Kaizen 2 go 371 : Erfolgsfaktoren bei der Implementierung von Lean Construction


 

Inhalt der Episode:

  • Was war der Auslöser für das Thema?
  • Welche Fragestellungen wurden in der Arbeit untersucht?
  • Was unterscheidet die Bauindustrie von anderen Branchen und verursacht ggf. besondere Herausforderungen?
  • Welche Unterschiede haben sich ggf. bei den verschiedenen Gewerken, Unternehmensgrößen und Unternehmensrollen im Bauprozess ergeben?
  • Was sind ggf. Besonderheiten in der österreichischen Bauindustrie, was sind universelle Aspekte?
  • Welche Erkenntnisse haben sich aus der Arbeit ergeben? Was sind die Erfolgsfaktoren?
  • Wo gab es Überraschungen?
  • Wie sieht ein typischer Implementierungsprozess und der entstandene Leitfaden für die Einführung aus?
  • Wie kann dabei der Fortschritt überprüft werden?
  • Was lässt sich auf andere Branchen übertragen?

Notizen zur Episode:


Mitmachen?

Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.

Ich freue mich darauf!

Ihnen hat der Inhalt gefallen? Dann bewerten Sie die Episode bitte bei Apple Podcasts.
Jetzt eintragen und Artikel/Denkanstöße zukünftig per eMail erhalten.

Artikel teilen auf ...


(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 371 : Erfolgsfaktoren bei der Implementierung von Lean Construction

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Theresa Sachs bei mir im Podcast-Gespräch. Sie ist Projektleiterin im Infrastrukturbau. Hallo Frau Sachs.

Theresa Sachs: Hallo.

Götz Müller: Ja, schön, dass Sie dabei sind heute. Ich habe jetzt schon ein kurzes Stichwort zu Ihnen gesagt. Stellen Sie sich gerne vielleicht nochmal in ein paar Sätzen, vielleicht auch schon in der Überleitung zu unserem Thema heute den Zuhörern vor.

Theresa Sachs: Ja, gerne. Mein Name ist Teresa Sachs. Ich bin 27 Jahre alt, eben Projektleiterin im Infrastrukturbau und habe jetzt mit vergangenem Februar mein Studium im Lean Construction Management abgeschlossen. Genau. Ich habe bereits im Bachelor Bauingenieurwesen studiert und somit schon den Grundstein gelegt für die Richtung der Baubranche und auch dann jetzt im Masterstudiengang, mit der Wahl der Masterthesis, das weiter in Richtung des Lean Managements und eben dann im Lean Construction Managements vertieft.

Götz Müller: Da würde ich jetzt ganz, ich bin da einfach neugierig, noch ein bisschen nachbohren. Was war der Auslöser, sich mit dem Thema, schon im Studium eben, mit dem Thema Lean Construction zu beschäftigen?

Theresa Sachs: Gerade auch im Bachelorstudium hat sich einfach immer wieder herauskristallisiert, inwiefern einfach die Baubranche da noch Potenziale aufweist und Potenziale hat. Und somit hat sich das recht früh auch in den diversen Fächern herauskristallisiert, dass es dann auch im Masterstudium weiter in diese Richtung, in die Lean-Richtung und dann weiter ins Lean Construction Management, einfach von Interesse und auch von der Notwendigkeit her, führen wird, genau.

Götz Müller: Ja, ich finde es ja grundsätzlich sehr erfreulich, dass das schon so früh adressiert wird, wo ich glaube, manch andere Branche, ohne jetzt hier irgendeine an den Pranger zu stellen, sich da durchaus eine Scheibe abschneiden könnte.

Theresa Sachs: Ja, es ist auch an den Unis natürlich immer mehr Thema, aber wird auch in der Praxis, in den Projekten, in den Bauprojekten immer relevanter, teilweise ja sogar vertraglich auch verpflichtend und somit auch wichtiger, dann natürlich da Personen zu haben, die das ausüben und dann eben auch genau lehren oder lernen wollen.

Götz Müller: Jetzt ist Lean Construction natürlich ein breites Feld, auch wenn man sich auf das Thema Bau konzentriert, wobei natürlich Bau selber auch schon wieder sehr breit sein kann. Da die Frage, weil wir uns ja auf die Arbeit, auf die Masterarbeit konzentrieren, um was für Fragestellungen ging es in Ihrer Arbeit?

Theresa Sachs: Genau, ich habe mich mit den relevanten Erfolgsfaktoren für den Implementierungsprozess, also während der Implementierung beschäftigt, in bauausführenden Firmen der österreichischen Baubranche und vor allem den Fokus auf große Firmen, also wirklich die größten österreichischen Bauunternehmen analysiert und dort auch meine Studie durchgeführt in Form von den Experten- und Expertinneninterviews, die dann auch mit Personen aus den eben drei größten und noch ein paar weiteren österreichischen Bauunternehmen durchgeführt wurden und aus denen dann ausgewertet wurden.

Götz Müller: Jetzt könnte ich mir vorstellen, aber korrigieren Sie mich da gerne, dass natürlich eben Bauindustrie sich ein Stück weit von anderen Branchen unterscheidet und da, nicht umsonst, glaube ich, ist so ein Begriff Lean Construction entstanden, der das ja mit adressiert, besondere Herausforderungen bestehen.

Theresa Sachs: Genau, also es gibt natürlich relevante Unterschiede auch zu anderen Branchen oder vielleicht zur rein produzierenden Industrie, die an einem festen Standort immer wieder gleiche Tätigkeiten beispielsweise ausführt. Also da unterscheidet sich ja die bauausführende Branche oder die bauausführende Tätigkeit stark. Die Unterschiede liegen ja vor allem in der Durchführung und einfach auch in den Gegebenheiten, also die Umweltbedingungen. Das kann alles von Wetter über die klimatischen Bedingungen und einfach auch über die jeweiligen Bodengegebenheiten sein. Also da gibt es ja ganz viele individuelle Ansprüche dann pro Projekt, die einfach die Unterschiede und die Herausforderungen auch kennzeichnen.

Götz Müller: Der zweite Punkt, da tauchen wir natürlich jetzt schon ein bisschen tiefer ein, und ich könnte mir vorstellen, dass wahrscheinlich relativ wenige oder nur ein kleinerer Teil meiner Zuhörer im Baukontext intensive Erfahrung hat, welche Unterschiede ergeben sich bei verschiedenen Gewerken? Sie hatten speziell eben auch die Unternehmensgröße erwähnt. Auch daraus könnten sich ja Unterschiede ableiten innerhalb des Bauprozesses.

Theresa Sachs: Genau, also prinzipiell mal natürlich in die verschiedenen Akteure auch, also wenn jetzt die Frage eher auch in die Richtung gerichtet ist, dass ich sage, ich habe ja die bauausführenden Unternehmen, ich habe dann meine Subunternehmer, die weiterhin die Akteure wie den Bauherren, Architekten und so, die alle unter einen Hut dann zu bekommen oder da auch alle mit ins Boot zu holen, das ist auf jeden Fall ein relevanter Aspekt, ja.

Götz Müller: Was mich jetzt auch interessieren würde, Sie hatten es erwähnt, österreichische Bauindustrie, ich habe jetzt gewisse Einblicke in die deutsche Bauindustrie, wie da Regulatorik auch, das ist vielleicht nicht ganz der richtige Begriff, eine Rolle spielt, so die VOB, das BGB in Deutschland, die sich ja zum Teil sogar, so hat es mir mal auch ein Architekt, ein Anwalt aus dem Architektenrecht erklärt, dass es ja sogar teilweise widersprechende, konkurrierende Regelungen gibt. Existiert sowas in Österreich auch?

Theresa Sachs: Ja, natürlich. Das ist auch ein Thema. Wir sind ja dennoch auch noch mal deutlich kleiner als Deutschland und haben ja unsere Bauordnungen, die ja immer individuell auch im Bundesland sind. Somit ergeben sich dann durchaus Herausforderungen, einfach schon hinsichtlich der geografischen Gegebenheiten, wo gebaut wird, wo das Bauwerk steht. Jedes Bauwerk an sich stellt ja schon mal ein Unikat dar und ist dann natürlich auch noch hinsichtlich der jeweiligen Bestimmungen und auch der Bauordnung anzupassen und dementsprechend dann auch auszuführen.

Götz Müller: Und das hat ja dann vermutlich, so höre ich es raus, eben auch Einfluss auf den Bauprozess, wenn man das so nennt. Vor allen Dingen, und das ist ja dann auch so ein Punkt, der mir immer mal wieder begegnet, diese platte Aussage: Ja, wir bauen ja keine Autos und vor allen Dingen bauen wir eben Unikate. Ich könnte mir vorstellen, jetzt im Infrastrukturbau ist das vielleicht nochmal extremer.

Theresa Sachs: Genau, also wie gesagt, jedes Bauwerk stellt ein Unikat dar. Es ist halt dieser Wiederholungsprozess nicht so gegeben, wobei natürlich im Bauprozess selber immer wieder gleiche und ähnliche Schritte stattfinden, aber das Bauwerk als ein Ganzes stellt natürlich immer andere und neue Herausforderungen dar. Im Infrastrukturbau ist es eben auch genauso wie auf die Baubranche allgemein anzuwenden. Also es gibt einfach die individuellen Gegebenheiten pro Projekt, wo dann auch natürlich im Lean Construction Management die berücksichtigt werden müssen und genau individuell auch erarbeitet werden müssen.

Götz Müller: Ja. Ich glaube, das hat jetzt den, wie soll man es ausdrücken, das Umfeld, das Thema ziemlich gut umrissen. Und jetzt bin ich halt neugierig, was für neue Erkenntnisse, das ist jetzt so mein Verständnis eben auch von Masterarbeiten, ich hatte jetzt vor kurzem eine andere Unterhaltung mit auch jemandem, die eine Masterarbeit, eine Abschlussarbeit geschrieben hat und natürlich steckt immer der Gedanke dahinter, ich will ja mit dieser wissenschaftlichen Arbeit auch neue Erkenntnisse schaffen und da eben jetzt die Nachfrage, was gab es da bei Ihnen?

Theresa Sachs: Genau, ja. Also wie gesagt, der Fokus liegt natürlich in der Beantwortung der Forschungsfrage und damit neue Erkenntnisse dann zu generieren. Bei mir war vor allem oder am Schluss der Arbeit war vor allem ersichtlich, das wurde auch von allen Interviewten gleichermaßen betont, dass vor allem diese grundlegende Schaffung der Akzeptanz relevant ist und im Fokus steht. Wie gesagt, das war der einzige Aspekt, der von allen interviewten Personen erwähnt, bestätigt und auch ausgeführt wurde. Das heißt, das war auf jeden Fall so eines der größten Erkenntnisse. Und im Einklang mit dem Ganzen ist ja natürlich dann auch Schulungen, überhaupt das Thema aufzubringen, das Personal individuell zu schulen, jeden dort abzuholen, wo er auch steht. Also das sind so die größten Erkenntnisse hinsichtlich der Erfolgsfaktoren. Hinsichtlich dann zum Beispiel der Messungen, also wie man Lean Construction Management und auch den Implementierungsprozess und Implementierungsfortschritt messbar machen kann, ist auch sehr deutlich rausgekommen, dass das nach wie vor schwierig ist. Also natürlich, wir haben KPIs, wir haben andere Kennzahlen, aber die wirkliche Messung, das wäre nochmal ein Thema für eine ganz neue oder eigene Master-Thesis, sich das dann individuell anzuschauen, wie das genau vonstatten gehen könnte.

Götz Müller: Ja, auf jeden Fall fände ich spannend. Das ist für mich dann auch wieder dieses Universelle, wo man dann auch diesem Einwand – Ja, wir sind ja ganz anders – genau diese Vorbehalte sind meiner Ansicht nach branchenunabhängig, die, so wie Sie es gerade angedeutet haben, die begegnen einem überall. Und ich könnte mir eben vorstellen, dass dann eben auch die, Sie hatten es angedeutet, die Erfolgsfaktoren auch wieder einigermaßen universell sind. Weil unterm Strich geht es halt, habe ich so rausgehört, auch um Menschen, die ich halt dort abhole, wo sie stehen. Und mir fällt jetzt dieses dumme Beispiel ein, wo jemand seinen Schlüssel unter der Laterne sucht und dann fragt ihn jemand, was er denn sucht und ob er den auch überhaupt dort verloren hätte. Und dann sagt er: Nee, ich habe ihn woanders verloren, aber hier ist halt gerade ein schönes Licht.

Theresa Sachs: Ja, genau. Was hier dann halt dazukommt natürlich oder was auch dann das Thema der Baubranche ausmacht, ist einfach doch noch eine tendenziell stärkere traditionelle Prägung, also eine erhöhte Erschwernis dann auch hinsichtlich neuer und innovativer Prozesse, also der Implementierung hinsichtlich neuer Prozesse und auch Methoden. Und es geht ja auch allgemein immer beim Implementierungsprozess darum, einen kulturellen Wandel herbeizuführen, einen kulturellen Wandel zu schaffen. Und das ist auch herausgekommen oder auch schon aus der Theorie heraus hat sich das ergeben, dass das tendenziell in der Baubranche, in der traditionellen österreichischen Baubranche einfach deutlich schwieriger noch ist, deutlich langsamer vonstatten geht. Also es gibt ja Branchen, die da auch schon wirklich signifikant weiter sind als jetzt die Baubranche an sich. Und somit genau sind das auch die, eben auch wie Sie gesagt haben, der menschliche Faktor auch ganz klar im Vordergrund, die Erkenntnisse.

Götz Müller: Ja, ich glaube, da kommt natürlich eben dieser Punkt, sehr alte Branche. Man kann ja durchaus von Jahrtausenden, bis zurück zu Pharaos Zeiten und so weiter, von der Baubranche sprechen. Kann ich mir sehr gut vorstellen, dass das eine Hürde ist. Jetzt würde ich ganz gern auf diesen Punkt, und Sie hatten den Begriff schon mehrfach erwähnt, Implementierungsprozess von Lean Construction. Kann man dort etwas Typisches ableiten? Und wenn ja, wie sieht der dann aus für die Einführung?

Theresa Sachs: Genau, also vor allem, also es ist auch in allen Interviews und auch als Ergebnis der Master-Thesis rausgekommen, dass vor allem das Zuziehen externer Personen ins Unternehmen im Implementierungsprozess vor allem zu Beginn ausschlaggebend, also wirklich relevant ist. Das haben auch alle Unternehmen, wo ich Personen interviewen durfte, gemacht, dass sie sich externe Partner suchen aus dem deutschsprachigen Raum, die ihnen in den ersten Phasen geholfen haben und unterstützt haben. Weiter dann eben, wie ich es schon vorher erwähnt habe, auch das Schaffen der Akzeptanz, ganz relevant ist auch die Vorbildwirkung, also sich im Implementierungsprozess anzuschauen, dass die Führungskräfte und die, sage ich mal, von der Hierarchie vielleicht auch treibenden Kräfte einfach da voll dahinterstehen und das auch in der Vorbildwirkung leben, um dann einfach auch diesen vorher schon erwähnten kulturellen Wandel herbeiführen zu können.

Götz Müller: Das finde ich jetzt sehr spannend, weil ich gerade heute zufällig eine, im weitesten Sinne, Unterhaltung in LinkedIn, also keine typische Unterhaltung, wo man miteinander redet, aber wo man halt Aussagen austauscht. Und da die Frage einerseits externe Unterstützung, ja, kann ich nachvollziehen, bin ja selber einer von der Sorte. Wie gab es denn da Rückmeldungen, wie man meiner Ansicht nach eben auch vermeidet, dass jetzt eine Abhängigkeit entsteht?

Theresa Sachs: Ja, also prinzipiell, wie gesagt, im Anfangsprozess, zu Beginn auch des Implementierungsprozesses immer relevant und dann einfach auch schauen im Unternehmen, dass im Unternehmen Personen damit beauftragt werden, diese, sage ich mal, extern begleitende Tätigkeit dann auch im Unternehmen langfristig etablieren zu können. Und es ist durchaus in den Interviews herausgekommen, dass Personen, also externe Personen, wieder hinzugezogen wurden. Also so ein Implementierungsprozess ist ja auch nicht mit einem gewissen Stichtag dann abgeschlossen. Das kann ja bei neuen Thematiken, neuen Projekten oder Erweiterungen ja immer wieder relevant sein, wo eben externe Partner in jeweiligen, spezialisierten Gebieten auch wieder hinzugezogen werden können. Genau. Dennoch, um auf die Frage genau zurückzukommen, einfach die Implementierung und inklusive Personen des eigenen Unternehmens natürlich, das muss Hand in Hand gehen. Also nur extern oder nur intern wird schwierig. Das muss dann Hand in Hand gehen, diese Übertragung auch zu ermöglichen, um das langfristig auch etablieren zu können. Genau.

Götz Müller: Ja, da begegnet mir dann durchaus immer mal wieder so eine Aussage wie tendenziell, speziell eher von Führungskräften, ohne jetzt irgendwie die bashen zu wollen: Was sollen wir denn noch alles machen? Da die Nachfrage, existieren solche Effekte auch oder solche Widerstände unter Umständen? Und wenn ja, gab es dann Rückmeldungen aus den Interviews, wie man mit dem Thema umgeht?

Theresa Sachs: Das ist genau auch ein sehr guter Punkt. Also es ist auf jeden Fall bei den Herausforderungen auch klar herausgekommen, dass dieser vermeintliche Mehraufwand, dieses zusätzlicher Dokumentieren zu beginnen oder auch diese erhöhte Transparenz natürlich durchaus auf Widerstand stoßen und in den Unternehmen nicht immer so angenommen werden. Ist aber eben gerade dann auch, liegt dann eben gerade auch der Fokus drauf, sich dann mit diesen Personen auseinanderzusetzen, sich anzuschauen, woran liegt es, zu schulen, einfach auch aufzuklären über die Themen, auch vielleicht das Warum, vor allem auch das individuelle Warum, also die intrinsische Motivation zu stärken, dass man da ansetzt. Wenn es vereinzelt, es kann ja auch immer vorkommen, Personen gibt, wo es einfach schwierig bleibt, einfach auch im 1-zu-1-Gespräch noch einmal mit Geduld nachfühlen, wo man steht und was die Themen sind, um dann einfach zu dem gemeinsamen gesetzten Ziel zu kommen. Aber ja, ist durchaus Thema, auch in den Interviews gewesen.

Götz Müller: Ja, ein Stück weit ist es ein bisschen übertrieben ausgedrückt, fast schon beruhigend, dass auch da eine gewisse Universalität besteht und andererseits man von den Einzelfällen, so wie Sie es jetzt berichtet haben, eben halt auch was lernen kann. Und ich drücke es immer so aus, im Grunde steht ja bei jedem Einzelnen immer die Frage, unausgesprochen vor allen Dingen und auch sich selbst unausgesprochen, im Raum: Was habe ich davon? Und darauf sollte man halt wieder eine individuelle Antwort haben und das muss, glaube ich, so sehe ich es zumindest, nicht die Antwort sein, die man sich selber auf die Frage gibt.

Theresa Sachs: Genau, also das ist natürlich relevant, dass ich mir die Person vielleicht dorthin leiten kann, was ist die intrinsische Motivation, aber die Antwort kann sich auch eigentlich nur jeder selber geben im Endeffekt. Was auch als Beispiel genannt wurde, was teilweise gemacht wird in den Firmen, ist dann zum Beispiel so Meetups oder irgendwie lockere Lean-Lunches oder so, wo dann einfach die Leute zusammenkommen und auch voneinander lernen. Also, dass es auch nicht immer nur so ein frontales Vortragen oder irgendwie eine hoheitliche Anweisung ist, sondern dass natürlich auch dieses Lernen mit und voneinander, in unserem Fall jetzt zum Beispiel von Bauleiter zu Bauleiter oder von auch dann den Subunternehmenden, die dann wissen: Okay, ich habe das in dem Projekt schon erfolgreich angewandt. Ich kann das auch durch zum Beispiel Mundpropaganda weitertragen und sagen, das hat seine Vorteile und so werden dann auch die vielleicht intrinsischen Motivationen gesteigert, wenn man sieht: Okay, ich erspare mir dann wirklich Zeit oder habe mehr Zeit für andere Dinge im Unternehmen, in der Arbeit. Genau, das muss dann individuell entdeckt werden, ist aber eh, wie Sie auch gesagt haben, universell anwendbar.

Götz Müller: Ja, da würde ich jetzt insofern gerne noch ein bisschen nachbohren, weil in meinem Weltbild natürlich Baubranche ein sehr dezentrales Thema ist. Der einzelne Bauleiter ist halt für seine Baustelle oder seine Baustellen, also in der Mehrzahl, verantwortlich, trifft im Extremfall, vielleicht übertreibe ich jetzt gerade ein bisschen, andere Bauleiter, vielleicht nur auf der Weihnachtsfeier. Wie gelingt es jetzt eben in so einer sehr dezentralen Branche wie der Bauindustrie, die Menschen trotzdem zusammenzubringen?

Theresa Sachs: Genau, das ist ein sehr guter Punkt. Also wie gesagt, in einem Unternehmen habe ich es erlebt, dass eben diese gemeinsamen Events stattfinden, wo man einmal im Monat oder themenmäßig ein Meetup hat. Das auf jeden Fall. Und es ist natürlich durch diese Dezentralität einfach auch gegeben, dass oft die externen Partner oder auch die Lean-Manager im Unternehmen einfach vermehrt auf die Bausteine gehen müssen, aber natürlich dann auch geschaut werden muss, dass die Teams zusammenkommen. Was aber schon ist, auch in dieser dezentralen Organisation, dass ja in den Teams auch verschiedene Rollen übernommen werden. Also es gibt jetzt den Bauleiter, aber dann gibt es auch die Techniker und dann die Subunternehmer und auch Poliere und Vorarbeiter, die ja auch auf den Baustellen sind, die ein Team auch bilden und auch da sich gegenseitig beeinflussen können. Auch da hat jeder eine unterschiedliche Stellung zu dem Thema, wo auch schon ganz viel passieren kann. Die Subunternehmer sind natürlich auch auf mehreren Baustellen tätig. Auch da finden dann eine Durchmischung und eine Konfrontation statt. Genau, das sind so die Hauptthemen. Aber es ist natürlich neben der Weihnachtsfeier immer auch anzuraten, vermehrt oder öfter Schulungen und Treffen zu dem Thema zu machen, um das einfach zu stärken und da auch langfristig implementieren zu können.

Götz Müller: Ja, und ich glaube, das ist halt der Punkt, wo dann wirklich von ganz oben schlichtweg einfach die Zeit verfügbar gemacht werden muss und Menschen halt von vielleicht manchen Dingen dann ein Stück weit entlastet werden müssen, weil die Zeit halt einfach sich nicht beliebig vermehren lässt.

Theresa Sachs: Genau, also das auch wie vorher schon gesagt, es müssen die Führungskräfte und die Geschäftsleitung muss da einfach dahinterstehen, um das auch implementieren zu können. Also nur, sage ich mal, in der Ebene der Bauleitung anzufangen, wäre einfach zu wenig, weil, wie Sie gesagt haben, sowohl die Zeit als auch vielleicht die Budget- und Kostenkomponente da natürlich gegeben sein muss, um das auch implementieren und machen zu können und um da eine Priorität zu erkennen und auch dann auszuleben.

Götz Müller: Jetzt hatten Sie auch ein Element genannt, ein Teil Ihrer Arbeit, die Fortschrittsüberprüfung. Das würde ich ganz gern mit Blick auf die Uhr auch noch zum Abschluss ein bisschen vertiefen, weil ich glaube, auch da eben sich viel daraus lernen lässt und dann auf andere Branchen übertragen lässt.

Theresa Sachs: Genau, also die Fortschrittsmessung ist natürlich auch noch in den Kinderschuhen oder gibt es ja auch noch eben ganz viel Potenzial, da weiter zu forschen. Ein Beispiel, was mir ganz stark in Erinnerung geblieben ist, ist in einem Unternehmen, die das wirklich ganz transparent gestalten und dann anhand von Projekterfolgen, auch in wirtschaftlicher Sicht und aber auch in zum Beispiel der Messung von Mängel und Nacharbeiten, das ganz transparent auch aussenden und in den Zentralen auch aushängen oder auch auf Bildschirme zeigen, um da auch durch diese Fortschrittsmessung einfach noch eine Motivation schaffen zu können und durch diese Transparenz auch einfach da aufzuzeigen, was möglich ist, was auch erreicht werden kann. Und da ist mir rückgemeldet worden, dass das total positiv aufgenommen wird und auch dann wieder zu weiteren Anregungen führt, da mehr zu machen in die Richtung in den Projekten, genau.

Götz Müller: Transparenz, vermute ich auch in dem Hinblick, ja, da haben wir noch Verbesserungspotenzial. Also sich einzugestehen, dass man halt nur nicht supergut ist.

Theresa Sachs: Auf jeden Fall. Und das Thema Transparenz ist ja auch ganz oft ein Grund für den Widerstand jetzt von einzelnen oder von Personen oder Personengruppen, die ja dann plötzlich, was sie vielleicht über 20, 30 Arbeitsjahre nicht machen mussten, Sachen offenlegen und transparent machen müssen, was sie vielleicht auch gar nicht möchten im ersten Schritt. Und dann aber doch auch oft rückgemeldet wurde, dass es auch zu ganz tollen Erfolgen führen kann und auch eben zu einem mitgestärkten Miteinander, dadurch, dass es dann einfach ersichtlich ist, wer wo steht, wer an was arbeitet und was tatsächlich gemacht wird.

Götz Müller: Ja, das finde ich eben sehr spannend, weil Sie jetzt aus der Baubranche raus und mit einer wissenschaftlichen Arbeit im Grunde betonen, Dinge, die wieder sehr universell sind, die einem praktisch branchenunabhängig überall begegnen und dann auch da wieder man im Grunde den vielleicht vorhandenen Widerstand hat, so im Sinne von, ja, wir sind ganz anders, wo ich jetzt ein weiteres Beispiel habe: Nein, ist nicht ganz anders. Da kenne ich die Theresa Sachs und die kommt aus einer Branche, die einerseits ganz anders ist und andererseits dann doch wieder alles ähnlich.

Theresa Sachs: Genau, also es gibt sicher wie anfangs erwähnt die individuellen Unterschiede und einfach das, was auch die Baubranche ausmacht, aber natürlich also die Methoden und dann auch die menschliche Komponente bleibt dieselbe wie in anderen Branchen, die angepackt werden muss und an der es hängt, ob es scheitert oder ob es eben die Erfolgsfaktoren so gelingen.

Götz Müller: Deshalb an der Stelle zum Schluss danke ich Ihnen für die Zeit, für die schönen Einblicke, die Sie da geben konnten. Und für mich ein Stück weit ein weiteres Argument: Nein, ihr seid nicht ganz anders.

Theresa Sachs: Vielen Dank, ja. Danke schön.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Theresa Sachs zum Thema Erfolgsfaktoren bei der Implementierung von Lean Construction. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 371.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei Apple Podcasts. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
Jetzt eintragen und Artikel/Denkanstöße zukünftig per eMail erhalten.

Artikel teilen auf ...

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.