Wo Verbesserungsvorschläge an Grenzen stoßen können

Grenzen

Über den Fluch eines Kundenmitarbeiters hatte ich schon mal etwas erzählt [1]. Während das ein positiver Effekt war, darf man nicht von so einer Situation auf eine Allgemeingültigkeit schließen. Das gilt insbesondere für die eigene Wahrnehmung und die resultierende Meinungsäußerung gegenüber Dritten.

Wenn man sich mit Lean Themen und im besonderen den sieben Verschwendungsarten eine gewisse Zeit lang einigermaßen intensiv beschäftigt, wird früher oder später ziemlich unweigerlich die Situation eintreten, dass man ganz natürlich und schon fast unbewusst Optimierungspotenziale wahrnimmt und es gleichzeitig für ganz natürlich hält, dass diese Potenziale auch zu heben, das heißt entsprechende Optimierungen im Sinne des 2-Second-Lean-Konzepts auch sofort umzusetzen [2].

Falls die Optimierung eigene Tätigkeiten betrifft, gibt es auch keinen vernünftigen Grund dies nicht sofort umzusetzen.

Ganz anders sieht das jedoch aus, wenn es um Tätigkeiten anderer Personen geht.

In diesen Situationen kann man einerseits nicht erwarten, dass diese anderen Personen über die gleiche Wahrnehmung verfügen und dass die Verbesserungen dort auf ein ähnliches Verständnis stoßen.

Das gilt sowohl für die Erkenntnis des Verbesserungspotenzials als auch für die Notwendigkeit zur Verbesserung an sich. Aus einem natürlichen Reflex die mögliche Verbesserung zu äußern, kann ganz schnell eine (unbewusst) zugeschriebene Klugscheißerei oder sogar Besserwisserei werden.

Im Grunde handelt es sich bei den Verbesserungsvorschlägen auch um eine Art von Feedback, das in oben geschilderten Situationen ungefragt gegeben wird und deshalb auch auf vergleichbare Reaktionen (in Form von Ablehnung bzw. Zurückweisung) stoßen kann.

„Fortschritt besteht nicht in der Verbesserung dessen, was war, sondern in der Ausrichtung auf das, was sein wird.“

– Khalil Gibran

Letztlich entsteht auch durch diese Form der Anmerkungen immer ein gewisses Gefälle in einer „Beziehung“, weil – für beide Seiten – immer mitschwingt „hey, ich glaube, du machst etwas falsch (weil es ja sonst keinen Grund gäbe es anders zu machen)“. Und in der Regel ist das nichts, was jemand hören möchte.

Während es in klassischen Beratungsszenarien gut funktioniert, solche Fälle vor dem eigentlichen Auftreten schon zu erwähnen bzw. anzukündigen (um die Brisanz abzuschwächen), lässt sich das für persönliche bzw. Alltagssituationen eher schwierig umsetzen.

Eine besondere Herausforderung kann dabei insbesondere entstehen, wenn diese geschärfte Wahrnehmung unabhängig und losgelöst von der „Beziehung“ an sich entsteht und sich entsprechend „plötzlich“ herausbildet und der Kompetenzprozess von unbewusst inkompetent über bewusst inkompetent und bewusst kompetent zu unbewusst kompeten insgesamt selbst unbewusst durchlaufen wird.

Ein Ausweg aus diesem Dilemma kann dabei sein, genau diese geschilderten Situationen mit der entsprechenden Ablehnung bewusst wahrzunehmen, nicht auf die Ablehnung selbst mit Widerspruch zu reagieren, sondern die Chance zur Reflexion zu erkennen und zu ergreifen. Daraus kann dann ein Artikel wie dieser entstehen ;-)

Auf der Beziehungsebene (gilt auch für Arbeitsbeziehungen u.ä.) kann es die Chance sein, diese Wahrnehmungen und resultierende Reaktionen beiden Seiten bewusst zu machen und damit mögliche Brisanz zu vermeiden, wenn nicht für den akuten Fall so doch zumindest für die Zukunft.

Das gilt auch für die immer vorhandene „Beziehung“ zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. In der Regel ist die Augenhöhe dabei so oder so schon nicht gegeben. Zumindest als Führungskraft kann man sich immer auch die Frage stellen, ob es für die Erzielung der Arbeitsergebnisse hilfreich und nützlich ist, wenn dieses Gefälle durch die geschilderte Klugscheißerei bzw. Besserwisserei zusätzlich vergrößert wird.

Im Rahmen der Layered Process Audits kommt es regelmäßig und auch gezielt zu vergleichbaren Situationen. Deshalb ist es dabei besonders wichtig, bei der Einführung von LPA auf der kommunikativen Ebene sehr gezielt vorzugehen und genau solche Situationen und die implizierten Wahrnehmungen und Reaktionen der Beteiligten bewusst zu adressieren. Ähnliches gilt auch für Konzepte wie die Toyota Kata. In den Job Instructions des Training Within Industry wird dieser Sache durch das einleitende “Put the worker at ease” Rechnung getragen.

Wenn Sie wissen möchten, wie die Einführung von Layered Process Audits in Ihrem Verantwortungsbereich aussehen können, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

[1] Blog-Artikel Warum Lean ein Fluch sein kann
[2] 2 Second Lean

Frage: Welche Reaktionen haben Sie schon auf (gut gemeinte) Verbesserungsvorschläge erhalten? Was könnte die Ursache diese Reaktionen gewesen sein? Wie hätten Sie diese Reaktionen vermeiden können?

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