Kaizen 2 go 307 : Zukunftsprozesse


 

Inhalt der Episode:

  • Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen typischerweise, wenn sie sich mit der Zukunft beschäftigen?
  • Warum ist es wichtig, sich gezielt mit der Zukunft zu beschäftigen?
  • Welche Vorteile ergeben sich daraus, obwohl die Zukunft an sich immer unbekannt ist?
  • Welche Elemente sind Bestandteile der Zukunftsvorschau?
  • Was kann man tun, wenn die Zukunft (eines Marktes) stark von anderen beeinflusst wird?
  • Wie gelingt der Spagat zwischen Vorausschau, flexiblem Umgang mit dem Unbekannten und Annahmen über die Zukunft?
  • Welche Fehler kann man als Unternehmen und/oder Beteiligter im Umgang mit der unbekannten Zukunft machen?
  • Wie kann man diese Fehler vermeiden?
  • Wie kann ein Einstieg in den Umgang mit der Zukunft aussehen?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 307 : Zukunftsprozesse

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Stefan Pastuszka bei mir im Podcastgespräch, schon zum zweiten Mal. Er ist Strategie- und Innovationsförderer und beschäftigt sich eben sehr intensiv mit diesen Themen, Zukunftsthemen. Hallo Stefan.

Stefan Pastuszka: Hallo schön, dass ich wieder da sein darf.

Götz Müller: Ja, ich habe schon ein paar kurze Stichworte zu dir gesagt, aber stell dich gerne mal noch den Zuhörern vor, speziell eben denen, die dich in der 1. Episode nicht gehört haben.

Stefan Pastuszka: Sehr gerne. Ja, du hast schon gesagt, ich bin Strategie- und Innovationsberater, ich bin freiberuflich unterwegs und was ich mache, ich helfe Menschen und Organisationen, Klarheit und Struktur in komplexe Zusammenhänge zu bringen, damit sie bessere Zukunftsentscheidungen treffen können. Meine Schwerpunkte sind Strategie und Innovation und beides, finde ich, hat extrem viel mit Zukunft zu tun. Einerseits, wenn ich schaue, was so im Umfeld passiert, was sich da so entwickelt, was die Zukunft eigentlich ist. Das beeinflusst meine Strategie, aber andererseits, mit Innovationen kann ich die Zukunft ja auch mitgestalten, also von daher beide Begriffe, finde ich, sind sehr stark mit der Zukunft verbunden und ja. Also ich beschäftige mich auch extrem viel mit der Zukunft, sowohl privat als auch geschäftlich, also ich habe schon viele Workshops, Strategieworkshops und auch Zukunftsworkshops mit wirklichen Szenario-Entwicklungen für die Zukunft gemacht und man sieht da immer, die Zukunft ist wichtig für die Strategie, wenn ich mich damit nicht beschäftige, dann wird das irgendwie eine Irrfahrt im Nebel.

Götz Müller: Ja, da waren schon ein paar Stichworte drin, über die wir uns jetzt unterhalten werden und zum Einstieg nehme ich immer ganz gern das Thema Herausforderungen mir vor oder uns vor, sprich vor was für Herausforderungen steht man denn? Ich meine, das mag mit der Zukunft auf der Hand liegen, aber trotzdem, glaube ich, sollte man es erstmal umreißen, damit wir so ein bisschen das Spielfeld aufgebaut haben.

Stefan Pastuszka: Ja, die Herausforderungen mit der Zukunft. Also ich glaube, die Hauptherausforderung ist, die Zukunft ist ja noch nicht da, das heißt, sie ist unbestimmt und es gibt einfach unendlich viele Möglichkeiten, wie die Zukunft aussehen könnte. Und ich glaube, Unternehmen, die brauchen irgendwo eine Sicherheit, die möchten sich gerne auf verlässliche Informationen stützen, die sie für ihre Planung nehmen können. Und das gibt es bei der Zukunft einfach nicht. Das ist irgendwie für viele eine Blackbox und das kann natürlich abschreckend wirken. Und wenn ich mich dann aber entschlossen habe, mich schon tiefer mit der Zukunft zu beschäftigen, dann stelle ich aber auch schnell fest, es gibt meistens keine fertigen Analysen, also für mein eigenes spezielles Thema. Das heißt, ich muss mich selber drum kümmern und damit komme ich eigentlich auch zu einer wirklich großen Herausforderung, das selber drum kümmern, das braucht Zeit. Also das gilt für Strategie-Entwicklung, aber das gilt auch für Zukunftsvorausschauen. Das kann sehr schnell unter die Räder des operativen Geschäfts kommen. Wir haben einfach keine Zeit, unsere Axt zu schärfen und uns mit solchen Dingen zu beschäftigen. Aber, ja, ich muss mich damit beschäftigen, das weiß ich irgendwo, aber es fehlt an der Zeit.

Götz Müller: Ja, ja und mir kommt gerade der Gedanke in den Sinn, ich meine im Projektmanagement, wenn ich also Projekte manage, beschäftige ich mich auch mit der Zukunft ein Stück weit, mit dem Unbekannten und da gibt es diesen unter Projektmanagern diesen alten Spruch, Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum. Jetzt gibt es so etwas Ähnliches in Anführungszeichen, damit muss ich in der Zukunft ja generell leben und trotzdem kann man nicht sagen: „Oh ja, dann lasse ich halt den Zufall mal so laufen“ oder im Sinne von gesteuerter Zufall, das ist ja auch nicht wirklich das Richtige. Das heißt, so ein bisschen die nächste Frage: Warum ist denn wichtig, sich vor allen Dingen eben gezielt, mit der Zukunft zu beschäftigen?

Stefan Pastuszka: Ja. Also du sagst es ganz richtig, also ich glaube, Zufall zu nutzen für die Zukunftsplanung, das ist, glaube ich, nicht so ganz das Richtige. Also wieso ist es wichtig? Also normalerweise habe ich ja Ziele, die ich erreichen möchte und deswegen, eine Strategie braucht ein möglichst klares Bild der Zukunft. Ich muss ja irgendwo sinnvolle Weichenstellungen machen und mir ein paar erfolgversprechende Schritte überlegen, dass ich auch meine eigenen Ziele, sprich meine eigene Vision irgendwie erreiche, ja. Also dieses Zukunftsbild, das muss ich mir irgendwo erarbeiten und klar, ich weiß natürlich nicht, wie die Zukunft definitiv aussieht, aber ich muss Zukunftsannahmen treffen. Einerseits, ich habe das Stichwort Vision schon gesagt, ja, das ist jetzt das Zukunftsbild des Unternehmens selbst, da stecken die Ziele drin, die ich erreichen möchte und das kann ich nicht machen, ohne zumindest zu versuchen zu verstehen, wie die gesamte Welt oder zumindest mal meine Branche generell aussehen wird in der Zukunft, zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sonst wenn ich mir das nicht vorstellen kann, dann weiß ich auch nicht, ob meine Vision überhaupt realistisch ist oder ob ich mir da irgendeinen Wolkenkuckucksheim aufbaue, ich möchte da irgendwelche absurden Ziele erreichen, die überhaupt nicht mehr in das Umfeld passen. Also wie gesagt, es ist sehr wichtig, sich damit zu beschäftigen und das eben auch gewichtet zu tun. Und, ja, wir wissen, die Zukunft ist nicht exakt vorhersehbar, aber ja, wir können uns auf jeden Fall auf so gewisse Trends und Entwicklungen stützen, und wir können versuchen, die zu identifizieren, und dann müssen wir eben Annahmen treffen und indem ich diese Annahmen, nämlich nicht nur aus dem Bauchgefühl treffe, sondern wirklich auch versuche, da, unterschiedliche Perspektiven einzubringen, zu schauen, was machen die Zukunftsforscher, was geht da in meinem Umfeld ab, dann kann ich meine Strategie auf jeden Fall solider machen.

Götz Müller: Ja, ich glaube, ich kann ja nur auf eine Zielscheibe zielen, im Sinne von eben Strategie, wenn ich ein Bild davon vor Augen habe, ich meine, ich kann dann immer noch vorbeischießen, aber wenn ich nur so, also das Bild des Pfeil und Bogen, wenn ich nur so das Ding vor mir her spanne und gar nicht mal irgendwohin ziele, dann werde ich auch nicht treffen und mir kommt gerade, obwohl ich kein Golf spiele, kommt mir gerade ein Golfspieler in den Sinn, der weiß ja unter Umständen auch nicht genau, wo denn die Zielfahne ist, aber zumindest eine vage Vision der Richtung.

Stefan Pastuszka: Er muss die Richtung kennen, das stimmt. Ich meine Strategie, das ist ja, auch ein Thema, wo unterschiedliche Menschen verschiedene Auffassungen zu haben, wie man auch Strategie entwickeln kann. Also ich bin da ein Verfechter von einem klaren Zukunftsbild auszugehen, das ich erreichen möchte, denn ansonsten, ja, du sagst es, die Zielscheibe muss ich irgendwo haben, damit ich weiß, worauf ich schieße. Nein, es gibt aber auch dann ja Strategiemethoden, die gucken sehr stark auf das heute, was habe ich denn an Ressourcen, was kann ich daraus machen. Das wäre dann etwas, wenn ich immer nur auf das jetzt gucke, was habe ich, was kann ich daraus machen, dann bewege ich mich auch irgendwo hin weiter, ja, aber ich weiß nicht, wo mich das irgendwann hinführen wird. Deswegen, also das wäre zu kurz gesprungen. Meines Erachtens braucht man eine klare Vision, eine klare Zielsetzung, wo man hinmöchte. Natürlich muss man auch aufs Heute gucken, aber man muss die beiden Dinge miteinander verbinden und damit das Ganze eine Richtung bekommt, muss ich verstehen, ja, ob meine Vision auch eine vernünftige ist.

Götz Müller: Ja, damit es nicht eine Vision ist à la Helmut Schmidt, wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.

Stefan Pastuszka: Ja, das stimmt. Ich glaube, der Spruch ist nicht mehr totzukriegen, aber ich glaube, da hat er ein bisschen was anderes gemeint als die Vision, die wir in Bezug auf Unternehmen meinen.

Götz Müller: Ja, jetzt möchte ich das noch ein bisschen vertiefen, im Sinne von, wenn ich mir also anfange, Zukunft vorzustellen, was sind dann so, du hast es schon bisschen angerissen, was sind dann so einzelne Elemente dieses „Ich mache mir ein Bild der Zukunft“?

Stefan Pastuszka: Ja, also, was mir wichtig ist, erstmal zu sagen, wenn man an diese Zukunftsvorausschau rangeht oder auch foresight, das ist also kein Hokuspokus und auch keine Kaffeesatzleserei, sondern es ist wirklich eine systematische und auch methodengestützte Arbeit, die man da macht und das Stichwort Arbeit stimmt auch. Das ist harte Arbeit, das ist also kein Plauderstündchen im Workshopformat, was man da macht. Also es gibt schon einfach systematische Herangehensweisen, um sich mit der Zukunft zu beschäftigen und, ja, was gehört dazu? Es gibt in diesem Werkzeugkoffer der Zukunftsforscher eine ganze Menge Tools, die man unterschiedlich anwenden kann, das würde jetzt, glaube ich, dann den Rahmen sprengen, aber was man auf jeden Fall sagen kann, ist, dass die Basis, die Umfeldanalyse ist. Also ich muss verstehen, welche Akteure und Einflüsse aus dem Umfeld auf mein Unternehmen einwirken und, ja, die Erreichung meiner Ziele beeinflussen. Das ist sind so die typischen technologischen Entwicklungen, was gibt es an gesellschaftlichen Entwicklungen, wirtschaftliche, was kommt vielleicht an Regulierung aufs Unternehmen zu. Das ist also dieses weite Feld des Umfelds, auch des näheren Umfeldes. Was machen hier die Wettbewerber? Wie entwickeln sie sich? Ich muss also verstehen, was ist da die Situation und vor allen Dingen, was verändert sich? Nichts bleibt gleich, sondern es verändert sich und ich muss dann schauen, gibt es einfach bestimmte Trends, also gerichtete Veränderungen in meinem Umfeld, die für mich auch relevant sind. Was passiert da generell an Veränderung? Und wenn ich mir die anschaue, dann gibt es dazu irgendwelche Hypothesen, wie sich so ein Trend entwickeln könnte, wann der stattfindet, wie stark der stattfindet und da, ja, betrete ich den Bereich des Unbekannten. Ich muss mir überlegen: Was ist denn meine Annahme? Was denke ich, wann, also wie wird sich diese Veränderung ausgestalten? Ja, wie stark kommt die und in welche Richtung geht sie? Also, das ist, da sind wir schon bei den Trends. Also erstmal das Umfeld verstehen, Trends anschauen, einfach auch Entwicklungen, die im Umfeld stattfinden, selbst wenn sie jetzt auch nicht vielleicht das Wort Trend verdienen. Aber ich kann mich immerhin inspirieren lassen, beispielsweise. Wenn ich jetzt keine Idee habe, was ist denn da relevant, dann gibt es ganz viele Trends, die veröffentlicht sind, es gibt ja viele Institute, die veröffentlichen ihre Trends, wie zum Beispiel das Zukunftsinstitut, da gibt es eine Webseite, da kann ich mir angucken, was halten die für die wichtigsten Trends, nicht nur Megatrends, sondern auch nur noch Subtrends sind dabei und da kann ich mich inspirieren lassen, wenn ich mir die mal anschaue, durchlese und immer mich frage: at das irgendwas mit mir beziehungsweise meinem Unternehmen zu tun? Und ich kann mir auch anschauen, was passiert technologischerseits in der Startup-Szene, sind da irgendwelche Dinge, die mir gefährlich werden können? Also ich brauche eine Menge Inspiration, muss mir einfach wirklich Zeit nehmen und anschauen, was geht da und muss dann möglichst systematisch eben abklappern, um zu vermeiden, dass ich da großartige blinde Flecken habe und wenn ich so etwas gemacht habe, dann komme ich vielleicht zu einer gewissen Einschätzung wie meine Zukunft oder die meiner Branche, wie sich die Zukunft gestalten wird. Das würde man so das Trend-Szenario nennen. Also das zum Thema Trends, Trends sind ein wesentliches Werkzeug und das weist aber auf eine bestimmte Zukunft hin, wenn ich so etwas mache und es gibt auch andere Werkzeuge, wie zum Beispiel die Szenario-Technik. Die hilft mir auch, mir Gedanken zu machen, auf strukturierte Art und Weise über alternative Zukünfte, also ich konstruiere alternative Zukünfte, die sowohl möglich sind, ja, aber sich durchaus stark voneinander unterscheiden können und dann muss ich mir überlegen, wie gehe ich damit um, also plane ich jetzt beispielsweise für ein bestimmtes dieser Szenarien, setze ich also auf dieses Szenario oder mache ich dann noch eine sogenannte robuste Strategie? Das heißt, ich versuche Entscheidungen zu treffen, die sich in möglichst vielen dieser möglichen Szenarien positiv für mich ausspielen. Das sind dann sogenannte No-regrets-Entscheidungen. Das sind jetzt einfach mal Beispiele, wie ich mich der Sache nähern kann. Und es gibt, wie gerade schon gesagt, es gibt viele Methodiken, die ich anwenden kann, aber so die Arbeit mit Trends und die Arbeit mit Szenarien, das sind Sachen, die sind ja sehr systematisch, sehr solide und das ist also definitiv, was ich empfehlen kann.

Götz Müller: Ja, da geht mir gerade der Gedanke durch den Kopf, gerade bei Szenarien, bei diesen Alternativen mache ich mir doch wahrscheinlich auch Gedanken über auch wieder mögliche Einflussfaktoren, dass ich an der Weggabelung eher so abbiege oder eher geradeaus oder in die andere Richtung abbiege, so diese vorweggenommenen Wenn-dann-Entscheidungen, oder?

Stefan Pastuszka: Ja, das stimmt. Also, wenn du jetzt dein, du sagtest, wenn ich dann an einer Gabelung abbiege, also wenn du das beziehst auf, wie entwickelt sich ein bestimmter Einflussfaktor, dann bringt dich das nämlich genau in Richtung der Szenariotechnik. Also nehmen wir mal an, wir haben einen Einflussfaktor identifiziert, der das Wohl und Wehe meines Unternehmens und das Erreichen meiner Ziele ganz stark beeinflusst, ja, dann gibt es üblicherweise von diesem Einflussfaktor oder man nennt das auch dieses Deskriptor, gibt es so eine angenommene Entwicklung in die Zukunft, aber es muss ja nicht genauso kommen, es kann auch anders laufen, also das kann sich viel stärker entwickeln beispielsweise als man denkt, oder es kann sich viel schwächer entwickeln. Und wenn man diese unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten dann den unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten anderer Einflussfaktoren kombiniert, dann kommt man genau zu den unterschiedlichen Zukunftsszenarien.

Götz Müller: Mhm, und das Zweite, was mir in dem Zusammenhang durch den Kopf ging, das Zitat kennst du mit Sicherheit auch, Kierkegaard, connecting the dots, also dieses Zurückblicken, um aus der Vergangenheit raus für die Zukunft, zumindest ist das meine Interpretation, etwas zu lernen, und da würde mich noch interessieren, welche Rolle spielt dieser Rückblick?

Stefan Pastuszka: Ja, der Rückblick ist ein bisschen schwierig. Es gibt einen sehr empfehlenswerten Rückblick. Das heißt, wenn ich meine Strategie jetzt wirklich entwickeln möchte, also wäre der wichtigste Rückblick, den ich dafür nutzen kann, der aus der Zukunft zurück, ja, das nennt man, dafür gibt es auch einen Namen, diese Methodik nennt sich Backcasting, also genau umgekehrt zum Forecasting. Und dieses Backcasting, das basiert darauf, ich stelle mir die Zukunft möglichst plastisch vor, überlege mir, wie ich mich als Unternehmen in dieser Zukunft wieder finde, mit meiner Vision, ja, und dann leite ich rückwärts daraus die Schritte ab, wie ich dahin gekommen bin. Also das wäre sozusagen einen Rückblick aus der Zukunft der erkenntnisleitend dafür ist, was ich tun muss, um dahin zu kommen, das ist ein Ansatz, den man wählen kann. Für eine Strategieentwicklung. Ansonsten der Rückblick, wenn ich mich jetzt in der Jetzt-Zeit befinde und schaue mal einfach zurück in die Vergangenheit, das klingt so ein bisschen danach, Trend zu extrapolieren. Das funktioniert ganz oft eben nicht. Also die Vergangenheit zu nehmen und in die Zukunft fortzuschreiben. Das mag funktionieren für einen gewissen übersichtlichen Zeithorizont also, solange ich jetzt nicht weit in die Zukunft gucke, dann kann ich schon schauen, dann gibt es gewisse Einflussfaktoren, die entwickeln sich relativ vorhersagbar, also beispielsweise die Bevölkerungsentwicklung. Das wäre jetzt ein Faktor, den kenne ich, den habe ich in der Vergangenheit beobachtet, und der wird sich jetzt nicht plötzlich ganz drastisch verändern, den kann ich gut in Zukunft fortschreiben. Aber bei vielen anderen Entwicklungen, zum Beispiel, was Technologie betrifft, da ist, man könnte sagen die Volatilität einfach deutlich höher und je weiter ich dann in die Zukunft gucke, wenn ich jetzt eben nicht nur aufs nächste Jahr gucke oder die nächsten zwei Jahre, sondern eben wirklich einen strategischen Zeithorizont nehme von fünf Jahren oder den einer Vision von vielleicht zehn Jahren, dann bringt mir der Rückblick in die Vergangenheit relativ wenig, sondern bin ich direkt bei den Szenarien.

Götz Müller: Jetzt ein Punkt, du hattest das angedeutet, eben das Umfeld eines Marktes zum Beispiel. Jetzt gibt es noch bestimmte Branchen, wo der Einfluss von anderen, von einem Markt, von Kunden sehr stark, ich denk da an Branchen wie Automobilzulieferer, die natürlich selber, klar sie haben ein Produkt, sie haben vielleicht eine Einspritzpumpe, sie haben ein Getriebe, wobei mir gerade bei Getriebe und E-Mobilität natürlich schon eine eigene Episode machen könnte, aber da hab ich ja nicht diese Freiheitsgrade, oder dieses Umfeld gibt mir sehr enge Grenzen vor, was mache ich in so einem Kontext, als Zulieferer zum Beispiel?

Stefan Pastuszka: Mhm ja. Also was du da schilderst ist a) ein super Beispiel, ja, und ich glaube, auch in vielen Fällen die Regel. Also es gibt ja nur sehr wenige Unternehmen, die wirklich die Power haben, die Zukunft eines Marktes signifikant zu beeinflussen. Ja, wenn man darüber nachdenkt, dann ist man gleich bei Unternehmen wie Google, Amazon oder Tesla. Wobei man eigentlich sagen muss, Tesla hat jetzt auch nicht als großes Unternehmen gestartet, also das ist auch nochmal eine ganz andere Überlegung, aber wirklich viele Unternehmen haben eben nicht die Möglichkeit den Markt und das Umfeld wirklich zu gestalten. Jetzt bei dem Beispiel Zulieferer, was mach ich da? Okay, ich kann natürlich auf das gucken, was ich gerade eben als Geschäft mache. Also, wenn ich jetzt stark abhänge von meinem von meinem OEM, dem ich etwas zu liefere, dann wäre es wichtig im Sinne der Zukunftsvorausschau erstmal zu verstehen, was haben die denn für Roadmaps. Also die Roadmaps meiner Kunden genau anzuschauen, also was jetzt die technologische Entwicklung betrifft und auch Mengen-Gerüste. Also das ist wichtig, das muss ich versuchen zu recherchieren und irgendwie zu verstehen. Aber damit bin ich ja tatsächlich immer noch gefangen in dieser Zulieferkette, jetzt kann es ja durchaus auch sein, das ist ein schönes Beispiel, was du da genannt hast, mit der E-Mobilität, dass mein Kunde vielleicht jetzt nicht der Allerschnellste ist bei diesem Wandel vom Verbrenner zur E-Mobilität und jetzt kann ich mir natürlich überlegen: Will ich mit dem zusammen untergehen oder will ich eben auch neue Geschäftsfelder vielleicht schließen? Ja, und deswegen, glaube ich, ist es wichtig, über diesen Horizont der eigenen Kunden, was ja eher so das Mikro-Umfeld wäre, hinauszuschauen in das größere Umfeld. Also wirklich da zu gucken, was passiert denn beim Kunden-Kunden. Was wird da, was ist da gefragt, was für Technologien werden in den Markt kommen? Ganz unabhängig davon, ob jetzt meinen OEM-Kunde mit von der Partie ist an der vordersten Front oder nicht. Und das muss ich mir dann einfach anschauen und wenn ich das mache, kann ich eben auch neue Chancen identifizieren und das gibt halt auch in dieser Zulieferbranche viele Unternehmen, die das rechtzeitig gemacht haben und gut erkannt haben und dadurch auch für sich diese Abhängigkeit von der alten Technologie zu reduzieren und wirklich auf neue Zukunftsfelder zu setzen.

Götz Müller: Ja, und ich glaube, man muss ein Stück weit sich auch Gedanken machen, du hast das Kunde-Kunde genannt, was ist denn das, ja, manchmal auch Grundbedürfnis, das dahintersteckt und da fällt mir so ein Beispiel ein oder zwei Beispiele fallen mir ein, das eine war mal, dass, ich glaube, es war ein Versicherungsmakler, der mal so die Frage in den Raum gestellt hat, was ist denn zum Beispiel für eine Berufsunfähigkeitsversicherung die Situation, die Konkurrenzsituation und dann hat er gesagt, nein, das ist nicht der andere Versicherungsanbieter, sondern das ist unter Umständen ein Smartphone-Provider oder ein Telekom, Vodafone usw. für den jungen Berufstätigen, der vor der Entscheidung steht, gebe ich mein Geld für eine Berufsunfähigkeitsversicherung aus oder kaufe ich mir das schickste neue Smartphone und diese Gedanken sich zu machen, glaube ich, öffnen den Horizont nochmal. Oder?

Stefan Pastuszka: Ja, das stimmt. Also ich glaube, das Geheimnis liegt darin, wirklich einfach den Kunden, also den Nutzer nicht aus den Augen zu verlieren und wirklich, ja, Bedürfnisse zu befriedigen. Also es geht ja immer darum, bei jedem Geschäftsmodell, was ich haben kann, ob das jetzt eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist, ob das Smartphone ist, ob das Mobilität ist, es geht ja immer darum, einen Wertversprechen zu generieren, was eben auf Anklang stößt, bei irgendeiner Zielgruppe und da sich wirklich Gedanken darüber zu machen, es gibt immer zwei Möglichkeiten: Löse ich hier ein Problem oder befriedige ich ein Bedürfnis? Das ist jetzt schwierig, das Beispiel, was du genannt hast, da ein bisschen einzuordnen, also dieses Smartphone, das klang mir so ein bisschen nach, ich befriedige ein Bedürfnis, die Berufsunfähigkeitsversicherung, die löst vielleicht ein Problem, das mir aber erstmal bewusst sein muss, ja. Also wie es aber auch immer ist, ich sollte mir möglichst gute Gedanken darüber machen, was sozusagen, was braucht oder möchte eigentlich meine Zielgruppe, wobei der Fokus liegt auf: Was braucht sie denn tatsächlich? Und da wirklich offen zu denken.

Götz Müller: Ja, und manchmal, da fällt mir eben Steve Jobs an der Stelle ein, mit seiner Vision des iPhones, ich meine, da gab es vorher Vergleichbares, aber wenn wir uns heute anschauen, an die Blackberrys und an die Nokias, die, Nokia speziell, die ja durchaus eine spannende eigene Geschichte haben, irgendwann mal, glaube ich, haben sie Gummistiefel hergestellt und dann haben sie ihren Markt so komplett auf den Kopf gestellt beziehungsweise gewechselt und dann sind sie trotzdem untergegangen.

Stefan Pastuszka: Mhm. Das stimmt, das stimmt. Ich meine, es gibt natürlich auch keine Garantie. Also man hört ja immer viel von den erfolgreichen Unternehmen. Apple wird ja sehr gerne genommen als Beispiel oder auch manche Startups, die es dann wirklich schaffen, erfolgreich zu sein, von den vielen Startups, die auch gute Ideen hatten, die aber dann nicht gefruchtet haben vielleicht, da redet ja keiner so viel, also es gehört einfach eine ganze Menge dazu, um die richtigen, sagen wir mal Trends zu erkennen, die richtigen Entwicklungen auch dann auszunutzen und die Chancen zu ergreifen, die dahinter stecken, ja, und das können manche einfach besser als andere. Manchmal ist es auch einfach der falsche Zeitpunkt. Also man muss zur richtigen Zeit auch an der richtigen Stelle sein mit der richtigen Idee. Also das gehört auch dazu.

Götz Müller: Ja, ich glaube, das ist auch nochmal ein spannender Punkt, im Sinne von zu sehr dann an der eigenen, an dem eigenen Bilder der Zukunft angehaftet sein. Mir fällt gerade kein besserer Ausdruck ein, sprich, was kann ich denn aber auch ebenso Fehler machen. Das wäre jetzt ein möglicher Fehler. Was begegnet dir sonst noch, was Unternehmen halt in Anführungszeichen immer wieder falsch machen und sich dann schwer tun mit der unbekannten Zukunft, wenn sie sich anders entwickelt? Da fällt mir ein Zitat von einem früheren Vorgesetzten ein, der Mal so einen Spruch losgelassen hat, von wegen, der Markt hat sich fehlentwickelt.

Stefan Pastuszka: Ja, das ist gut. Der Markt hat sich fehlentwickelt, das ist lustig, also da ist der Markt quasi schuld und dann wohl nicht die eigenen, vielleicht falschen Zukunftsannahmen, ne. Also ja, was sind Fehler, sagst du? Also ich glaube, was in diesem Zitat drinsteckt, also diese Annahmen über die Zukunft sind einfach keine Wahrheiten und man muss immer die Augen offenhalten, so mit dem Finger am Puls des Marktes oder des Umfeldes eben haben, um zu schauen: Passiert denn da etwas? Sind meine Annahmen, die ich mal getroffen habe, eigentlich noch valide? Ich muss immer wieder schauen, ob meine Annahme noch richtig ist, wie sie mit den ja mit den aktuellen Entwicklungen einhergehen und dann muss ich eben gegensteuern, denn diese Zukunftsannahmen sind irgendwann vermutlich mal eingeflossen in eine Strategie, zum Beispiel diesen Markt, den du gerade genannt hast zu erschließen und irgendwie plötzlich, ja, der blöde Markt hat sich nicht in die richtige Richtung entwickelt und deswegen ist unsere Strategie nicht aufgegangen. Also von daher man muss diese Annahmen checken, und wenn da irgendwas abweicht, wenn sich irgendwas anders entwickelt, muss ich meine Strategie adjustieren. Vielleicht muss ich sie nicht über den Haufen werfen, aber ich muss auf jeden Fall nachsteuern und das ist eben eine der Hauptaufgaben. Ich muss dranbleiben. Es gibt aber auch noch andere Fehler, die man machen kann im Zusammenhang mit Zukunft und Zukunftsvorausschau, hier zum Beispiel, ja, du sagtest es, vielleicht hat derjenige, der den Ausspruch gemacht hat, versucht da recht zu behalten, ne, und es geht eben nicht darum, recht zu behalten bei der Zukunftsvorausschau. Und wir wissen nicht, wie die Zukunft genau aussehen wird. Deswegen müssen wir uns einfach relativ offen Gedanken darüber machen, welche Möglichkeiten es denn gibt, und diese Möglichkeiten, die müssen wir durchdiskutieren und da müssen unterschiedliche Sichtweisen auf den Tisch kommen, ja, das muss man idealerweise gemeinsam im Team mit unterschiedlichen Perspektiven diskutieren und dann eben auch eine gemeinsame Sichtweise darauf finden. Man muss ich verständigen auf diese Zukunftsannahmen und dann muss aber klar sein, die Zukunft wird irgendwie im Detail immer anders sein als das, was man sich vorgestellt hat. Man darf also nicht versuchen, sich die Zukunft zu detailliert vorzustellen. Das wird dann an irgendeiner Stelle klemmen. Aber man muss in groben Zügen dieses Bild bauen und muss dafür die Möglichkeiten wirklich gemeinsam anschauen. Und damit das auch gut geht, dann muss man von diesem reinen Bauchgefühl wegkommen, ja. Oftmals gibt es ja Menschen, die glauben, das ist ein sehr gutes Bild oder Verständnis von der Zukunft zu haben, aber das ist dann oft auch basierend auf einem Bauchgefühl und auf Erfahrungswissen und von solchen Einzelperspektiven muss man wegkommen. Deswegen immer gut informiert und gemeinsam im Team sowas raus arbeiten.

Götz Müller: Da kommt mir jetzt noch ein weiterer Gedanke, gerade so, also zumindest erlebe ich das manchmal. Im Team, man einigt sich auf irgendwas in Anführungszeichen, mal ernst gemeint, ohne dass jetzt da irgendjemand dann auf die Schulter zeigt und sagt „Guck mal, ich hab da vier Streifen und du bloß drei, also ich habe recht“, lassen wir das mal weg, besteht da nicht, ich werde zumindest einen gewissen Verdacht nicht los, auch eine gewisse Gefahr vielleicht, dass man durch diese Einigkeit im Team dann auch wieder unter Umständen sich ein Bein stellt, so nach dem Motto „Ha, wir waren uns da ja einig, dass sich das so entwickeln muss“ und dann passiert es aber doch anders.

Stefan Pastuszka: Das ist ein sehr guter Gesichtspunkt. Ich glaube, die Frage da ist, wie ist es denn zu dieser gemeinsamen Einschätzung gekommen? Wenn das eine wirklich offene Diskussion war, ein wirklicher Diskurs, wo wirklich die unterschiedlichen Sichtweisen auf den Tisch gekommen sind und keiner Scheu hatte, irgendwie auch eine konträre Meinung oder Sichtweise zu äußern, nur weil der Chef eben dabei war und eine andere Meinung hat, dann kann das ein gutes Ergebnis bringen. Ja, es muss ein Diskurs da sein und oftmals ist es auch gut, wenn es nicht unbedingt ein Konsens war, ja. Konsensentscheidungen sind meistens nicht die besten, sondern es müssten eher so Konsententscheidungen sein, dass man sagt: Okay, ich habe alles gehört, ich kann damit leben, ja, und es muss nicht notwendigerweise so sein, dass alle Hurra schreien. Also von daher, es muss schon eine wirklich tiefe Diskussion sein, eine kontrovers geführte Diskussionen, die dann zu einem Ergebnis führt, dass das Team gemeinsam trägt, wo vielleicht nicht alle happy sind, aber wo man sich darauf einigt, dass so zu nehmen und dann wird es ja umgesetzt in eine Strategie. Auf Basis dieser Annahmen baut man eine Strategie und man muss ja natürlich auch diese Verantwortlichkeit haben, dass man sich dann in die Augen blicken kann und sagt: „Ja, da haben wir vielleicht falsch gelegen, aber wir haben alles getan dafür, dass wirklich die verschiedenen Sichtweisen wurden.“

Götz Müller: Ja, und ich glaube, man muss halt auch nicht, und da sehe ich auch diesen großen Bezug zum Kernthema jetzt meines Podcasts im Sinne von Lean und Prozess-Verbesserungen, ich beschäftige mich ja auch, natürlich in deutlich kleineren Kontext, auch mit dem Unbekannten, mit der Zukunft, weil wenn ich schon dort wäre, wo ich hinwill, würde ich mir ja keine Gedanken machen und ich sehe da eine hohe Ähnlichkeit drüber, wo man halt dann auch diesen Schritt zurückgehen muss, wo man gemerkt hat, die Zukunft liegt nicht in der Richtung, wie ich jetzt mal die ersten Meter in Anführungszeichen gelaufen bin, dann muss ich bereit sein, halt umzudrehen oder abzubiegen und zu gucken, ob sie in der anderen Richtung vielleicht eher eine sprichwörtliche Zukunft hat.

Stefan Pastuszka: Absolut, absolut. Wobei dieses, man kann dieses sozusagen Abkehren und neue Richtungen wählen, das ist natürlich auch nur begrenzt möglich. Also wenn ich jetzt eine wirklich fundamentale Strategie entwickle, dann ist die ja häufig damit verbunden, dass wirklich Ressourcen reingesteckt werden, viel Geld beispielsweise. Vielleicht wird ein Unternehmen irgendwie gekauft oder so etwas, das ist dann etwas, wo man nicht plötzlich sagen kann, hm, das war vielleicht jetzt doch nicht das richtige, wir machen doch etwas ganz Anderes, also da dann von dem einmal eingeschlagenen Weg komplett abzurücken, das kann man nur und muss man im Notfall machen, ja, aber meistens ist es dann doch so, dass man auf einem eingeschlagenen Weg einigermaßen gut bleiben kann, aber man muss ihn eben adjustieren. Ich glaube, das ist sicher auch das, was du gerade gemeint hast. Ich muss immer meine Augen offenhalten, ich muss schauen. Also ich kann nicht einfach die Party wechseln.

Götz Müller: Ja, das bringt mich im Grunde zu, ja, ich will es nicht Abschlussfrage nennen, aber in eine Richtung, über die man eben auch diskutieren, über die man auch reden haben sollte, du hast es gerade schon angedeutet, was kann man denn für Fehler machen, das haben wir jetzt gerade besprochen, wie vermeide ich es denn, also wenn ich mir ein Bild machen von möglichen Sackgassen, dann kann ich ja vielleicht am Anfang der Sackgasse schon gucken, steht da irgendwo so ein komisches Schild?

Stefan Pastuszka: Ja, wie kann ich diese Fehler vermeiden? Also das ist nicht einfach, das ist nicht einfach, weil es hat natürlich auch mit Mitmenschen einfach zu tun und man muss sich da ein bisschen manchmal, glaube ich, selber disziplinieren, ein bisschen zwingen vielleicht und was ich gerade eben zum Beispiel gesagt habe, das mit dem Team, also ich muss dafür sorgen, dass ich da wirklich eine Vielfalt von Perspektiven zusammen kriege. Das heißt, ich muss meinem Team breit aufstellen, vielfältig aufstellen, also nicht nur die üblichen Verdächtigen immer nehme, mit denen ich sowieso immer diskutieren und ich muss dafür sorgen, eine Kultur der Offenheit zu schaffen, wo ich auch kritische Punkte auf den Tisch bringen kann, ja, und in dem Sinne sage ich immer, Vielfalt schlägt Hierarchie, also man sollte nicht immer nur in seinem eigenen Saft schmoren, zum Beispiel der Führungskreis alleine, nur die Geschäftsführung alleine. Da ist das Wissen einfach begrenzt. Man muss das erweitern, man muss unterschiedliche Perspektiven einbringen. Also das ist etwas, das würde ich empfehlen, also da muss man wirklich darauf achten, um die Offenheit des Denkens zu sichern und wirklich zu garantieren, dass dann wirklich tiefe Diskussion war. Was ich gerade noch gar nicht gesagt habe, was ich ganz häufig beobachte auch als so einen typischen Fehler, das ist, dass viele Menschen einfach zu schnell zum Schlussfolgerungen springen. Das passiert ganz oft, wenn man vielleicht so sich viel auf Erfahrungen verlässt, da kann man, wenn man sich diese Trends vielleicht beispielsweise anschaut, sagen, da sehen wir jetzt, okay, wir machen jetzt das und das daraus. Also da hat man schon eine Schlussfolgerung, bevor man sich das ganze Zielbild überhaupt erarbeitet hat, ja, das ist schlecht, weil es irgendwie den Prozess durchbricht, und das ist schlecht, weil Erfahrungswissen in Bezug auf die Zukunft wirklich nur von begrenztem Wert ist. Und ich meine, Prozess ist ja genau dein Thema, also da würde ich empfehlen, sich wirklich, um solche voreiligen Schlussfolgerungen zu vermeiden, wirklich an einen kleinen Prozess zu halten. Das heißt, erst ganz bewusst sauber beobachten, wirklich möglichst das ganze Zukunftsbild versuchen aufzubauen, dann zu betrachten und dann kann ich mir Schlussfolgerungen überlegen, ja, oder auch über Lösungen diskutieren, ja. Nehmen wir mal folgendes Beispiel: Stell dir vor, ein Chirurg will eine Operation machen, der wird hoffentlich, sage ich mal, auch vorher den ganzen Patienten erstmal angucken und schauen, was liegt da überhaupt vor, was sind die Wechselwirkungen von dem, was ich da jetzt gerade vorhabe mit vielleicht anderen Gebrechen, die dann der Patient hat. Also das muss ich mir ganz genau anschauen, bevor ich dann das Messer ansetze. Also von daher erstmal das Gesamtbild anschauen und dann Schlussfolgerungen treffen und da, um so sich ein bisschen an einen Prozess zu halten, da kann halt im Workshop ein Moderator helfen, also der dann die Teilnehmer und Teilnehmerinnen daran erinnert, dass sie jetzt gerade dabei sind, auf Schlussfolgerungen zu springen und sie erinnert, das zu vermeiden.

Götz Müller: Ja, der da im Sinne von, ja, ein bisschen überspitzt ausgedrückt, vom Ergebnis her gar keine Aktien in dem Thema drin hat, der eben für den Prozess verantwortlich ist und das bringt mich auf so ein anderes Thema, was mir auch immer mal wieder die Aussage begegnet: „Innovationsprozesse töten die Innovation.“ Das glaube ich persönlich auch nicht, sondern ähnlich wie mit der Zukunft beschäftigen folge ich halt einen gewissen Fahrplan, Projektmanagement, vorhin schon gesagt, ist auch der Umgang mit dem Unbekannten, weil ich ja das Ergebnis noch nicht habe, sonst würde ich ja gar kein Projekt machen und trotzdem folgt Projektmanagement einem ziemlich definierten Projektmanagementprozess.

Stefan Pastuszka: Absolut. Also ich glaube nicht, dass ein Innovationsprozess die Innovation gilt. Ich glaube, wenn die falschen Menschen Entscheidungen über die Innovationen treffen, dann killt das die Innovation. Genauso wenig killt ein Kreativitätsprozess die Kreativität, sondern er ist dazu da, die Kreativität zu fördern. Was man dann aus den Ideen am Ende macht vielleicht, die man da generiert hat, das steht dann auf einem ganz anderen Blatt, ne.

Götz Müller: Ja, und spätestens da, wenn ich halt tolle Ideen habe, geht es dann irgendwann darum, jetzt daraus ein Produkt zu machen, egal ob es etwas Greifbares ist oder nur eine Dienstleistung und spätestens da greifen dann wieder so Dinge wie Produktmanagement-Prozesse, wie bringe ich eine Sache in den Markt und wie überlege ich mir am Anfang schon, wie ich es vielleicht irgendwann auch mal wieder raushole, um nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, wenn die Zukunft sich anders entwickelt hat, daran zu hängen.

Stefan Pastuszka: Ganz genau. Richtig. Also in diesem Sinne ist es auch hilfreich natürlich, ich habe das vorhin schon mal gesagt, man muss an dieser Zukunftsvorausschau auch dranbleiben und das muss man sich irgendwo zumindest mal ein bisschen im Sinne eines Prozesses implementieren im Unternehmen. Und wie man so etwas macht, da gibt es natürlich unterschiedliche Ansätze zu. Es gibt Großunternehmen, die haben ganze Foresight-Abteilungen, die beschäftigen sich mit nichts anderem, aber das ist jetzt eher selten, ja, und das bringt jetzt einen kleineren Unternehmer oder einen Mittelstand nicht wirklich weiter. Also die wenigsten Unternehmen haben tatsächlich Leute, die sich dediziert und offiziell mit dieser Zukunftsvorausschau beschäftigen, aber wenn ich das ordentlich machen möchte, brauche ich zumindest mal einen Ansprechpartner, also zumindest mal jemanden, der sich so teilzeitmäßig mit der Zukunft-Vorausschau befasst, da gibt es auch ganz oft Kandidaten dafür. Also häufig zum Beispiel im R&D-Umfeld Leute, die sich sowieso mit Technologieentwicklungen, also mit Technologietrends beschäftigen, die häufen also, sagen wir mal, aus eigener intrinsischer Motivation auch schon häufig Wissen über solche Entwicklungen an. Also und da kann man darauf aufsetzen, ja, und es ist halt wichtig, dass man sich im Verlauf, sage ich mal, dass des Jahres an unterschiedlichen Stellen mit dieser Zukunftsvorausschau beschäftigt, ja, dass es zum Beispiel in die wichtigen Meetings und Workshops einfließt, beispielsweise wenn ich ein Strategie-Meeting habe, dass man sich zumindest im Umfeld dieses Strategie-Meetings mit der Zukunftvorausschau auch beschäftigt und sich da updaten lässt. Also schön ist, wenn man da so einen kleinen Prozess einrichtet. Das geht auch jetzt ohne Riesenaufwand.

Götz Müller: Ja, das bringt mich jetzt im Grunde zu meiner Abschlussfrage, die ich ganz gerne immer zum Schluss stelle, nämlich die Frage nach dem Einstieg in so ein Thema. Wenn ich mich mit und jetzt hier an der Stelle eben mit der Zukunft bisher vielleicht, und ich habe ein schlechtes Bauchgefühl, noch nicht in dem Maße beschäftigt habe, wie vielleicht jetzt jemand nach dem Hören unseres Gesprächs den Eindruck hat, dann erlebe ich oft, dass dann so ein Fragezeichen auf der Stirn erkennbar wird: Wie fange ich denn jetzt an?

Stefan Pastuszka: Ja, wie fange ich an? Also es ist gar nicht so schwierig, ne, also man muss jetzt keinen Studiengang in Zukunftsforschung absolvieren, dass man da einen Griff drankriegt. Es gibt natürlich viel Literatur zu der Thematik, wo man sich informieren kann. Es gibt natürlich auch im Internet viel zu finden. Aber wer lernen möchte, wie man sich eben ganz pragmatisch Zukunftswissen aufbaut, wie man sich das erarbeitet, dem kann ich zumindest unser Zukunftsmanagementtraining. Das nennt sich Foresight 4 Strategy empfehlen, das habe ich aufgesetzt mit einer Beraterkollegin, Martina Schwarz-Geschka, die ist wirklich eine Zukunftsexpertin und wir zusammen bringen diese beiden Aspekte, Strategie und Zukunft, eben ein und ich brauche eben Zukunftswissen für eine gute Strategie, ja. Und in diesem Kurs, also, der ist auch überschaubar in der Länge, lernt man dann unterschiedliche Methoden und wie man das mit überschaubarem Aufwand im Unternehmen integrieren kann und wie dann letztendlich das Zukunftswissen, was man sich erarbeitet auch optimal in die Strategie einfließen kann.

Götz Müller: Ja, dieses optimal einfließen, fand ich jetzt ein spannendes Schlusswort. Stefan, ich danke dir für deine Zeit.

Stefan Pastuszka: Ja, sehr gerne und es hat mir wie immer Spaß gemacht, mich mit dir zu dem Thema auszutauschen und wer interessiert ist, glaube ich, an dem an den Foresight 4 Strategy Training. Ich glaube, da können wir auch einen Link zur Verfügung stellen.

Götz Müller: Genau, das packe ich in die Shownotes, in die Notizen zur Episode. Also ich danke dir nochmal für deine Zeit.

Stefan Pastuszka: Perfekt. Danke schön, Götz.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Stefan Pastuszka zum Thema Zukunftsprozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 307.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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