Etwas präziser ausgedrückt, geht also darum, bei welcher Konjunktur Aktivitäten im KVP nötig oder unnötig sind. Um Missverständnissen gleich zu Beginn entgegenzuwirken, so etwas wie gute oder schlechte Konjunktur gibt es in meinen Augen nicht wirklich. Ein einzelnes Unternehmen kann sich in einer positiven wirtschaftlichen Lage befinden oder eben in einer schlechten. Bei jeder konjunkturellen Lage gibt es Unternehmen, deren wirtschaftliche Situation entgegen dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt oder einer einzelnen Branche läuft – in beiden Richtungen. Bleiben wir aber einfach bei dem Begriff Konjunktur.
– KarlHeinz Karius
Gute Konjunktur – kein KVP nötig
Eine Aussage, die mir in dieser Situation immer wieder begegnet, lautet: “Wir haben so viele Aufträge, wir können uns nicht auch noch um unsere Prozesse kümmern.” Wenn ein Unternehmen in Zeiten hohen Auftragseingangs nicht an den Prozessen arbeitet, können ganz leicht folgende Effekte eintreten.
- Die Aufträge können nicht mehr korrekt abgewickelt werden. Es kommt zu Verzögerungen und/oder Rückgängen in der Leistungsqualität. Kunden werden unzufrieden und wechseln unter Umständen sogar zu Wettbewerbern. In vielen Fällen sind diese Kunden dann für das Unternehmen verloren. Sie werden kaum aus eigenem Antrieb zurückkehren, wenn die Auftragslage des früheren Lieferanten zurückgeht.
- Um die Aufträge abwickeln zu können, werden Überstunden gefahren. Dadurch kann eine negative Routine entstehen, die zur dauerhaften Überlastung der Mitarbeiter führt. Diese Überlastung kann dann in einer höheren Fluktuation resultieren, was wiederum die Situation verschärft, weil weniger Arbeitskräfte im Unternehmen zur Verfügung stehen.
- Durch die hohe Arbeitsbelastung kann es zu vermehrten Ausfällen durch Krankheit oder Arbeitsunfälle kommen. Hier gelten dann die gleichen negativen Sekundärfolgen wie oben.
– Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger
Die einzige sinnvolle Reaktion in Zeiten hoher Auslastung kann demnach nur sein, speziell dann für mehr Effizienz in den Prozessen und damit höherer Produktivität zu sorgen. Das auf Eis legen des KVP verschenkt das Potenzial des hohen Auftragseingang und provoziert gleichzeitig den Rückgang der Aufträge, welche in wirtschaftlich schlechteren Zeiten wieder fehlen und diese verstärken. Der Artikel im MaschinenMarkt diskutiert unter diesem die aktuelle Situation in mittelständischen Unternehmen der DACH-Region.
Schlechte Konjunktur – kein KVP möglich
Auch in Zeiten einer schlechten Auftragslage begegnet mir immer wieder die Aussage, dass dann kein KVP möglich sei, weil man es sich nicht leisten kann. Natürlich ist es wichtig, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens nicht aufs Spiel zu setzen. Der Haupteinfluss darauf kann aber in Zeiten ein guten wirtschaftlichen Lage durch geeignete Rücklagen genommen werden. Darüber hinaus gibt es auch Fördermöglichkeiten, die auch oder gerade in Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen in Anspruch genommen werden können. Dann kann das Mehr an verfügbarer Zeit bei niedrigem Auftragseingang genutzt werden, um die Prozesse für die Zukunft fit zu machen und gerade in dieser Zeit die Routine aufzubauen, die in Veränderungsprozessen (die ständig ablaufen) notwendig ist. Die Verbesserungs-Kata ist dazu eine gute Möglichkeit, den Kontinuierlichen Verbesserungsprozess tief in der Unternehmenskultur zu verankern.
– KarlHeinz Karius
Ein oft beschrittener Weg, die Kostensituation bei niedrigem Auftragseingang zu verbessern, ist die Verringerung der Belegschaft und/oder Kurzarbeit. Speziell wenn ersteres passiert, birgt dies die große Gefahr, dass in besseren Zeit dann die notwendigen Mitarbeiter nicht mehr zur Verfügung stehen. Was dann die Folge fehlender Prozessverbesserungen ist, habe ich schon oben beschrieben.
Es sollte jetzt keine Überraschung mehr sein, dass in meinen Augen die einzig richtige Antwort auf die Verknüpfung von Konjunktur und KVP die ist, dass es diese Verknüpfung nicht gibt. Das heißt, das Bestrebung, Prozesse zu verbessern, ist immer nötig. Wie es in Zeiten schlechterer wirtschaftlicher Lage ermöglicht werden kann, ist also keine Frage des „OB“ sondern nur des „WIE“. Diese ganz andere Frage verschwendet keine Energie auf die Definition der Richtung (des Zielzustands), sondern fokussiert alle Kräfte auf den Weg und mögliche Hindernisse (wenn diese nicht auftreten sollten oder absehbar sind, sollte schon das zu Denken geben).
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