Warum ein Supermarkt keinen Flow erzeugt …

Supermarkt

… spätestens an der Kasse staut es sich.

Spaß beiseite, immer mal wieder bewegt mich die Frage, warum bestimmte Konzepte in Produktionsumgebungen als selbstverständlich gelten, obwohl ihr Nutzen häufig überschätzt wird. Ein Supermarkt gehört tw. auch in diese Kategorie. Dann taucht bspw. die Aussage auf, er erzeuge Flow. Das klingt attraktiv, denn Flow ist das Idealbild flüssiger Abläufe ohne unnötige Verzögerungen. Beim genaueren Hinsehen zeigt sich aber, dass ein Supermarkt einen ganz anderen Zweck erfüllt. Er schafft keinen kontinuierlichen Fluss, sondern gleicht die Lücke aus, die entsteht, wenn echter One-Piece-Flow (noch) nicht möglich ist.

Ein Supermarkt puffert. Er trennt Prozessschritte oder -abschnitte, die zu unterschiedlich arbeiten, und gibt den Takt über das Pull-Signal vor. Das ist ein wichtiges Leistungsmerkmal, denn durch diese Entkopplung wird vermieden, dass eine Störung sofort das gesamte System blockiert. Der Vorteil liegt auf der Hand. Stabilität und Vorhersagbarkeit steigen. Für die Beteiligten entsteht ein Gefühl von Sicherheit, weil Engpässe abgefedert werden. Doch der wahre Nutzen liegt viel tiefer. Ein Supermarkt verhindert Überlastung, die entsteht, wenn Systembestandteile zu stark voneinander abhängig sind. Er schützt Menschen und Abläufe in Situationen, in denen die Realität von der idealen Welt des One-Piece-Flow abweicht.

Genau an dieser Stelle beginnt die Reflexion. Warum greifen Unternehmen so oft zu Supermärkten, obwohl ihr Einsatz nur eine zweitbeste Lösung ist? Die Antwort deutet sich meist schon an, wenn die Prozesslandschaft genauer betrachtet wird. Ein Supermarkt ist immer ein Hinweis auf eine strukturelle Herausforderung. Unterschiedliche Zykluszeiten, wechselnde Nachfragen, fehlende Synchronisation oder technische Restriktionen sind nur einige Gründe dafür. Der Supermarkt kaschiert diese Themen, aber er beseitigt sie nicht. Gleichzeitig ist seine Existenz kein Fehler. Sie zeigt, dass ein Unternehmen bereit ist, Verantwortung für die Stabilität seiner Abläufe zu übernehmen.

„Qualität bleibt in Erinnerung, nachdem der Preis lange vergessen ist.“

– Aldo Gucci

Eine ähnliche Dynamik lässt sich bei Heijunka erkennen. Glättung wirkt häufig wie ein eleganter Weg, um Unregelmäßigkeiten in den Griff zu bekommen. Auch hier steckt jedoch ein Kompromiss im System. Die Orientierung am Kunden bleibt zwar erhalten, doch sie wird an betriebliche Zwänge angepasst. Wieder entsteht ein Puffer, diesmal in zeitlicher Form. Das Ziel bleibt das gleiche. Die betrieblichen Voraussetzungen werden soweit stabilisiert, dass der Betrieb nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Das erinnert an Peter Drucker, der darauf hinwies, dass Effizienz zwar wichtig ist, ihre Wirkung aber verpufft, wenn die grundlegende Ausrichtung nicht stimmt (=Effektivität).

Im Kern stellt sich eine Frage. Wie viel Stabilisierung braucht ein System, bevor es beginnt, seine eigentliche Leistungsfähigkeit zu entfalten? Ein Supermarkt kann als Absicherung dienen, doch er darf nicht zum Ersatz für echtes Flussdenken werden. Sobald er dauerhaft genutzt wird, verändert sich die Aufmerksamkeit. Statt an die Wurzel zu gehen, konzentriert sich der Fokus auf den Betrieb des Puffers. Die Illusion entsteht, das System laufe bereits stabil genug. In Wirklichkeit verdeckt es nur die Potenziale, die in der Harmonisierung und Kopplung der Wertschöpfung liegen würden.

Jede Organisation muss für sich entscheiden, wie weit sie sich an das Ideal des One-Piece-Flow annähern will. Ein Supermarkt schafft Orientierung, erleichtert Planung und sorgt dafür, dass man in turbulenten Phasen nicht die Kontrolle verliert. Der emotionale Nutzen darf nicht unterschätzt werden. Er gibt das Gefühl, trotz Komplexität steuerfähig zu bleiben. Doch genau dieses Gefühl sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Stabilität auch anders erreichen lässt. Der nächste Schritt besteht darin, zu erkennen, wie stark die eigenen Prozesse voneinander abhängig sind und welche inneren Barrieren einen echten Fluss verhindern.

Wenn Sie wissen möchten, wie Sie Ihre Wertschöpfung so strukturieren, dass echte Prozessharmonie entstehen kann, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

Frage: Wie oft stützt sich Ihr Verantwortungsbereich noch auf Puffer, die nur Symptome verdecken? Welche Strukturen verhindern, dass sich ein echter Fluss durchsetzt? Welche Veränderungen würden entstehen, wenn Puffer nicht das Sicherheitsnetz, sondern der Ausgangspunkt für echte Weiterentwicklung wären?

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