KVP – eine Frage der Taktik

Taktik

Den Anstoß zu diesem Beitrag hat ein Vortrag von Mike Rother gegeben. Dort vergleicht er die Vor­gehens­weise der Verbes­serungs- und Coaching-Kata mit der Auftragstaktik, die seit dem 19. Jahrhundert im militä­rischen Umfeld als Führungs­methode eingesetzt wird.

Die Gemeinsamkeit zwischen dem betrieb­lichen und militä­rischen Anwen­dungs­fall ist die Vorgabe von Zielen, während die Um­setzung den Verant­wort­lichen vor Ort über­lassen bleibt. Weitere Gemein­sam­keiten sind heraus­fordernde Ziele in komplexen, dynami­schen Systemen. Im Fall der Katas besteht zur Zieler­reichung damit ein systema­tischer Prozess aus Ent­deckung und Anpassung. Rother verweist in seinem Vortrag auch darauf, dass es sich damit um keine Problem­lösungs­methode handelt, sondern um einen Prozess zur Entwick­lung von Fähig­keiten – also eine Meta-Fähigkeit.

Die Ausbildung in diesem Prozess fokussiert sich dabei darauf, die Betei­ligten zu befähigen, den Weg der Um­setzung der Ziel­vorgaben selbst zu finden. Dazu gehört im Bezug zu Genchi Genbutsu (geh hin und sieh) am Gemba (Ort des Geschehens), dass die (Top-)Führungs­kräfte ihre Aufgabe nicht darin sehen, dass sie schlaue Anmer­kungen bzgl. erkenn­baren oder unsicht­baren Prob­lemen machen, sondern mittels der Fragen der Coaching-Kata die Weiter­entwick­lung anzustoßen bzw. in Bewegung zu halten.

Meiner Meinung nach dürfen die „Unter­gebenen“ aber diese Erwartung der schlauen Anmer­kungen umgekehrt auch nicht aus­drücken – auch nicht unbewusst, indem der Anwesen­heit der Führungs­kraft zu viel Bedeutung beige­messen wird. Vielmehr geht darum gemein­sam durch Übung neue Routinen zu entwickeln, die letzt­lich in Reflexen enden sollten (was vermut­lich auch ein nicht zu unter­schätzen­der Aspekt militä­rischen Drills ist ;-)

„Jede Strategie reicht bis zur ersten Feind­berührung. Danach kommt nur noch ein System von Aushülfen.“

– Helmuth Graf von Moltke

Einen Unterschied nehme ich wahr bei der Führungs­ebene, bis zu der (nach unten) die Methode eingesetzt wird. Dem Wiki­pedia-Artikel lässt sich ent­nehmen, dass die Grenzen im militä­rischen Umfeld (aber auch in der „gewöhn­lichen“ betrieb­lichen Hierar­chie) in meinen Augen deut­lich ober­halb der Ebene liegt, die im Toyota Production System (TPS) zum Einsatz kommt.

Dies drückt m.E. abermals die Sonder­stellung des TPS (Toyota Production System) aus, was auch im Gedanken des Respect für People zum Ausdruck kommt. Interes­santer­weise ist das ein Aspekt, der seine Wurzeln im der Job Relations Methode des TWI (Training Within Industry) hat, welches wiede­rum im quasi militä­rischen Umfeld der War Manpower Commission der USA zw. 1940 und 1945 entstanden ist und letzt­lich beim zugrunde­liegenden Mensch­bild seiner Zeit weit voraus war (und dem in nicht wenigen Unter­nehmen heute immer noch ist).
Mehr Informationen zu Training Within Industry im induux Wiki

Rother betont in seinem Vortrag auch, dass die Verbesse­rungs-Kata nicht im Wider­spruch zu vorhan­denen Methoden steht, seien sie aus dem Werkzeug­kasten des Lean Manage­ments oder anderen Quellen.

Welche Defizite im Führungs­umfeld auch heute noch bestehen, welche Folgen das haben kann aber auch wie diesem Dilemma entkommen werden kann, beschreibt sehr schön dieser Artikel.

Da durch die Digitalisierung die Komple­xität der System weiter zunehmen wird, kommt in der Zukunft der taktischen Befä­higung der Mitar­beiter eben­falls eine steigende Bedeu­tung zu, um die Komple­xität zu bewältigen.

Eine interessante Unterhaltung zur Auftragstaktik und Querbeziehungen zu Lean und Co. habe ich mit zwei früheren Bundeswehroffizieren in einer Podcast-Episode geführt. Hören Sie gerne mal rein.

Frage: Welche Führungs­methode herrscht in Ihrem Unter­nehmen vor? Wie ordnen Sie die Folgen ein? Was würden Verände­rungen bewirken?

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