KVP – eine Frage der Flexibilität

Flexibilität mag sich grundsätzlich wie ein Widerspruch zur Routine aus dem letzten Artikel KVP ist eine Frage der Routine anhören. Meiner Meinung nach sind es aber nur die zwei Seiten einer Münze oder die zwei Enden einer Stange, bei der es nicht möglich ist, eine Seite hochzuheben ohne ebenfalls die andere. Dieser Artikel geht auf die Wechselwirkung zwischen den beiden Polen und die Abhängigkeit dazwischen ein. Natürlich unter dem speziellen Blickwinkels des Konti­nuier­lichen Verbesse­rungs­prozesses.

Flexibilität

Flexibilität vs. Routine

Im Fall von Flexibilität und Routine ist das Verhältnis der beiden Begriffe nicht ausgewogen. Das heißt hier konkret, dass Routine ohne Flexibilität möglich ist, Flexibilität ohne Routine dagegen zwar möglich aber nicht unbedingt sinnvoll. Routine ist dabei das Licht, ohne das es keinen Schatten gibt. Oder das Feuer, das den Rauch erst verursacht. Das heißt, erst die Dualität der beiden Begriffe schafft durch die Routine die Basis für die Flexibi­lität.

Sehr gut kommt diese Beziehung zwischen Flexibilität und Routine im Begriff Shu-Ha-Ri aus dem asiatisch / japanischen Kampfsport (speziell Aikido) zum Ausdruck. Er zeigt die Entwicklung von der Routine in die Flexibi­lität auf und beschreibt die Abhängigkeit der Flexibilität von der Routine. Erste Gedanken dazu habe ich bereits in einem früheren Artikel (KVP ist wie Kampfkunst) dargelegt.

Shu

Diese Ebene umfasst zu Beginn die bewusste Inkompetenz, die sich dann zur bewussten Kompetenz entwickelt. Dabei spielt die Routine die wichtige Rolle, dass Techniken und Methoden erlernt und zu Beginn lehr­buchhaft eingesetzt werden. Im KVP sind es die regelmäßigen KVP-Runden mit definierten Regeln und Vorgehens­weisen, die die zeitliche und inhalt­liche Routine schaffen, auf der die Flexibilität der Verbesserung aufsetzt. Dazu gehören auch kommuni­kative Aspekte, die in einem späteren Artikel beschrieben werden.

Ha

Auf dieser Ebene entwickelt sich die bewusste Kompetenz zur schon teilweise unbewussten Kompetenz. Hier kommen die ersten Flexibi­litäts­aspekte ins Spiel. Die Sicherheit der Routine aus dem ersten Schritt zahlt sich jetzt aus. Erste (eigene) Erfolgs­erlebnisse geben die Zuversicht in die Methode, es ist nicht mehr alles fremd und ungewohnt.

Ri

Die Ri-Stufe geht noch einen Schritt weiter und erlaubt dann auch das freie Anwenden der verinner­lichten Techniken und Methoden. Im KVP ist es das Konzept des Daily-Kaizen, bei jeder beim täglichen Tun automatisch darauf achtet, Verschwendungen zu vermeiden und die Wert­schöpfung zu steigern. Die Routine tritt hier in den Hinter­grund, da das Gesamt­konzept in das unbewusste Tun eingedrungen ist.

Das Konzept des Shu-Ha-Ri lässt sich auf viele Lern­situa­tionen außerhalb des Kampf­sports und des KVP anwenden, bspw. Fahrrad oder Auto fahren, Fremd­sprachen. Umgekehrt zeigt die Abbildbarkeit von (unbewussten) Lern­strategien, d.h ohne das Wissen darüber auf einer Metaebene, dass Shu-Ha-Ri eine universell einsetzbare Technik ist.

Das Beispiel des Shu-Ha-Ri zeigt die Abhängig­keit der Flexibi­lität von der zugrunde­liegenden Routine. Ohne diese Basis und den Kontrast kann eine gezielte und bewusste Flexibi­lität nicht existieren, weil das Bewusst­sein dafür und die Bezugsgröße fehlt.

Frage: Welche Flexibilität entsteht in Ihrem Unternehmen auf der Basis definierter Prozesse? Wo wird Flexibilität als Ausrede für fehlende Prozesse benützt? Wie lässt sich das vermeiden?

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