KVP – eine Frage der Anstöße

Anstöße

Die Anstöße zu diesem Artikel sind aus dem Buch „Nudge – Wie man kluge Entscheidungen anstößt“ von Richard H. Thaler und Cass R. Sunstein entstanden. Nudges sind Anstöße, die von den Autoren mit dem Modell des „Libertären Paternalismus“ vorgestellt werden. Der Grundgedanke ist dabei, dass Menschen grundsätzlich weder rational noch unbeeinflusst handelt. Die Gedanken der Autoren lassen sich in meinen Augen auch sehr gut auf den Kontinuierlichen Verbesserungsprozess, die dort agierenden Menschen (Mitarbeiter und Führungskräfte) und die zugrundeliegenden Konzepte übertragen.

Der Libertäre Paternalismus geht davon aus, dass Menschen oft nicht die Dinge tun, die gut für sie sind bzw. Dinge unterlassen, die ihnen schaden. Ähnliches gilt letztlich auch für ihr Verhalten im Unternehmen und damit für Unternehmen als Ganzes, weil sie von Menschen gemacht sind, diese dort agieren und von ihnen gesteuert werden.

Der Gedanke ist jetzt, dass den Menschen gewisse Anstöße oder auch Anreize geboten werden, ohne ihnen die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit zu nehmen oder sie zu beschneiden.

Die Autoren beschreiben zwei Arten des Denken (ähnlich wie Daniel Kahnemann in „Schnelles Denken, langsames Denken“), das intuitive-automatische Denken, das eher instinktiv, schnell und unbewusst abläuft und das reflektierend-rationale, das langsam vonstattengeht und von sorgfältigen Überlegungen geprägt ist. Das Problem dabei ist, dass es nicht vorhersagbar ist, wann welches Denken zum Einsatz kommt und die Entscheidungen bestimmt.

Nach Ansicht der Autoren haben beide Formen des Denkens Vor- und Nachteile und sind meiner Meinung nach auch auf den KVP anwendbar. Als Ursache wird die Komplexität des Lebens im Allgemeinen genannt und die Tendenz des Menschen dann auf (scheinbar) Bewährtes zurückzugreifen, oft auch auf persönliche Erfahrungen.

Die Ursache für die damit verbundene Verzerrung der Wahrnehmung ist laut den Autoren unbegründeter Optimismus, der typischerweise nicht der Realität entspricht, oft auch Trägheit basierend auf Angst vor Verlust, Veränderungen, Anstrengungen

„Die Geheimnisse der Lebenspfade darf und kann man nicht offenbaren, es gibt Steine des Anstoßes, über die ein jeder Wanderer stolpern muss. Der Poet aber deutet auf die Stelle hin.“

– Johann Wolfgang von Goethe

Als Abhilfe nennen die Autoren die genannten Nudges in Form kleiner Anstöße. Sie entfalten besondere Wirksamkeit, wenn sie für Entscheidungen herangezogen werden (können), die selten getroffen werden (Verbesserungen im KVP sind per Definition einmalig, weil neu), nicht genug Wissen verfügbar ist (sonst müsste im KVP, die Verbesserungen ja gar nicht angestoßen werden, weil sie schon umgesetzt wäre) oder Kosten und Nutzen zeitlich weit von einander entfernt sind (wobei im KVP manchmal für die Handelnden gar kein Zusammenhang erkennbar ist).

Während die Autoren hauptsächlich Themen aus dem persönlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld nennen (Gesundheit, Umgang mit Geld, Umweltschutz), sind es meiner Meinung nach im KVP die Anstöße, die Menschen dazu ermuntern, über die (täglichen) Arbeitsabläufe nachzudenken und damit Verbesserungen zu initiieren.

Solche Anstöße können regelmäßige KVP-Runden (bspw. wöchentlich zu einem festen Zeitpunkt). Während damit nicht erzwungen werden kann, dass Verbesserungsideen entstehen, ist aber schon die Gelegenheit in der Gruppe darüber nachzudenken, ein Anstoß und damit die Chance zur Verbesserung.

Ähnliches gilt auch für das betriebliche Vorschlagswesen, das Anreize für die Mitarbeiter, sich Gedanken über Verbesserungen zu machen. Etwas versteckter und auch mit weniger Freiwilligkeit verbunden ist dabei auch der Zwang für die Vorgesetzten, sich mit Verbesserungsvorschlägen von Mitarbeiter auf formale Weise zu beschäftigen. Dabei darf es jedoch nicht zu Effekten kommen, wie ich sie in diesem Artikel über Durchlaufzeit beschrieben hatte.

Eine weitere Form des Anstoßes – wenn auch mit etwas mehr Konsequenz, das heißt reduzierter Wahrfreiheit verbunden, ist die Coaching-Kata, die ebenfalls zwei Ansatzpunkte für die Anstöße enthält. Einerseits ist der Mitarbeiter im Rahmen der Coaching-Sessions gezwungen, sich den Fragen des Coaches zu stellen und damit Verbesserungsroutine aufzubauen. Andererseits ist aber auch der Coach – in der Regel eine Führungskraft oder ein Anwärter dafür – gezwungen, sich mit dem Arbeitsumfeld des Coachees zu beschäftigen, zwar nicht um selbst Verbesserungsmöglichkeiten zu finden aber doch um diese anzustoßen und auch dadurch einen eigenen Beitrag für Verbesserungen zu liefern.

Frage: Welche Anstöße bestehen in Ihrem Unternehmen für die Mitwirkung im KVP? Welche Effekte werden damit erzielt? Welche Steigerungsmöglichkeiten sind noch denkbar?

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