Inhalt der Episode
- Über welche Entscheidungen reden wir?
- Was tun, wenn die Entscheidung falsch war?
- Was kann man tun, um den Entscheidungsmuskel zu trainieren?
Notizen zur Episode
- Franziska Köppe via Madiko
- Twitter-Kanal von Madiko
- LinkedIn-Profil von Franziska Köppe
- Lebens- & Arbeitswelten mit Zukunft
- Grundlagen Sinnvoll Wirtschaften
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Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.
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(Teil)automatisiertes Transkript
Episode Kaizen 2 go 149 – Entscheidungsprozesse
Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.
Götz Müller: Heute habe ich Franziska Köppe bei mir im Podcast. Das ist jetzt schon das dritte Mal, aber wieder ein spannendes Thema, wieder Prozesse und zwar ganz konkret Entscheidungsprozesse. Franziska Köppe beschäftigt sich mit Lebens- und Arbeitswelten mit Zukunft. Hallo Franziska.
Franziska Köppe: Hallo Götz. Alle guten Dinge sind drei.
Götz Müller: Auf jeden Fall. Ich glaube, du bist eine der ganz wenigen, ich glaube es gibt noch einen weiteren Gesprächspartner, mit dem ich auch schon drei Episoden aufgenommen habe, du bist auf jeden Fall eine mit Nummer drei. Sag aber noch mal zwei, drei kurze Sätze zu dir, damit eben die Zuhörer, die jetzt vielleicht die zwei anderen Episoden noch gar nicht gehört haben, damit sie ein bisschen was über dich erfahren.
Franziska Köppe: Also, ganz knapp ausgedrückt, ich bin einmal Freiberuflerin und dort beschäftige ich mich sehr stark, auf der persönlichen Ebene, mit Entscheidungen, wie treffen wir kluge Entscheidung in kleinen und mittelständischen Firmen
oder überhaupt in Firmen, in Organisationen, und wie kommen wir von der Entscheidung ins Handeln. Und die dritte Frage, die ich mir in dem Zusammenhang stelle ist, wie gelingt es uns, das möglichst einfach zu gestalten, dass es Spaß macht und wir Arbeitsfreude und Lebensfreude auch in die Firma reinbringen. Und mir ist es als Freiberufler natürlich nicht genug, sondern ich habe da eine Bewegung um mich geschart von Unternehmern und Menschen aus unterschiedlichen Branchen und Disziplinen, die wir uns alle mit dem Thema auseinandersetzen und da auf verschiedenen Ebenen in Kooperation gegangen. Das nennt sich, es nennt sich EnjoyWork.
Götz Müller: Ja. Ich denke, da werden wir im Gespräch noch den ein oder anderen Punkt streifen, aber jetzt zum Einstieg, glaube ich, auch wenn es ein vergleichsweise trivialer Begriff ist, nämlich Entscheidung, sollten wir aber doch noch mal, für uns beide, aber auch für den Zuhörer, uns bewusst machen, was verstehen wir unter Entscheidung und über welche Entscheidungen werden wir jetzt gerade reden.
Franziska Köppe: Also ich würde es gerne in den unternehmerischen Kontext setzen und sagen, es geht um unternehmerische Entscheidung, und da finde ich es ganz klug, sich auch Gedanken zu machen, einmal haben wir die Entscheidung auf der Arbeitsebene, das ist das Tagesgeschäft, wo ich denke, dass wir eine hohe Autonomie brauchen, das ist meine These, die ich mit ins Gespräch bringe. Dann haben wir Entscheidungen auf der Prozess- und Strukturebene, wo es darum geht wie arbeiten wir zusammen, wozu dienen uns Prozesse, wo helfen sie uns, wo geben sie uns Stabilität und wo schränken sie uns vielleicht auch in unserer Freiheit ein, Dinge auf der Arbeitsebene zu gestalten. Und die dritte Ebene ist für mich die strategische Ebene, wo es darum geht, wie treffe ich da kluge Entscheidungen und was ist dafür notwendig und ich bringe ein gewisses Grundprinzip mit in das Gespräch. Das ist der größere Kontext, in dem ich das sehe, mir ist der mündige Mitarbeiter sehr wichtig, der selbstbestimmte und möglichst frei seine Abhängigkeiten in den einzelnen Vorhaben im Unternehmen einbringen kann und da sein komplettes Potenzial ausschöpfen kann und ich unternehmerisch sozusagen Entscheidungen, die den Kontext der Entscheidungen für die Unternehmer dahin versuche zu gestalten, dass sie eben die komplette Intelligenz, ihr komplettes Wesen in Entscheidungen und vor allen Dingen auch ins Handeln einbringen können dass das ist so ein bisschen der Kontext, den ich sehe. Was würdest du ergänzen? Was wäre dir noch wichtig?
Götz Müller: Mir ist wichtig bei dem Begriff Entscheidung, das im Grunde alles eine Form der Entscheidung ist, also sprich das Gegenteil, ähnlich so wie dieser uralte Spruch von der Kommunikation, was man nicht machen kann, und ähnlich wie das Verhalten, so kann ich ja auch nicht entscheiden, denn selbst wenn ich eine Entscheidung nicht treffe, entscheide ich mich halt für die Beibehaltung des Status quo, was eben denn wieder auch eine Entscheidung ist. Das finde ich immer noch, sich das bewusst zu machen, ist ein ganz wichtiger Aspekt, wenn man über Entscheidungen redet.
Franziska Köppe: Ja. Da bin ich absolut bei dir.
Götz Müller: Ja. Weil ja dieses vermeintliche Nicht-Entscheiden, meiner Ansicht nach, immer so ein bisschen diesen Grund unter der Wasseroberfläche mit sich bringt „Was passiert denn, wenn ich die falsche Entscheidung treffe?“, treffe ich lieber keine Entscheidung, um keine falsche Entscheidung zu treffen und ich glaube auch darüber muss man ein bisschen reden, vielleicht schlichtweg um einerseits diese Angst zu nehmen, keine Entscheidung zu treffen, weil man Angst hat sie falsch zu treffen, was es aber nicht gibt, weil nämlich eine Nicht-Entscheidung halt wieder die Entscheidung für den Status quo ist und das aber wiederum falsch sein kann.
Franziska Köppe: Also grundsätzlich habe ich die Grundüberzeugung, dass ich sage, es gibt keine falschen Entscheidungen, weil ich immer in dem bestmöglich handle, was ich gerade kann und wenn ich eben gerade nicht in der Lage bin, einen Weg einzuschlagen, dann ist das auch okay, dann ist das gut, dann ist das das Beste, was ich gerade leisten kann und ich bin vor Jahren einmal den Spruch begegnet „Das Gras wächst nicht schneller, wenn ich daran ziehe.“ und für mich hat das also unglaubliche Wirkung entfaltet dieser Spruch, weil es mich ein Stück weit in eine Gelassenheit bringt. Und wenn ich so ein bisschen meine Entscheidungen, mein Handeln angucke, ich lasse gewisse Dinge auch reifen. Ein Apfel, den ich zu früh vom Baum gepflückt habe, der liegt mir halt auch quer im Magen und manchmal ist eben gut, den Apfel noch ein bisschen länger am Baum hängen zu lassen bis er rot wird und reif ist. Und genauso sehe ich das auch mit unternehmerischen Entscheidungen, wir setzen uns unglaublich unter Druck, weil wir eben über Fakten, Ängste und ja oft auch ein Stück weit sogar über Gewalt, also Druck, in den Firmen versuchen, Entscheidungen herbeizuführen. Ich glaube aber, dass wir eine ganz andere Herangehensweise an Veränderungsprozesse brauchen, was ja ein Stück weit eine Entscheidung mit dem Handeln als Folge bedeutet, das ist ja eine Veränderung, die eintritt, oder die ich herbeiführe und dann ist für mich eigentlich eher wichtig zu sagen, wir gehen in Beziehung mit den anderen Kollegen, mit uns selbst, also im Sinne von Reflexion, wir gehen in einen Wiederholungs- und Trainingseffekt oder wir gehen in ein Refraiming, so heißt das im englischen Original, dass wir den Kontext neu für uns formulieren und vielleicht kann ich die Entscheidung in dem einen Kontext nicht treffen oder glaube eine falsche Entscheidung zu treffen. Wenn ich den Kontext mir aber angucke, dann sage ich „Vielleicht kann ich das auch lernen zu differenzieren.“ und was mir bei unternehmerischen Entscheidungen wichtig ist, ist das wir lernen zu unterscheiden, worum geht's denn jetzt hier eigentlich, wer sollte an der Entscheidung und am Handeln beteiligt sein. Für mich ist dann vielleicht auch wichtig, dass diese beiden ineinandergreifen und wozu dient es mir denn. Und wenn ich mehr über diese drei Fragen Klarheit verschaffe, dann fällt es mir in der Regel auch leicht zu sagen „Okay, das ist das Szenario Eins, das ist das Szenario Zwei, was hat denn jetzt die höchsten Chancen auf Erfolg und wo habe ich die größtmögliche Einflussmöglichkeit auf das Ergebnis?“ und das sind meistens Dinge, die mir helfen, kluge Entscheidung zu treffen.
Götz Müller: Ja, und ich glaube, man kann eben noch einen Schritt weiter gehen, was der Begriff Prozess und somit mit sich bringt, die wenigsten Entscheidungen sind der ultimativ. Natürlich kann ich die Entscheidung zu treffen, von der Brücke zu springen und dann wird wahrscheinlich das Ergebnis nicht reversibel sein, aber bei den meisten Dingen kann ich eine Entscheidung korrigieren oder ich kann neu entscheiden. Da wäre dann natürlich noch mal ein interessanter Punkt, sich darüber klar zu werden, ob da überhaupt einen Unterschied besteht zwischen der Korrektur einer Entscheidung und einer Neuentscheidung.
Franziska Köppe: Also ich glaube, da ist es auch ganz wichtig, sich darüber klar zu werden, wozu dient uns denn die Entscheidung. Weil ich als Mitarbeiter kenne ich die Situation, dass man denkt, alle drei Monate wird eine neue Sache durch die Firma geschleust, irgendwas Neues ist gerade hip und das was gestern galt, geht plötzlich heute gar nicht mehr und alles, was ich gemacht habe, wo ich meine ganze Energie als Mitarbeiter eingesetzt habe, ist jetzt plötzlich für die Katz, weil jetzt plötzlich der Wind aus einer anderen Richtung weht und ich finde es wichtig, als Firma, als System, sich darüber klar zu werden, was gibt uns Stabilität, was gibt uns Sicherheit, wo sind Entscheidungen auch mal auszuhalten, dass die so sind und wir justieren im Kleinen aber die große, gesamthafte Richtung, auf die wir zusteuern, die bleibt stabil und was sind die kleinen Justierungsmöglichkeiten, die ich habe, wie ist der Gestaltungsraum für mich oder für das Team oder die Gruppe, die da vor der Entscheidung steht und ins Handeln kommen will, wie gestalte ich das und das finde ich wichtig. Also für mich ist eine Entscheidung, wenn man das überhaupt so definieren will, ich mag das Wort falsch nicht, aber wenn man das überhaupt sagt, sage ich, ist eine Entscheidung dann falsch, wenn ich mal Hüh und mal Hott sage, weil das ist das, was Menschen fertig macht, wo ich auch aus eigener Erfahrung weiß, du glaubst dann auch nicht mehr an eine Entscheidung und dann mache ich diese riesige Chance, die in der Entscheidung und im Handeln drinsteckt kaputt, weil die Menschen dieses Vertrauen in Entscheidungen verlieren, und dann, ich glaube dann ist auf Dauer halt schon, ich sag mal, schwierig. Das heißt aber nicht, dass ich nicht korrigierend eingreife, wenn ich merke „Oh, das war zwar aus unserer damaligen Sicht eine kluge Sache, aber wir merken jetzt, wo wir es tun, das führt uns ja doch irgendwie ein anderes Fahrwasser als wir wollten“ und dann zu justieren und zu sagen „Lass uns mal lieber rechtsrum fahren, das links wo war doch nicht so eine kluge Idee.“, das meine ich damit nicht.
Götz Müller: Da steht für mich jetzt die Frage im Raum, sowas wie Entscheidungsmuskel, um bei so einer Metapher zu bleiben, wie kann es gelingen, dass bei mir selber als Unternehmer, als Führungskraft, als Mitarbeiter oder eben bei anderen zu trainieren, ohne jetzt Fitnessstudio zu verordnen, im übertragen Sinne.
Franziska Köppe: Ich finde das Fitnessstudio gar nicht so schlecht, da bin ich nämlich wieder bei diesem Relate, Repeat, Reframe, diese drei Rs im Veränderungsprozess, was kluge Entscheidungen und gutes oder konstruktives Handeln angeht, da finde ich die drei Elemente wirklich sehr interessant. Und da finde ich dieses Trainieren und Muskelkraft da stärken schon gut. Was heißt das aber jetzt in Bezug auf Entscheidungen? Für mich heißt das eben, dass wir Entscheidungen auch auf allen Ebenen des Menschen uns angucken. Was sind die fachlichen Aspekte der Entscheidung? Wie gehen wir methodisch vor, um zu einer klugen Entscheidung zu kommen? Wie wirkt sich das auf unsere Beziehungen, auf unsere Kommunikation untereinander aus und ich würde sagen, es geht nicht um die Entscheidung um der Entscheidung Willen, sondern im unternehmerischen Kontext ist es natürlich gerade auch wichtig, da ein bisschen minimalistisch zu vorzugehen und zu sagen, immer wenn ein System gestört wird, gucken uns an, wie wichtig ist jetzt diese Störung. Ist das jetzt eine Sache, die einmal auftritt? Dann sollte es möglichst autonom und vielleicht sogar diktatorisch auf der Tagesgeschäftebene irgendwann der Einzelperson gelöst und entschieden werden und es ist die volle Verantwortung dieser Person. Und die entziehe ich auch nicht, sondern die bleibt bei diesen Personen. Und ich gebe alle nötigen Mittel an Informationen, an andere Ressourcen, damit diese Person die volle Freiheit hat, diese Entscheidung zu treffen und auch umzusetzen und ich sobald es mehr Personen betrifft, sobald es Schnittstellen betrifft, Prozesse und Strukturen betrifft, ist es wichtig, die Menschen zusammenzubringen und konstruktiv zu einer Entscheidung zu führen, die betroffen sind oder von den Auswirkungen der Entscheidungen vor allen Dingen auch betroffen sind und je stärker es das Geschäftsmodell auf strategischer Ebene beispielsweise betrifft, mit welchen Partnern man zukünftig zusammenarbeiten will oder wohin die Firma steuert, also so ein bisschen die Vision, wofür steht die Firma, welche Aufträge nehmen wir an, also so dieses große Bild, desto mehr Menschen sollten aus meiner Sicht in Entscheidungen einbezogen werden, um einmal diese Schwarmintelligenz zu nutzen, nicht die Schwarmdummheit, sondern die Intelligenzen, also die Vielfalt der Menschen, die da drin sind in der Firma, und die ja auch ein Stück weit, wenn sie in diesen Entscheidungsprozess mit einbezogen sind, viel stärker ins Handeln auch kommen, denen das Freude macht, weil sie sinngekoppelt sind, weil sie gehört worden und auch ihre Bedenken loswerden konnten und man einen konstruktiven Weg gefunden hat, mit diesem Bedenken umzugehen, dann entwickelt eine Firma eine unglaubliche Kraft, aber das ist ein sehr neuer Weg, der sich sehr von diesem konventionellen BWListischen, tayloristischen Weg unterscheidet. Ich stehe aber eben zu dieser Form von Entscheidungen.
Götz Müller: Jetzt möchte ich auf diesem Punkt Entscheidungsmuskel noch mal ein bisschen zurückkommen. Was würdest du sagen, was ist jetzt ein Weg, um bei den Beteiligten dieses Bewusstsein, und ich glaube, man kommt immer wieder auf diesen Aspekt Bewusstsein zurück, um bei den Beteiligten diesen Bewusstseinsaspekt zu schaffen, wo habe ich denn in auch Entscheidungskompetenz, ohne dass ich jetzt alles bis in die letzte Eventualität vorher in einer Arbeitsanweisung, Betriebsvereinbarung, und was es noch alles geben mag, hier niederlege. Weil das ist ja, glaube ich, die große Herausforderung, wo ich ja weg will von dem mechanistischen Ansatz, wo alles vorbestimmt ist.
Franziska Köppe: Also was ich sehr wichtig finde an der Stelle ist, dass Menschen einmal unterscheiden lernen, dieses Muster, was ich erkannt habe, was zu klugen Entscheidungen führt und ins Handeln. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ich glaube ich habe es noch nicht erklärt, ich hoffe ich wiederhole mich jetzt nicht. Also kluge Entscheidungen haben aus meiner Sicht immer einen Auslöser. Das ist etwas, was uns Kraft gibt, das wir wollen oder Kraft entzieht, wo wir sagen, so geht's nicht mehr weiter. Das ist so etwas, was ich festgestellt habe, dass alle Entscheidung en einen Auslöser haben, wie auch immer der gestaltet ist.
Götz Müller: Der klassische Prozess halt.
Franziska Köppe: Genau. Und also das ist sozusagen der Trigger, der die ganze Sache in Gang setzt und dann gibt es drei Elemente. Das ist einmal, dass ich Informationsbedarf und Inspirationsbedarf habe für die Lösung oder auch für die Situation, sozusagen die Situation zu analysieren, wo stehen wir denn überhaupt. Die zweite Geschichte ist, miteinander zu reden, ins Gespräch zu kommen, mir vielleicht einen Fachmann mal dazu zu holen, einen Ratgeber dazu zu holen oder mich auf gleicher Ebene auszutauschen, also ein bisschen so im Sinne von kollegialen Entscheidungsprozessen. Und der dritte ist dann dieses Miteinander-Umsetzen. Und ich finde ganz arg wichtig, dass ist so das erste, was ich so geübt habe zu lernen in einem jeweiligen Kontext, das voneinander unterscheiden zu können. Also nehmen wir mal an, ich sitze hier im Büro und kriege einen Anruf. Das Erste, was ich versuche, rauszufinden ist, welchen Bedarf, welches Bedürfnis hat mein Gegenüber. Hat er … ist der gerade auf den Thema Information? Will er Informationen von mir? Geht es ihm darum, mit mir zu reden, in Beziehung zu gehen, mit mir zu kommunizieren? Braucht er einen Ratschlag oder sucht er gerade eher den Philosophen in mir oder geht es ihm darum, konkrete Handlungsoptionen abzuwägen und ins Entscheiden zu kommen, mich vielleicht auf den neuesten Stand zu bringen, um mir zu sagen „Ich brauche von dir als nächstes das und das.“? Also, dass ich lerne, in jeder Situation, in jeder Besprechung, vor allen Dingen, wenn ich Besprechungen vorbereite, das für mich klar ist worum geht's dann ja eigentlich. Das ist so das Erste, was ich trainieren kann und die Fortgeschrittenen, die sich mit klugen Entscheidungen auseinandersetzen fangen dann auch noch an zu unterscheiden, ist es jetzt Tagesgeschäft, sind es Strukturen und Prozesse, über die wir reden oder geht es um eine strategische Entscheidung. Und die absoluten Meister, die das zur Perfektion beherrschen, die können dann sogar noch unterscheiden, geht es jetzt hier um das Geschäftsmodell Firma, geht es um die Rollenstruktur, die Aufbauorganisation, die Ablauforganisation, geht es um Kommunikationsthemen, die wir hier in der Firma haben, geht es vielleicht auch um die Beziehungsebene, über die wir reden, also die alle drei diese Aspekte zusammenfassen. Und e klüger du bist, diese Sachen voneinander unterscheiden zu können oder die in die Bestandteile der Entscheidung aufgliedern zu können, desto leichter wird es dir fallen, kluge Entscheidungen zu treffen mit den Menschen.
Götz Müller: Jetzt könnte ich mir vorstellen, der ein oder andere stellt sich vielleicht die Frage oder es geht ihm der Punkt durch den Kopf, ein bisschen flapsig ausgedrückt „Ha, mein Unternehmen ist doch kein Sandkasten, üben kann man woanders.“ Was wäre jetzt dein Tipp an jemanden, dem dieser Gedanke durch den Kopf geht?
Franziska Köppe: Ehrlich gesagt für… also ich kann das verstehen und ich muss aber gleichzeitig schmunzeln, weil ich für mich festgestellt habe, für mich bringt es eine unglaubliche Gelassenheit mir zu sagen jeden Tag „Ich kann es üben. Ich habe jeden Tag die Chance, es besser zu machen.“ und es nützt mir nichts, mich zu grämen, dass mir etwas vielleicht nicht so gelungen ist, sondern mit jeder Situation, mit jedem Kontext habe ich wieder neu die Chance, zurück zu meinen Idealen zu kommen und es ein kleines bisschen besser zu machen.
Götz Müller: Ja. Da habe ich jetzt halt so den ein und anderen Unternehmer vor meinem geistigen Auge, ich meine, du bist ja auch im Mittelstand unterwegs, und jetzt im Unterschied zu Großbetrieben geht es in dem ein oder anderen Fall, ich drücke es mal ein bisschen vorsichtig und neutral aus, halt schon auch um den Geldbeutel des Unternehmens. Und da kann ich ihn dann schon verstehen, wenn er sagt „Mein Geldbeutel ist mir halt doch näher als der Geldbeutel von jemand anders und es ist aber mein Geldbeutel eben.“
Franziska Köppe: Richtig. Aber wir dürfen nicht vergessen, wir sind Menschen. Ich finde aber wichtig … also, was ich gut finde ist, wenn jeder Mensch einfach auch da in die Reflexion geht. Und das ist etwas, aus dieser Verantwortung kommen sie nicht raus und wenn ich sage „Okay, irgendwie scheint mir das nicht so gut zu gelingen und es fängt an meinem Geldbeutel weh zu tun.“, dann habe ich vielleicht die Größe zu sagen „Ok, ich stelle mir jemanden zur Seite. Ich suche mir einen Supervisor, ich suche mir einen Coach, ich suche mir einen Mentor, der mich unterstützt, dass ich darin besser werde.“. Wenn ich sage, das ist mir wichtig, dann halte ich das für eine absolute menschliche Größe, zu sagen „Okay, ich kriege es nicht alleine hin, also hole ich mir Hilfe und ich bitte um Hilfe.“ und wer um Hilfe bittet, der kriegt Hilfe.
Götz Müller: Ja. Ich dachte jetzt mehr so an das Üben der anderen.
Franziska Köppe: Das ist auch wieder etwas. Wir können da keinen Schalter umlegen und wenn ich Menschen jahrelang dahin erzogen habe, dass sie eben ihren Kopf ausschalten, wenn sie die Firma betreten und Dienst nach Vorschrift machen, also genau das, was ich ihnen vorgebe und von ihnen sozusagen eine Null-Fehler-Kultur erwarte, die halt sehr präzise, sehr effizient und sehr auf Ressourcenbewusstsein getrimmt sind und gleichzeitig eben kluge Entscheidungen erwarte, dann verlange ich etwas Unmögliches von ihnen. Wenn ich Menschen an die kluge Entscheidung bringe, dann brauche ich eine gewisse Fehlertoleranz und Fehlertoleranz heißt für mich, also mein Weg ist zu sagen, wir entwickeln Realexperimente und das ist weg vom Planen, was ja ein Stück weit so das Glaskugellesen ist, dass ich glaube die Zukunft voraussagen zu können und sage, dass es genauso eintreten wird und manche gehen ja sogar soweit, dass sie glauben, das in Budget und Zeit und Qualität noch direkt voraussagen zu können. Da sage ich, da kommt mit Sicherheit das Leben dahinter und Unternehmer, die das machen lösen Folgendes bei Ihren Mitarbeitern aus: Die lösen bei den Planern aus, dass sie sozusagen sich selbst in dem System optimieren, indem sie halt möglichst die Ziele niedrig ansetzen, halt gerade so, dass es halt spannend ist für die Firma, aber die werden mutig sein, die werden nie besonders sagen, wir setzen uns Ziele, die wir definitiv nicht erreichen können und sie setzen bei den Umsatz im Voraus, dass die wiederum immer den Planern gegenüber sagen „Ja, aber das ginge ja in der Realität nicht.“ und beide werden sich optimieren und worauf richten die beiden sich in ihrer ganzen Intelligenz aus? Der Planer richtet sich darauf aus, dass er möglich sein Bonus bekommen und der Umsetzer richtet sich darauf aus, dass er seinen Bonus bekommt und beide werden anfangen, gegeneinander zu arbeiten. Wenn ich aber will, dass die beide ihre Intelligenz im Sinne der Firma einbringen, dann muss ich dieses Spannungsfeld zwischen denen aufheben und das nennen wir Wette. Und Wette heißt, ich gebe den Mitarbeitern, die über die Entscheidung zu beschließen haben, gebe ich die Informationen, die mir zur Verfügung stehen, die wir mit, ich sage mal gutem Aufwand-Nutzen-Verhältnis bereitstellen können, die wir wissen oder was wir glauben auch zu wissen, das gebe ich denen zur Verfügung. Wir entwickeln ein Szenario, wo wir sagen, das hat die größte Chance auf Erfolg, wir kriegen ganze Geld zurück, im besten Fall mehr als unseren Einsatz zurück und ich gebe ihm Hilfsmittel an die Hand, dass sie im Verlauf des Projektes, im Verlauf der Umsetzung merken „Ah, wir sind auf einem guten Weg und das sind die Kriterien, wo wir wissen, da müssen wir justieren, das läuft irgendwie nicht so ganz in die Richtung, die wir uns vorgestellt haben.“ und eben … Ich brauche als Unternehmer, als Chef, dann auch diese Gelassenheit, zu sagen, ich beobachte die, ich bringe mich mit meiner Intelligenz ein, aber ich nehme mich ein Stück zurück und sage, das muss sich entwickeln.
Götz Müller: Jetzt hattest du …
Franziska Köppe: Wichtig ist dann an diesem … Entschuldigung … Wichtig ist an dieser Stelle, dass man immer wieder Zäsuren macht und sagt „Okay, jetzt haben wir mal wieder so einen Meilenstein erreicht“, oder Quality Gate oder woran auch immer so eine Firma das festmacht und dann guckt man, ist das eingetreten, was wir erwartet haben. Sind wir auf einem guten Weg? Sind wir auf keinem guten Weg? Was müssen wir gegebenenfalls verändern, anpassen, um die Chancen auf unsere unternehmerische Wette, die wir eingegangen sind, deutlich zu erhöhen und dann entsprechend eben auch Konsequenzen zu ziehen, zu beschließen, dass man Dinge nicht mehr weiter verfolgt, also vor allen Dingen auch im Projektgeschäft ist es ja auch so, dass man eben Projekte ungern aufgibt, weil man schon so viel Energie reingesteckt hat, aber das halte ich tatsächlich für falsch, und wie können wir unsere Energie und Ressourcen besser einsetzen dass wir, dass wir, ja glücklicher leben können, auch entspannter arbeiten können.
Götz Müller: Ich möchte jetzt, so ein bisschen gegen Ende schon fast, möchte ich noch einen Punkt noch mal aufgreifen, von dem ich finde, dass er, unter der großen Überschrift Entscheidungen und Entscheidungsprozesse, auch eine ziemlich wichtige Rolle spielt, nämlich die Verantwortung. In meinem Kontext differenziere ich da ganz gerne eben zwischen der zwischen der Durchführungsverantwortung und der Ergebnisverantwortung und ich glaube auch das klar zu haben, das heißt jetzt nicht notwendigerweise, dass es zwei verschiedene Personen sind, aber einfach mal diesen Unterschied klar zu haben, dass es ihn gibt, dass ich mit beidem auch umgehen muss. Das ist, finde ich persönlich, auch ein ganz wichtiger Aspekt unter der Überschrift Entscheidungsprozesse.
Franziska Köppe: Da bin ich absolut bei dir. Also Ergebnisverantwortung heißt für mich, wozu dient es uns als Unternehmen, also warum macht man das. Und die Ausführungsverantwortung ist für mich dieses „Wie machen wir das?“: Welche Rahmenbedingungen geben wir uns, um die Chancen so groß wie möglich so machen, dass wir unser Geld zurückbekommen und idealerweise natürlich nicht nur Null-Null, sondern mehr als Null. Und das finde ich unglaublich wichtig und ich bin bei dir, dass man das auch lernen muss zu unterscheiden und als wir in einem anderen Kontext uns darüber unterhalten, sind wir ja zum Beispiel zu Delegation Poker mal gekommen. Das ist für mich eine Möglichkeit, also ein spielerischer Weg, um zu lernen, den Entscheidungsprozess, die Kommunikationskultur von der eigentlichen, also im inhaltlichen Sinne, der inhaltlichen Entscheidung, abzugrenzen. Delegation Poker gibt mir die Möglichkeit, darüber nachzudenken, wer entscheidet was wozu. Das ist sozusagen die Metaebene der Entscheidung. Und dann kann ich, wenn einmal klar ist, wer entscheidet was wozu, dann kann ich hergehen und das auch ein Stück weit von der Person, die man dadurch gemeinsam beschlossen ha, die dafür für Ergebnis und Ausführung verantwortlich ist, dann auch einzufordern.
Götz Müller: Ja und eben, glaube ich, das, was wir ja vorhin kurz erwähnt hatten, wo ich ein bisschen die kritische Fragen in den Raum geworfen habe, dieses „Ah, mein Unternehmen ist kein Sandkasten.“, das dann plötzlich doch zu machen. Also ich kenne das Delegation Poker auch. Ich finde es unheimlich spannend und zwar noch viel spannender als das Karten auf den Tisch legen, finde ich den Austausch hinterher, also die Gedankengänge der Beteiligten zu erkennen und das finde ich dann auch das Spannende, weil da habe ich dann wirklich diese Lernchance in einem Sandkasten von anderen, die vielleicht ein paar Jahre mehr Erfahrung haben oder ein paar Haare weniger auf dem Kopf von denen was zu lernen, weil ich glaube persönlich, eine Führungskraft oder ein Unternehmer in den aller seltensten Fällen wird er dazu geboren, sondern er entwickelt sich dorthin oder sie natürlich auch.
Franziska Köppe: Absolut. Da bin ich bei dir. Und ich finde an der Stelle wirklich auch interessant, also das ist so eine Kante zwischen konventioneller BWL und sinnvolle Wirtschaften, wie ich unser neues Modell nenne. Die konventionelle BWL erwartet Entscheidungen hauptsächlich von der Führungsspitze und das geht dann in Kaskaden nach unten. Da gibt es dann natürlich Abstufungen, Matrixorganisation und so weiter, brauche ich nicht aufzählen, das wissen die Hörer auch, das setze ich jetzt mal voraus, und da ist meistens dann auch eine Trennung zwischen Ergebnisverantwortung und Ausführungsverantwortung. Die Führungsspitze ist sozusagen für die Unternehmensergebnisse zuständig und ich finde auch wichtig, gerade im unternehmerischen Kontext, Entscheidung haben für mich auch ein Ziel. Deswegen tue ich mich auch mit dem Wort Sandkasten an der Stelle auch ein bisschen schwer. Auf der anderen Seite ist aber in unserem Denken und in unserem Welt- und Menschenbild die Vorstellung, dass wir Zukunft eben nicht planen können oder nur bedingt planen können, gerade wenn vielleicht uns noch nicht mal die Frage bekannt ist, die wir uns stellen müssen, wenn sich Umgebungsbedingungen der Kontext, in dem wir entscheiden kontinuierlich und sehr dynamisch ändert, wenn wir ständig mit irgendwelchen Neuerungen rechnen müssen, und das ist ja gerade in der Automotive-Industrie super spannend zu beobachten, wie sich Mobilität gerade in der Gesellschaft verändert, von neuen Marktbegleitern, die plötzlich aus einer ganz anderen Richtung, aus der IT, in das große Thema Mobilität reinwachsen, wo sich Technologie ändert. Da rede ich von Leichtbau, da rede ich von Elekromobilität, wo sich gerade technologisch, also das, was ich heute gelernt habe, womit ich heute als Firma auseinandersetze, kann in drei Jahren schon völlig überholt sein, weil sich das gerade so extrem schnell alles verändert. Und dieses Gesamtgefüge, die Automobilindustrie, wie sie mit ihren Zulieferern aufgebaut ist, das ist ja jetzt auch gerade in einem riesigen Umbruch und von daher glaube ich, dass uns diese alte, die konventionelle BWL nicht mehr weiterhilft, sondern, dass wir neue Wege finden müssen und wir nennen das wetten statt planen. Und Wette meine ich jetzt nicht im Sinne von zocken, sondern auch ganz ehrlich und offen mit den Ängsten der Zukunft umzugehen, das zu thematisieren, sich dafür auch Zeit zu nehmen in der Firma, sich mit Szenarien auseinanderzusetzen und zu sagen „Ok, auf welches Szenario setzen wir denn unser Geld?“ und dann meine ich das Engagement der Mitarbeiter, die viele Arbeit, die sie in Projekte reinstecken, aber auch eben die Kosten, das Geld, was wir da investieren sowohl in Budgets als auch an Personal, sozusagen, wo jeder sein Gehalt haben will und aber auch eben Zeit, also wo setzen wir die Prioritäten als Firma.
Götz Müller: Und ich glaube eben auch als Teil, und so ein bisschen zum Abschluss, als Teil des Entscheidungsprozess, und wenn ich so noch mal drüber nachdenke, das war auch in unseren zwei vergangenen Episoden ein ganz wichtiges Element, das man gar nicht stark genug betonen kann, immer wieder drüber nachzudenken, also immer wieder zu reflektieren, auf der berühmten Metaebene: Was entscheide ich denn jetzt gerade und wer entscheidet und wie entscheide ich und wozu entscheide ich? Also immer wieder es zu hinterfragen und die Antwort selber ist auch wichtig, ja, aber im Grunde genauso wichtig ist der Weg dorthin.
Franziska Köppe: Ja. und ich glaube halt, also gerade, wir reden ja hier auch über diesen KVP und Lean-Kontext, wenn ich mir jetzt so deinen Gesamt-Podcast mir angucke, ich finde, dass gerade diese Community da sehr viel an Grundüberzeugungen schon mitbringt. Ich denke, wir brauchen diese gute Balance zwischen Stabilität des Systems, dass ich mich auf gewisse Dinge verlassen kann, und ich glaube, da hilft halt zum Beispiel wirklich eine Vision von der Firma: Wofür steht die Firma? Wozu gibt es uns? Was ist der Wert, den wir einbringen? Ich habe beispielsweise mal in einem Unternehmen gearbeitet, die Sicherheitstechnik für Maschinen und Anlagen gemacht haben und sie haben über sieben Jahre gemeinsam mit den Mitarbeitern weltweit eben das Bild entwickelt, dass wir Botschafter für Sicherheit sind. Und das war sozusagen die Vision und daraus ließen sich dann vom Mitarbeiter auch auf der einzelnen Ebene seine Aufgaben abarbeiten, weil er sich eben immer wieder daran messen konnte, bin ich an der Stelle jetzt als Botschafter für Sicherheit unterwegs oder bin ich jetzt plötzlich wo ganz anders unterwegs. Und das sind Hilfestellungen, die einem dann im Tagesgeschäft, auf der Alltagsebene, helfen und ich glaube, das ist das, was sich verändern muss in der neuen Rolle bei Entscheidungen, wo auch jeder Mitarbeiter wirklich gefragt ist und dass es nicht nur ein Gimmick ist, was ich denen einmal im Jahr zur Verfügung stellt, sie zu befragen aber letztendlich doch was anderes mache als sie mir dann sagen, sondern dass ich wirklich erkenne, wir haben ein riesiges Potential an Mitarbeitern mit einer unglaublichen Schwarmintelligenz und es ist interessant, uns Stabilität zu geben, als Firma zusammenzuwachse, auch menschlich und gleichzeitig eben auch im Kleinen wieder ganz viel Experimentierfreude neben dieser Null-Fehler-Toleranz, hohen Produktivität, Effizienz zuzulassen und diese Spannungsfelder, die sich aus diesen beiden Extremen ergeben auch wirklich auszuhalten.
Götz Müller: Und eben, um wieder auf den Punkt zu kommen, dass ich halt wegkomme vom Mikromanagement, sondern eben Entscheidungen dorthin delegiere, oder auch wieder Metaebene, wo ich sie wirklich brauche.
Franziska Köppe: Absolut. Da bin ich völlig bei dir und ich finde es auch ganz arg wichtig, also das Erste, woran man es dann festmachen kann, ist diese Besprechung jetzt wirklich notwendig. Brauchen wir das? Oder gibt es eine anderes Kommunikationsform, die uns die digitale Transformation ermöglicht um zum Beispiel Informationen zu transportieren? Und dass wir uns nur dann treffen, wenn wir wirklich miteinander reden müssen und damit meine ich nicht nur dieses sehr effizienzgetriebene Besprechungsthema, wo man sich nur dann, wenn es einen diesen Nutzen hat und auch wirtschaftlich nachweisbar ist, da kommen ja dann viele dann auch mit KIs um die Ecke, sondern dass eine Besprechung auch zum sozialen Kit einer Firma dienen kann und dann setze ich sie aber vielleicht in den Kontext eines, keine Ahnung, einer gemeinsamen Kaffeepause oder, ich liebe ja auch Gespräche im Grünen, ich nenne die auch Gehspräche, mit H geschrieben, wo man einen gemeinsamen Spaziergang machst und auf gewissen Dingen vielleicht mal drauf rumdenkt oder auch nicht und einfach sagt „Wir verbringen jetzt einfach mal gemeinsam Zeit und ich will dich als Mensch, als Kollege, besser verstehen und dir zu hören, um dich zu verstehen.“, auch das ist für mich Teil des Entscheidungsprozesses, ein Teil des Muskels, den ich trainiere.
Götz Müller: Ja. Und ich denke auch, an der Stelle noch mal eine Metapher, das mit dem Sport, Training, wie du es gerade angedeutet hast, ist eine Sache, mit der ich nicht aufhöre, also auch da immer kontinuierlich daran zu arbeiten.
Franziska Köppe: Ja. Und ich glaube, viele Firmen beschäftigen sich auch zu sehr mit sich selbst. Ich glaube, was uns sehr viel Stress aus Firmen rausnimmt, ist eben auch wirklich zu hinterfragen, brauchen wir diese Besprechung, brauchen wir diese Abstimmung, oder also was mir da hilft, ist zum Beispiel zu sagen, auf der Arbeitsebene sollen die Menschen möglichst autonomen und frei gestalten und das erwarte ich auch von ihnen, also das fordere ich ein und wenn sie es noch nicht können, weil sie vielleicht in einem anderen System aufgewachsen sind oder wir vielleicht auch als Firma lange anders gearbeitet haben, dann geht es darum gemeinsam Lösungen zu finden, wie sie es besser können und den Menschen auch diesen Veränderungsprozess zuzugestehen. Das ist schon anspruchsvoll. Und gleichzeitig auf der anderen Seite eben, je mehr Menschen betroffen sind von der Entscheidung, eben auch wirklich mehr Menschen in Entscheidungsprozesse einzuladen auf freiwilliger Basis und dann eben nach klugen Entscheidungsmethoden zu suchen, die das möglichen. Also nicht den Konsens, wo alle einer Meinung sein müssen und sich auf eine Sache einigen müssen, anzustreben, sondern den Konsent, hinten mit T geschrieben, der bedeutet „Ok, wir beschäftigen uns mit den guten Pro-Argumenten, wir beschäftigen uns mit den guten Contra-Argumenten und wir suchen nach Wegen, die beiden miteinander zu vereinen und nach Lösungen zu suchen, bis keiner mehr Veto einlegt. Also es geht nicht mehr darum, dass alle zustimmen, sondern es geht darum, dass es kein Veto gibt, was die Sache ausschließt. Und da gibt es Soziokratie beispielsweise. Es gibt auch Elemente der Holakratie, die auf der Soziokratie aufbaut oder andere unternehmensdemokratische Methoden, demokratische Methoden, die mir helfen kluge Entscheidungen in der Firma, auch in großen Gruppen, zu treffen.
Götz Müller: Was dann eben auch zum Schluss dadurch gelingt, dass ich nicht mehr jede Entscheidung als Unternehmer, als Führungskraft, selber treffen muss, sondern mich viel mehr darauf konzentrieren kann, den geeigneten Rahmen zu schaffen.
Franziska Köppe: Richtig, richtig. Und das ist ein neues Rollenverständnis von Führung.
Götz Müller: Gut, Franziska. Ich danke dir für deine Zeit.
Franziska Köppe:Ich bedanke mich.
Götz Müller: Da waren wieder einige spannende Aspekte drin. Ich sage immer, ich lerne am meisten von meinen Gesprächspartnern. Andere Sichtweisen erweitern den Horizont.
Franziska Köppe: Und mir geht es so, durch deine Fragen habe ich sehr viel reflektiert über das, wie ich es eigentlich sehe und da was mir daran wichtig ist. Also auch dir an der Stelle großen Dank, weil es mich ja halt auch weiterbringt, klarer zu werden in dem, wofür ich stehe und ich würde mich freuen, wenn es die Zuhörer inspiriert und sie auf Ideen gekommen sind, sie Alternativen erkennen vielleicht zu dem, wie sie es heute machen und da vielleicht auch mutiger werden, Sachen auszuprobieren.
Götz Müller: Da bin ich mir sicher. Also noch mal vielen Dank.
Franziska Köppe: Gern.
Das war die heutige Episode im Gespräch mit Franziska Köppe zum Thema Entscheidungsprozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 149.
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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.