Die Sichtbarkeit im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess betrifft verschiedene Themen. Es ist in vier Bereichen sowohl die makroskopische als auch die mikroskopische Sichtbarkeit zu beachten. Bei diesen vier Bereichen geht es darum, die Sichtbarkeit zu schaffen bzw. zu verbessern. Zum Abschluss werde ich auch noch einen Punkt diskutieren, an dem Sichtbarkeit eher negative Aspekte hat.
Makroskopische Sichtbarkeit – Ist-Zustand
Der Beginn aller Verbesserungsbestrebungen ist die Verortung des Ist-Zustands. Dazu kann es auch gehören, dass in diesem Ist-Zustand zuerst einfach nur die notwendige Stabilität geschaffen wird, um einen festen Ausgangspunkt zu haben. Stabilität heißt in der Regel, dass Variation reduziert und die Reproduzierbarkeit geschaffen bzw. verbessert wird. Ohne diesen stabilen Ausgangspunkt sind Verbesserungen eher zufälliger Natur und letztlich kann dann nie gesagt werden, ob eine Veränderung wirklich eine Verbesserung oder nur die Folge statistischer Schwankungen ist und deshalb keinen Bestand haben wird.
Makroskopische Sichtbarkeit – Ziel-Zustand
Mathematisch betrachtet ist neben dem Anfangspunkt ist auch der Endpunkt eines Vektors wichtig, damit überhaupt eine Richtung entsteht. Zur Sichtbarkeit eines Ziel-Zustands (wie auch des Ist-Zustands) gehört es auch, das alle Betrachter das gleiche Verständnis über dessen und Ausprägung haben. Obwohl alle Beteiligten eigene und unterschiedliche Brillen besitzen, müssen die entstehenden Bilder alle das gleiche Objekt zeigen. Das heißt aber nicht, dass diese Bilder an den gleichen Stellen scharf sind oder nicht auch unterschiedliche Details zeigen können. Dies kann dann durchaus vom Betrachter, seiner Brille und seiner Perspektive abhängen.
– Antoine de Saint-Exupéry
Makroskopische Sichbarkeit – Vision
Wenn man es genau nimmt, ist das keine makroskopische Sichtbarkeit, sondern eher der Blick durch ein Teleobjektiv. Die Vision, wenn man sie räumlich verorten will, sollte ja jenseits der sichtbaren Erreichbarkeit liegen. Trotzdem sollte ein klares Bild dieses, wenn auch unerreichbaren Zustands bestehen. Die Sichtbarkeit einerseits und das utopische Wesen der Vision andererseits sind in meine Augen kein Widerspruch, sondern einfach nur die zwei Seiten einer Medaille, die zum Vorschein kommen, wenn man die Vision aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Diese Sichtbarkeit zu schaffen, ist eine der wichtigsten Aufgaben der Unternehmensleitung. Davon ausgehend ist es dann ein Teil der Verantwortung der Führungskräfte, aus dieser Vision die näherliegenden Ziel-Zustände abzuleiten, diese für ihre Teams sichtbar zu machen und mittels der Coaching-Kata und ihren fünf Fragen den Verbesserungsprozess dorthin zu lenken.
Mikroskopische Sichtbarkeit – Visualisierung
Diese Detailebene der Sichtbarkeit durch Visualisierung spielt sich sowohl in der Ist-Situation als auch in der Soll-Situation und damit auch in der Abweichung und Differenz der beiden Zustände ab. Aus dieser Differenz bzw. der Abweichung der Ist-Situation von der gewünschten Soll-Situation leiten sich dann konkrete Maßnahmen ab. Entweder um die Soll-Situation wieder zu erreichen (wenn dieser Zustand schon einmal erreicht war) oder um Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten, wenn die Soll-Situation noch anzustreben ist. Bei der Visualisierung gelten ebenfalls die oben genannten Aspekte zum Detaillierungsgrad und der individueller Betrachtung.
Eine weitere Sichtbarkeit bzw. fehlende Sichtbarkeit, die dann Aktivitäten auslöst, ist die Sichtbarkeit von Problemen. Typischerweise stellen sich Probleme so dar, dass eine Lücke zwischen dem Ist-Zustand im Vergleich zum Standard vorhanden ist. Aber auch die fehlende Sichtbarkeit von Problemen sollte Aktivitäten auslösen. Entweder, dass hinterfragt wird, ob wirklich keine Probleme bestehen (um Schönfärberei zu vermeiden). Oder für den Fall, dass durch einen stabilen Ist-Zustand eine neue Basis für weitere Verbesserungen geschaffen wurde. Beide Fälle lassen sich mit der Aussage umschreiben: „kein Problem ist ein Problem“.
So weit die Bereiche, an denen Sichtbarkeit notwendig ist und mehr Sichtbarkeit besser ist. An einer Stelle kann die Sichtbarkeit jedoch auch schädlich sein. Nicht notwendigerweise schädlich im klassischen Sinn, sodass direkt negative Auswirkungen in Form von Verschwendungen vorhanden oder zu befürchten sind, sondern schädlich in dem Sinn, dass die Sichtbarkeit ein Indiz für einen Mangel auf einer anderen Ebene ist. Obwohl diese Form der Sichtbarkeit auf den ersten Blick positiv erscheint. Ich rede hier von der Sichtbarkeit des Weges zum nächsten Ziel-Zustand oder gar darüber hinaus. Wenn der Weg zum Ziel-Zustand vollständig bekannt ist, ebenso wie alle möglichen Hindernisse auf diesem Weg, ist das ein sehr deutlicher Hinweis darauf, dass der Ziel-Zustand nicht herausfordernd genug gewählt wurde. Dann ist sehr zu befürchten, dass mit dem Erreichen dieses Ziel-Zustands keine wirklich relevanten Verbesserungen erzielt werden.
Sie können einen Kommentar hinterlassen, indem Sie hier klicken.
Artikel teilen auf ...
Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.