Zu Einstieg trotzdem kurz die Definition die Proaktivität und die Abgrenzung zur Reaktion: In allen drei Begriffen steckt im Kern die Aktion, was schon mal besser ist als abwarten und nichts tun. Wobei hinter nichts auch eine Form des Handelns (nämlich das Nicht-Handeln) und eine zugrundeliegende Entscheidung steckt, nämlich die der Beibehaltung des Status Quo. Allerdings wird diese Entscheidung sehr oft nicht bewusst getroffen und stellt deshalb ein Problem dar, weil die Auswirkungen nicht wirklich bewusst gewählt werden.
Die Reaktion ist also die Handlung, die auf einen Impuls folgt. Zurecht kann man sich aber grundsätzlich die Frage stellen, ob eine Handlung – also eine Reaktion – ganz ohne (äußeren) Impuls möglich ist. In einem schon ziemlich Artikel hatte ich mir dazu schonmal ein paar Gedanken gemacht. Damit wird also auch die Proaktivität in der üblichen Form hinterfragt.
Vereinfacht ausgedrückt, ist die Proaktivität in meinen Augen auch nur eine Reaktion auf einen externen Impuls dar, wobei dabei einfach kein erkennbarer kausaler Zusammenhang (mehr) zu dem externen Impuls, oft aufgrund einer zeitlichen Distanz zwischen Impuls und Handlung.
Das ist auch der große Unterschied zur Voraktivität, bei der im Grunde einerseits gar keine Handlung stattfindet und damit auch der Impuls zur Handlung gar keine Rolle spielt.
Warum gibt es dann den Begriff der „Voraktivität“ überhaupt und warum schreibt er einen Artikel darüber – fragen Sie sich zu Recht. Ich will Sie jetzt auch nicht länger auf die Folter spannen, es gab genug einleitende Sätze.
– Viktor E. Frankl
Die Voraktivität ist eine Form der Handlung zur Schaffung von Routinen, die dann wiederum proaktive Handlungen ermöglichen. Die Voraktivität kann dabei durchaus auch Handlungen enthalten, die im Rahmen des KVP selbst Verbesserungen bewirken. Die Coaching-Kata als wichtigem Element der Toyota Kata ist ein typischer Vertreter der Voraktivität. Die Coaching-Kata schafft mit ihrer Routine in sich und in Verbindung mit der angestrebten Verbesserungs-Kata genau die Routine, die dann proaktive (und reaktive) Handlungen ermöglichen, wenn Probleme auftreten bzw. diese vorweggenommen werden sollen. Entscheidend ist aber, dass die Toyota Kata in sich schon Impulse in Form von Routinen enthält, die die systemexternen Impulse ersetzt bzw. in der vor- und proaktiven Form vorwegnimmt.
Trotz dieser Definition bin ich aber weiterhin der Auffassung, dass auch die Voraktivität ohne einen Impuls nicht entstehen, speziell da es sich um Routinen handelt, die von selbst so oder nicht entstehen. Mindestens dieser Artikel hat jetzt für Sie die Rolle des externen Impulses übernommen, weil Sie sich sehr wahrscheinlich vorher keine Gedanken dazu gemacht und dazu vermutlich auch keine Veranlassung hatten.
Im Fall der Coaching-Kata übernehmen die Coaches, also die Führungskräfte, die Rolle der externen Impulsgeber zur Schaffung der Verbesserungsroutine, der Verbesserungs-Kata. Für die Coaches selbst haben die Coach-Coaches die Rolle der Impulsgeber. Da hier typischerweise das Coaching auf einer gewissen Gegenseitigkeit beruht, könnte man damit die Toyota-Kata selbst schon fast als Perpetuum-Mobile bezeichnen. Trotzdem, denke ich, ist es nützlich, sich von Zeit zu Zeit externe Impulse zu holen, um der Entropie entgegenzuwirken. Dies kann durch externes Feedback erfolgen, durch (geführte) Reflexion oder durch Denkanstöße (wie diesem Artikel).
Sie können einen Kommentar hinterlassen, indem Sie hier klicken.
Artikel teilen auf ...
Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.