Warum Sprachnachrichten nicht lean sind

Sprachnachrichten

In Zeiten zahlloser Messenger scheinen Sprachnachrichten immer mehr zuzunehmen. Gleichzeitig verknüpfen sie (scheinbar) das gute alte Telefon mit moderneren Formen der Kommunikation. Auch wenn die Asynchronität der Kommunikation ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist, sind Sprachnachrichten in meinen Augen alles andere als lean.

Damit meine ich jetzt nicht, dass die Kommunikation an sich im herkömmlichen Sinn möglichst schlank d.h. knapp sein sollte. Mir geht es dabei um andere Aspekte.

Sprachnachrichten mögen zwar aus der Perspektive des Sendern recht angenehm sein, weil man in der Regel schneller sprechen als schreiben kann. Das trifft insbesondere auf Smartphones und Tablets zu. Aber auch mit gewöhnlichen Desktops und Laptops hat man schneller etwas geschrieben als gesprochen.

Ganz anders stellt sich aber die Situation dar, wenn man sich in die Position des Empfängers versetzt und diesen als sprichwörtlichen Kunden betrachtet.

Da dreht sich die Situation nämlich völlig um, weil Lesen in Regel nämlich umgekehrt schneller geht als Hören. Das heißt der Vorteil der Zeitersparnis realisiert sich nur beim Sender (=Lieferant), lässt aber die Bedürfnisse des Empfängers (=Kunde) ziemlich außer acht.

Natürlich gilt das möglicherweise auch für einen geschriebenen Text und dementsprechend muss ich mich selbst an meinen eigenen Ansprüchen messen. Trotzdem nehme ich für mich in Anspruch, mir grundsätzlich mehr Gedanken über die Bedürfnisse meine Leserschaft zu machen, als der durchschnittliche Absender von Sprachnachrichten.

„Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“

– Johann Wolfgang Goethe (Faust)

Außerdem muss man in meinen Augen noch etwas genauer hinschauen, wenn es um die gesamte Zeit geht, die eine Nachricht benötigt. Dazu ist es notwendig, wieder auf die Senderseite zu schauen.

Die gesprochene Nachricht verliert nämlich dann ihren (vermeintlichen) Wert auch auf der Senderseite, wenn man nicht nur kurz etwas „raushauen“ will, sondern vor dem Versand der Nachricht den Inhalt nochmals überprüfen.

Dann tappt man nämlich in die gleiche Falle des größeren Zeitaufwands sich das Gesprochene nochmals anzuhören. Aus genau diesem Grund unterbleibt das dann sehr wahrscheinlich. Damit hat die gesprochene Nachricht beim Empfänger also nicht nur einen höheren Aufwand, gleichzeitig sinkt ihr inhaltlicher Wert auch noch.

In meiner Erfahrung aus hunderten von Blog-Artikeln entsteht bei Schreiben nämlich der Effekt, dass gerade durch das langsame Schreiben, der zugrundeliegende vielfach schnellere Denkprozess, automatisch die Qualität der Nachricht weiter steigert, weil man schon beim Schreiben in der Lage ist, den Inhalt zu überdenken.

Auch hier gilt die NLP-Vorannahme, dass sich der Wert der Kommunikation in der Reaktion des Gegenübers ausdrückt. Das setzt aber voraus, dass man sich über die gewünschte Reaktion des Empfängers auch Gedanken gemacht hat (=Kundenorientierung).

Bei bloßen Sprechen ist diese Möglichkeit in meiner Erfahrung deutlich kleiner und fällt oft in die Kategorie „woher soll ich wissen, was ich meine, bevor ich höre, was ich sage“. Was aber eben in der Regel unterbleibt, weil man sich die eigene Sprachnachricht selten vor dem Versand nochmals bewusst anhört. Weil es zeitlich zu aufwändig wäre, was unterm Strich wieder keine Kundenorientierung ist, weil es mir der Empfänger im Prinzip nicht Wert ist.

Natürlich setze ich nicht voraus, dass sich jemand vor dem Senden einer Sprachnachricht diese Gedanken macht (was aber wiederum in meinen Augen die fehlende Kundenorientierung verstärkt und deshalb umso mehr nicht lean ist). Einige Gedanken sind auch mir erst beim Schreiben dieses Artikels bewusst geworden.

Jetzt will ich den Leser aber nicht mit diesen Spitzfindigkeiten alleine zurücklassen, sondern habe mir zwischendrin auch Gedanken gemacht, wie man dem Dilemma entkommen kann.

Die Lösung ist dabei das Diktieren und folgende Spracherkennung einer Nachricht. Hier vereinigen sich die Vorteile aus beiden Welten und kommen zeitlich sowohl dem Sender als dem Empfänger zu gute.

PS: Jetzt mag sich der ein oder andere fragen, wie es denn mit Anrufbeantwortern ist. Da ist die Sprachnachricht in meinen Augen in Ordnung, weil der Empfänger durch die Schaltung des Anrufbeantworters diese explizit wünscht (bzw. zumindest nicht durch die bloße Schaltung einer Ansage verhindert hat). Deshalb habe ich auch keine Hemmung auch mal eine längere Nachricht aufzusprechen.

Frage: Wie geht es Ihnen mit dem Empfang von Sprachnachrichten? Welche Gedanken machen Sie sich bei Nachrichten über den Empfänger? Wie können Sie dessen Bedürfnisse berücksichtigen?

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