Kaizen 2 go 336 : Alternative Transformationsprozesse


 

Inhalt der Episode:

  • Was sind Auslöser von Transformationen
  • Welche Arten von Change gibt es?
  • Wie kann man Menschen zur Veränderung motivieren?
  • Was leisten verschiedene Charaktere bei Veränderungen?
  • Wie laufen Veränderungen in Organisationen ab?
  • Welche Rolle spielen die Menschen dabei?

Notizen zur Episode:


Mitmachen?

Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.

Ich freue mich darauf!

Ihnen hat der Inhalt gefallen? Dann bewerten Sie die Episode bitte bei iTunes.
Jetzt eintragen und Artikel/Denkanstöße zukünftig per eMail erhalten.

Artikel teilen auf ...


(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 336 : Alternative Transformationsprozesse

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Danilo Assmann bei mir im Podcast-Gespräch. Er hat einen sehr starken Hintergrund, viel Erfahrung im Kontext von SPICE & Co. Hallo Danilo.

Danilo Assmann: Hallo freut mich hier zu sein.

Götz Müller: Ja, ich freue mich auch. Jetzt habe ich schon ein kurzes Stichwort zu dir gesagt, ich könnte mir vorstellen, dass nicht jeder der Zuhörer mit Spice & Co etwas anfangen kann, vielleicht sagst du selber noch mal ein paar Sätze zu dir.

Danilo Assmann: Aber gerne. Also mein Hintergrund ist Software Engineering und im Software Engineering, da gibt es ja gerade diese Professionalisierungsbewegung und das ist eben SPICE oder CMMI oder Bootstrap auch, also Systeme, wie ich Organisationen bewerten kann und sagen, was ist meine Reife, was ist die Fähigkeit, im Sinne von der Software, die ich erstellen kann. Und das ist eigentlich etwas sehr, sehr spannendes und das hat viele Organisationen, als man dann angefangen hat, flächendeckend zu assessieren, also vor allem Automobil, wurde nach dem SPICE oder später Automotive-SPICE-Standard zertifiziert und dann gab es immer diese Änderungsprojekte, wo man sagt „Oh, ich bin nicht da, wo ich sein sollte oder wo ich dachte, dass ich bin“ und dann ging es los, dass man sagt „Ja, wie kommen wir dahin?“, also das ist tatsächlich auch dann so diese Verbindung zum Thema Change.

Götz Müller: Genau, und das ist jetzt auch unser Thema. An der Stelle ergänzend, Change ist vielleicht, so etwas, in Anführungszeichen, im Kleinen, wir haben uns jetzt ja Transformationsprozesse als Thema vorgenommen und noch konkreter alternative Transformationsprozesse und jetzt zum Einstieg, dass wir so ein bisschen die Begrifflichkeiten auch mit den Zuhörern auf der gleichen Wellenlänge sind, was sind in deinem Weltbild typische Auslöser für Transformationen? Du hast es schon ein bisschen angedeutet, ich möchte noch ein bisschen tiefer da einsteigen.

Danilo Assmann: Ja, also ich bin ein großer Fan von der Virginia Satir, muss ich sagen und bin aber über den Jared Weinberg drüber gestolpert, der hat ja auch viel im Bereich Software-Coaching, Consulting und sowas gemacht und dort bin ich über das Änderungsmodell von ihr gestoßen und was ich faszinierend fand, war im Prinzip ihre Definition von dem Begriff Krise. Weil, wir nehmen ja Krise normalerweise als etwas Negatives wahr und als so ein momentanes Ereignis, da ist jetzt irgendwas passiert, in der Regel ist die Krise eigentlich nur ein Moment der Ent-Täuschung, bewusst mit Bindestrich gesprochen, weil wir bis daher einer Selbsttäuschung unterlegen haben, plötzlich merken wir, okay, die Realität ist nicht ganz, wie ich dachte, dass sie ist, und dann muss ich aufholen. Und meistens kommt nach dieser Krise die Chaosphase, da wo ich erstmal unsicher bin und eine Minute vielleicht die ganzen Möglichkeiten und Potenziale sehe, in der nächsten Minute die ganzen Risiken und die Verzweiflung spüre, also eine sehr emotionale Phase und das ist für mich generell, auch wenn ich über Change oder Transformation rede, das Wesentliche sowieso und das ist mein Alleinstellungsmerkmal vielleicht auch, aber trifft auch nicht immer auf Gegenliebe. Mein Fokus ist tatsächlich, wir machen das mit Menschen und für Menschen und nicht mit Maschinen und deswegen, wenn wir über Transformation oder Change reden und ich dann Charts und Projektpläne sehe, dann denke ich mal so „Ja, das wird nicht funktionieren so“, aber das ist schon fast zu weit, also weil deine Frage war ja eine andere, also der Auslöser ist eigentlich immer eine Krise und die kann letztendlich positiv sein, also zu sagen, ich erkenne, dass ich mein Potenzial noch nicht voll nutze oder ich merke einfach so: Hey, ich bin nicht da, wo ich sein müsste. Das kann von den Kunden kommen, das waren die Beispiele, die ich genannt habe, meistens in der Automobilindustrie sind die OEMs gekommen und haben gesagt „Hey, das ist die Erwartung an die Tier Ones“, aber das kann natürlich auch intern sein oder durch beliebige Szenarien ausgelöst werden. Aber es ist der Wunsch zu sagen: Jetzt muss ich was tun.

Götz Müller: Jetzt höre ich raus, es gibt vor allen Dingen äußere Auslöser, aber eben gewisse, auch innere, die aber, korrigiere mich da gerne, trotzdem irgendeine äußere Referenz haben, muss man jetzt zwischen diesen zwei Auslösern differenzieren, im Extremfall?

Danilo Assmann: Also ich würde, glaube ich, anders anfangen und das beantwortet die Frage hoffentlich auch. Also meine Lieblingsgeschichte ist letztendlich, dass es drei Arten von Change gibt und die kennen wir eigentlich von klein auf. Das eine ist Bestechung, das andere ist Druck oder Zwang und das letzte ist Überzeugung und Begeisterung, also Beispiel Zähneputzen als Kind. Da kann ich sagen „Putz jetzt die Zähne und dann kriegst du einen Lolli danach“, klassischer Fall der Bestechung, dann haben wir die den Druck oder die Drohung, dass man sagt „Jetzt putzt aber Zähne, sonst passiert …“ entweder ein Entzug von etwas Schönem oder die Androhung von etwas Unschönem. Und dann haben wir die Überzeugung, indem ich sage: „Hey, guck mal, hier habe ich den vollautomatischen Star-Wars-Zahnputzer, den musst du nur auf den Backenzahn stecken und den Rest macht er selbst. Und das ist so cool, dass ich gar nicht mehr aufhöre, Zähne zu putzen. Und für mich, also wenn ich jetzt so die letzten 15 Jahre anschaue, die Transformation in mir ist, dass ich das ja auch erlebt habe, dass die Sicht aus dem Management ganz oft auch ist, dass die Leute keinen Bock auf Change haben und die Fachkräfte sind sperrig und Widerstände und und und. Und inzwischen denke ich, oder bin ich wirklich der Überzeugung, das ist nicht nur ein Denken und da gibt es auch begründete Argumente dafür, dass das nur dann der Fall ist, wenn ich als Fachkraft, also auf der Arbeitsebene das Gefühl habe, dass ich von den Changes nicht profitiere, also wenn sozusagen die mein Leben schwerer machen und nicht besser und dann brauche ich diese ersten beiden Mechanismen, die Bestechung, die meistens funktioniert, aber auf Dauer teuer ist und vor allem immer wieder gemacht werden muss. Als ein Change kommt niemals oder eine Transformation wird über Bestechung nie wirklich in der Organisation ankommen, das ist dann immer so etwas aufgesetzt, etwas Künstliches, haben wir wahrscheinlich alle schon mal gesehen und das beim Druck ähnlich. Ich kann das zwar durchdrücken, aber der innere Widerstand ist noch größer als davor und der nächste Change oder die nächste Transformation wird noch mehr mit Augenrollen begrüßt. Das heißt, aus meiner Sicht ist das Wichtigste, dass ich erstmal eine Kultur und eine Umgebung schaffe, in der Changes und Transformationen überhaupt stattfinden können. Und das bedeutet, dass sie nicht gegen uns sind, sondern für uns, und das glaubwürdig für uns, also nicht auf dem Papier für uns, und ich weiß, es ist nur Politik und irgendwas, sondern ich merke und ich habe das auch gelernt oder es kommt tatsächlich sogar aus der Organisation, deswegen sind diese Bottom Changes oder diese Transformationen meistens auch erfolgreicher, weil ich dann weiß, es ist gut gemeint und es ist nicht nur für die Stakeholder oder fürs Papier oder fürs Marketing oder, oder, oder. Und ich glaube, das ist tatsächlich die einzige Unterscheidung, die ich immer machen würde, also in welcher Art von Umgebung und Organisation soll die Transformation oder der Change stattfinden?

Götz Müller: Weil im Grunde, jetzt mit ein bisschen anderen Worten ausgedrückt, habe ich bei dir raus gehört, es fragt sich ja jeder, bewusst oder unbewusst, was habe ich davon?

Danilo Assmann: Genau, und das ist auch richtig. Also wenn ich ein Change mache und danach haben alle mehr Arbeit und es kostet mehr, dann ist die Frage legitim: Ist das zu Ende gedacht? Das können auch neue Tools sein. Also wir haben da oft Widerstände in Organisationen, wo man einfach sagt „Verstehe ich nicht.“ und dann hat man dasselbe mit einer Tooleinführung, vielleicht eine Abteilung weiter, und da läuft das wie von selbst. Also ich habe beide Formen mehrfach erlebt mit den Widerständen und natürlich auch mit dieser Begeisterung. Und wenn, also es gibt ja diesen einen Spruch, also dass Menschen so gegen Veränderungen sind oder alle Menschen, außer ein Baby, was in nassen Windeln ist, aber das stimmt nicht und wir sehen das, ich nehme jetzt da als Beispiel, wobei ich jetzt keinen Apple-Käufer bin, aber die waren die ersten, die diese Schlangen vor den iPhone-Läden hatten oder Apple-Läden hatten, wenn die neue Generation iPhone rauskam. Also wir sehen das, dass gerade auch was Technologie angeht, Menschen immer das Neuste und Beste haben wollen. Das ist auch immer ein Change, der aber aus dem Versprechen oder aus dem Interesse rauskommt: Wow, das macht mein Leben angenehmer, schöner, cooler, was auch immer. Das, was mich halt gerade treibt. Und für eine Organisation würde ich immer sagen, wenn wir jetzt meine Traumorganisation hätten, dann hätte die Organisation für sich und jeder Bereich ein Purpose, dem ich diene und dann ist völlig klar, dass der Change oder die Transformation kommt, um diesen Purpose leichter und besser zu dienen und das versteht jeder und dann ist das ein Selbstläufer.

Götz Müller: Wobei natürlich die Organisation selber ja einerseits etwas ganz Abstraktes ist und andererseits aber doch aus den Menschen besteht, ist so ein bisschen ein Gedanke, der mir jetzt gerade durch den Kopf schießt, so ein bisschen wie dieser Aspekt Mensch und Technik, wo man ja ganz gern manchmal die Ursachen auf der technischen Ebene sucht und dann irgendwann aufhört, wenn man vermeintlich etwas gefunden hat, woran es gelegen haben könnte, auf der technischen Ebene, weil sich die Technik nicht wehrt im Unterschied zu einem Menschen.

Danilo Assmann: Mhm.

Götz Müller: Und da könnte ich mir eben auch vorstellen, beziehungsweise das habe ich auch wieder rausgehört, unterm Strich geht es immer um den Menschen, und zwar vermutlich um den einzelnen Menschen, weil ja die Menschen halt doch hochgradig individuell sind und so wie in deinem Beispiel, die Schlange vorm Apple Store ist ja nicht etwas für jeden.

Danilo Assmann: Nee, aber jeder von uns wird solche Sachen haben. Also ich will nur erst mal den einen Punkt klarmachen und ich glaube, das ist etwas ganz, ganz Wichtiges, dass ich noch nie einen Menschen getroffen habe, den nicht an irgendeiner Stelle änderungsbereit ist. Manche sind die Lernfähigkeit und die Änderungsbereitschaft in Person, andere sind ein bisschen sperriger, da haben wir ja wieder diese, das ist ja dieses Change-Diffusionsmodell, also im Prinzip eine Normalverteilung, wir haben also die Early Adapters und dann die Early Minority und dann den ganzen Mittelteil und dann haben wir natürlich so die, die hinterherhinken immer, und das ist auch nicht schlimm. Auch das ist eine Sache zum Beispiel, auch bei Change ganz interessant, wir können einen Change natürlich nicht so nach Projektplan so von in Meilensteinen durchdrücken für eine gesamte Organisationseinheit, weil eben sich diese Teile, also diese Verteilungskurve, diese Normalverteilung, die müssen wir auch im Kopf haben. Wir sollten immer mit denen anfangen, also mit den Early Adapters und der Early Minority, dass wir die abholen, die bekommen, und dann, das ist sozusagen die Pilotierung dann auch gleichzeitig. Und dann sieht man, hey, das geht und wenn das funktioniert und wenn man sieht, das funktioniert, dann kommt auch diese Mehrheit, die kommt dann mehr oder weniger, also wenn dieser Tipping Point erreicht ist, die kommt hinterhergekleckert und ein gewisser Teil, die werden eh im Widerstand leben und was ich in diesen Projekten, wenn ich den Einheitsmenschen, also eher Mensch als Maschine sehe, gesehen habe und was nicht gut funktioniert hat, dann geht wahnsinnig viel Energie auf die Leute, die eh hinterherhinken, um die abzuholen und die noch mal zu überzeugen und so weiter und das ist eigentlich komplett Waste und der Fokus ist deswegen eigentlich ganz interessant, zu sagen, also was sind gesunde soziale Mechanismen und das ist eben so. Das hat übrigens auch einen Grund, also diese, das klingt ja bei Change und Transformation klingt diese letzte Gruppe, diese Hinterherhinker immer ein bisschen negativ, das ist bei mir auch, wenn ich darüber rede. Aber die sind superwichtig, sind ja auch so knapp 20%. Aber diese 20%, die werden uns immer retten, wenn wir ein Change oder eine Transformation machen, die komplett in die Binsen geht. Weil die werden das Ding dann noch am Laufen erhalten. Umgekehrt sind diese Earlys, diese 20% Earlys auch wichtig, weil wenn wir nur die hinten hätten und immer nur an einer Stelle bleiben würden, dann würden wir jede Disruption und so etwas nicht überleben. Also wir brauchen sowohl diese 21%, die jeden Mist ausprobieren, da gehöre definitiv ich dazu. Und ich, und ich mache das auch gerne in der Praxis, dass ich Leute in meiner Umgebung, in meinem Team habe, die Bremser sind, weil die sind ein super Kontrast zu mir und wenn ich es übertrieben habe, dann habe ich jemanden, der weiß: Hey, so geht es weiter, so haben wir es vorgemacht, das klappt schon. Und diese Balance, auch wenn man die Wertschätzung füreinander hat, das ist eigentlich genau das, dann haben wir plötzlich einen gesunden sozialen Mechanismus. Wir schimpfen nicht mehr aufeinander. Wir müssen uns auch nicht verstehen und wir müssen nicht alle gleich werden, sondern wir sagen, okay, das ist eure Stärke, das ist meine Stärke und wir sind beide wichtig und dieser Mittelteil sowieso, aber der schwankt ja nach dem, was gerade der Trend ist. Also deswegen finde ich das, im Sinne von Change ist etwas … also, wenn ich, sobald Menschen involviert sind, ist es ja etwas soziales, und dann sollte ich den sozialen Strukturen und diesen Mechanismen folgen und sie nutzen. Also sie wirklich sich einfach zunutze machen und nicht dagegen arbeiten. Und das ist halt das, was mich traurig macht, weil alle unglücklich sind, wenn wir Projektpläne haben, die diese sozialen Strukturen, also für eine Transformation und Change einen Projektplan haben, der diese Strukturen nicht unterstützt oder so dagegen arbeitet, das ist wirklich ein Rezept, um sich unglücklich zu machen. Und das ist ein Jammer.

Götz Müller: Was ja, so ein Gedanke, der mir da jetzt durch den Kopf schoss, bei denen, nennen wir sie mal die Zurückhaltenden, die bringen ja in meiner Erfahrung auch ein ganz hohes Maß an Stabilität rein und irgendwann möchte ich ja, gut, das wäre dann noch eine andere Frage, ob es sowieso wirklich ein Ende gibt, aber irgendwann möchte ich ja mal wieder in Ruhigeres, nennen wir es mal, Fahrwasser kommen und da sind eben die etwas Zurückhaltenderen, was die Veränderungen angeht, in meiner Erfahrung unheimlich wichtig, weil sie dort dann wieder die Stabilität reinbringen. Wenn ich nur diese, ich nenne es jetzt mal ein bisschen überspitzt die Apple-Freaks hätte, die immer vorweg sind, dann würden die mir ja schon die nächste Veränderung, in Anführungszeichen, ins Boot ziehen, die ich aber jetzt vielleicht gar nicht haben will.

Danilo Assmann: Also total. Da bin ich total bei dir und das ist ja genau das, weswegen ich das sage, also. Ich persönlich, und da bin ich eben wieder bei der bei. Virginia, ich denke eher, also in der Welt, in der wir heute leben, so etwas wie Stabilität, also ich war jetzt in einigen Organisationen, sowohl intern als auch in der Beratung, ich habe stabile Organisationen also nicht mehr gesehen. Und das ist einfach, weil wir in keiner stabilen Welt leben, wir haben keine stabilen Märkte. Wir haben keine stabilen Kunden. Und jetzt die Sachen hier, Thema KI wird eine Disruption sein, die uns alle betrifft, in einem Ausmaß, das können wir uns noch gar nicht vorstellen, und das wird ja nicht aufhören, also deswegen, wir werden uns kontinuierlich verändern müssen und trotzdem auch in dieser Veränderung und das klingt jetzt erst mal wie ein Widerspruch und ich weiß auch nicht, ob ich das verbal auflösen kann, aber vielleicht funktioniert das, wenn ihr an Menschen denkt, trotzdem emotional, ist dieses: Habe ich eine Stabilität? Habe ich eine Kontinuität? Weil ich kann ja auch kontinuierlich lernen. Ich kann kontinuierlich in Schritten etwas ausprobieren, und das meine ich, also wenn wir auf diese kleinen Lernstufen gehen, ich schaue mir das an und so etwas. Und ich habe jetzt ein Team vor Augen, wo das genau war, wo diese Balance gestimmt hat, es gab Leute, die vorsichtig waren, die die Stabilität im Auge hatten und wir hatten Leute dabei, die immer etwas Neues ausprobieren wollten, und das ist wie bei Startups. Jede 20. Idee ist vielleicht gut und alleine dort brauche ich das schon, dass wir nicht zu viel Energie auf jede Idee verschwenden, oder verwenden, aber ich würde ruhig bei verschwenden bleiben, bei dem Wort, und da brauchen wir diese stabilen, die einfach hinterfragen: Ist das wirklich, dient das dem Purpose, ist es jetzt dran? Und so weiter. Und das schafft auch in Veränderungen eine Ruhe, dieses Miteinander. Und das finde ich total schön. Das ist so dieses Idealbild. Wenn sich die Menschen so finden und wissen, okay, wir sind gegensätzlich und wir sind gegensätzlich, ein Geschenk füreinander, und das ist, das ist eigentlich das wesentliche Bild dabei, weil das ist ja nur, wie wir die Welt sehen, das ist ja nur, unsere Augen machen das, und wenn wir es positiv sehen, wenn wir uns gegenseitig bereichern. Die stabilisierenden kommen in die Puschen, bisschen mehr als sie es alleine kämen und die anderen haben einen Kontrapunkt, der sie einfach mal so ein bisschen einbremst und sagt: Ja, was mache ich eigentlich, also mache ich Veränderung der Veränderung wegen oder dient das jetzt auch dem Zweck? Das braucht man, die Frage.

Götz Müller: Jetzt gibt es ja diesen, ich glaube schon ziemlich abgegriffenen Spruch der Betroffenen und Beteiligten. Betroffen, glaube ich, sind die an dem Ende der eher Resistenten, die nehmen sich, glaube ich, selber stärker als, zumindest anfänglich, als Betroffene wahr und ich glaube aber, dass es da unheimlich wichtig ist, die auf eine, zumindest habe ich das bei dir auch rausgehört, die auf eine geeignete und das möchte ich jetzt als nächstes ein bisschen diskutieren, ein bisschen auf eine geeignete Art und Weise eben zu Beteiligten zu machen, um ihnen, ja, eben dieses, wahrscheinlich auch dieses Gefühl zu nehmen, ich bin nur Spielball.

Danilo Assmann: Genau. Also ich glaube tatsächlich, dass wenn wir, also jetzt ist natürlich wieder die Frage, wie ist die Organisation gebaut oder was ist unser Bild von Organisationen und das macht uns das Leben leichter oder schwerer. Und ich möchte jetzt vielleicht zwischen zwei Organisationstypen unterscheiden, die jetzt natürlich sehr, sehr plakativ sind, aber vielleicht mit den meisten dann doch resonieren und man leicht etwas anfangen kann mit und das eine ist so diese klassische Uhrwerksorganisation. Also wir haben diese Zahnrädchen, also unsere Rollen, und alles ist perfekt aufeinander abgestimmt und so weiter und sofort und wenn wir jetzt die, ich nenne sie mal die Bewahrer haben, diese Bewahrer, die haben sich an dieses Uhrwerk gewöhnt und die fühlen sich da super wohl und leben auch in diesem Weltbild drin. Und wenn es heißt, wir ändern das, dann stellen die sich natürlich sofort die Frage: „Ja, aber was passiert, wenn mein Zahnrädchen nicht mehr gebraucht wird?“ Wir Menschen haben ja auch immer ein bisschen Angst oder sagen wir den Wunsch, nützlich zu sein und dann auch die Angst, dass wir nicht mehr nützlich sind und unser Leben eigentlich vorbei ist. Und in diesem Weltbild des Uhrwerks blühen die Bewahrer auf, aber in der Änderung kriegen sie die totale Panik. So. Wir können uns aber eine Organisation und das ist eher mein Bild davon und beide sind natürlich weder richtig noch falsch, sondern sind nur Perspektiven, wie ich auf eine komplexe Organisation gucke, das zweite Bild ist mehr dieses: Ich habe ein Gehirn, also die Menschen sind Neuronen. Ich habe Beziehungen zu anderen Menschen in meinem Team, zu anderen Teams und das sind die Synapsen sozusagen, und da fließen Informationen und jedes Neuron lernt, das ist sozusagen, in diesen einzelnen Kontakten, findet das Lernen statt, die Veränderung statt und so weiter. Das ist eine höchst, ich will jetzt nicht das Wort agil verwenden, weil das ja jetzt schon sozusagen für etwas anderes benutzt wird, aber eine hochgradige, lernende, intelligente und flexible Organisation, die sowieso per se sich permanent verändert, also deswegen ist das so dieser komplette Kontrast zu dem Uhrwerk. Die Neuronen, da werden sich stärker, na ja, eigentlich in einem idealen Gehirn wird es Neuronen geben, die Bewahrer sind und Neuronen geben, die ständig neue Synapsen ausbilden. Und beide haben Ihren Platz und beide sind Teil des Veränderungsprozesses, aber unterschiedlich, und können wunderbar nebeneinander existieren. Und deswegen ist jetzt so, in einem Uhrwerk habe ich das Risiko, also in der Regel ist es auch so, wenn ich das jetzt mal das nehme, wenn wir wirklich so einen Änderungsprozess oder eine Transformation machen, dann bauen wir viele Sachen um, meistens an, und wir haben selten den Mumm, Dinge, die irgendwo da waren und wir nicht mehr genau wissen, wofür die sind, weil da gibt es ja keine Architektur, und das ist ja nicht beschrieben und so, also wir lassen das, was tut, lassen wir, und dann bauen wir neue Sachen dran, um neue Produkte und Dienstleistungen anzubieten und deswegen haben wir in wachsenden Organisationen, die mehr nach diesem Uhrwerkprinzip funktionieren, auch einen Waste ohne Ende, weil einfach da Sachen produziert werden noch, die eigentlich kein Mensch mehr braucht, aber das weiß es halt auch nicht, weil das so vor sich hin schummert und jeder versucht sich selbst zu legitimieren, zu sagen, ich bin doch nützlich. Und das kriege ich natürlich …

Götz Müller: … und es funktioniert ja. Ich meine, wenn du Uhrwerk sagst, dann kommt mir halt sofort in den Sinn, da greifen ja Räder ineinander und es funktioniert halt nicht und nicht umsonst halt dieser vergleichbare Spruch „Es läuft wie geschmiert“, wenn ich jetzt anfange, eben im Extremfall, im Zuge der Veränderung halt Zahnräder rauszunehmen, dann bricht unter Umständen das, was da vorher wunderbar funktioniert hat, völlig zusammen, weil halt vielleicht ein entscheidendes Element fehlt.

Danilo Assmann: Genau. Also total und noch mal auch da, wenn wir eine reine Effizienzbetrachtung machen, sind Organisationen, zumindest wenn sie ein frisch gebautes Uhrwerk haben, sind die super. Wie gesagt, wenn ich an ein Uhrwerk noch mal und noch mal immer etwas dran baue, dann habe ich natürlich auch vielleicht 20, 30% Zahnräder drin, die ich eigentlich nicht mehr brauche, aber wo genau aus den genannten Gründen sich niemand mehr drantraut, zu sagen: Na ja, ich weiß nicht, ob ich die vielleicht nicht doch brauche. Und das ist eine legitime Frage und ich würde nie diese Frage beantworten wollen. Also das ist so ein ganz, ganz heikles Thema. Und deswegen ist dieses andere Bild, die Organisation als Gehirn, als Gegenentwurf, auch ganz spannend, und wie gesagt, die Wahrheit liegt ja immer irgendwo dazwischen, weil in der Realität, wenn ich in Organisationen war und gerade auch in Konzernen, diese Netzwerke sowieso existieren und die Leute kennen sich, und die kennen sich manchmal schon seit zehn oder zwanzig Jahren, abteilungsübergreifend, da kann es Silos und alles geben, aber auf der Arbeitsebene, ich kenne den ja und ich weiß, was jetzt kommt und den rufe ich mal an oder ich schreib ihm in Teams oder was auch immer. Und dann werden die Probleme gelöst, dann werden die genialen Sachen gebaut und ob das Produkte angeht oder Dienstleistungen angeht, viel läuft auf dieser Netzwerkebene, das Wesentliche läuft auf dieser Netzwerkebene. Und da finden auch die Änderungen statt und deswegen würde ich Organisationen immer empfehlen, also es gibt natürlich diese Uhrwerksicht, die wir brauchen, um überhaupt etwas zu verstehen. Und es gibt auch die Realität, die komplexe Realität der Netzwerke, die wir nie vollständig erfassen und durchdringen können. Ich würde aber bei Change- und Transformationsprozessen immer auch diese Netzwerke im Blick behalten. Und vor allem, wenn aus diesen Netzwerken Änderungsbedarfe kommen, denen tatsächlich die Priorität geben, weil dort entsteht ja der Mehrwert für unsere Kunden, da entsteht das, was uns letztendlich erfolgreich macht. Das ist letztendlich die Realität. Die Realität ist immer das, was beim Kunden ankommt, und deswegen ist es schon wichtig, auch diesen zweiten Blick, diese zweite Perspektive zu haben und stärker zu fördern, weil diese Netzwerke, die balancieren sich aus und da habe ich ja wieder dieses Miteinander, worüber wir am Anfang gesprochen haben, zwischen diesen unterschiedlichen Charakteren, den Beteiligten und den Betroffenen oder den Treibern, die Änderung treiben wollen und die mit dabei sind und vielleicht das ausbalancieren und dann kriegen diese Stabilisatoren, die sind nicht mehr die Trägen oder die Verhinderer, sondern wenn sie in dieser Rolle da sind und alle dem gemeinsamen Purpose dienen, dann sind sie die Menschen, die auf die Balance achten und das ist etwas völlig anderes. Also wenn wir eigentlich diese verkorksten Widerstände erleben in Transformation- und Veränderungsprojekten, dann ist es ja immer nur ein Symptom, dass vorher Sachen schiefgelaufen sind, und dann kann ich den Druck erhöhen und dann sind wir wieder bei meinem Beispiel am Anfang, dann weiß ich schon, was für ein Änderungstyp ich bin, entweder Bestechung oder Druck. Ja, dann muss man sich überlegen, will ich das?

Götz Müller: Ja. Jetzt kommt mir bei deinem Gehirnmodell noch in den Sinn, dass man ja durchaus, zumindest in meinem laienhaften Verständnis davon spricht, wenn sich diese Synapsenverbindungen mit der Zeit an bestimmten Stellen verstärken, dass dadurch andere Effekte, nenne ich es jetzt mal ganz neutral, eintreten, die halt, wenn ich jetzt nur so, ein bisschen überspitzt, nur eine Ursuppe habe, ja im Grunde auch keine Intelligenz entsteht, sondern durch die Verbindungen, die da sind und die dann immer breiter werden, Stichwort Gewohnheiten usw., entsteht ja ein weiterer, ja, nicht zu unterschätzender, durchaus auch Wert, im Sinne einer Stabilität wieder.

Danilo Assmann: Also, da muss man jetzt, genau. Also das ist immer die Frage, wenn wir dasselbe machen oder etwas Ähnliches machen, also die Grundstrukturen und die Grundaufgaben, also sagen wir mal zum Beispiel, Telefon bauen oder Autos bauen, oder sowas bleibt, dann wird man an diesen Stellen Stabilität haben, die alle Änderungen und Transformationen überstehen und das soll auch so sein. Also ich erinnere mich an ein Beispiel, da gab es gerade ganz starke Verbindungen, immer aus dem AMD-Bereich, zum Musterbau, zum Projektmanagement und da kamen die Leute, die haben die ganze Zeit miteinander geredet und das ist in den Projektplänen nie aufgetaucht und das ist letztendlich aber der Erfolgsfaktor gewesen, dass die Sachen nachher liefen. Das waren nicht die Projektpläne, die auch einen Wert haben, also es geht gar nicht darum, dass man sagt „Das hat alles keinen Wert“, aber oft sehen wir nur das eine, also dieses gerade, was so im Uhrwerk läuft, das ist das, was in Richtung Management und Reporting und Kommunikation sichtbar gemacht wird. Und das andere, was aus meiner Sicht vielleicht sogar ein bisschen mehr ist, also ich würde sagen, so diese Netzwerke, die Synapsen, die sind tatsächlich für den Erfolg vielleicht eher sogar bei sechzig, siebzig Prozent anzurechnen, aber sie brauchen natürlich die Vision, sie brauchen die Richtung, also der Purpose muss da sein und das ist der Punkt. Wenn wir in disruptiven Umgebungen unterwegs sind, dann wandeln sich diese Synapsen, also ja, wir können eine Stabilität über lange Zeit haben, aber wenn ich mir mein Leben anschaue, dann ist es schon oft so, dass man auch sagt, ja, gut vernetzt in der Organisation und dann hat man vielleicht zwei Jahre da sind dann diese Neuronen sehr stark miteinander aktiv und dann zwei Jahre später sind das völlig andere und das geht völlig automatisch und dynamisch, ohne dass man da irgendwas machen muss, sondern das ergibt sich aus den Aufgaben, aus dem Purpose und ich denke, und das ist das, was ich meine, mit dem „Nutzt die sozialen Strukturen, nutzt die sozialen Mechanismen“, das sind alles Dinge, die passieren einfach, in Anführungszeichen, wenn ich eine Kultur und Organisation habe und die Leute auch dazu befähige und es ihnen erlaube, und das sind diese Mehrwerte, die wir einfach auf dem Radar haben müssen und sagen: Hey, das ist auch ein Teil von uns und die machen uns das Leben leichter und die kann ich so schön steuern, nicht direkt, aber indirekt, und das ist … deswegen sind diese Geschichten und was wollen wir eigentlich und Vision sind genau sozusagen diese Steuerungsrichtung und die Steuerungsimpulse für diese Netzwerkstrukturen, für das Gehirn in der Organisation.

Götz Müller: Was ist jetzt dein Tipp an jemanden, der von außen, von oben, woher auch immer die Aufgabe bekommen hat, eine Veränderung
auszulösen, eine Veränderungen umzusetzen, von der man, ja, anfänglich, und zwar habe ich es zumindest auch rausgehört, ja, keinen Plan machen kann, wie es im Detail ablaufen wird, trotzdem hat da jemand ziemlich wahrscheinlich den Anspruch, es doch zu haben. Also im Grunde die Quadratur des Kreises. Was ist ein Tipp an jemanden, der diese Aufgabe bekommen hat, vielleicht auch eine Gruppe von Menschen, wenn sie sich jetzt, überspitzt ausgedrückt, diesen Plan ja nicht machen können und vielleicht auch nicht gar nicht machen sollten, weil es im Grunde von Anfang an nicht so kommen wird, wie sie es gemacht haben und dadurch nur eine, ja, sie sich in einer falschen Sicherheit wiegen im Extremfall.

Danilo Assmann: Ja, sagen wir mal, wir müssen es ja nicht unbedingt, also wenn ich jetzt gegen den Plan bin, dann geht's darum, dass wir da nicht präzise genug sind, was will ich da erreicht haben oder wir eher diese Sicht installieren, Menschen wie Zahnräder zu behandeln, und das funktioniert in der Regel nicht. Dass wir aber generell eine Planung machen und sagen, okay, wo muss Kommunikation stattfinden, wen müssen wir wo abholen und so weiter, dagegen bin ich gar nicht, sondern das hilft also erstmal die Struktur zu machen. Trotzdem, also ich würde es immer als Gruppe empfehlen, also wenn wir eine Gruppe haben, die für so eine Transformation oder einen Change verantwortlich ist. Als erstes würde ich empfehlen herauszufinden, was ist die Haltung in der Organisation und für mich ist das beste Beispiel, wenn man in eine Firmenversammlung, Abteilungsversammlung oder sowas geht, die gibt es ja meistens, heute leider zu viel remote, wenn man on-site ist, ist es einfach besser und dann wird über Änderungen, über irgendwelche Wünsche gesprochen, also Management kommuniziert mit den Fachkräften und in dem Moment muss ich auf die Körpersprache achten. Das habe ich lange Zeit völlig ignoriert oder unterschätzt. Also ich finde ich eine offene Haltung bei den Mitarbeitern, Mitarbeiterinnen, sagen wir Fachkräften ruhig oder finde ich Augenrollen und dieses „Jetzt kommt die nächste Sau durchs Dorf“. Das ist der Schlüssel, dann weiß ich, wo ich anfangen muss und ob ich das Projekt am besten gleich wieder abgebe. So. Aber jetzt nehmen wir mal an, ich finde eine offene Organisation, dann ist es letztendlich ein Selbstläufer und easy. Das heißt, ich muss ja nur alle betroffenen Bereiche und beteiligten Bereiche, sagen wir mal, ich würde die Betroffenen immer zu den Beteiligten machen, relativ früh abholen und sagen, das ist das, was der Mehrwert ist für euren Purpose und die haben eh die Denkweise, auch wenn die Worte anders sind, aber die haben ja diese Denkweise „Hey, wenn da etwas kommt, das ist ja immer besser geworden für uns, das war ja immer cool“, das ist ja deren Erfahrung, und auf diesem Erfahrungsschatz baue ich auf. Tatsächlich, wenn ich in einer Organisation wäre, wo das Augenrollen kommt, da würde ich mir tatsächlich vom Management oder von den Auftraggebern, dann denen vorsichtig die Frage stellen: In welcher Art soll das ausgerollt werden, also so gegen den Widerstand der Organisation wie bisher, oder wollen wir da investieren und sagen, wir wollen es vielleicht besser machen? Da gibt's ja auch Wandlungen. Also das ist ja nie böse gemeint gewesen. Also wenn man das durchgedrückt hat, dann ist das ja nur aus einer Unwissenheit, Hilflosigkeit, Zeitdruck, äußeren Zwängen gewesen und so weiter, also die Menschen sind ja nicht so „Ich quäle dich jetzt“, also wir quälen uns oft gegenseitig, aber meistens unabsichtlich und unbewusst. Und das wäre die Frage: Kann ich tatsächlich diesen Change in ein Überzeugungsprojekt wandeln? Wenn nicht, dann muss ich entweder sagen, kann ich damit leben, das durchzudrücken, wenn es nicht meins ist. Also ich zum Beispiel heute würde das wahrscheinlich seltener machen, würde ich einfach sagen: „Ihr Lieben, das ist voll nett, dass ich diesen Auftrag bekomme, aber ich passe da nicht rein. Das ist jetzt, wie ihr das machen wollt, da findet ihr bessere, das ist nicht meins.“ Also ich glaube, diese Freiheit darf man auch haben. Oder man sagt, ich kenne beides und ich kann noch beides und kann man eine Planung machen und drückt das durch und kriegt natürlich auch dementsprechend das Ergebnis. Es ist auf dem Papier da, bei den Menschen ist es nicht angekommen und die werden sich freuen, wenn sie es das erste Mal sabotieren können und sagen „Ja, ich hab's ja gleich gesagt, das taugt nichts“. Also die Stimmung erzeuge ich halt natürlich auch und die Realität muss ich auch haben und sagen, ist halt so, so war es immer, ist halt so. Und sonst würde ich tatsächlich hingehen und also, wenn wir diesen Wechsel machen vom Augenrollen, von der nächsten Sau, da muss man aber wirklich auch sagen „Ja, ist das jetzt wirklich eine Transformation, die auch bleibt, und wer steht dahinter“, weil das muss dann auch länger halten als ein halbes Jahr und dann kann ich anfangen, Überzeugungsarbeit zu leisten und zu sagen: Okay, passt das zum Purpose? Wie kann ich die Kommunikation machen? Also da gibt es ja tolle Leute, gerade im Storytelling auch, die dann hinkommen, also das wären meine ersten Verbündeten, die erstmal hingehen und sagen „Was ist die Geschichte von uns und wie passt das in die Geschichte rein?“ und dann läuft das rum. Also ich würde schon immer die sozialen Mechanismen abholen und dann aber trotzdem für das technische, aber auch für diese sozialen Mechanismen, zumindest eine Roadmap machen und sagen, was kommt in welcher Reihenfolge und dann zwischendurch, also am Anfang eine Baseline, also immer wieder die Leute befragen „Hey, wie fühlt ihr euch?“ und so weiter, das am Anfang machen. Zufälligerweise habe ich natürlich da tolle Tools, ist logisch, aber das kann jeder nach seinem Gusto machen, und das immer wieder regelmäßig sozusagen: Sind wir in der richtigen Richtung unterwegs. Wen verlieren wir gerade? Also das sind die Fragen, die man sich dann schon stellen muss.

Götz Müller: Ein Stück weit höre ich auch raus, immer mal wieder aus dem, ja, ich verwende immer den Begriff des Marmeladenglases, aus dem raussteigen, bewusst, wenn ich dazu in der Lage bin, wenn ich nicht so tief drinstecke und vielleicht von anderen Kräften da dringehalten werde, dann glaube ich, brauche ich jemand, der von außen drauf schaut, um zu erkennen, was da passiert. Und manchmal, aber eben auch und das finde ich dann auch wieder einen interessanten Gedanken, also das reine von außen Draufschauen aufs Etikett des Marmeladenglases reicht dann auch nicht aus. Ich muss ein Stück weit, habe ich bei dir rausgehört, allein über diesen Aspekt Körpersprache, auch mal reinsteigen und mich dann da dem aussetzen, was da passiert.

Danilo Assmann: Unbedingt. Also ich bin jetzt hier noch nicht mal weit reingegangen, aber da empfehle ich also auch jedem Zuhörer und jeder Zuhörerin, also gerade hier, den Weinberg hatte ich am Anfang schon zitiert, was er auch gemacht hat beim Consulting und das ist mega und ich habe das tatsächlich bei wenigen anderen gesehen und gehört, ist dieses, der kommt rein und schaut sich alles an, Körperhaltung, Atmung, Gesichtsfarbe, also diese ganzen Sachen, wie geht es den Leuten, das ist etwas, was wir bei Transformationsprojekten oder Change-Projekten ganz oft ignorieren und dann muss ich ehrlich sagen, „Liebe Leute, dann macht ihr es so als wären wir doch alles Maschinen und Roboter“ und ich würde es halt tatsächlich, aber ist natürlich jetzt auch mein Ding, ich würde es für die Menschen machen, weil es sind Menschen, die es nachher tragen und ich kann es gegen den Widerstand der Menschen machen oder im Prinzip mit der natürlichen Energie, die da ist, weil die Leute kommen ja zur Arbeit, die haben eigentlich Bock, die meisten würden gerne ihre Arbeit lieben und wir als Change- und Transformationsverantwortliche, Managementverantwortliche, wir schaffen eine Umgebung, die entscheidet, ob die Leute am Sonntagabend sagen, „Oh Scheiße, morgen ist Montag“ oder die sagen „Wow, morgen ist Montag, geil, ich liebe es dahin zu gehen“ und ich habe beides erlebt. Ich habe beide Realitäten erlebt und es ist für manche vielleicht nicht vorstellbar, dass man zwischen den Welten entscheiden kann, aber wir entscheiden letztendlich mit dem, was wir tun, in welcher von diesen Welten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leben und in dem einen Fall sind Changes wirklich Selbstläufer, weil die kommen von denen und jedem ist klar, ich muss das machen, der Kunde braucht was Neues, wie kriegen wir es hin und man arbeitet einfach dran und das ist ein wunderschönes Erleben, weil das wirklich ein Flow ist, das ist Gruppenflow und das andere ist halt immer ein Zwang, alle hassen es eigentlich und man macht es halt irgendwie trotzdem. Und deswegen, wir haben so viel Potenzial und ich bin immer dafür zu sagen, macht es transparent und deswegen muss ich natürlich erst mal gucken, was ist im Marmeladenglas wirklich drin, weil Etiketten glaube ich nie, sollte man einfach nicht, und was kann ich damit machen, aber ich kann eins sagen, egal was im Moment im Marmeladenglas drin ist, es kann immer das aller wunderbarste werden und diese Perspektive auf Organisationen zu haben, ob klein oder groß, ich glaube, das ist tatsächlich wirklich der Schlüssel und diesen Mut auch zu haben, zu sagen „Ja, lass es uns anders machen, auch wenn wir es jetzt zwanzig Jahre nicht so toll gemacht haben, wir waren trotzdem erfolgreich, aber wir haben nicht annähernd das genutzt, was wir als Potenzial haben, und wir sind nicht annähernd da, wo wir, also entsprechen nicht annähernd dem Etikett, aber das können wir jetzt ändern.“ und das ist eigentlich das, das ist der geilste Change, die geilste Transformation, genau in dieser Art der Organisation, die selbstheilende, intelligente Organisation sozusagen zu gehen. Und die hört nie auf, weil das ist ein fortwährender Lernprozess und, ja, das ist auch gut so.

Götz Müller: Ja, und ich glaube eben, sich … und ich könnte mir vorstellen, dass in einer technischen Umgebung, was auch immer Technik bedeutet, das vielleicht noch mal eine Herausforderung für sich ist, sich auf jemanden, in Anführungszeichen, wie eine Virginia Satir, die halt aus einem psychologischen Kontext kommt, aber, glaube ich, was den Umgang mit Menschen angeht, ja, schon fast, ich bin immer vorsichtig mit Superlativen, schon fast ihresgleichen sucht und zum Schluss geht es aber eben immer um die Menschen, denn eine Organisation bildet sich halt aus Menschen und ist eben kein Uhrwerk, wie du es dargestellt hast.

Danilo Assmann: Ja, genau, also die Virginia Satir ist natürlich, sie hat Neues geschaffen in dem Bereich, also das kann man schon sagen, aber deswegen habe ich sie auch eingeführt über den Weinberg, weil er die Balance gemacht hat, er ist ja auch Softwareentwickler gewesen und Consultant, eben genau für Softwareentwicklung und deswegen resoniert er auch so mit mir und er hat das wunderbar zusammengebracht und ich glaube tatsächlich, gerade in der Zeit von KI und von all dem, was jetzt kommt, wird für die meisten Firmen und Unternehmen der Kernpunkt sein: Fange ich an, das Potenzial, unser menschliches Potenzial, voll zu nutzen? Und das ist, glaube ich, die spannendste Frage der nächsten, es geht jetzt schon los, aber ich glaube, für die nächsten zehn, fünfzehn Jahre wird das tatsächlich. in Organisationsentwicklung, Organisationsbau das spannendste sein, dieses „Fange ich an, das zu nutzen, was uns einzigartig macht, das, was eben eine KI noch nicht kann?“

Götz Müller: Ja, und eben auch dieses eingespielte Uhrwerk nicht kann, dieses sich Weiterentwickeln und eben nicht weiterentwickeln, indem ich da noch Zahnräder außen dranschraube. Es bleiben halt trotzdem Zahnräder und sie greifen halt trotzdem auf eine bekannte Art und Weise ineinander, alles gut, aber sie werden schon mal einfach nicht die Zahl ihrer Zähne auf dem Zahnrad vervielfachen. Ich glaube, dazu sind nur wir Menschen in der Lage, durch die Synapsen wiederum. Prima, Danilo. Ich glaube, wir könnten uns noch eine ganze Weile unterhalten. Ich gucke mal so ein bisschen Richtung Uhr, wir sind schon gut über der halben Stunde. Ich danke dir an der Stelle auf jeden Fall für deine Zeit, für die interessanten Gedanken aus einem Kontext raus, der sicher technisch geprägt ist, durch dich als Person, ein Stück weit, ja, auch durch mich als Person, ich habe ja auch einen ziemlich technischen Hintergrund, aber eben mit dem Blick auf eine Sache, mit dem Blick auf die Menschen, die halt ganz anderen, nennen wir es mal Mechanismen unterliegen, die man berücksichtigen sollte, damit Veränderung funktioniert.

Danilo Assmann: Ich danke dir für die Gelegenheit, hier zu sein und, ja, genauso, ich glaube, das ist es, also wir müssen natürlich in der Technik fit sein, aber das ist es eben, wir selbst sind Menschen und wir sind soziale Gemeinschaften und wenn wir die nicht nutzen, dieses Miteinander auch von gegensätzlichen Typen, und das ist eigentlich das, was ich die letzten zehn, fünfzehn Jahre ganz besonders erleben durfte, ist dieses, wenn ich mit diesen gegensätzlichen Typen hier von meinem Charakter meine Schwächen ausgleichen, mich manchmal bremsen und wieder einnorden, das ist so ein Geschenk und wenn wir das, das haben wir alle, das haben wir alle in den Organisationen, dieses Potenzial, das neben der Technik, neben dem Ganzen ans Licht zu bringen und sagen: Hey, wie machen wir Software gut, wie bauen wir geile Produkte, wie sind wir innovativ, wie funktioniert das alles aber miteinander? Das ist eigentlich eine ganz schöne Sache. Und von daher hoffe ich natürlich auch für alle, die zugehört haben, dass sie vielleicht irgendwas mitnehmen konnten, ein, zwei Gedanken und das wäre ja schon super.

Götz Müller: Super, da bin ich mir ganz sicher. Noch mal vielen Dank.

Danilo Assmann: Danke, dir auch.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Danilo Assmann zum Thema Alternative Transformationsprozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 336.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei Apple Podcasts. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.