Kaizen 2 go 301 : Psychologische Sicherheit und Resilienz im Lean-Kontext


 

Inhalt der Episode:

  • Was ist die allgemeine Herkunft der beiden Begriffe?
  • Was waren die Hintergründe, sich im allgemeinen damit zu beschäftigen?
  • Wie entsteht im allgemeinen psychologische Sicherheit und Resilienz?
  • Welchen Nutzen zieht wer daraus?
  • Woraus ist der Impuls zur Anwendung im Lean-Kontext entstanden?
  • Wie sieht die Ausprägung dann dort aus?
  • Wie erkennt man die fehlende oder mangelnde Ausprägung, speziell im Lean-Kontext?
  • Was ist der erste Ansatzpunkt zur Verbesserung?
  • Was kann man als einzelne(r) (Führungskraft) tun, um die psychologische Sicherheit und die Resilienz zu verbessern?
    Wie kann man damit starten?

Notizen zur Episode:


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Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.

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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 301 : Psychologische Sicherheit und Resilienz im Lean-Kontext

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Katja Maas bei mir im Podcast-Gespräch. Sie ist Ingenieurskollegin, auch Elektrotechnik und begeistert sich für die Mischung aus Psychologie und Technik. Hallo Katja.

Katja Maas: Hallo Götz, Ich freue mich sehr, dass du mich eingeladen hast. Vielen Dank.

Götz Müller: Ja, und ich freue mich, dass du heute dabei bist. Ich habe schon ein kurzes Stichwort zu dir gesagt, aber stell dich gerne nochmal in ein paar Sätzen den Zuhörern vor.

Katja Maas: Ja, ich bin Katja Maas. Ich bin Trainerin und Beraterin bei der PTA. Das ist die Praxis für teamorientierte Arbeitsgestaltung. Wir sitzen in Köln und in Herford. Die PTA, das sind die Transformationsdesigner. Wir beschäftigen uns seit 30 Jahren mit Veränderungen von Menschen und Unternehmen. Wir sind also Experten für Transformation. Wir gestalten mit Kunden zusammen, was sie erfolgreich macht für die Zukunft und es braucht dafür passende Strukturen. Es braucht Prozesse und Arbeitsweisen und natürlich geht, Götz, braucht es Menschen, die gesund sind und die sich mit ihren Stärken einbringen können? Jetzt könnten wir schon links abbiegen zur psychologischen Sicherheit, machen wir aber nicht, und manchmal braucht es halt auch mal einen guten Begleiter, wie uns, die PTA. Wir befähigen Leute und wir schaffen Veränderungsfähigkeit. Besonders, glaube ich, ist bei uns, dass es keine Blaupausen gibt oder feste Rezepte gibt, so vielleicht wie bei anderen Beratern, aber bei uns kannst du immer damit rechnen, wenn du von uns jemanden einlädst, dass er einen Korb voll hochwertiger Zutaten mitbringt, wenn ich das so im Küchen-Jargon sagen darf. Wir stellen ganz konsequent den Menschen in den Mittelpunkt, bei allem, was wir tun. Und wir machen Veränderungen erlebbar, und das ist auch das, was mich für meine Arbeit so sehr begeistert.

Götz Müller: Mhm. Ja und ich glaube auch und von daher passt das wunderbar, es ist, wie ich es einleitend gesagt habe, was du mir vorher eingeflüstert hattest, diese Mischung aus Psychologie und Technik, weil weder das eine ausschließlich noch das andere ausschließlich, würde die Themen, mit denen wir uns beide beschäftigen, voranbringen und vielleicht zum Einstieg, du hast im Grunde gerade auch schon das Stichwort gesagt, aber für die, die vielleicht die beiden Begriffe nicht kennen, wo kommen sie denn her, diese psychologische Sicherheit und die Resilienz?

Katja Maas: Genau. Das sind ja die beiden Themen, die wir heute genauer beleuchten und die wir dann im Anschluss in den Lean-Kontext stellen wollen. Und dann wirst du sehen, dass die wirklich, die gehören zusammen wie in einem Getriebe. Resilienz kommt eigentlich aus der Werkstoffkunde. Das heißt, sich unter Druck verformen und hinterher vollständig zurückfinden in die Ausgangsform. So kennst du es ja auch noch und es kommt aus dem Lateinischen und heißt zurückspringen und abprallen, die Engländer übersetzen es ganz wunderbar, resilience, mit Elastizität und Spannkraft. Und da sind wir eigentlich viel dichter dran an dem, was du drunter verstehen kannst, als wenn die Deutschen es mit Widerstandskraft übersetzen, weil da steckt schon so viel Reibung drin, die gar nicht gemeint ist. Also Resilienz, du stellst dir vor den Bambus, der sich bei Sturm hinlegt und hinterher wieder aufrichtet. Es ist also, wenn du das auf den Menschen beziehst, seine psychologische Widerstandsfähigkeit, die dich in die Lage versetzt, Krisen aller Art gut zu meistern. Krisen aller Art. Krise scheint ja im Moment so ein Dauerzustand zu sein. Und die Resilienz ist in einer Art und Weise auch, sie gibt dir Sicherheit durch die Fähigkeit, mit der du gut mit Unsicherheiten umgehen kannst. Das war zu kompliziert, oder? Sicherheit durch die Fähigkeit, mit Unsicherheiten gut umgehen zu können. Götz, es ist auch viel näher als aus der Werkstoffkunde eben abgeleitet. Es ist nicht nur das Bounce Back, also zurück in die Ausgangsform, sondern ich glaube 2022 können wir sogar sagen, es ist ein Stück bounce forward. Das ist der eine Begriff.

Götz Müller: Genau und da könnten wir in Anführungszeichen sagen, ja, ich nehme halt mal den Wortstamm und wende das auf irgendetwas an in Anführungszeichen, da werden wir uns sicher auch noch unterhalten. Psychologische Sicherheit mag einerseits einfacher, zumindest kein Fremdwort, sein, selbst wenn man mal die Psychologie nicht als Fremdwort betrachten, aber ich glaube, in der Kombination sollten wir mal drüber gesprochen haben, was denn dahintersteckt.

Katja Maas: Ja, unbedingt. Und das ist eigentlich so schade, dass das Ding psychologische Sicherheit heißt, weil ich immer noch glaube, dass viele Techniker oder technikversierte schon mit dem Anfang „psychologische“ schon irgendwie die Ohren zumachen und das ist total schade. Die psychologische Sicherheit ist der wichtigste Faktor in der Team-Resilienz. Und vielleicht kennst du das Projekt Aristoteles von Google. Die haben mal 5 Jahre lang eine Studie gemacht, wo sie untersucht haben, was gute Teams ausmacht und da ist psychologische Sicherheit mit Abstand die wichtigste Schlüssel-Dynamik. Was aber noch nicht erklärt, was es ist. Es ist ein Merkmal deines Arbeitsplatzes, ein Merkmal der Atmosphäre, in der du arbeitest, in der du dich als Mitarbeiter angstfrei ausdrücken kannst und du ganz du selber sein kannst. Eigentlich ist es ganz simpel. Es ist also kein Unterscheidungsmerkmal zwischen deiner Persönlichkeit und meiner Persönlichkeit. Es ist auch nicht das Gleiche wie Vertrauen, weil das findet ja nur zwischen uns beiden statt und es ist heißt auch nicht, immer nett zu sein, sondern angstfrei sich an seinem Arbeitsplatz äußern und auch arbeiten zu können.

Götz Müller: Ja, also ich kenne die Google Studie auch, zumindest das, was man darüber erzählt, ich kann nicht für mich in Anspruch nehmen, dass ich sie gelesen habe, aber das, was ich darüber gehört habe, fand ich sehr spannend und ich hatte dann auch so ein bisschen, wo es mir das erste Mal begegnet ist, dann ist es ja so ein Aufmerksamkeitstrigger, wo man plötzlich überall in Anführungszeichen, psychologische Sicherheit, den Begriff aufschnappt. Und jetzt aber nochmal die Frage auch an dich, obwohl ich mir ein Stück weit die Antwort vorstellen kann, was waren für dich, für euch Hintergründe, sich überhaupt mit dem Thema zu beschäftigen, weil ich glaube, da kommt dann nochmal deutlicher raus, dass da in Anführungszeichen ganz, ganz viel eben dahintersteckt.

Katja Maas: Ich habe Ende 2020 und Anfang 2021 eine Ausbildung zum Resilienz-Trainer gemacht? Ich muss so ein bisschen gendern ne also ich habe eine Ausbildung zur Resilienztrainerin gemacht, und da ging es um individuelle Resilienz, ein großer Bereich, dann ging es um organisationale Resilienz. Götz, da gibt es sogar eine ISO-Norm, wusstest du das? 22316, musst du heute Abend noch lesen. Und dann ging es und da packte es mich dann, dann ging es um Team-Resilienz und dort tauchte psychologische Sicherheit auf und auch ich dachte, okay, jetzt hat mich die Psychologie hier irgendwie doch erwischt und dann habe ich das Buch von Amy Edmondson in die Hände bekommen „Die angstfreie Organisation“ und ab da hat es mich total gepackt, weil ich verstanden habe, dass es nicht genug ist, einfach nur talentierte Mitarbeiter einzustellen, sondern du musst an deinem Arbeitsplatz dafür sorgen, dass sie auch gut zusammenarbeiten können. Ja, also so bin ich selber zu dem Thema gekommen und die PTA hat sich unheimlich gefreut, weil bei uns heißt es Zukunft, Mensch, Leistung. Vor allem Mensch im Zentrum, da passte das natürlich mitten rein.

Götz Müller: Wenn wir jetzt halt mal Lean drüber, drunter, daneben schreibt, dann gehört es ja dort auch dazu, also zumindest in meinem Verständnis, so Aspekte respect for people, da, finde ich, gehört Angstfreiheit und alles, was sich daraus ableitet, natürlich ganz zentral dazu und zwar nicht nur, wie du es gesagt hast oder wie du angedeutet hast, so ein bisschen immer nur nett zu sein, das kann durchaus auch herausfordernd sein, aber eben immer mit diesem respektvollen, positiven Hintergrund.

Katja Maas: Das finde ich total spannend, das du jetzt schon diesen Bogen schlägst, das ist aber bestimmt auch für die Hörer interessant, die sich ja hauptsächlich wegen Lean hier zuschalten. Bei Lean, wenn ich es ganz doll zusammenfasse, geht es ja um das bestmögliche Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Material. Und im Mittelpunkt stehen dabei ja immer die Fähigkeiten denken, lernen, kommunizieren. Das heißt, ich muss denken, lernen, kommunizieren auch zulassen und erlauben am Arbeitsplatz und wenn ich eines davon kleinhalte, aus welchen Gründen auch immer, dann funktioniert auch Lean nicht mehr.

Götz Müller: Genau. Ja, und im Grunde, meiner Ansicht nach, könnte man sogar sagen, es ist ganz profan eine Art von Selbstzweck, weil es geht ja um Veränderung. Veränderung kann in meinem persönlichen Weltbild nicht funktionieren, wenn ich nicht eine gewisse Fehlerkultur habe, also sprich, wenn ich bereit bin, wenn ich den Mut aufbringe, weil ich keine Angst habe, Fehler zu machen, weil wenn ich alles schon vorher weiß, wie es funktioniert, wenn ich es verändern will, dann bohre ich ja ein viel zu dünnes Brett. Das heißt, das gehört für mich persönlich zwingend zusammen, und wenn ich dann eben diesen Aspekt psychologische Sicherheit nicht habe, dann haben die Menschen keinen Mut, Vorschläge zu machen, von denen sie nicht wissen, wie es ausgeht.

Katja Maas: Und warum haben sie keinen Mut? Weil sie erfahren haben, dass es besser ist, den Mund zu halten, damit sie keinen auf den Deckel kriegen, oder? Und das hast du ja, du bist ja so konditioniert, Götz. Du hast ja schon in der Schule gelernt zwischenmenschliches Risiko total zu minimieren, ne, also das Risiko, Ablehnung oder Spott zu bekommen, das hast du doch schon in der ersten Klasse gelernt, wie das auf dem Schulhof läuft, oder? Und als du erwachsen wurdest, warst du dann Meister darin.

Götz Müller: Genau. Und für mich wird jetzt an der Stelle eben auch klar und das wäre so der nächste Punkt, über den ich mit dir reden will, ich mache es ja nicht zum Selbstzweck, also Lean hat immer seinen Zweck und es geht nicht darum, jetzt eben nur nett zu sein, sondern ich möchte ja schon Ergebnisse erzielen, sprich einen Nutzen daraus ziehen und das, glaube ich, ist meiner Ansicht nach eben auch so eine zentrale Botschaft Richtung Führungskräfte Kümmert euch auch um solche Aspekte. Es geht halt nicht bloß um Technik, weil ihr habt ja selber was davon, wenn eure Mitarbeiter sich psychologisch sicher fühlen und dann entsprechend bereit sind, eben mal eine Äußerung zu machen, von der sie nicht wissen, oder einen Versuch zu machen und darüber zu reden, von der sie eben nicht wissen, wie es ausgeht.

Katja Maas: Und ich höre sie schon sagen: Ja, was denn noch alles? Das kennst du doch auch, nicht Götz? Aber was sollen wir denn noch alles machen? Der Tag hat doch nur 10 Stunden. Ja genau, aber was ist denn der Nutzen? Wenn du effektive und effiziente Teamarbeit möchtest, dann kümmerst du dich um psychologische Sicherheit. Wenn ein Erfolgsfaktor in deinem Unternehmen Zusammenarbeit und Lernen ist, wo ist es das nicht? Auch dieses Wissen teilen und lernen voneinander, das ist also zum einen psychologische Sicherheit, zum anderen steckt es aber auch in der organisationalen Resilienz direkt mit drin. Wenn du nicht willst, dass deine Leute einfach nur zur Arbeit kommen und machen, was ihnen gesagt wird, da gibt es ja viele und, ja, es gibt so viel, was ich dir da sagen könnte, also du merkst es zum Beispiel, wenn du als Führungskraft nur noch positive Nachrichten überbracht bekommst oder wenn du den Verdacht hast, dass deine Mitarbeiter ihre Gedanken, Fragen, Ideen, kritischen Bemerkungen für sich behalten, dann ist Zeit. Wenn Fehler langsam oder gar nicht kommuniziert werden, besser nicht drüber reden, vielleicht merkt es ja keiner, wenn du hauptsächlich mit Notlösungen in deiner Firma arbeitest, statt wirksam Prozesse zu verbessern. Also wenn ich immer nur das Isolierband draufmache und es dann bis zur nächsten Schicht gerade noch so geht, ja, statt neu etwas auszuprobieren oder einfach mal die Experten an der Anlage zu fragen, die da ja seit 20 oder 30 Jahren stehen und einfach mal zuhören, was die zu sagen haben.

Götz Müller: Ja, und öfter kommt dann mal die Antwort oder eine Aussage „Uns fragt ja keiner“, ich vermute mal, die hast du auch schon gehört.

Katja Maas: „Uns fragt ja keiner.“ und wenn dann einer fragt, dann kommt als nächstes „Uns hört keiner zu.“, das heißt dann so viel wie „Uns nimmt keiner ernst.“ und du merkst du merkst an der Stelle, wie tief du jetzt schon in der Unternehmenskultur drinsteckst. Um das zu ändern, wie oft musst du dich als Führungskraft dahinstellen und zu hören, bis das zu einer neuen Routine geworden ist, auch für beide Seiten.

Götz Müller: Ja, ja. Natürlich, natürlich und ich glaube, das ist, also ich könnte mir durchaus vorstellen, weil mir die Frage ausgesprochen oder unausgesprochen auch immer wieder begegnet, oft in dem Kontext, wie du es vorhin ausgedrückt hast, „Was sollen wir denn noch alles machen?“, also ich höre dann da, sagen wir mal, eine gewisse Hilflosigkeit raus, einerseits weil es halt einfach viel ist, um das man sich auch noch kümmern muss und aber eben andererseits eine gewisse, vielleicht Hilflosigkeit, im Sinne von, ich weiß nicht, was ich da jetzt machen soll und das wäre für mich so die nächste Frage, deine Empfehlungen, wie entsteht denn psychologische Sicherheit. Ich meine, was, glaube ich, nicht funktioniert ist, wenn ich jetzt als Führungskraft, vor mein Team oder wie auch immer man das, vor meine Mannschaft oder Frauschaft oder so hinstelle und sage „Hey, jetzt seid halt mal psychologisch sicher“ oder ich, der Held, gebe euch die psychologische Sicherheit, da kann ich Rumpelstilzchen machen, so entsteht es, glaube ich, nicht.

Katja Maas: Jetzt muss ich ganz doll schmunzeln und stelle mir vor, wie Götz Müller das Rumpelstilzchen macht. Psychologische Sicherheit entsteht, wenn Menschen das Gefühl haben, dass der Arbeitsplatz ein Ort ist, wo sie sich äußern können, wo sie ihre Ideen einbringen können, ohne Ängste, also ohne Angst, einen blöden Spruch zu kassieren, beschämt zu werden. Und das muss ich, das ist eine Atmosphäre, die ich als Führungskraft erzeuge. Da bin ich als Führungskraft verantwortlich und Vorbild, dies zu erzeugen.

Götz Müller: Und zwar ich glaube eben, sowohl, was die eigenen Äußerungen angeht, aber eben halt auch, und das natürlich sicher primär, weil ich bin nun mal die Führungskraft und gucke so ein bisschen raus aus der Menge und werde vielleicht stärker beobachtet, wie der ein oder andere Kollege, also unter den Gleichen, aber ich glaube, ich muss auch ein bisschen gucken, was passiert denn im Extremfall, wenn ich nicht dabei bin, gehen die sich an die Gurgel sprichwörtlich oder auch nur verbal, kommunikativ und gegebenenfalls dann halt mal jemanden auf die Seite nehmen und sagen: „Das war jetzt nicht unbedingt der beste Spruch.“

Katja Maas: Mhm, mhm. Und du lebst als Führungskraft natürlich die Kernaspekte der psychologischen Sicherheit, die lebst du vor, ehrlich sein, dich verletzlich zeigen in deiner Kommunikation und vor allem auch im Informationsfluss und auch selber mal sagen: „Ich habe hier einen Fehler gemacht.“ Also diese Aufrichtigkeit. „Ich habe in SAP in einer Zelle was eingegeben, da ist alles abgestürzt.“ So etwas, also gerade dieses Beispiel, ich habe mal eine ganze Weile eine Abteilungsleiterin begleitet im Coaching, die sagt, ich bin ganz neu, ich habe im Team-Gespräch einfach jede Woche die Gelegenheit benutzt mal von solchen Dingen zu erzählen, die mir in der letzten Woche nicht gelungen sind, mit einem Augenzwinkern, sagt sie. Und sie war sehr erstaunt, dass nach drei, vier Wochen die Mitarbeiter auch damit angefangen habe. Ja, wie toll, oder?

Götz Müller: Ja oder eben um Hilfe zu fragen, so nach dem Motto, „Ich weiß auch nicht alles, ich bin halt nicht der Superheld, der sich für super hält“, sondern eben einzugestehen, dass man Dinge nicht weiß und dass eventuell, und ich glaube, da schließt sich auch der Bogen zu dem, was wir eben schon hatten, die Menschen vor Ort einbeziehen, weil ganz vielen Fällen, die eben besser wissen, um was es geht.

Katja Maas: Ja, aber da bist du an einer ganz schwierigen Stelle. Wie werden denn immer noch Führungskräfte in Deutschland zur Führungskraft? Sie waren mal Beste in ihrem Fach, und deswegen sind sie Führungskraft geworden, da wurde gar nicht so sehr nach dem Führungstalent geguckt. Und jetzt zu sagen, ich weiß auch nicht alles und mein Hauptjob ist es hier, die Mannschaft zu führen, das ist eine ganz schwierige Stelle, finde ich.

Götz Müller: Ja, und das ist der Punkt, da zitiere ich immer einen früheren CEO, wo ich mal gearbeitet habe, der sagte, und das gilt im Grunde für alles, und auch für diese Geschichten: „What brought us here will not keep us here.“ Also was mich eben zur Führungskraft gemacht hat, das wird mich langfristig dort nicht halten, weil nämlich dann andere Dinge wichtig werden, weil halt nicht diese fachliche Leistung, wie du es gerade gesagt hast, kenne ich von mir selber, weil es das ist, was mich zur Führungskraft macht, aber das hält mich dann dort nicht.

Katja Maas: Ja, das ist ganz spannend und was mich an der Stelle halt immer auch fasziniert, ist wie diese Dinge zusammenhängen. Also du brauchst psychologische Sicherheit, um im Team denken, lernen und kommunizieren zu ermöglichen und wenn du das tust, bist du schon ganz tief drin in Lean, ganz tief. Also Lean und Resilienz und wenn du jetzt sagst Resilienz ist Stabilität und Flexibilität so wie wir es anfangs beschrieben haben, dann bist du auch bei Agilität. Und wenn du bei Agilität bist, dann kannst du auch sagen, du bist ganz dicht dran an New Work, Anpassungsfähigkeit, nach Flexibilität streben, da bist du genau an der Stelle. Das ist, ja, das ist tatsächlich wie so ein Getriebekasten. Hast du das eine nicht, bleibt alles andere stehen.

Götz Müller: Ja, und ich glaube, das ist dann auch das, wo im Grunde ja einerseits die Unternehmen, so abstrakt sich das jetzt anhören mag, die Unternehmen, natürlich auch ständig rufen: Wir brauchen flexible Mitarbeiter, wir brauchen agile Mitarbeiter, wir brauchen eine agile Organisation, die sich schnell auf Veränderungen einstellen kann. Aber es entsteht halt dummerweise nicht von alleine.

Katja Maas: Aber wie stabil und widerstandsfähig muss ich sein und mit meinen Füßen auf dem Boden fest verankert, damit ich mich oben maximal flexibel in alle Richtungen bewegen kann? Jetzt stell dich mal auf einem Bein und dann fang mal an, mit den Armen zu wedeln. Also du musst unten schon sehr stabil stehen, um oben flexibel, agil agieren zu können.

Götz Müller: Mhm. Gut, ich möchte es noch ein bisschen vertiefen, weil ich mir vorstellen kann, dass noch nicht jeder es greifen kann, ich es mal ausdrücken im Sinne von, ja, wie mache ich es denn jetzt im Tagesgeschäft und ich glaube natürlich auch, dass das eine extrem schwierige Frage ist, weil es halt an der Stelle sicher so ein paar Faustregeln könnten wir es vielleicht nennen, aber es gibt nicht so dieses hundert Prozent Kochrezept, also dieses Kochrezept mit 100% Gelinggarantie, so nach dem Motto „Rühr so viel Mehl, Zucker und Wasser und Eier zusammen, so und so lang“ und dann klappt es schon, so, glaube ich, so mechanistisch auch, weil wir reden über Menschen, ist es halt dann leider eben doch nicht.

Katja Maas: Ich könnte mir vorstellen, dass wir so eine Art Methodenkoffer zusammenstellen können, wie psychologische Sicherheit gelingen kann, Gelinggarantie, ich mache da gleich ein bisschen Werbung. Also der frühere Bezugsrahmen für Führungskräfte war, so wie du es eben schon angesprochen hast, die Führungskraft kennt die Antworten und neu wäre jetzt, den Anstoß zu geben, die Richtung vorzugeben. Der gewohnte Bezugsrahmen war Anweisungen zu geben. Neu wäre jetzt zu Input einzuladen, also nach Erfahrungen zu fragen, nach eigenen Meinungen zu fragen, nach Bedenken zu fragen. Fragt doch mal: Haben Sie bedenken? Haben Sie so etwas schon mal erlebt? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Haben Sie Bedenken? Und dann genau zuzuhören. Ist natürlich schwierig, vor allem der Zwiespalt zwischen Führungskraft bewertet die Leistung der Mitarbeiter und soll gleichzeitig die Voraussetzung zum kontinuierlichen Lernen schaffen. Ist schon schwer, ne, der Spagat.

Götz Müller: Ja klar, aber dafür bin ich halt Führungskraft und dafür, ja, das mag jetzt sich ein bisschen appellhaft anhören, dafür kriege ich auch den ein oder anderen Euro mehr aufs Konto und es hat ja keiner gesagt, dass Führungskraft sein ein Spaziergang ist.

Katja Maas: Ja, und wir kommen aus einer Welt, wo die Führungskraft die Antworten kennt und die Autorität darüber hat, die Arbeit zu bewerten. Und in dieser Welt weiß, und die kenne ich ganz genau, ich habe ’93 angefangen zu arbeiten, in dieser Welt war es durchaus sinnvoll, Respekt oder sogar Angst, je nach Typ, vor dem Chef zu haben und sich genau zu überlegen, was man wann sagt oder ich vermute, wir sind ähnlich alt, du kennst vermutlich noch, morgens rein bei der Sekretärin und fragen: Wie ist er denn heute drauf? Und gemeint ist der Chef. Ja, ja, und dann überlegst du dir, ich bräuchte hier noch Geld oder ich habe hier noch Fragen zum Projekt, dann besser heute nicht. Und da, also psychologische Sicherheit, du sagtest es ja eben, es ist so wenig greifbar, aber es ist genau dieser Moment. Wie ist er heute drauf? Okay, ich sage es besser nicht. Du sitzt in einem Meeting. Wie ist die Stimmung? Und du überlegst dir zweimal, sage ich etwas Kritisches, platziere ich heute eine gute Idee oder überhaupt eine Idee, vielleicht ist es ja auch eine blöde Idee, oder lass ich's besser? Überhaupt dieses Wort blöde Ideen. Blöde Fragen und blöde Ideen, gibt’s es das überhaupt, Götz?

Götz Müller: Ja gut, da gibt es den abgegriffenen Spruch, im Sinne von dumme Fragen gibt es nicht, höchstens die, die nie gestellt wurden.

Katja Maas: Ja, gut. Gut.

Götz Müller: Trifft es aber glaube ich eben schon ganz, ganz wichtig. Ich meine, das ist dann der Punkt, wo ich immer sage, darin bin ich Fachmann, dumme Fragen zu stellen und egal, ich sage dann immer im zweiten Schritt noch hinterher, und egal, wie gut Sie, also irgendjemand anderes, mit dem ich jetzt gerade spreche, das Thema beherrschen, so dumme Fragen wie die, die ich stellen kann, kriegen Sie nie hin.

Katja Maas: Mhm.

Götz Müller: Und ich glaube, wir kennen dann meistens auch oder nicht meistens nicht, aber manchmal, die Antwort, die dann kommt, so dieses „Haben wir schon immer so gemacht“. Und das ist aber dann auch ebenso ein Punkt und ich glaube, da muss man sich darüber im Klaren sein und allein das Reflektieren als Führungskraft darüber, dass ich eben selber nicht alles weiß und dass ich dieses Verhalten seitens Mitarbeitern habe und dass ich selber aus der Nummer halt nicht rauskomme, ich kann ja nicht diesen Hut absetzen und ich könnte mir vorstellen, du hast das auch schon erlebt, was auch immer für Workshops, wo halt eine Führungskraft dabei war, egal wer noch dabei war und mit den besten Intentionen, da spreche ich niemandem ab, dann die Aussage kommt: Heut sind wir alle gleich.

Katja Maas: Ja, ja und es ist doch heisenbergsche Unschärfe im Moment, wo er den Raum betritt, verzerrt er schon die Atmosphäre. Lass uns noch mal zurückgehen zu dem Werkzeugkoffer. Werkzeugkoffer für Führungskräfte, für psychologische Sicherheit. Also der Punkt 1 wäre: Schaffe die richtigen Voraussetzungen. Also gib der Arbeit einen guten Bezugsrahmen. Das Zweite wäre: Lade ein zur Teilnahme. Gib deine Schwächen zu, dein eigenes Nicht-Wissen, sei ansprechbar, zugänglich, forsche nach, sei proaktiv an der Stelle. Und das Dritte an deinem Klappmesser wäre: Wie reagierst du denn produktiv auf Ideen, auf Kommentare, also dieses reflexartige „Ach, das geht nicht, das haben wir schon mal gemacht“ oder so, weißt du, dieses unkontrollierte Abbügeln. Es ist auch gar nicht böse gemeint, es ist vielleicht, es passt gerade nicht. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, aber dein Mitarbeiter merkt sich das.

Götz Müller: Unter Umständen verdammt lange.

Katja Maas: Ja, ja. Absichtsvolles Zuhören ist, glaube ich, da ein guter Begriff. Absichtsvolles Zuhören, ja. Kommt eine Idee, heißt es „Danke fürs Mitdenken“.

Götz Müller: Ja, und ich kenne das sogar noch ein Stück weiter in dem Zusammenhang, absichtsvoll, aber erwartungslos manchmal auch und dieses Erwartungslos auch wirklich so zu äußern, nicht nur zu denken, weil das, was ich denke, in meinem Kopf guckt ja keiner rein.

Katja Maas: Ja. Oh, das ist gut.

Götz Müller: Und natürlich darf ich nicht erwarten, wenn ich das einmal gesagt habe, ja jetzt so nach dem Motto „Macht halt“, schon die Aussage an sich ist ja Blödsinn, aber dieses einmal geäußert haben kann eben unter Umständen, wie du es vorhin auch mal angedeutet hast, nicht Jahrzehnte eventuell von Konditionierung zurückdrehen und manchmal habe ich auch Erlebnisse, wo der eine, die einzelne Person, in dem Kontext gar nicht gar nicht mal seit Jahrzehnten unter Umständen unterwegs ist und trotzdem wird sie von unter Umständen einer langen Historie in diesem Unternehmen, einer längeren Historie wie der eigenen Firmenzugehörigkeit, manchmal ganz unbewusst, noch beeinflusst. Ich könnte mir vorstellen, dass du solche Situationen auch kennst, da kommst du in den Raum rein und da ist irgendwas.

Katja Maas: Ja, und ich habe inzwischen den Mut, das eine Weile zu beobachten und dann eine These zu starten und die auch mal auszusprechen. Und dann kann man immer noch gucken, was passiert. Ich habe ja als Trainerin da viel mehr Freiheiten als ein Mitarbeiter, der immer dort ist. Ich bin dann irgendwann wieder da raus aus dem Unternehmen, also kann ich auch mal sagen „Ich empfinde es gerade so als“ oder „Ich nehme gerade wahr, dass“.

Götz Müller: Ja, ich glaube, das ist auch und ohne dass wir jetzt uns unsere eigene Zunft der Berater überhöhen wollen, aber ich glaube, das ist auch ein Stück weit fast schon ein Angebot an jeden Einzelnen, das zu nutzen, diese Möglichkeit, die wir halt haben, die ein Firmenangehöriger von Ausnahmen abgesehen typischerweise eher halt nicht hat, dann uns mal vielleicht auf die Seite zu nehmen und auch mal etwas zu fragen unter dem Aspekt, weil wir manchmal halt schon ein bisschen mehr gesehen haben.

Katja Maas: Und der Anfang mit diesem Werkzeugkoffer wäre jetzt einfach mal loszuziehen und einfach mal sehr aufmerksam zu sein. Was sehe ich denn, wenn ich am Shopfloor Board stehe? Wer redet denn? Wo stehen die Leute? Wer redet eigentlich nicht?

Katja Maas: Das sind ja nicht die jungen, erfahrenen Mitarbeiter, die nicht reden. Wer steht denn so hinten, zweite und dritte Reihe? Ja, das sind mitunter höchst frustrierte Mitarbeiter, hoch erfahren, hoch frustriert.

Götz Müller: Ja, und das sind die Schätze, die halt untergehen, um es mal so auszudrücken, die da unter Wasser irgendwo vor sich hindümpeln im Extremfall.

Katja Maas: Ja, wie schade, wie schade. Und das sind mitunter auch die Mitarbeiter, die dann auf Dauer nicht die Widerstandsfähigkeit mitbringen und vielleicht irgendwann ausfallen. Und wie ersetze ich einen Mitarbeiter, der 25 Jahre Unternehmenserfahrung hat? Den kann ich ja, also den kann ich ja eigentlich gar nicht ersetzen. Das ist ja nicht wie jemand Neues eben einstellen. Wenn da jemand lange an einer Maschine gearbeitet hat und wie aus der Westentasche kennt.

Götz Müller: Der vielleicht Dinge hört, die jemand anders, oder spürt im Extremfall, die jemand anders, der das Ding halt nicht kennt, überhaupt nicht die Chance hat, das wahrzunehmen?

Katja Maas: Und du kannst auch beobachten als Führungskraft, wie werden denn bei dir im Unternehmen Entscheidungen gefällt? Auf welcher Ebene? Glaubt man immer noch, dass die Entscheidung besser wird, je höher die Hierarchieebene wird? Also, je mehr wir das eskalieren? Okay, wir bei PTA drehen jetzt die Pyramide schon auf den Kopf, aber je höher die Position ist im Unternehmen, wird umso besser eine Entscheidung? Oder sollte die Entscheidung nicht eher dort gefällt werden, wo das größte Wissen sitzt? Das ist schwer.

Götz Müller: Ja, ja und das bedarf auch, und das ist ein weiterer Spruch, den ich in dem Kontext kenne, des Loslassens und des manchmal eben auch zu Schweigens, und mit dem Nebensatz, zu schweigen, ohne zu platzen, vielleicht sogar im Extremfall und ich glaube, das ist das besonders Schwierige, vielleicht ist man wirklich halt an der Stelle, sogar im Extremfall den Tick besser und hat die Antwort schon, aber dann bringt es auch nichts, fürs Lernen oder eben auch für die psychologische Sicherheit, wenn ich jetzt halt mit der Antwort rausplatze und da kann ich definitiv nicht bloß einmal an die eigene Nase greifen.

Katja Maas: Ja, und ich würde diesen Satz gerne korrigieren. Wenn ich glaube, dass ich die Antwort habe, das würde ich gerne korrigieren: Wenn ich glaube, dass ich eine Antwort oder eine Lösung habe, was ich ja gar nicht weißt, ist, ob es vielleicht noch Varianten gibt und andere, möglicherweise bessere Lösungen gibt. Das weiß ich ja gar nicht und zwar so lange, wie ich rede, weiß ich es nicht. Erst, wenn ich den Mund zumache, kann ich ja etwas Neues erfahren.

Götz Müller: Ja, und im Extremfall, wenn ich halt weiterrede, werde ich es nie erfahren und das wäre so für mich also ein bisschen der Appell eben an die Führungskräfte.

Katja Maas: Ja, und das ist ganz wichtig, was du sagst. In welcher Reihenfolge gehst du denn vor? Sagst du erst als Führungskraft eine eigene Idee und fragst dann die Mitarbeiter? Wer sagt denn dann noch was? Nein, du musst dich, also du musst tatsächlich Impuls-Kontrolle ausüben, deine Idee zurückhalten und erst die Mitarbeiter fragen.

Götz Müller: Gut, vielleicht so ein bisschen zum Abschluss, einen Bogen schlagen, auch wenn da an vielen Stellen schon Antworten von dir drin waren, wenn jetzt, ich versetze mich in die hypothetische Situation einer Führungskraft, die jetzt vielleicht von diesem Begriff Psychologische Sicherheit das erste mal etwas hört und sagt, „Ah, coole Sache, könnte ich mal ausprobieren“ und jetzt so ein bisschen zum Abschluss eine Zusammenfassung oder ein, wie sieht denn ein Einstieg aus? Was kann ich denn tun? Was ich auf jeden Fall mache, ist den Buchtipp, den du ganz am Anfang gestellt hast, das nehme ich auf jeden Fall die Notizen rein. Ich könnte mir vorstellen, allein so etwas kann schon ein Einstieg sein. Jetzt ist aber nicht jeder so der super Leser, vielleicht, was wäre eine weitere Möglichkeit, von wahrscheinlich unheimlich vielen?

Katja Maas: Ich probiere mal ganz einfache Dinge aus, ich probier mal aus die Sätze: Ich weiß es nicht. Ich habe einen Fehler gemacht. Es tut mir leid. Wie kann ich dir helfen? Oder: Götz, was sind deine Bedenken? Und in dem Moment ändert sich etwas. Das ist ein, glaube ich, wirklich ein guter Bogen, den du da jetzt gespannt hast, die Theorie, was dahintersteckt, ein bisschen Historie, aber wo starte ich denn? Das ist wirklich, das ist wirklich ein wichtiger Punkt.

Götz Müller: Ja, das nehme ich auch mal wieder wahr. Letzten Endes auch bei mir selber, dass dieser Einstieg manchmal die größte Hürde ist und da kommt mir jetzt nochmal in den Sinn, weil auch das durchaus Äußerungen sind, die ich bekomme: „Ja, in dem Augenblick denke ich halt nicht dran, dass …“ Und das ist finde ich, wenn wir jetzt auch so auf so etwas, in Anführungszeichen, abgegriffenes wie die Toyota Kata zum Beispiel kommen und die Kärtchen und die 5 Fragen, das finde ich, ist der ganz große Wert, dass ich dieses Ding in der Tasche habe und selbst wenn ich jetzt an der einen Stelle halt die Hand gerade mal nicht in der Tasche habe und das spüre, aber um spätestens, wenn ich vielleicht rausgehe und noch mal reflexartig in die Tasche reinfasse, weil ich ein Smartphone raushole oder sonst irgendwas und plötzlich spüre ich diesen Zettel und dann ist im Grunde sogar fast Wurst, was auf dem Zettel steht, Hauptsache, ich hab jetzt hier diesen Denkanstoß.

Katja Maas: Ja, das ist total witzig, dass du das mit der Tasche sagst. Wir haben bei der PTA für alle möglichen Themen, also auch für diese einfachen Sätze, so kleine Kärtchen gemacht, die man wirklich sich hinter seinen kleinen Zugangsausweis oder seinen Dienstausweis oder seine Kantinenkarte dahinter machen kann. Also wie so eine kleine Scheckkarte und da stehen genau diese Dinger drauf.

Götz Müller: Und auch das sind ja durchaus psychologische Effekte, über die man sich im Klaren sein darf. Jetzt könnte ich fast nochmal eine neue Episode anfangen, wenn man über den Begriff Nudging reden würde, aber es ist halt ein ganz wertvolles Werkzeug an der Stelle und da ist jetzt das Werkzeug, wo wir ja sonst im Lean-Kontext immer ein bisschen vorsichtig sind von wegen Werkzeug, aber an der Stelle kann man so etwas schon nutzen, finde ich, weil es halt einfach so dieser kleine Trigger ist und wenn es bloß der Knoten im Uhrenarmband ist, der Faden, den man sich dazu macht und das dann mit dem gedanklichen Impuls verbindet, mal den Mund zu halten.

Katja Maas: Mhm, du kannst es aber auch als Führungskraft ganz offensiv angehen, dass du einfach offenlegst, ich möchte gerne bei uns im Bereich die Kommunikation ändern. Warum nicht?

Götz Müller: Und auch da wieder mit dem guten Beispiel vorangehen.

Katja Maas: Genau und dann kann ich es auch ausprobieren und um Hilfe bitten, dass mich bitte meine Mitarbeiter auch daran erinnern.

Götz Müller: Aber natürlich dann nicht irgendwie zurückfallen und sagen „Jetzt nicht“. Ja, aber ich glaube, das ist natürlich alles und wie gesagt, ich spreche da aus eigener Erfahrung, es ist manchmal leicht gesagt und dann doch nicht so ganz leicht umgesetzt.

Katja Maas: Wenn es im Alltag dann brennt, dann ist das schon wieder schwer, ne, und wenn ich als Führungskraft unterwegs bin mit dem Feuerlöscher links und rechts, dann ist schon wieder schwer.

Götz Müller: Aber ich glaube, unterm Strich gibt es keine wirkliche Alternative, weil sich ja im Grunde nichts verändern würde, und da gilt dann wieder dieser alte Spruch von, ich glaube Lichtenberg war es, ich kann nicht sagen, ob es besser wird, wenn es sich verändert, aber es muss sich verändern, damit es besser wird.

Katja Maas: So und wenn ich Lean will, heißt es denken, lernen, kommunizieren. Zack, und schon bist du mittendrin.

Götz Müller: Genau. Prima, Katja, ich fand das eine sehr, sehr spannende Unterhaltung, ich weiß, dass ich mich an der Stelle immer wiederhole, aber das ist auch der Grund, warum es wahrscheinlich schon so viele Episoden geworden sind, weil jedes Mal wieder etwas neues Spannendes dabei ist, deshalb danke ich dir nochmal herzlich für deine Zeit.

Katja Maas: Sehr gerne. Darf ich noch ein bisschen Werbung machen in eigener Sache?

Götz Müller: Gerne.

Katja Maas: Sonst fragt man ja immer, ob ich noch jemanden grüßen darf. Nee, ich möchte ein bisschen Werbung machen, bei der PTA gibt es alle 6 Wochen ungefähr ein Online Special und im November werde ich das gestalten. Das ist also online und live, auch mit einem interessanten Thema: Gesund oder krank, wer kommt heute? Und es geht so ein bisschen in eine ähnliche Richtung, warum gesunde Mitarbeiter auch eine Frage von Führung sind. Danke schön.

Götz Müller: Ich danke dir, hört sich auf jeden Fall spannend an.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Katja Maas zum Thema Psychologische Sicherheit und Resilienz im Lean-Kontext. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 301.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei iTunes. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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