Der erste Schritt besteht, sich selbst und anderen nichts vormachen zu wollen. Dabei sollten wir bedenken, dass andere oft Dinge unbewusst wahrnehmen, selbst wenn wir uns selbst größte Mühe geben, etwas zu verbergen. Manchmal mag es sogar gelingen, sich selbst eher etwas vorzumachen als anderen. In beiden Fällen gilt das alte Sprichwort von der Selbsterkenntnis und dem ersten Schritt zur Besserung. Um die Gefahr zu vermeiden, dass man bzgl. einer Situation zur Selbsterkenntnis gar nicht (mehr) fähig ist, kann es hilfreich sein, eben die anderen einzubeziehen, indem wir sie zu einer Situation befragen. Im Fall von Geschäftsprozessen liegt die Befragung der Kunden natürlich auf der Hand. Kunden können in diesem Fall natürlich externe Kunden sein, ggf. jedoch auch interne Kunden, wenn es sich um einen Unterstützungsprozess handelt oder um Prozessabschnitte, bei denen die handelnden Personen nicht mit externen Kunden in Berührung kommen.
Beim zweiten Schritt steht dann die Frage nach den Ursachen einer Situation im Vordergrund. Dieser Schritt ist sicherlich erst nach dem ersten angebracht bzw. stellt sich erst dann, wenn eine Situation als solche anerkannt wurde. Hier ist zu beachten, dass die erste Antwort auf das Warum oft gar nicht die Kernursache darstellt. Deshalb kommt im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess immer wieder das Werkzeug des 5x Warum zum Einsatz. Die Wiederholungszahl fünf ist dabei nur ein Anhaltspunkt. Manchmal stellt sich die Kernursache schon beim dritten Warum heraus, manchmal braucht man sieben oder mehr Wiederholungen. In der Regel erkennt man den Moment jedoch sehr deutlich. Meistens ergeben sich keine weiteren schlüssigen Fragen, oder man beginnt sich mit Antworten im Kreis zu drehen, die sich gegenseitig bedingen und dadurch zyklisch wiederholen.
– Samuel Smiles, Schottischer Schriftsteller
Mit dem ersten und dann zweiten Schritt eng verknüpft, ist im dritten Schritt eine schonungslose Offenheit – zu anderen Beteiligten und gegebenenfalls zu sich selbst. Auf den ersten Blick mag dieser Schritt dem ersten sehr ähnlich sein, im Unterschied dazu bewegen wir uns in meinen Augen stärker auf der inhaltlichen Ebene. Während es beim ersten Schritt mehr um die Tatsache (des Vormachens) an sich geht, steht beim dritten Schritt der Inhalt im Vordergrund.
Mit „schonungslos“ will ich hier aber keinen Freibrief für Angriffe auf einer persönlichen Ebene ausstellen. Mit der Offenheit ist immer auch der Respekt der Person gegenüber verknüpft. D.h. ich kann zwar das Verhalten in Frage stellen, lasse die Person an sich aber unangetastet. Schonungslose Offenheit kann auch bedeuten, dass ich meine eigene Wahrnehmung und Wirkung einer Handlung ausdrücke und zuerst dazu ein Feedback einhole, bevor ich zur Bewertung übergehe und damit Gefahr laufe, dies auf die Person an sich abzubilden.
Mit den drei Schritten eng verknüpft ist eine offene und positive Fehlerkultur. Eine Kultur, in der Fehler immer auch als Chance zur Verbesserung betrachtet und im Fall von Verbesserungsbestrebungen an sich auch als der einzige Weg verstanden werden, auf dem wirkliche Verbesserungen geschaffen werden können. Letztlich kann nur durch einen Fehler eine neue Erkenntnis und damit neues Wissen entstehen.
Mit den genannten drei Schritten und der begleitenden Randbedingung konnte ich Ihnen hoffentlich einen Weg aufzeigen, wie Sie Ihren Realitätssinn steigern und damit bewusster ausüben können. Wie schon wiederholt ausgedrückt, liegt mir besonders der Aspekt des Bewusstsein am Herzen. Veränderungen und damit in der Folge Verbesserungen sind in meinen Augen nur durch ein gesteigertes Bewusstsein möglich und bleiben sonst im Bereich des Zufalls hängen.
Sie können einen Kommentar hinterlassen, indem Sie hier klicken.
Artikel teilen auf ...
Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.