Während sich die bisherigen Artikel der Serie “KVP ist eine Frage des/der …” eher im Bereich philosophischer Betrachtungen bewegten, geht es im vorliegenden Artikel um einen ganz praktischen Erfolgsanteil des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, nämlich die Routine.
Ein anderer Begriff für Routine ist Standard. Arbeitsstandards erlauben den Fokus auf die wichtigen spezifischen Details der Arbeitsschritte. Das gilt nicht nur für die Arbeitsschritte, sondern auch für den Prozess zur Verbesserung der Arbeitsschritte, also den KVP.
Die Routine hat dabei zwei Dimensionen, die es zu betrachten gilt. Zum einen ist da die Dimension der inhaltlichen Anwendung. Die andere Dimension ist die der zeitlichen Anwendung.
Inhaltliche Routine
Diese Form der Routine dreht sich um die konkreten Aktivitäten innerhalb des Verbesserungsprozesses. Auf übergeordneter Ebene ist das der PDCA-Zyklus. Seine vier Schritte Plan, Do, Check, Act (Planen, Tun, Prüfen, Standardisieren) bilden das Rückgrat des KVP. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt dabei auf dem ersten Schritt Plan. Hier werden die Grundlagen für den späteren Erfolg oder Misserfolg gelegt. Der notwendige Zeitaufwand kann durchaus 50 % oder mehr des Gesamtaufwands betragen. Im letzten Schritt werden dann durch die Routine neue Standards geschaffen.
Auf einer untergeordneten Ebene begegnet uns die Routine in der Form dessen, was Mike Rother Verbesserungs-Kata nennt.
Auf einer Meta-Ebene kommt die Routine der Coaching-Kata zum Tragen. Diese Form unterstützt den Betreuer/Begleiter/Coach des KVP-Moderators vor Ort durch immer wieder gleiche Fragen, die ihm (dem Moderator bzw. Mitarbeiter) durch den Coach gestellt werden.
In allen drei Ebenen dienen Checklisten dem Schutz der Professionalität vor den negativen Auswirkungen von Gewohnheiten. Dieser Punkt mag sich jetzt erstmal widersprüchlich und paradox anhören. Er drückt aber perfekt das Wesen von Arbeitsstandards, sowie die Ambivalenz von Gewohnheiten und Routinen aus. Positive Auswirkungen entstehen nur durch den bewussten Umgang damit. Unterbleibt dieser bewusste Umgang, besteht die große Gefahr, dass die Gewohnheit und Routine in die negativen Auswirkungen eines Lasters umschlägt, das dem Menschen Fesseln anlegt, aus denen er sich nicht befreien kann.
Zeitliche Routine
Die zeitliche Routine ergibt sich durch die regelmäßige Anwendung des KVP. Erst dadurch verdient er den Namensbestandteil “kontinuierlich”.
Ähnlich wie die inhaltliche Routine entsteht sie nicht von selbst, sondern muss erworben werden. Der Erwerb kommt durch die Wiederholung zustande. Dies ist auch die gemeinsame Klammer der beiden Routinen. Ein anderes Wort für Routine ist auch Gewohnheit. Gewohnheiten bzw. Routinen sind starke Einflussfaktoren auf Menschen ebenso wie die Organisationen, in denen sie sich bewegen und die sie bilden. Genau betrachtet sind es wechselseitige Einflussfaktoren bzw. Einflüsse, die in allen Richtungen wirken. Aufgrund dieser wechselseitigen Einflüsse ist der bewusste Umgang mit ihnen ein entscheidender Aspekt, um die Gewohnheiten und die Routine nutzbringend einzusetzen.
Die inhaltliche und die zeitliche Routine bilden zwei zentrale Säulen des KVP. Wenn sich die Frage nach der Wichtigkeit stellen sollte, würde ich aus eigener Erfahrung die zeitliche Routine vorziehen. D.h. es ist wichtiger, dass die KVP-Runden stattfinden, als sie inhaltlich perfekt sind. Eine zeitliche Routine ist einfacher zu erreichen als eine inhaltliche. Die inhaltliche Routine zieht zwar auch oft die zeitliche Routine nach sich, sie bedarf jedoch Anstrengungen in beiden Dimensionen und benötigt daher mehr Energie zur Überwindung des aktuellen Zustands.
Da der Menschen und mit ihm verbundene Organisation auch bzgl. Routinen und Gewohnheiten nicht in einem Vakuum lebt (wie auch bzgl. Kommunikation, Verhalten und Kultur), ist der Ersatz vorhandenen Routinen ein wichtiger Punkt, den es bei der Erzielung neuer Routinen zu berücksichtigen gilt. Einerseits weil es das Beharrungsvermögen zu überwinden gilt und andererseits weil eben neue Routinen nicht im luftleeren Raum entstehen, sondern immer nur alte Routinen ersetzen. Das ist speziell dann interessant, wenn bestehende Gewohnheiten überwunden werden sollen. Das gelingt nur, wenn die bestehenden Gewohnheiten durch neue ersetzt werden.
Weiterführende und vertiefende Gedanken zu Routinen und Gewohnheiten finden Sie in folgenden zurückliegenden Artikeln:
- Prozesse und Gewohnheiten
- Prozesse und Gewohnheiten – Teil 2
- Prozesse und Gewohnheiten – Teil 3
- Standards in Seenot
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Literatur
Charles Duhigg: Die Macht der Gewohnheit: Warum wir tun, was wir tun
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