Lass dein Leben nicht von deinem Vorstellungsvermögen beherrschen.
Sondern ändere dein Vorstellungsvermögen.
Und als ich jetzt mit dem Artikel loslegen wollte, fällt mir auch auf, dass ich leider auch nicht mehr sagen, wie daraus dann der Bezug zum Titel dieses Beitrag bzw. konkreter zum Verstand entstanden ist. Deshalb werde ich einfach (mal wieder) meine Gedankengänge verschriftlichen und mich selbst vom Ergebnis überraschen lassen.
Das erste, was mir einfällt, ist die Gegenüberstellung von Vorstellungsvermögen und Verstand. Spontan kommen mir da ein paar Bilder von kleinen Kindern in den Sinn, bei denen der Verstand eines Erwachsenen kaum in der Lage ist, die entsprechende „Sache“ rauszulesen. Meistens, weil ihm der Bezug dazu fehlt und damit auch das Vorstellungsvermögen. Ein beispielhaftes Bild an dieser Stelle ist das Bild im kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry, bei dem der Erwachsene zuerst nur einen Hut sieht, aber in Wahrheit eine Schlange dargestellt wird, die einen Elefanten gefressen hat. Die zugrundeliegende Frage ist dabei, was in der angenommenen Darstellung des Hutes Angst hervorrufen könnte.[1]
Metaphorisch lässt sich das auf das Lean-Prinzip des Genchi Genbutsu übertragen. Natürlich kann man seinen Verstand nutzen und aus einem Bericht über eine „Sache“ mittels der eigenen Vorstellungskraft etwas herauslesen und vielleicht sogar mittels beidem eine Lösung entwickeln.
Dabei bleibt aber in meinen Augen immer zumindest ein Restzweifel bestehen, ob einem der Verstand (und die möglicherweise davon abgeleitete Vorstellungskraft) nicht doch einen Streich spielt und die Situation in Wahrheit doch eine ganz andere ist.
Der bessere Weg wäre also, sich selbst ein direktes Bild zu verschaffen und nicht den mindestens doppelt vorhandenen Wahrnehmungsfiltern zu vertrauen. Der erste Filter tritt beim Ersteller des Bildes (oder Berichtes) auf, wenn also die Realität in Worte oder eben in eine Zeichnung gefasst wird und dabei viele Details der Situation verloren gehen können. Je nach Hintergrund der betreffenden Person und dem betreffenden Kontext (bspw. realer oder wahrgenommener Zeitmangel bei der Erstellung) können das durchaus erhebliche Details sein. Dabei geht es mir aber gar nicht darum, die betreffende Person in irgendeiner Weise zu beurteilen oder die „Verluste“ kausal in dieser Person zu verorten.
– Immanuel Kant
Der zweite Filter tritt dann beim Betrachter des Bildes oder Leser des Berichts auf, bei dem im Grunde der umgekehrte Prozess passiert, dass also aus der Wahrnehmung von Sätzen und Worten oder Bilddetails wiederum eine Form der Verzerrung der Realität stattfindet.
Ähnlich wie bei dem Unterschied zwischen Kausalität und Korrelation sollte man sich über diese Effekte immer bewusst sein (indem man sich seines Verstandes bedient und sich dabei gleichzeitig immer auch dessen Grenzen und der Grenzen der Vorstellungskraft bewusst ist) und sich dadurch nicht in die Irre führen lässt.
Im NLP kommen diese Effekte in der Vorannahme „die Landkarte ist nicht das Gebiet“ zum Ausdruck.[2]
Im übertragenen Sinn steckt das darin verborgen, dass im PDCA-Zyklus und der Abbildung auf die achte Schritte des Toyota Problemlösungsprozesses fünf davon auf auf die Plan-Phase entfallen und ein nicht unerheblicher Anteil dafür verwendet wird, dass die Beteiligten und Betroffenen das gleiche Bild der Situation haben, sowohl im Bezug auf den Ist-Zustand also auch auf den angestrebten Ziel-Zustand der durch das nächste Experiment erreicht werden soll.
Ein Weg, diese gemeinsame Sicht zu schaffen – also vergleichbare Landkarten im Bezug auf Verstand und Vorstellungsvermögen – sind die fünf Fragen der Coaching Kata aus dem Modell der Toyota Kata von Mike Rother.
Die Fragen helfen dabei nicht nur dem Befragten, dessen Bewusstsein über die Situation zu schärfen, sondern auch dem Fragesteller sein eigene möglicherweise vorhandene Sicht auf die Situation mit der Wahrnehmung des Befragten abzugleichen.
Der Appell zum Abschluss des Artikel ist jetzt (vermutlich) auch nicht genau der, den ich ursprünglich im Sinn hatte.
Trotzdem ist es m.E. nicht verkehrt, den eigenen Verstand (auch und gerade in einer Führungsrolle) immer kritisch zu hinterfragen, ggf. mit der Vorstellungskraft abzugleichen, und diese Reflexion auch mit anderen Beteiligten im Verbesserungsprozess abzugleichen und sie in die Reflexion einzubeziehen.
[1] Bild aus Der kleine Prinz[2] NLP-Vorannahme
Frage: Wie nehmen Sie Ihren Verstand im Verbesserungsprozess wahr? Welche anderen Einflussfaktoren bestehen darüber hinaus? Welche Schlussfolgerungen leiten Sie daraus ab?
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