Herausforderungen und Lösungen bei der Wissens- und Erfahrungsweitergabe

Wenn erfahrene Mitarbeiter in den Ruhestand gehen, fehlen nicht nur deren Arbeitskraft, sondern es verschwindet auch deren Wissen und Erfahrung. Oft bewegt sich dieses Wissen und diese Erfahrung auf der Ebene der unbewussten Kompetenz, weil sie den Menschen in vielen Jahren bis Jahrzehnten sprichwörtlich in Fleisch und Blut übergegangen sind.

Bevor wir zu Lösungen aus diesem Dilemma kommen, ist es wichtig, sich auch der Konsequenzen aus dem Wissens- und Erfahrungsverlust bewusst zu werden.

Folgend habe ich einige Konsequenzen beschrieben. Anhand einiger Fragen können Sie auch die Situation in Ihrem Unternehmen bzw. Verantwortungsbereich reflektieren.

Selbst bei einem Ersatz der Arbeitskraft an sich kommt es oft noch zu einem Rückgang der Produktivität, weil eben die verborgenen Tricks und Kniffe dem Ersatz (noch) nicht zur Verfügung stehen. Diese Aspekte einer Tätigkeit sind oft in Arbeitsplatz- und Tätigkeitsbeschreibungen überhaupt nicht dokumentiert, weil sie sich bei einzelnen Personen erst über eine längere Zeit und in kleinsten Schritten aufgebaut haben, diese Personen sich dessen aber gar nicht bewusst sind bzw. waren.

Darüberhinaus können dann auch Qualitätsprobleme auftreten, weil die Tricks und Kniffe oft nicht nur die Produktivität betreffen, sondern eben auch das ein oder andere Defizit in den Abläufen und Handhabungen kompensieren. Das kann sogar soweit gehen, dass bisher unbewusst korrigierte Qualitätsprobleme gar nicht mehr wahrgenommen werden und sich dann aber plötzlich entlang des Wertstroms fortpflanzen.

Auch diese Effekte führen dann zu einem weiteren Rückgang der Gesamtproduktivität, weil die durchgerutschten Qualitätsmängel an anderer Stelle mit höherem Aufwand kompensiert werden müssen. Im Extremfall erreichen mangelhafte Produkte sogar den Kunden und führen dort zu Unzufriedenheit und Reklamationen, welche dann wiederum negative Konsequenzen in unterschiedlichen Formen nachsichziehen.

Die Konsequenzen haben sich also von einem einzelnen Arbeitsplatz und einzelnen Tätigkeiten auf eine unternehmensweite Ebene bewegt und sind an dieser Stelle auch nicht mehr so einfach korrigierbar, nicht zuletzt weil jetzt der bisherige Wissens- und Erfahrungsträger gar nicht mehr zur Verfügung steht.

Es ist also notwendig, diese Problematik schon im Vorfeld zu erkennen und zu lösen, damit die genannten Konsequenzen erst gar nicht auftreten.

Ein naheliegender Weg ist die parallele Beschäftigung einer nachfolgenden Arbeitskraft, um die Übergabe der Tätigkeiten überhaupt zu ermöglichen. Allerdings besteht auch die Problematik der unbewussten Kompetenz weiterhin.

Um auch dieses Dilemma anzugehen, können die Elemente der Job Instructions aus dem Training Within Industry eine hilfreiche Unterstützung bieten.

Dazu gehört nicht nur, dass die übergebende Person die Fähigkeit zur Unterweisung erhält. Mindestens genauso wichtig ist dabei, dass mittels der Tätigkeits-Qualifikations-Matrix die einzelnen Tätigkeiten überhaupt erfasst und diese dann bewusst und gezielt in die wichtigen Schritte, die Schlüsselaspekte und die Gründe dafür zerlegt werden.

Mittels der Tätigkeits-Qualifikations-Matrix werden nicht nur die notwendigen Tätigkeiten erfasst. Sie können damit auch priorisiert und der Fortschritt in der Übergabe dokumentiert werden.

Gleichzeitig ist es auch sehr hilfreich, auch die Perspektive des Unternehmens mit seinem Geschäftsmodell, der daraus entstandenen Prozesslandschaft einzubeziehen und auch das in die Erfassung der Tätigkeiten und des zugrundeliegenden Wissens und der entstandenen Erfahrung einfließen zu lassen.

Resultierend dient der Einsatz der Job Instructions nicht nur der Wissens- und Erfahrungssicherung, sondern sorgt auch für eine bessere Standardisierung der Tätigkeiten, die weit über den Transfer hinaus positive Effekte auf Geschäftsprozesse und deren Verbesserung haben.

Abschließend finden Sie folgend noch eine Auswahl möglicher Arbeitsbereiche und Tätigkeiten, die von dem Wissens- und Erfahrungsverlust betroffen sein können.

  • Handwerk, Baugewerbe: Kenntnisse über Kalkulationen, Ausschreibungen, Baustellenmanagement, Verfolgung des Baufortschritts, Vermeidung versteckter Mängel, …
  • Karosserie- und Lackwerkstätten: Schadenskalkulation, Schadenssteuerung, Werkstattplanung, Arbeitsvorbereitung, Reparaturtechniken, …
  • Produktion, Produktionsplanung, Arbeitsvorbereitung: Maschinenbedienung, Rüstvorgänge, Produktionsprozesse, Erstellung von Produktionsplänen, Ressourcenverwaltung, Problemlösung, …
  • Produktmanagement, technisches Key-Account-Management, Kundenservice: Marktforschung, Kundenbedürfnisse, Produktstrategie, Markteinführung, technische Beratung, technische Spezifikationen, Vertragsverhandlungen, Kundenbindung, Kundenbeziehungen, Verhandlungsgeschick, Problemlösung, …
  • Beschaffung, Einkauf: Lieferantenmanagement, Lieferantenentwicklung, Beschaffungsstrategien, Beschaffungsprozesse, Preisverhandlungen, …
  • Informationstechnologie: Systemadministration, Sicherheitsprotokolle, Programmierung, Wartung, …
  • Forschung und Entwicklung: Innovationsprozesse, Technologie, Kundenbedürfnisse, …

Wenn Sie wissen wollen, wie die Job Instructions bzw. das Job Instruction Training in diesen Szenarien konkret funktionieren und damit die beschriebenen Probleme und Konsequenzen beheben können, nehmen Sie gerne mit mir Kontakt auf.

Anhand einiger Fragen können Sie auch die Situation in Ihrem Unternehmen bzw. Verantwortungsbereich reflektieren.