Kaizen 2 go 181 : Veränderungsprozesse in der Arbeitsplatzgestaltung


 

Inhalt der Episode:

  • Was und wer sind typische Auslöser für Veränderungen in der Arbeitsplatzgestaltung?
  • Was sind typische “technische” Einflussfaktoren auf die Arbeitsplatzgestaltung?
  • Welche Rolle spielen dabei Veränderungen in den Geschäftsprozessen auf die Arbeitsplatzgestaltung?
  • Was sind menschliche Einflussfaktoren? Wie lassen sich mögliche Konflikte vermeiden bzw. auflösen?
  • Welche Rolle kann professionelle Begleitung bei der Arbeitsplatzgestaltung spielen?
  • Welche Chancen können sich daraus ergeben?
  • Was sind typische Fehler bei der Initiierung und Umsetzung von Arbeitsplatzumgestaltungen?
  • Wie kann der Veränderungsprozess aktiv und im Sinn aller Beteiligten gestaltet werden?
  • Was lässt sich aus diesem spezifischen Veränderungsprozess auf allgemeine Veränderungsprozesse übertragen?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 181 : Veränderungsprozesse in der Arbeitsplatzgestaltung

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Udo Maar bei mir Podcastgespräch. Er ist ursprünglich Architekt, heute Workplace Consultant mit Blick auf die systemischen Einfluss- und Begleitfaktoren und Coach in dem Umfeld. Hallo Herr Maar.

Udo Maar: Hallo Herr Müller. Ich freue mich hier zu sein.

Götz Müller: Ja, ich freue mich auch, dass Sie dabei sind. Ich glaube, das wird ein spannendes Thema heute. Ich habe schon ein paar Stichworte gesagt zu ihnen, aber stellen Sie sich gerne noch in zwei, drei Sätzen mehr vor.

Udo Maar: Ja. Ich nenne mich ja unter anderem auch Veränderungsbegleiter, weil ich eben in meinem Leben festgestellt habe, ich denke wie so viele, dass Veränderung einfach die einzige Konstante im Leben bleibt und habe mich deswegen selber auch immer wieder kontinuierlich verändert. Ich bin also von meinem ursprünglichen Studium, Architektur, dort lange in der Innenarchitektur für Corporate Offices gearbeitet und habe mich eben von dort aus weiterentwickelt sozusagen zum Workplace Consulting, bin also immer dichter wirklich an die Endnutzer, an die Unternehmen heran gegangen, um dort unter die Haut zu kommen, um zu verstehen, was da wirklich passiert und dann eben wirklich eine zertifizierte, systemische Business-Coaching-Ausbildung zu machen, wirklich mal an die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und Veränderungsbereitschaft heranzugehen und das ist mein persönlicher Werdegang und ich habe mich mit diesem Themen, eben Veränderung und Vielfalt, selbstständig gemacht.

Götz Müller: Genau. Und jetzt heute schauen wir uns eben speziell den Aspekt Veränderungen im Umfeld von Arbeitsplatzgestaltung an, weil ja, glaube ich, schon der Arbeitsplatz eine Sache ist, wo man schon einen großen Teil seines, mindestens, Arbeitslebens dran verbringt und wenn sich da etwas verändert, macht es ja etwas mit den Menschen. Ich drücke es mal noch so neutral aus.

Udo Maar: Wollte ich gerade sagen, macht etwas, ein bisschen was. Nein, ich stelle immer wieder fest, dass der Arbeitsplatz ein hochemotionales Thema ist, für jeden Mitarbeitenden, da gibt's auch durch sämtliche Sparten durch, durch sämtliche Industrien, durch sämtliche Organisationsformen und auch durch sämtliche Hierarchien geht's immer wieder durch, dass eben der eigene Arbeitsplatz doch ein sehr emotionales Thema ist und wie Sie ja schon sagten, man verbringt auch viel Zeit dabei und da geht's eben auch um so Themen wie Gesundheit und Wohlfühlen natürlich auch, aber eben auch gerade diese emotionale Bindung daran. Von daher, ja, absolut. Ein sehr spannendes Thema.

Götz Müller: So und jetzt möchte ich zum Einstieg so ein paar typische Auslöser erstmal erfassen, adressieren, die überhaupt die Veränderung allgemeiner Natur am Arbeitsplatz, in der Arbeitsplatzgestaltung darstellen.

Udo Maar: Also sozusagen, wenn Unternehmen auf mich zukommen würden und quasi das Workplace Consulting auch mal so als Idee bei sich auffassen, also das ist … Vor vielen Jahren, eines meiner ersten Projekte, was ich gemacht habe, da ist wirklich ein Unternehmen einfach darauf gekommen, dass fünf Jahre später drei von fünf Mietverträgen auslaufen und die Chefetage ganz einfach festgestellt hat „Hey, das ist nicht nur ein Problem für uns, sondern da ist auch wirklich eine große Chance drin.“ und sie haben uns dann eben hinzugezogen, um diese Chancen wirklich zu maximieren und wirklich über 5 Jahre haben wir damals diesen gesamten Weg begleitet, wie diese neue Arbeitswelt aussehen kann. Ansonsten, so heute sehe ich eben auch immer wieder Veränderungen, die stattfinden können, sei es einfach die Entscheidung, man will den Standort wechseln, meistens dann ausgelöst durch Wachstum und das ist dann die positive Variante, manches Mal aber auch durch Verkleinerung, wie kann man damit umgehen, aber eben auch ganz intensiv durch organisatorische Veränderungen, also ich merke immer wieder, dass Unternehmen, die sehr statisch, hierarchisch funktionieren, sich aber eine Vision setzen, dass sie in sehr dynamischen Arbeitswelten, weil das jetzt vielleicht gerade modern ist, darin arbeiten wollen, dass das zu Konflikten führt, aber genauso auch andersrum, dass eben der dynamische Unternehmen, gerade in der IT-Branche, die aber eben sich das Thema Arbeitsplatz noch nicht wirklich angenommen haben und dort sehr traditionell, will ich mal sagen, mit dem Thema umgehen, führt auch immer wieder zu Konflikten, dass einfach die Organisationsform und die Art und Weise, wie das in den Räumlichkeiten gelebt werden kann, nicht zusammenpassen. Das sind für mich immer so die spannendsten Themen, da dann reinzugehen und wirklich mal anzugucken, wie können wir vielleicht sogar innerhalb von bestehenden räumlichen Strukturen, die neuen organisatorischen Strukturen sozusagen widerspiegeln. Natürlich ganz großes Thema jetzt auch Digitalisierung, was macht das mit unserer Arbeitswelt. Ich finde es sehr schön, dass in vielen Diskussionen, die in den letzten Jahren stattgefunden haben, eben früher das Thema Raum eigentlich außen vor gelassen wurde, und man heute aber immer mehr merkt, dass eben die Digitalisierung auch Auswirkungen darauf hat, wie wir unsere Räumlichkeiten nutzen. Eine schöne Frage, die ich dabei immer gerne stelle, ist, wofür gehen denn ihre Mitarbeitenden überhaupt noch ins Büro.

Götz Müller: Jetzt möchte ich mal noch ein bisschen den konkreteren Arbeitsplatz … Sie haben einen Anlass auch gerade dargestellt, wenn jemand umzieht, dann liegt es natürlich auf der Hand und dann ergeben sich da manche Chancen auch. Jetzt glaube ich, gibt es aber noch kleinere Einflussfaktoren, so vielleicht auf der eher, in Anführungszeichen, technischen Ebene, Digitalisierung kann jetzt ein kleinerer oder größerer sein. Was sind die Einflussfaktoren, die dann den Arbeitsplatz beeinflussen?

Udo Maar: Also ein Beispiel, das fand ich sehr faszinierend, wo eben Digitalisierung wirklich etwas ganz Handfestes plötzlich wurde, ist das ein Unternehmen sich eben der Digitalisierung verschrieben hat und sämtliche Aktenberge ganz einfach mal aus den Büroräumen hinausgeschafft haben, weil das ganz einfach nicht mehr benötigt wurde und jetzt haben sich diese Räume plötzlich verändert, weil ich zum einen erstmal mehr Raum hatte, da war dann die positive Frage, wie können wir diesen zusätzlichen Raum vielleicht nutzen. Aber eben auch die Problematik, dass sich durch die fehlenden Akten ganz einfach die Akustik in den Räumen verändert hat, wie Digitalisierung in der analogen Welt eine massive Auswirkung haben kann, weil plötzlich in diesen Räumen hat der Schall gehallt und es war eine akustische sehr unangenehme Situation, also was kann man hier machen? Aber ich sehe das in erster Linie eben auch, dass wir oder dass sich unsere Arbeitsalltage einfach immer mehr verändern. Ich weiß vor 20 Jahren vielleicht, da hat man sehr, sehr viel prozessualer gearbeitet und ein Arbeitstag war viel stärker strukturiert. Das, was ich heute beobachte, sind eben Tagesabläufe, die von sehr unterschiedlichen Tätigkeiten, unterschiedlichen Menschen, mit denen man zusammen interagiert oder eben auch alleine konzentriert arbeiten will und dieser Wechsel von diesem unterschiedlichen Beschäftigungen, innerhalb des Arbeitstages einfach immer intensiver werden und natürlich durch die Möglichkeiten eben eines Laptops oder auch Tablets und so weiter, bin ich ganz einfach nicht mehr so an meinen Schreibtisch gebunden. Ich bin aber trotzdem eben emotional an diesem Schreibtisch gebunden und da entsteht jetzt gerade, wie ich das viel beobachte, ein sehr intensives Spannungsfeld,

Götz Müller: Jetzt haben Sie ein Stichwort schon gesagt und da greift auch schon meine nächste Frage, ich selber bewegen jetzt viel im Umfeld eben von Geschäftsprozessen, was ist da Ihre Wahrnehmung, vielleicht das ein oder andere Beispiel, wo die Veränderung bei Geschäftsprozessen, Digitalisierung ist sicher ein typisches Beispiel, wo vielleicht der Prozess aber noch gar nicht verändert wird, nur die Art und Weise, wie ich mit ihm umgehe, was erleben Sie da, wie Veränderungen in Geschäftsprozessen dann zurückwirken auf die Arbeitsplätze?

Udo Maar: Also, ich arbeite jetzt zum Beispiel gerade mit einem Klienten daran, die wollen so ihre Arbeitsprozesse auch insofern gestalten, dass zum Beispiel etwas wie Design Thinking, eine viel größere Rolle in dem Unternehmen hat und Design Thinking, so wie es da auch gelebt wird, ist sogar sehr analog. Das hat also wenig mit der digitalen Welt zu tun, obwohl es um die digitale Welt dann als Inhalt geht, aber es wird eben sehr viel mit Papier gearbeitet wird, es wird eben so in Workshop-Formaten gearbeitet und so weiter und wir suchen da jetzt gerade nach den richtigen Räumlichkeiten, wie machen wir das da eigentlich, machen die Leute das in ihrem Teambereichen oder gehen Sie lieber weg aus den Teambereichen in dafür vorgesehene Räumlichkeiten, wie müssen die aussehen, was müssen die auch für Ausstattung haben, wie wird Flexibilität gelebt. Das ist das sind so Dinge, die jetzt gerade bei mir ganz präsent sind. Ansonsten, ja Veränderung von Arbeitsprozessen, ich sehe da eben in erster Linie wirklich so diese Vielfalt von unterschiedlichsten Tätigkeiten, das ist so … weil ich jetzt, wenn ich mit Unternehmen zusammenarbeite nicht so ganz tief in die wirklichen Arbeitsprozesse inhaltlich arbeite, sondern ich dann eben sehr schnell fragen „Wie arbeitet ihr?“ und „Wie verändert sich die Arbeit eben?“. Ist es prozessuales Abarbeiten von links nach rechts, so wie es früher vielleicht mal war, wie ist auch interessanterweise in vielen Unternehmen immer noch so ist, und dann eben werden neue Tools irgendwie eingesetzt und man will kommunikativer und transparenter sein, hält aber trotzdem teilweise eben an diesen prozessualen Abläufen fest und das funktioniert dann auch nicht mehr. Ich denke, da werden Sie sicherlich mehr Erfahrung auch in der Hinsicht haben, aber ich sehe halt immer wieder, dass man dann auch im Rahmen eines solchen Prozesses oder dass es sinnvoll wäre, sich das dann eben auch mal anzugucken, wie kann sich diese Veränderung auch räumlich manifestieren, gerade wenn ich mir so die Themen, wie mehr Transparenz, bessere Kommunikation, Aufbrechen vom Silostrukturen und so weiter angucke, das sind alles Dinge und Themen die man auch räumlich umsetzen kann. Ich will jetzt nicht sagen, dass das Räumliche das Ausschlaggebende ist, aber auf jeden Fall etwas sehr stark Unterstützendes oder eben auch sehr stark Hemmendes sein kann.

Götz Müller: Jetzt haben Sie den ein oder anderen, ja, vielleicht noch Nebensatz, Kommunikation zum Beispiel erwähnt und da, glaube ich, denken die meisten auch schon eben an Menschen. Und das ist jetzt mein nächster Punkt, den ich ein bisschen vertiefen will. Was ist da Ihre Wahrnehmung, was die menschlichen Einflussfaktoren sind?

Udo Maar: Ja, ich gebe mir die größte Mühe eben wirklich immer mit den Menschen zusammen zu arbeiten und ein Arbeitsumfeld zu finden, was die Menschen wirklich in die Lage versetzt, bestmöglich produktiv zu sein, was auch immer das für die einzelnen Personen oder auch für das Unternehmen vielleicht dann bedeuten kann, wobei ich ja meistens sozusagen vom Unternehmen beauftragt bin. Da geht es häufig auch um Effizienz, ganz einfach, also so viele Menschen wie möglich auf so wenig Raum wie nötig irgendwie unterzubringen und das eben auszubalancieren mit genau dem, was der Mensch braucht, um einfach produktiv arbeiten zu können. Das würde ich dann effizient nennen. Also mein Ansinnen ist es immer, ein effizientes und effektives … Effektiv ist es dann, wenn es gut für die Menschen und effizient ist sozusagen, wenn die Unternehmensanforderungen erfüllt sind. Mein Ansinnen ist es eben, ein effizientes und effektives Arbeitsumfeld zu machen. Eine der ersten Sachen gerade, wenn offene Bürostrukturen eingeführt werden, ist natürlich immer „Das ist zu laut. So kann ich nicht arbeiten.“ Das verstehe ich auch zu einem zu einem großen Teil, allerdings ist mir das immer meistens zu kurz gegriffen, weil die Lautstärke alleine nicht das Kriterium ist. Also die Akustik spielt natürlich eine ganz, ganz wesentliche Rolle, aber die Akustik besteht aus mehr als nur Lautstärke oder geht es auch so um Themen Sprachverständlichkeit. Manches Mal kann es aber auch sein, dass die Lautstärke nur so das präsentierte Problem ist. Da spricht jetzt der systemische Business Coach aus mir. Ich habe Klienten, die präsentieren mir ein Problem, das eigentliche Problem liegt eben dahinter. Häufig kriege ich mit, dass das Problem dahinter Themen sind wie soziale Kontrolle, dass ich eben gesehen werde oder auch andere sehen kann, dass ich manches Mal will oder nicht. Da können auch immer noch Themen wie Status eine Rolle spielen, wer hat das so schöne Corner Office oder wer hat eben den besten Schreibtisch, also da können noch eine ganze Menge mehr an Faktoren vermittelt werden und diese eben wirklich herauszuspülen, herauszufinden, was ist da jetzt wirklich das, was so ein Unternehmen als Gesamtes dann aber wieder treibt, basierend eben auf dem, was die einzelnen Menschen darinfinden, das ist das, was ich versuche mit meiner Arbeit über Analyseschritte herauszuarbeiten, was da einfach gerade so momentan die Themen sind und dann eben gemeinsam Konzepte zu entwickeln, wie eben dieses effektive Arbeitsumfeld auch erzeugt werden kann.

Götz Müller: Das ist auch genau der Punkt, worum sich letzten Endes ja die ganze Episode dreht, nämlich was entstehen dadurch eventuell für Widerstände, wie Sie es gerade angedeutet haben, die manchmal nur an der Oberfläche technisch, in Anführungszeichen, dargestellt werden, aber im Grunde etwas ganz anderes dahintersteckt und natürlich zum Konflikt sagt man immer „Versuch ihn zu vermeiden, wenn er dann doch auftritt, versuch ihn aufzulösen.“. Wie gehe ich da in dem Umfeld damit um? Mein Gedanke ist bei der Frage eben immer, was lässt sich aus diesem relativ konkreten Thema Arbeitsplatzgestaltung eben auf andere Szenarien der Veränderung übertragen?

Udo Maar: Ja. Eine schöne Frage. Ja, also, das, was ich gelernt habe und ich glaube, deswegen habe ich auch meine persönliche Entwicklung eben so genommen, dass ich mich immer tiefer auch wirklich um Bedürfnisse von Menschen kümmere oder eben … was heißt kümmern? Kümmern ist kein schönes Wort, aber eben immer tiefer an die Bedürfnisse von Menschen versuche heranzukommen ist eben, dass ich als Workplace Consultant eigentlich fast immer mit Widerstand zu tun hatte, weil eben Veränderung erstmal grundsätzlich auf Widerstand stößt. Es gibt ein paar Menschen in solchen Unternehmen, die Veränderung einfach ganz klasse finden, aber der Großteil ist eigentlich sehr stark im Widerstand, insbesondere dann, wenn Verlust eine Rolle spielt. Zum Beispiel gerade im Mittelmanagement, ich habe eben so offene Bürostruktur erwähnt, das habe ich in vielen in großen Konzern begleitet, solche Dinge einzuführen, da hat meistens das mittlere Management viel verloren und die sind da in massivem Widerstand und sie können halt so nicht arbeiten. Mir geht's immer so, gerade wenn ich irgendwie in einen Workshop bin, wenn ich merke, da kommt Widerstand auf, denke ich erstmal so „Cool, jetzt habe ich ja etwas, womit ich arbeiten kann.“, denn bis dahin konnte ich halt nur die Geschichte erzählen und die Information versuchen zu geben, sobald aber Widerstand da ist, können wir da … also dann kann ich mit etwas arbeiten. Mein Ansinnen ist es immer, ja, die Bedürfnisse zu befriedigen und eben herauszufinden, was die Menschen brauchen, aber ich stelle selten die Frage „Was brauchen sie?“, weil mir dann häufig Lösungen erstens als Antwort gegeben werden und zweitens eben auch in Konzepten gedacht wird, die Person halt eben selber kennt, was ich nur eine absolut verständliche und faire Verhaltensweise finden, von daher gebe ich mir Mühe, nicht direkt diese Frage so platt sozusagen zu stellen, sondern über Gespräche, über Analysemethoden, auch über das Vergleichen mit Zahlen, Daten, Fakten und so weiter, da hinzukommen … also mir eben gerade so etwas anzugucken, die Arbeitsweisen, was man für einen Tagesrhythmus, wann sind Energielevel hoch, wann sind Energielevel niedrig und so weiter darüber dann eben zu neuen Konzepten aufzubrechen, möchte ich jetzt mal sagen. Ich kann mich dran erinnern, in einem Fokusgruppen-Workshop, das war so der letzte Workshop, den wir vor den Umbaumaßnahmen dann noch mal gemacht hatten, wo eine Mitarbeiterin dabei war, die ganz am Anfang in einem massiven Widerstand war oder sich jegliche Veränderung grundsätzlich abgelehnt hat, die saß in diesem Workshop und sagte so „Na ja, ich habe immer noch meine Bedenken, aber ich bin bereit, es mir anzugucken.“ und da dachte ich so „Okay, dann war unser Prozess erfolgreich, weil mehr kann ich an dieser Stelle nicht verlangen, nicht erwarten.“ und eher im Gegenteil, ich finde, das sogar eine positive Haltung für das Gesamtprojekt natürlich nicht, wenn sie alle machen, aber wenn einige dabei sind, die dafür sorgen werden, dass auch nach der Implementierung das Konzept kritisch hinterfragt wird, das ist nur ein sinnvoller Bestandteil eines solchen Prozesses.

Götz Müller: Ja. Jetzt klang das an vielen Stellen schon an, eine Begleitung des Umgestaltungsprozesse sowohl eben auf der, ja, physischen Ebene, das nackte Tun, als eben auch im Veränderungsprozess.

Udo Maar: Absolut.

Götz Müller: Was für eine Rolle spielte da die Begleitung und, ja, auch welche Chance ergibt sich daraus? Sonst könnte man ja sagen „Ja, macht halt einfach alleine.“

Udo Maar: Absolut. Also, was ich erstmal nicht anbiete, sind fertige Lösung. Es gibt auch viele tolle Konzepte und es gibt viele tolle Anbieter, die eben diese Konzepte dann ausrollen können, implementieren können, darum geht's mir persönlich in meiner Arbeit nicht. Ich kann mich an eine Unterhaltung erinnern, wo eine Geschäftsführerin mich fragte „Ja, Herr Maar, wie sieht denn das Büro der Zukunft aus?“ und ich dachte, ja, da muss ich zurückfragen „Wie sieht denn ihre Organisation der Zukunft aus?“ und dass eben gemeinsam zu erarbeiten, da sehe ich jetzt meinen Hauptteil drin. Die Begleitung … ich denke immer, eine externe Begleitung ist dann auch hilfreich, um einfach mal ein paar frische Augen auf so eine Organisation zu machen. Ich gehe eben rein, gucke mir da auch so Abläufe, Prozesse an und kann die sicherlich von außen noch mal einfach ganz anders hinterfragen als die Mitglieder einer Organisation, die eben schon seit Jahrzehnten vielleicht so operieren, also da einen frischen Blick draufsetzen, natürlich eben auch gerade noch aus meiner Zeit als Architekt und als Innenarchitekt habe ich auch gewisse Erfahrungswerte, ich weiß auch wie gewisse Dinge vielleicht funktionieren können und so weiter. Ich beschäftige mich eben mit Themen wie Digitalisierung, kann dort vielleicht auch mal so Impulse von außen eben reingeben, dass man sich mal neue Konzepte und so weiter auch angucken kann. Ich nenne es eben Begleitung mehr als Beratung, weil ich mit einer Expertise reingehe, aber nicht die Expertise im Sinne von der fertigen Lösung habe, sondern wir gemeinsam eine Lösung erarbeiten, die dann … oder weil die Wahrscheinlichkeit auch einfach höher ist, dass die von der gesamten Organisation getragen wird.

Götz Müller: Im Idealfall von jedem einzelnen eben, weil er wirklich aktiv beteiligt war und ihm nicht irgendwas übergestülpt wurde.

Udo Maar: Ganz genau. Ganz genau. Das ist auch ein wichtiger Bestandteil davon, wirklich das so auch klarzumachen, klar zu kommunizieren „Leute, jetzt ist eure Möglichkeit euch hier einzubringen, tut es.“

Götz Müller: Da klang jetzt schon der ein oder andere Punkt an, aber ich möchte es noch stärker intensivieren, auf den Punkt bringen. Was sind in Ihrer Erfahrung eben typische Fehler, die, sagen wir mal, im Allgemeinen auftreten, wenn ich anfange, Arbeitsplätze umzugestalten und das auch umzusetzen und dann in der Folge eben besagten Widerstand ernte.

Udo Maar: Da muss ich so an einige Klienten denken, wo wir immer wieder dieser Satz durch den Kopf ging „Wasch mich, aber mach mich nicht nass.“. Wenn das Bedürfnis da, ich sehe, wir brauchen hier Veränderungen, aber es soll alles so bleiben wie es ist. Das kenne ich dann eben auch, dass man dann Vorschläge macht und „Ja, das ist ja ganz toll, aber nee, das können wir nicht, mach mal einen anderen Vorschlag.“ und mein Umgehensweise ist damit häufig … oder wo ich dann merke, ok solche Themen müssen dann noch manches Mal ein bisschen sacken, die brauchen dann auch eine Weile und was ich gerne dann mache ist eben, immer wieder die Konsequenzen aufzudecken von dem, was mein Klient mir als Hindernis oder als Vorschlag oder als tolle Idee überbringt und darin sehe ich meine Aufgabe, dann zu sagen, okay … also zum Beispiel feste Arbeitsplätze, das ist ja momentan nämlich ein ganz wesentliches Thema: Haben Mitarbeitende einen festen Arbeitsplatz oder geht man in Konzepte, die ein gewisses Maß an Mobilität und Flexibilität haben? Und wenn es dann heißt „Ja, wir wollen ganz viel Bewegung in unserer Organisation haben, aber jeder soll seinen festen Arbeitsplatz haben.“ und dann würde ich die Konsequenzen aus diesen für mich widersprüchlichen Voraussetzung, diese Konsequenzen decke ich auch und spiegle das meinen Klienten wieder und dann kommen meistens halt von ganz alleine irgendwie so Momente der Einsicht, dass man dann doch anfängt zu verstehen „Okay, wenn ich das eine will, muss ich das andere auch machen.“ und dann ist es mir eben sehr wichtig, mit den Mitarbeitenden zusammenzuarbeiten und festzustellen, was an dem Alten ist wirklich wichtig und bewahrenswert. Zum Beispiel bei einem Klienten kann ich mich daran erinnern, da war die Mittagspause ein ganz wesentlicher Bestandteil der Firmenkultur, es gab sogar Mittagessen umsonst, das war von der Firma gesponsert. Das fand aber im hintersten Raum statt, wo ich dann dachte, diese Idee ist doch so eine ganz wichtige, tolle Idee; das ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der Organisation, lass uns das in die Mitte der Organisation holen und noch stärker machen. Da hat sich dann die Organisation auch darauf eingelassen, dass also die ursprüngliche Kantine weggefallen ist, dafür aber dieses Mittagessen, zwar in anderer Form, aber in der viel intensiveren Form, jetzt dann stattfinden kann.

Götz Müller: Okay, jetzt möchte ich, ich gucke mal so ein bisschen Richtung Uhr, 25 Minuten, den Punkt Veränderungsprozess noch stärker ins Zentrum. Und zwar erstmal, wie beeinflusse ich ihn aktiv, wie gestalte ich ihn aktiv auch natürlich im Sinne der Beteiligten? Und dann die Folgefrage, die Abschlussfrage, einen Lerneffekt, was kann ich jetzt aus diesem spezifischen Themen Arbeitsplatzgestaltung und Veränderungsprozess, was kann ich daraus auf ganz allgemeine Veränderungsprozesse übertragen?

Udo Maar: Ah, okay. Also ich denke, wenn man sich mit Veränderungsprozessen beschäftigt … oder für mich war es hilfreich erstmal überhaupt anzuerkennen, dass mein Gegenüber im Widerstand sein wird oder sein könnte, das einfach erstmal überhaupt anzuerkennen und eben nicht in den Widerstand, gegen den Widerstand zu gehen, das ist für mich erstmal eine Grundvoraussetzung. Ich denke, ich arbeite jetzt nicht ganz bewusst nach dieser Veränderungskurve von Kübler-Ross, habe die aber schon durchaus ein Stück weit im Hintergedanken, dass ich mir Mühe gebe, die Information, die ich vielleicht schon habe, also wenn so Konzeptideen entstehen und so weiter, diese mitzuteilen, ich aber genau weiß, dass wenn jemand wirklich massiv im Widerstand drin ist, ich nicht damit rechnen kann, dass diese Informationen überhaupt auf fruchtbaren Boden treffen können. Diese Information kann gar nicht aufgenommen werden, wir können uns noch gar nicht damit beschäftigen, das muss ich erstmal anerkennen und versuche dann dorthin zu arbeiten, okay, was sind denn wirklich die Bedenken und versuch das dann natürlich auch wieder auf eine … oder über etwas rationalere Fragen abzuarbeiten, wo ich dann eben immer wieder dahin gehe: Okay, wie arbeitet ihr wirklich? Was sind die Abläufe? Was für Umstände brauche ich dafür? Oder auch mal so die Überlegung, wo und wie arbeite ich überhaupt am besten? Wie sieht für mich eine gute Pause aus? Das ist auch immer mal wieder eine schöne Frage. Also über solche Fragen die Mitarbeitenden dazu anzuregen eben in dem Prozess beteiligt zu bleiben, die Widerstände und die Bedenken wahrzunehmen, ernst zu nehmen und dann allerdings wirklich ganz einfach eine klare und offene Kommunikation zu machen. Das hatte mich selber mal sehr fasziniert, wo ich in einem Workshop war mit einer Fokusgruppe, die wirklich massiv im Widerstand war und denen scheinbar vorher auch nicht sehr positiv mitgespielt wurde und ich war scheinbar der erste, der sich dann vor diese Gruppe mal gestellt hatte und gesagt hatte „Nein, gewisse Entscheidungen sind einfach schon gefallen, das können wir jetzt mögen oder nicht, aber sie sind gefallen und wir werden es nicht schaffen diese zu verändern. Was können wir daraus jetzt trotzdem machen?“ Und hinterher sind einige, die wirklich sehr intensiv an dieser Diskussion teilgenommen haben, sind aber hinterher zu mir gekommen und haben sich dafür bedankt, dass ihnen endlich mal jemand so klar und offen das gesagt hat, weil sie das selber verstanden haben, sie können sich jetzt noch ewig lange darüber aufregen und damit ihre Energie irgendwie aufwenden oder sie können anfangen es zu akzeptieren, weil es einfach nicht verändert wird. Also da kommt jetzt auch ganz drauf an, in was für einem Kontext ich mich bewege. Also gerade wenn ich in großen Konzern gearbeitet habe in der Vergangenheit war das ganz häufig Thema, ich bin heute glücklicherweise eben als Selbständiger in der Lage mit etwas anderen Unternehmen zu arbeiten, die sich eben auch mehr so mit Themen die New Work beschäftigen und Hierarchien auflösen und so weiter, sodass ich dort in eine ganz andere Kommunikationskultur eigentlich auch reinkomme und auch in ein anderes Selbstverständnis von Mitbestimmung reinkomme. Und ich dann eben, das ist dann aber zwingend notwendig, einfach rechtzeitig in den Prozess auch mit reinkommen muss, um einfach mit solchen Gedanken auch wirklich spielen zu können, bevor einfach gewisse grundsätzliche Entscheidung getroffen werden. Weil ich meine, Raum ist einfach schwieriger oder langwieriger zu verändern als der Mensch, obwohl der Mensch auch schon massiv im Widerstand sein kann, aber einen Raum zu verändern, da gehört noch eine ganze Menge mehr dazu, dann muss ich erstmal Bauarbeiten machen.

Götz Müller: Okay. Ich habe jetzt raus gehört einerseits eben die emotionale Situation wahrzunehmen, ein Stück weit auch widerzuspiegeln, dadurch, in meinem Weltbild, auch eine gewisse Wertschätzung schon zugeben, dass ich es wahrgenommen habe, was dann die Situation entspannt, weil sich die Menschen ernst genommen fühlen, glaube ich, und dann aber eben, habe auch ganz deutlich raus gehört, dann doch wieder eben auf die rationale Ebene zurückzukommen und dann eben die Themen dort zu lösen, ohne das andere völlig zu ignorieren.

Udo Maar: Absolut, absolut. Und eben dann auf dieser Ebene versuchen konstruktiv zu arbeiten. Ich begebe mich dann eben auch immer auf die Suche „Okay, wo ist denn jetzt hier noch konstruktives Potential sozusagen, woran sind die Kolleginnen und Kollegen vielleicht doch bereit, sich das doch mal anzugucken?“ Und dann müssen wir uns versuchen zu einigen und dann eben auch immer mit meiner inneren Einstellung, die Felder, die Mitarbeiterin wirklich beeinflussen können und, wie gesagt, das kann sehr unterschiedlich bei unterschiedlichen Projekten und bei unterschiedlichen Auftraggebern sein, aber die Felder, wo eben Einfluss möglich ist, die wirklich so stark wie möglich zu machen. Und die Felder wo keine Veränderung mehr möglich ist, ganz einfach klar zu kommunizieren.

Götz Müller: Das ist, glaube ich, auch so das Stichwort Autonomie, eben die Punkte rauszuarbeiten, wo man Einfluss hat und das dann auch zu nutzen.

Udo Maar: Absolut und dafür bin ich dann am Ende auch Systemiker, und natürlich immer wieder auch diese Dinge im System zu sehen, im Kontext zu sehen. Ich sehe da auch ganz stark meine Aufgabe darin eben, wenn ich Bedenken höre, die teilweise auch sehr widersprüchlich sein können oder wenn ich Lösungsvorschläge höre, die sich eben unter Umständen auch gegenseitig ausschließen können, genau diesen Konflikt auch wieder aufzudecken und den nicht unterschwellig irgendwie weiter köcheln zu lassen, sondern dann eben direkt anzusprechen „Hey Leute, beides …“ Mir fällt jetzt leider kein widersprüchliches … keine widersprüchliche Idee ein, aber eben beides zu haben, ist dann vielleicht nicht möglich. Wie können wir das herausarbeiten, um da das Beste zu machen und eben ein Weg ist dann immer wieder an die Bedürfnisse heranzukommen. Ich frage auch mal Bedürfnisse und Bedarf ab. Bedarf wäre dann eben sowas wie Anzahl von Arbeitsplätzen, auch keine Frage, die einfach zu beantworten wäre. Und die Bedürfnisse dann eben sozusagen diese menschliche Komponente. Ich brauch halt Ruhe zum Arbeiten oder ich brauche meine Mitarbeitenden direkt um mich herum, aber wofür ist das wirklich … also dann auch immer weiter dahinter zuzugehen, was ist denn wirklich das Bedürfnis dahinter. Und das, was Sie gerade angesprochen haben, finde ich wunderbar: Autonomie. Also auch Autonomie als Bedürfnis anzuerkennen. Wirksamkeit als Bedürfnis anzuerkennen. Und noch viele andere schöne Themen.

Götz Müller: Gut. Herr Maar, ich danke Ihnen für Ihre Zeit. Da waren viele interessante Punkte drin, die sich eben, und das ist eben immer Ziel auch meiner Episoden, aus einem vielleicht sehr engen Punkt, wie jetzt hier Arbeitsplatzgestaltung auf viel andere Sachen aber fast eins zu eins übertragen lassen, speziell wenn es um die Veränderung geht.

Udo Maar: Vielen Dank Herr Müller. Sie haben mich auch sehr stark zum Denken da angeregt, eben genau diese Übertragung zu machen, was diese Veränderungsprozesse auch organisatorischer Ebene noch Gemeinsamkeiten mehr sind, also es war auch für mich sehr, sehr anregend. Vielen herzlichen Dank.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Udo Maar zum Thema Veränderungsprozesse in der Arbeitsplatzgestaltung. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 181.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei iTunes. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.