KVP – eine Frage der Offenheit

Offenheit

Vor kurzem habe ich einen Bericht über ein Kranken­haus in den USA gelesen. Darin ging es darum, in welcher Offenheit mit Fehlern umge­gangen wird. Wie immer wieder berichtet wird, kommt es sehr häufig bei Behand­lungen in allen Länder der Erde zu Fehlern, die oft die Situation von Patienten nicht bessern, sondern bis hin zum Tod führen können. In führen­den Produk­tions­unter­nehmen bei­spiels­weise der Auto­mobil­indus­trie hat sich mitt­ler­weile eine Fehler­kultur einge­bürgert, die es den „einfachen“ Mitar­beitern an den Bändern erlaubt, diese komplett zu stoppen, wenn sie einen Fehler erkennen und/oder Hilfe benötigen.

Im Gesund­heits­wesen heißt es sehr oft, dass nicht Auto gebaut, sondern Menschen behandelt werden. Diese Aussage ist sicher­lich richtig, hat aller­dings mit einer Kultur der Offen­heit gegen­über Fehler über­haupt nichts zu tun. In diesem Artikel geht es mir nicht darum, dass viele Prinzi­pien des Lean Manage­ment – zum Beispiel die Wert­schö­pfungs­orien­tie­rung an den Kunden­bedürf­nissen und das Fluss­prinzip – auch im Gesund­heits­wesen einge­setzt werden können. Viele Methoden und Werk­zeuge würden auch in produ­zieren­den Unter­nehmen nur unzu­reichend funk­tionie­ren, wenn sie nicht mit einer Offen­heit gegen­über Fehlern einher­gehen. Die zuneh­mende Zahl der Rück­ruf­mel­dungen ist nur ein Indiz dafür.

In oben erwähnten Artikel wird davon berichtet, wie mitt­ler­weile von Ange­hörigen des Pflege­personals ebenso wie der Ärzte­schaft Mel­dungen auch und speziell über eigene Fehler ein­gehen. Diese Fehler werden dann nicht zum Anlass genommen, die Verur­sacher an den Pranger zu stellen oder diszi­plina­risch zu bestrafen, sondern nach Mög­lich­keiten zu suchen, diese Fehler vor ihrer Ent­stehung zu erkennen und zu vermeiden. Die ursprüng­liche Sorge, dass durch die Offen­heit und die Fehler­meldungen eine Erhöhung der Schaden­ersatz­forderungen verursacht werden könnte, ist eben­falls keine Reali­tät geworden. Im Gegen­satz dazu wird sowohl von einer Reduk­tion der Versi­che­rungs­bei­träge um 75 % berichtet ebenso wie von einem ver­gleich­baren Rück­gang der Schaden­ersatz­forde­rungen und Gerichts­verfahren. Die einge­sparten Kosten kommen direkt Aktivi­täten zur Ver­besse­rung der Patienten­sicher­heit zu gute.

„Offenheit verdient immer Anerkennung.“ – Otto von Bismarck

Der Artikel erwähnt auch, dass solche kultu­rellen Verän­derung natür­lich nicht über Nacht geschehen. Grund­lagen der Ver­ände­rungen sind ganz einfache Prinzi­pien, die eben­falls über­haupt keinen Bezug zur der betrof­fenen Branche haben. Die Offen­heit im Umgang mit Fehlern ist dabei nur ein Baustein, der jedoch in seinen Auswir­kungen nicht zu unter­schätzen ist.

Gemba / Genchi Genbutsu

Natürlich ist die täg­liche Visite in den Patien­ten ein Bestand­teil der Routine in Kranken­häusern. Darüber hinaus besuchen leitende Führungs­kräfte auch das ärzt­liche und pflege­rische Personal an deren Arbeits­plätzen. Nicht nur bei besag­ten Fehlern, sondern auch um den Bezug zwi­schen den unter­schied­lichen Gruppen der Beleg­schaft zu stärken.

Verschwendungs­vermeidung

Hier wird exem­pla­risch die Reduk­tion der notwen­digen Bewe­gungen genannt durch bessere Anord­nung von Materia­lien usw.. Dadurch konnte die durch­schnitt­liche Schritt­zahl einer Kranken­schwester von 10.000 am Tag auf 1.200 gesenkt werden. Der positive Effekt auf die Patienten­versor­gung besteht darin, dass die Schwestern 90 % ihrer Arbeits­zeit mit Patienten verbringen können statt der branchen­üblichen 35 %.

Kaizen – Konti­nuier­licher Ver­besse­rungs­prozess

Regel­mäßige Fort­bil­dungen und Exkur­sionen in andere Branchen sind Teil eines neuen Verständ­nisses der Führungs­kräfte­entwick­lung, um über den eigenen Teller­rand hinaus­zusehen. Durch die Steige­rung der verfüg­baren Pflege­zeit, Sensor­techniken und die Ver­besse­rung der räum­lichen Nähe von Pflege­personal und Patienten konnten in Geriatrie­abtei­lungen die Zahl der Stürze um ein Drittel reduziert werden, was wieder positive Effekte auf die allge­meinen Gesund­heits­kosten hat.

Die genannten Beispiele zeigen sehr schön, welche branchen­unab­hängigen Maß­nahmen ergriffen werden können, um auch im Gesund­heits­wesen eine stärkere Orien­tie­rung an den Kunden­bedürf­nissen zu erzielen.

Frage: Welche Fehler­kultur herrscht in Ihrem Unter­nehmen? Wie könnte diese verbessert werden? Was würde das für Ihre Kunden und Ihr Unter­nehmen bedeuten?

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