KVP – Eine Frage des Vertrauens

Vertrauen

Für den Erfolg des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses ist diese Frage ganz entscheidend. Vertrauen hat dabei viele Aspekte, die sich u.a. in den folgenden Stichworten ausdrücken: Vertrauen schenken, Vertrauen verdienen, Vertrauensvorschuss, Vertrauensaufbau, Vertrauensverlust, blindes Vertrauen, Vertrauensbeziehung.

Zum Thema Vertrauen gibt es viele Sprichwörter und Zitate, exemplarisch folgen hier ein paar, die die Quintessenz der Relevanz im Bezug auf den KVP m.E. sehr gut ausdrücken.

  • Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man weiß, dass man an seiner Stelle lügen würde. – Henry Louis Mencken
  • Wenn man einem Menschen trauen kann, erübrigt sich ein Vertrag. Wenn man ihm nicht trauen kann, ist ein Vertrag nutzlos. – Jean Paul Getty
  • Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat. – Matthias Claudius
  • Was andere uns zutrauen, ist meist bezeichnender für sie als für uns. – Marie von Ebner-Eschenbach
  • Misstrauen ist ein Zeichen von Schwäche. – Mahatma Gandhi
  • Wir beurteilen uns selbst auf Basis unserer Absichten und andere auf Basis ihres Verhaltens. – Stephen M.R. Covey
  • Man kann nicht heute Apfelbäume pflanzen und schon im nächsten Jahr die Früchte ernten. – Berthold Seitz

Das letzte Zitat hat offensichtlich direkt nichts mit Vertrauen zu tun. Es lässt sich jedoch einerseits auf den Prozess übertragen, durch den Vertrauen entsteht und andererseits auch auf den KVP selbst. In beiden Fällen sollten entsprechend dem Zitat die Erwartungen auf schnelle Ergebnisse nicht zu hoch gesteckt werden. Ein Erzwingen-wollen führt in beiden Fällen selten sofort zum gewünschten Resultat oder kann sogar entgegengesetzte Effekte haben. Erste Erfolge im KVP sind zwar wichtig und durchaus möglich, ein anhaltender Erfolg kann sich jedoch erst nach einer gewissen Zeit einstellen, d.h. der Aspekt kontinuierlich kann sich in allen Facetten – speziell der Mitwirkung aller Beteiligten – nicht sofort einstellen. Eine wichtige Grundlage für die Mitwirkung ist das Thema dieses Artikel: Vertrauen.

Wikipedia nennt drei unterschiedliche Vertrauensbezüge, die sich auch auf den KVP übertragen lassen.

Situationsbasiertes Vertrauen

Zwischen Mitarbeitern und Führungskräften, zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft, innerhalb von Teams. Diese Form des Vertrauens hat sicherlich das geringste Niveau. Es kann in bestimmten Situationen schnell geschaffen werden, ist jedoch nicht notwendigerweise übertragbar und ebenso auch schnell wieder zerstört.

Eigenschaftsbasiertes Vertrauen

Ein wichtiger Aspekt dafür ist der Vertrauensvorschuss und die daraus resultierende bzw. Damit verbundene Kompetenz- und Integritätserwartung sowie die Erwartung des allgemeinen guten Willen und der Geneigtheit gegenüber den Personen, der Organisation und der gemeinsamen Sache.

Identifikationsbasiertes Vertrauen

Zentrale Voraussetzungen hierfür ist die enge Zusammenarbeit und Offenheit im Umgang miteinander. Dazu gehört die regelmäßige Kommunikation untereinander, die Identifikation mit gemeinsamen Zielen und Werten, sowie die Berücksichtigung der Bedürfnissen der Partner, der größeren Gemeinschaft. Das identifikationsbasierte Vertrauen baut auch auf der gegenseitige Sympathie mit der Entwicklung einer (emotionalen) Bindung auf.

Nach Stephen M.R. Covey (s. Literaturtipp am Ende des Artikels) basiert Vertrauen auf zwei Dingen: Kompetenz und Charakter. Vertrauen bildet danach auch den entscheidenden Einflussfaktor auf Geschwindigkeit und Kosten in Unternehmen ebenso wie in übergeordneten Organisationsformen. In Produktionslinien kommt dieses Vertrauen zum Beispiel im Andon-Cord (Reißleine) zum Ausdruck, mit der jeder Arbeiter bei Problemen die Linie stoppen kann. Der Teamleiter wird ihm dann keine Vorwürfe wg. dem Stopp machen, sondern danach streben, möglichst schnell das Problem zu beheben und zukünftiges Auftreten zu verhindern. Hier gilt, dass dem Arbeiter beide Faktoren (Kompetenz ebenso wie Charakter) entgegengebracht werden (müssen), damit sich das gewünschte Vertrauen aufbauen kann. Umgekehrt muss auch er seinem Vorgesetzten trauen können, dass er nicht als vermeintlicher (oder realer) Überbringer schlechter Botschaften bestraft wird.

Vertrauen ist auch die Basis für Loyalität und alle weitere Vorteile, die daraus entstehen. Das gilt für alle betrieblich-organisatorischen Belange und auch in anderen Formen des Zusammenarbeitens (und -lebens).

M.E. lassen sich die o.g. Vertrauensbezüge auch in eine Reihenfolge bringen bzw. auseinander entwickeln. Durch situationsbedingtes Vertrauen lernen sich die Personen und deren Eigenschaften besser kennen. Daraus entsteht dann eigenschaftsbasiertes Vertrauen, das dann tiefer geht (höherstehend im Sinne der Wertigkeit). Bei einer weiteren positiven Entwicklung resultiert dann schließlich daraus identifikationsbasiertes Vertrauen, Vertrauen in seiner höchsten Form.

Der Ausgangspunkt ist das situationsbedingte Vertrauen und das Bewusstsein des gemeinsamen Agierens in einem System und den dadurch definierten Situationen. Dieses Bewusstsein kann im ersten Ansatz durchaus egostischer Natur sein. Wenn es sich mit dem Bewusstsein des gemeinsamen Systems und der resultierenden Abhängigkeit paart, ist es der Beginn eines vertrauensbasierten Zusammenwirkens und dient damit dem Einzelnen und dem System.

Ein zentraler Erfolgsfaktor im KVP (wenn nicht sogar DER) ist das Vertrauen ggü. der Veränderung und das Eliminieren der Furcht bzw. Angst vor den Folgen, besser noch das Eliminieren der (gefühlt negativen) Folgen der Veränderung selbst. An dieser Stelle sei auf Demings 14 Managementprinzipien verwiesen, insbesondere Prinzip 8: Beseitige die Atmosphäre der Angst (Drive out fear, so that everyone may work effectively for the company).

Frage: Welchen Einfluss übt das Vertrauen innerhalb der Belegschaft Ihres Unternehmens auf Veränderungsprozesse aus? Wo existieren hinderliche Defizite beim Vertrauen und wie gehen Sie damit um?


Literaturhinweis

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