Nach dem WM-Achtelfinale Deutschlands gegen Algerien hatte ich bei der Kurzpräsentation bei einem Unternehmerfrühstück Vergleiche mit Verschwendungen gezogen, wie sie in Unternehmen immer wieder auftreten. Ein Aspekt war dabei die Durchlaufzeit von 120 Minuten bei besagtem Spiel, die dann im nächsten Spiel gegen Frankreich um 25 % auf 90 Minuten reduziert wurde. In einer anschließenden Mitglieder-Mail habe ich mich zu der Aussage verstiegen, dass die auch wichtige Bearbeitungszeit von 90 min ja kaum zu reduzieren wäre. Anmerkung: Diesen Artikel habe ich vor dem Endspiel geschrieben und danach auch nicht mehr korrigiert.
Im Halbfinale gegen Brasilien (7:1) musste ich mich dann eines Besseren belehren lassen, als faktisch die Entscheidung – im fußballerischen Sinn die Bearbeitungszeit – durch fünf Tore innerhalb von 18 Minuten fiel. Dieser Punkt bringt mich auf das Thema dieses Beitrags. Letztlich hat mir (und vermutlich sehr vielen anderen) die Vorstellung gefehlt, was möglich ist.
Auch im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess spielt die Vorstellung der möglichen Verbesserungen eine entscheidende Rolle. Deshalb ist es wichtig, dass die Ausrichtung der Anstrengungen sich an einer Vision orientiert, auch wenn diese typischerweise jenseits des Erreichbaren liegt. Von dieser Vision und Ausrichtung hängt dann der nächste Ziel-Zustand ab. Zur Definition des Ziel-Zustands ist eine ausgewogene Vorstellung über die Erreichbarkeit bei einer gleichzeitig anspruchsvollen Herausforderung notwendig. Genau genommen geht also gar nicht um Verbesserungen (also das Verlassen eines Ist-Zustands), sondern um das Streben nach einem Ziel-Zustand.
Die Reduktion und Vermeidung von Verschwendung ist sicherlich ein wichtiger Aspekt im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Dieser Verbesserungsansatz geht aber immer von einem Mangel, einem Problem, einer Schwäche aus. Die Vorstellung einer positiven Zielsituation bis hin zu einer Vision kann jedoch ganz andere Kräfte entwickeln und freisetzen. Erst im zweiten Schritt ist der Ist-Zustand als Ausgangspunkt dann wieder wichtig, weil nur zwei Punkte eine Richtung definieren können.
– Michael Ende
Wenn als Ausgangspunkt und Antrieb für Verbesserungen jedoch nur der aktuelle Ist-Zustand gewählt wird, bleibt es bei einer Weg-von-Motivation, die zwar einen starken ersten Antrieb erzeugen kann, dem es aber an besagter Richtung und wahrscheinlich auch an Dauerhaftigkeit fehlt. Der wichtigere Punkt ist also der Ziel-Zustand, der nicht vom aktuellen Ist-Zustand aus gewählt wird, sondern der sich an einer deutlich übergeordneten Ausrichtung der Vision orientiert. Durch diese generelle Ausrichtung entsteht auch nach dem Erreichen des Ziel-Zustands keine Leere, sondern es wird vergleichsweise einfach, den nächsten Ziel-Zustand auszumachen und anzuvisieren. Im NLP werden diese Ziel-Zustände durch die Wohlgeformtheitskriterien für Ziele charakterisiert. Ein wichtiger Aspekt ist auch dort die Ausrichtung der Ziele an einer übergeordneten Vision. Im Idealfall (u.U. ist auch das ein visionärer Gedanke) sind die Ziel-Zustände dann nicht nur die „Connected Dots“, von denen Steve Jobs gesprochen hat und die dann erst im Rückblick einen roten Faden ergeben.
Die Vorstellung über die Vision entwickelt sich in meinem Weltbild (meiner Vorstellung ;-) nicht so geschwind über Nacht. Das kann durchaus „harte Arbeit“ sein und einen gewissen Fleiß und aktives Dranbleiben erfordern. Die Vorstellung und die Vision können selbst auch einer Weiterentwicklung unterliegen.
Sie können einen Kommentar hinterlassen, indem Sie hier klicken.
Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.