relativ komplex bei der Entstehung von neuen Produkten sein kann, dass man die zum Beispiel, ich sage jetzt mal, in Richtung gelb entwickelt, während das Bestandsgeschäft oder die Abwicklung ganz normal vielleicht in, ich sage jetzt mal, blau orange oder auch grün bleibt. Also das kann ja durchaus sein. Wichtig ist dann, finde ich, nur dass es ein gegenseitiges Bewusstsein gibt, dass sie einfach anders sind als die jeweils anderen, aber das ist in Ordnung. Weil in Spiral Dynamics hat ja keine Stufen einen Wert, also alle sind gleichwertig. Das bedeutet ja nicht, dass etwas besser oder schlechter ist, weil jede Farbe hat auch gewisse Vorteile.

Götz Müller: So jetzt möchte zum Abschluss irgendwo den Bogen zum Anfang machen beziehungsweise fast schon ein Stück vor den Anfang, nämlich da wo der Impuls entstanden ist für die Episode für den Titel auch speziell, nämlich so ein so ein Aspekt Unternehmenszweck. Was ist deiner Ansicht nach die Rolle des Unternehmenszwecks bei der Weiterentwicklung der Unternehmen? Geht, glaube ich, wenn ich jetzt noch ein bisschen drüber philosophiere, ein Stück sogar übers Spiral Dynamics raus, weil sich Spiral Dynamics sich in meiner Wahrnehmung sich mit Zweck an sich erstmal gar nicht beschäftigt.

Franziska Gütle: Nee, also ich würde Spiral Dynamics wirklich auf die Wertekultur im Unternehmen sehen, vielleicht könnte man trotzdem sagen, dass gewisse Werte schon auch Auswirkungen haben auf „Wie lässt sich die Organisation führen“ beziehungsweise „Wo sieht sie ihren Sinn“. Also ich meine, so wie du das sagst, mit dem Unternehmenszweck, ich glaube, der wird ganz, ganz entscheidend, also dass ich, wenn ich als Person für ein Unternehmen arbeiten möchte, dass mich das Unternehmen einfach ansprechen muss, weil ich das Produkt cool finde oder weil mich das anspricht und weil ich mit diesem Produkt, das glaube ich jetzt, auch in Richtung dieser ganzen Post-Begriffe, und ich glaube einfach, das ist wichtig ist, dass ich da drin in Sinn für mich sehe, was die Welt besser macht, also nicht unbedingt dieses klassische „Höher, weiter, besser“, also ich will noch mehr Geld verdienen, ich will noch mehr Marktanteile haben. Also wenn das der Unternehmenszweck ist, warum ich mit meiner Organisation da bin, weil ich noch mehr Geld haben möchte, ich glaube, dass dieser Zwecke nicht unbedingt attraktiv ist und in Zukunft erst recht nicht, sondern ich glaube, dass es dann eher um so Themen geht wie: Mit dem Produkt, was wir herstellen, können wir Leben retten, wir können die Welt verbessern, wir können das Klima nachhaltiger beeinflussen. Also solche Themen und ich glaube, auch gerade in Richtung vielleicht in Verbindung mit Spiral Dynamics, ich glaube Richtung Werte wird sich das schon dahingehend entwickeln, dass dieses Thema Leistung und, ich brauche immer mehr und mir sind Statussymbole wichtig, ich etwas darstellen, ich glaube, das wird sich verändern. Also ich glaube, dieses ganzen Elemente, die man eigentlich dem Kapitalismus auch zuschreibt, ich glaube, das wird sich dahingehend verändern, dass man stärker auf dieses große Ganze guckt und das mal versucht, in seinem Leben und in seinem ganzen Tätigkeiten zu sehen. Das ist die Aufgabe eben von Unternehmen, das so attraktiv zu gestalten, um die besten Leute zu bekommen.

Götz Müller: Da ging mir jetzt ganz spontan, aber ich glaube, da könnte man noch eine eigene oder mehrere Episoden dazu machen, wenn ich jetzt mal Kapitalismus und Sozialismus gegenüberstelle, kam mir gerade in den Sinn, dass vermutlich beim Sozialismus, was Gesellschaften anging, versucht wurde, den ein oder anderen Schritt, im Sinne von Spiral Dynamics, zu überspringen.

Franziska Gütle: Ja, durchaus möglich. Ja.

Götz Müller: Ein, glaube ich, sehr gutes Beispiel, wo man gesehen hat, dass es ja eigentlich gescheitert ist. Jetzt nicht, weil der Kapitalismus die bessere Lösung war, sondern weil man versucht hat, hier den ein oder anderen Schritt zu überspringen.

Franziska Gütle: Richtig. Also dass die Menschen halt oder das ganze System nicht reif genug ist.

Götz Müller: Gut, aber wie gesagt, ich glaube, da könnten wir eine eigene Episode machen.

Franziska Gütle: Da könnte man eine eigene Episode darüber machen, definitiv.

Götz Müller: Das bleibt uns ja unbenommen. Franziska, ich danke dir für deine Zeit.

Franziska Gütle: Ich habe zu danken.

Götz Müller: Das war eine spannende Unterhaltung. ich könnte mir vorstellen, dass die Zuhörer das auch so sehen. Ich werde dann in den Notizen auf jeden Fall noch die ein und andere Seite von dir mit reinnehmen, du bist ja sehr aktiv, was Artikel angeht im Zusammenhang auch, in meiner Wahrnehmung, auch mit deiner Forschungsarbeit. Ich glaube, das ist wertvoll, wenn da jemand noch etwas nachlesen möchte.

Franziska Gütle: Perfekt. Ich danke dir.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Franziska Gütle zum Thema Post Agile, Post Lean. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 178.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei iTunes. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.