Kaizen 2 go 277 : Prozesse im Ausgabenmanagement


 

Inhalt der Episode:

  • Welche Aspekte fallen alle unter den Begriff Ausgabenmanagement und die begleitenden Prozesse?
  • Welche Herausforderungen entstehen dadurch für die Unternehmen und die verschiedenen Beteiligten im Unternehmen?
  • Wie wirkt sich Home Office und Remote Work auf diese Aspekte aus?
  • Was kann Digitalisierung in diesem Kontext leisten?
  • Was bedeutet das für die Mehrzahl der Unternehmen, spez. KMU?
  • Wie können Auswege aus diesem Dilemma aussehen?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 277 : Prozesse im Ausgabenmanagement

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Thomas Seidel bei mir im Podcast-Gespräch. Er ist der Country Manager von Spendesk Deutschland. Hallo, Herr Seidel.

Thomas Seidel: Hallo, grüße Sie, schönen guten Tag, freu mich hier zu sein, herzlichen Dank für die Einladung.

Götz Müller: Ja, gerne, gerne, freut mich auch, dass das heute klappt. Jetzt habe ich schon ein kurzes Stichwort zu Ihnen gesagt, aber stellen Sie sich gerne noch mal den Zuhörern mit zwei, drei Sätzen mehr vor.

Thomas Seidel: Ja, gerne doch. Also ich bin seit mehr als 20 Jahren im Vertrieb tätig, im Enterprise-Vertrieb, habe bei verschiedenen Unternehmen gearbeitet, habe 10 Jahre lang ein mittelständisches Software-Unternehmen hier in Hamburg, wo ich lebe, mitaufgebaut, bin in den letzten 12 Jahren im Bereich internationales Marketing in Technologieunternehmen unterwegs gewesen. Also dort, in der Rolle, in der Dachregion entweder das Business für die verschiedenen Unternehmen aufzubauen oder eben auszubauen. Vielleicht ein, zwei Beispiele: Hootsuite kennt vielleicht der eine oder andere, eine relativ bekannte Social Media Brand oder die Firma jetzt, eine New Yorker Firma, die eine sehr innovative Idee hat, das ganze Thema Optimierung um Google, also Search Engine Optimization, ein typisches Marketingthema und bin nach den 12 Jahren jetzt quasi aus dem Bereich Marketing, Technologie in den Bereich Fintech gegangen, ein ganz spannender, glaube ich, sehr stark im Wachsen befindlicher Bereich und bin dort zu Spendesk gekommen, einem 2016 gegründeten Unternehmen aus Frankreich und habe das Deutschlandgeschäft übernommen mit dem Ziel, es Jahr für Jahr im Team und im Umsatz im Grunde genommen zu verdoppeln. Also wir haben hier ganz, ganz starkes Wachstum, was wir anstreben und vielleicht kommen wir später auch nochmal dazu, was die Hintergründe dazu sind.

Götz Müller: Ja, ich denke, das liegt bei dem Thema Ausgabenmanagement dann mit ziemlicher Sicherheit auf der Hand, sich mit dem Hintergrund, möchte ich es mal nennen, zu beschäftigen. Jetzt auch vielleicht zum Einstieg, mal ein bisschen den Rahmen aufspannen, was sind denn alles die, ja, eins meiner Lieblingsworte Aspekte, die alle so unter diesen Überbegriff Ausgabenmanagement stecken und letzten Endes dann jetzt halt wieder Prozesse, die ja dann mit dem einhergehen?

Thomas Seidel: Ja. Also ich denke, jedes Unternehmen gibt erstmal Geld aus und will natürlich dann auch in Kontrolle sein dafür, wofür dieses Geld ausgegeben wird und das wirft eben große Herausforderungen auf. Das ist der Moment, an dem Unternehmen auch bestimmte Restriktionen vom Finanzteam aufbauen müssen, um in irgendeiner Form die Kontrolle zu behalten und das ist der Moment, wo wir sagen, eben dass dieser Prozess für geschäftliche Ausgaben entsprechend nicht funktioniert. Also wir sehen da veraltete Technologien, wir sehen oft komplexe und total bürokratische Abläufe, Ineffizienz an verschiedensten Stellen und es wirkt sich eben nicht nur auf die Finanzteams aus, sondern eben auch auf jeden einzelnen Mitarbeiter, der da mit einbezogen ist und im Grunde genommen beginnt das bei der Erstellung von Budgets. Da geht es um die Frage, wenn ich jetzt eine Ausgabe machen will im Rahmen des Budgets, muss ich mir diese freigeben lassen, wie sieht der Prozess aus? Danach geht es um das Thema Zahlung. Wie kann ich dieses Geld ausgeben? Muss ich es verauslagen? Um das Rechnungsmanagement dahinter, natürlich dann um das Thema Reporting und final sicherlich auch um den Punkt, wie kann ich im Finanzteam die Automatisierung der Buchung nachher durchführen, beispielsweise die Übertragung in Richtung DATEV, wenn wir über typische deutsche mittelständische Unternehmen reden. Also ein sehr breiter Prozess, der aufgestellt ist. Es ist aus unserer Sicht einer der Kernprozesse des Finanzmanagements und der Ansatz ist letztendlich, den im Grunde genommen zu digitalisieren.

Götz Müller: Ja, und jetzt, wo Sie so aufgezählt haben, habe ich mal dann so meine eigene persönliche Situation als Einmannunternehmen mal vorm geistigen Auge ganz schnell gehabt und im Grunde hat man ja, und ich gehe mal davon aus, dass das wahrscheinlich bei allen Unternehmen so ist, dass ich deutlich mehr Ausgaben, im Sinne von, wie viele unterschiedliche, wenn ich einfach mal die Zettel zähle, die mir da jeden Monat durch die Finger gehen, was dann manchmal nur eine Briefmarke ist oder nur eine Übernachtung oder nur einen Tankbeleg, und wenn ich das vergleiche mit dem, was an Vielfalt oder ein fehlender Vielfalt an Einnahmen quasi beziehungsweise dahintersteckend das Stück Papier wieder, dann ist da doch in der Regel, ja, ich würde mal aus dem Bauch raus sagen, locker Faktor 10, oder?

Thomas Seidel: Das ist der Punkt. Und je größer Unternehmen werden, also, wenn sie jetzt wachsen, von einem auf zehn auf dreißig auf fünfzig Mitarbeiter, dann sehen wir, dass irgendwann, um erfahrungsgemäß zwei, dreißig Mitarbeiter, beginnen Unternehmen, ein eigenes Finanzteam aufzubauen, mit einer Person, die Buchhaltung macht, zu Anfang macht es der Steuerberater, und dann kommt irgendwann ein Finanzmanager dazu, Controlling dazu und so weiter und dann wächst das und je mehr Mitarbeiter ich habe, umso mehr Personen sind natürlich darin involviert, sind es Vertriebler, die draußen unterwegs sind, im Außendienst und natürlich Ausgaben haben. Da ist die Geschäftsleitung, die mal ein Geschäftsessen hat oder die eben auch Einkäufe tätigt, der Office Manager usw. Wir könnten jetzt in sämtliche Bereiche hineingehen, also man sieht es dort für wachsende Unternehmen eine große Komplexität drin ist, dass damit sich das, was Sie gerade so schön beschrieben haben, schon die Anzahl der Belege, die Anzahl der Buchungen usw. deutlich natürlich erhöht und damit natürlich auch die Notwendigkeit, die zu managen und effizient zu managen, erstellt und das ist, glaube ich, der Kernpunkt letztendlich, in dem wir oder in dem die Geschichte, die Idee von Spendesk eingreift.

Götz Müller: Mhm, ja. Ich würde das ganz gerne insofern noch ein bisschen vertiefen, im Grunde ist das eine Frage, die ich dann immer wieder auf dem Schirm habe. Wenn das alles so easy peasy wäre und nebenher laufen würde, also sprich keine Herausforderung wäre, würden wir zwei uns auch jetzt hier gar nicht drüber unterhalten, deshalb nochmal bisschen fokussiert nachgefragt, was sind denn so typische Herausforderungen, die in den Unternehmen und dann zum Schluss letzten Endes die einzelnen Menschen, die es betrifft, was begegnet Ihnen da?

Thomas Seidel: Also ich glaube, wir können verschiedenste Beispiele nehmen, beginnen wir mal, und das ist sicherlich ein Punkt, der in der Pandemie durch Home Office auch noch deutlich gestiegen ist, wenn heute Reisen in kleinen, mittelständischen Unternehmen oder auch in mittleren gebucht werden, dann sieht es oft so aus, das heißt „Nimm mal die Kreditkarte vom Chef“, dann gibt es da ein, zwei, drei Kreditkarten im Unternehmen, die werden für solche Einkäufe getätigt. Das heißt, da ist dann auch im Sinne der Sicherheit die Frage, wie viele Leute wissen denn jetzt, die haben die Kreditkartendaten, um online Reisen zu buchen, um Büromaterial einzukaufen und so weiter. Das ist also eine Frage der Sicherheit. Als nächstes kommt dazu, dass dann am Monatsende die Frage ist, wer hat denn jetzt diese Buchung gemacht und wer hat denn bitte schön dafür die Rechnung oder den Beleg? Das heißt, dann fängt man an, die ganzen Dinge zusammenzusuchen und letztendlich sind die Finanzteams dann jeden Monat unter Druck, den Mitarbeitern hinterherzujagen, zu verstehen, wer hat was ausgegeben, wo ist bitte schön der Beleg dafür, und das Ganze dann zusätzlich noch manuell zu erfassen. Das ist jetzt ein Bereich, der vielleicht ganz klar verständlich ist. Wenn wir hinschauen, das Marketing beispielsweise macht Online-Kampagnen, Facebook, Instagram, welcher soziale Kanal auch immer, dafür muss eine Kreditkarte hinterlegt werden. Das Personalmanagement macht vielleicht eine Recruiting-Kampagne, weil sie neue Mitarbeiter brauchen, auf LinkedIn, auf Xing, auch dafür muss bei entsprechenden Anzeigen entsprechend eine Kreditkarte hinterlegt werden. Dann gibt es vielleicht Abonnements, wo Rechnungen reinkommen, die Rechnungen müssen wiederum an die richtige Stelle geleitet werden, um die zu verbuchen und und und. Also da kann man jetzt ein sehr, sehr großes Bild aufbauen an alltäglichen Herausforderungen, die uns eben da oder den Unternehmen begegnen und die mit papierbasierten Prozessen heute oft durchlaufen werden und damit hochgradig aufwändig und aus unserer Sicht natürlich dann auch ineffizient gehen, weil es halt bessere Möglichkeiten gibt, das zu managen.

Götz Müller: Mhm, jetzt hatten Sie auch ein kurzes Stichwort genannt und ich glaube, auch das sind nochmal Aspekte, die wir jetzt in der aktuellen Zeit, Januar 2022, noch mal besonders beleuchten, nämlich der Punkt Home Office und Remote Work, wie man es so schön nennt. Was nehmen sie da wahr? Ich könnte mir vorstellen, dass das jetzt auch nicht trivial ist.

Thomas Seidel: Ja, also was wir natürlich feststellen, ist zum einen, dass in der Pandemiezeit natürlich dramatisch die Zahl der Reisen zurückgegangen ist. Ganz logisch, wir waren alle mehr oder weniger in der Isolation, um die Pandemie zu bekämpfen. Wir sind wenig gereist, das heißt, da haben die Unternehmen sicherlich Gelder eingespart und die Komplexität ist da vielleicht auch damit ein Stück zurückgegangen. Nichtsdestotrotz gibt es daneben oder hat das Home Office zusätzliche Herausforderungen, wenn wir das betrachten. Der Mitarbeiter kauft etwas zuhause für die Firma, vielleicht ist das nur ein Stück Equipment, um eben von zu Hause aus arbeiten zu können, vielleicht ist das ein Abonnement, was er abschließt, was aber keiner wirklich versteht oder unter Kontrolle hat und sich dann gewundert wird, wo kommen denn jetzt die Rechnungen her. Das heißt, die Menschen sind nicht mehr in der Firma, sie sind damit nicht einfach greifbar, um das abzustimmen, sondern das Ganze muss eben online erfolgen. Und damit sind wir bei der Frage: Darf jemand etwas ausgeben? Was konkret gibt er aus? Haben wir das unter Kontrolle? Wie zahlt er das Ganze, wie wir das abgerechnet und haben wir nachher überhaupt eine Übersicht als Unternehmen, wie weit mein Budget für bestimmte Dinge schon belastet ist? Das sind so typische Herausforderungen, die wir heute sehen, die sich mit der Pandemie in dem Sinne sicherlich nochmal deutlich verschärft haben.

Götz Müller: Mhm ja, und mir kommt gerade noch so ein anderes Bild, die berühmt-berüchtigte Hauspost, wo man halt diese braunen oder grauen Umschläge hat, wo man halt was rein steckt und dann in einen hauspost-internen Briefkasten steckt, in dem Augenblick, wo ich im Home Office bin, kann ich das nicht mehr so machen und dann, ich meine, das ist bei mir schon ein paar Jahre her, aber im Grunde kann ich das sehr zeitnah in diesem Hauspostbriefkasten stecken. Und jetzt könnte ich mir vorstellen, dass ich, wenn ich halt im Home Office sitze, überlege ich mir jetzt, gehe ich zweimal am Tag zum Briefkasten, so wie ich vielleicht sonst auf dem Weg zum Klo das einwerfe oder warte ich zwei Tage, es könnte ja morgen nochmal ein Beleg dazu kommen, könnte mir vorstellen, dass das auch nochmal ein Aspekt ist, der einerseits sehr lästig ist für den Einzelnen, andererseits aber wieder auf die Prozesse, im Sinne von Verzögerung, auch wieder Auswirkungen hat, oder?

Thomas Seidel: Definitiv, definitiv. Und dann kommt ja noch ein Punkt dazu. Wenn wir uns unser privates Leben angucken, dann gehen wir auf Amazon, um etwas einzukaufen, dann buchen wir uns ein Taxi über eine App, dann gehen wir auf booking.com und buchen Flugreisen. Das heißt, unser ganzes privates Leben ist auf, insofern bei solchen Dingen, auf Komfort ausgerichtet. Ja, der Erfolg von den ganz großen, wie Amazon und anderen, ist ja, dass sie uns eine Menge Komfort ermöglichen. Ich kann fast alles kaufen, was ich will, eben mit ein paar Klicks. Im Geschäftlichen haben wir aber genau das Gegenteil. Und das stellt nochmal vielleicht auf einer anderen Ebene die Frage, wie wollen wir als Unternehmen neue junge Talente gewinnen, wenn wir interne Prozesse haben, die sich irgendwie im letzten Jahrtausend verorten? Das heißt, also auch hier ist ja, wenn sie jungen Leuten, und jetzt, wenn ich mein Team angucke, das ist ein relativ junges Team, die meisten sind zwischen 20 und 30, den könnten wir nicht erklären, dass die eine Reisekostenabrechnung machen müssen, bei der sie ihre Bons auf Papier kleben, eine Excel-Tabelle ausfüllen, das Ganze dann irgendwo hinschicken, damit jemand das bearbeitet und dann noch jemand dasitzt, der den ganzen Quatsch, dann wieder abtippt, um es eben buchhalterisch zu erfassen. Das heißt also, da kommt eine zweite Dimension dazu. Wir sind alle im Privaten etwas anderes gewohnt als wir im Geschäftlichen heute vorfinden.

Götz Müller: Ja, und mir kommt da gerade auch in den Sinn, ich meine, sonst heißt es ja immer, Digitalisierung stellt die Menschen vor Herausforderungen, aber bei Ihren Beispielen, die Sie gerade aufgezählt haben, da habe ich so dann das Bild gehabt, im Grunde sind wir an manchen Stellen, was Digitalisierung angeht, so in diesem persönlichen Beschaffungskontext und auch Zahlungskontext sogar weiter, als im Grunde Unternehmen und deshalb dann auch hier die Frage: Wenn das so, wo Sie mir aber gerne natürlich auch widersprechen können, was hat dann Digitalisierung an, ja, Potential in dem Kontext?

Thomas Seidel: Ich denke ein riesiges Potential, wenn ich mir anschaue, dass heute, bleiben wir vielleicht beim Thema Reisekosten-Management, weil das für die meisten, glaube ich, greifbar ist. Das ist nicht nur Finanzspezifisch, sondern viele haben das, dass sie mal ein Geschäftsessen, eine Reise usw. quasi vorauslagen und dann abrechnen müssen. Wenn man sich überlegt, dass dieser Prozess heute eben, wie eben beschrieben, auf Papier geklebt, eingereicht und so weiter, und dass es dann zirka zwanzig Minuten dauert, einen solchen Beleg zu erfassen, im Finanzmanagement zu verbuchen, für einen einzigen Beleg. Dann kann man sich eben ganz einfach daneben ein Szenario setzen und das ist das, was wir machen, was ich immer sehr, sehr spannend finde selbst natürlich, wenn ich mit Partnern eben bei einem geschäftlichen Essen bin, dann haben wir als Teil des Gesamtprozesses, Zahlungen, ein großer Punkt, haben wir physische oder eben virtuelle Kreditkarten. Die Physische nutzen wir eben, um solche Auslagen zu decken, also ich bin geschäftlich essen, dann bezahle ich über die Kreditkarte, bekomme in meine App hin ein Signal, dass ich die App öffnen soll, dann mache ich ein Foto von dem Beleg, sage mit wem ich essen war und dass es eben ein Geschäftsessen war und dann ist innerhalb von 10 Sekunden diese Abrechnung getätigt. Das einzige, was danach noch passieren muss, ist, dass mein Vorgesetzter diese quasi freigibt und dann das Finanzmanagement noch einmal checkt. Aber dann sind alle Dinge, die im Sinne der Vorkontierung, das ist jetzt wieder finanzspezifisch, also was ist die Kostenstelle, was ist der Buchungsgrund und so weiter, das ist dann schon automatisch ausgefüllt. Und dann sitzt eben keiner da und guckt ganz dumpf zwanzig Minuten auf so einen Bon und tippt den irgendwie ab. Das heißt, da sieht man schon wie viel Potential nur in so einem kleinen Beispiel liegt, in einer einzigen Buchung, im Reisekostenmanagement und wenn wir uns dann unser Steuerrecht noch vor Augen führen, Verpflegungsmehraufwand, das ist ja ein Riesenaufwand für nichts. Das sage ich jetzt aus Sicht von jemandem, der seit 12 Jahren in internationalen Unternehmen arbeitet, wo einfach anders abgerechnet wird, im Sinne von: Wir decken deine Auslage. In Deutschland eben nicht. Das heißt, da kommt noch mal eine zusätzliche Herausforderung. Wie viel Stunden war die Person konkret außer Haus, welches Anrecht hat sie auf wieviel 3.10€ am Schluss. Das heißt, ein großer Aufwand für relativ wenig wert nachher, den wir als Unternehmen treiben.

Götz Müller: Ja, und wenn man es jetzt mal auf die Spitze treibt, und ich vermute mal alle produktionsnahen Menschen werden die Hände in die Höhe reißen und klatschen, es ist ja aus Kundensicht keinerlei Wertschöpfung, die da passiert. Das heißt, ich sollte solche Dinge aufs absolute Minimum reduzieren.

Thomas Seidel: Das ist exakt der Punkt, genau. Und das eine ist die Wertschöpfung natürlich. Ich setze Mitarbeiter ein und wir haben oft in den Gesprächen, wenn wir dann auch wirklich reingucken in Richtung einer ROI-Kalkulation, um das mal aufzuführen für die Geschäftsführung und zu sagen: Lohnt sich überhaupt eine Investitionen in dem Bereich? Dann sind wir sehr schnell bei einem Return of Invest von einem acht- bis zum zwanzigfachen, weil einfach Personal Geld kostet und wenn ich bei einem Beleg statt zwanzig Minuten daraus zwei Minuten machen kann, dann ist es eine riesige Ersparnis für das Unternehmen und damit sieht man eben, wie viel Potenzial da drin ist, um das Finanzunternehmen, und ich glaube, die verändern sich in den letzten Jahren ganz stark, eben von so einer Buchungsmaschine wegzukriegen, sondern wirklich zu einem Businesspartner im Unternehmen, die allen anderen Abteilungen wirklich helfen, ihr Business weiter auszubauen.

Götz Müller: Mhm, ja. Jetzt könnte ich mir natürlich vorstellen, der ein oder andere hat sich selber vor dem geistigen Auge gesehen und hat gesagt: Ja klar, da hab ich mir dann auch eine App runtergeladen, egal ob das jetzt die Krankenkasse ist oder eben irgendwelche anderen finanztechnischen Dinge, also so im privaten Kontext wieder, da ist man ja im Grunde sein eigener Herr und, ja, ich lad mir halt die App darunter, ich nennen wir es nochmal die Amazon-App und dann muss ich halt nicht über die Website gehen, sondern direkt vom Smartphone aus, jetzt ist es ja typischerweise im betrieblich-unternehmerischen Kontext nicht ganz so einfach, wo der Einzelne sagt: Ja, mach ich. Und damit sind wir digital. Und speziell halt die eher etwas kleines Unternehmen, die halt jetzt nicht Heerscharen von Menschen haben, die sich nur um solche Sachen kümmern können.

Thomas Seidel: Das ist richtig. Da gibt es verschiedene Aspekte zu betrachten. Wie gesagt, Geld ist eine der wichtigsten Ressourcen eines Unternehmens so und von daher wird man natürlich jetzt nicht frei weg erstmal sagen: Ihr habt ja alle Kreditkarten und viel Spaß beim Ausgeben. Sondern hier geht es natürlich erstmal darum, zu überlegen, wie setzt man so etwas auf. Das heißt, deshalb eine Dimension der Frage, wer ist in diesen Prozess eingebunden, wer bekommt welche Berechtigungen, sag ich mal, also im Sinne von: Wer darf bestimmte Budgets freigeben? Wer darf nachher tatsächlich Geld für das Unternehmen ausgeben? Sei es online, sei es durch physische Kreditkarten zum Beispiel. Wer bestätigt dies nachher? Und so weiter. Das heißt, das ist ein Prozess, der ist aber nicht riesig komplex, das ist das Schöne daran, sondern da hat man ein ganz klares Raster an bestimmten Fragen und es erlaubt dem Unternehmen dann, internen erstmal festzulegen: Was sind überhaupt Ausgaberichtlinien? Wenn das nicht schon festgelegt ist. Das Tolle ist, wenn es schon festgelegt ist, dann wird es jetzt zum ersten Mal umgesetzt und kontrollierbar. Dann ist das eben nicht mehr der Anruf beim Chef oder die E-Mail an den Chef, darf ich jetzt einen Flug nach München buchen oder eine Bahnfahrt nach Berlin, sondern dann ist das in den Regeln festgesetzt, wer darf wieviel zu welchem Zwecke ausgeben, vielleicht noch irgendwelchen Zeiten und so weiter. Das heißt, ich kann diese Anfragen im Grunde genommen schon vorselektieren, sodass also im Rahmen bestimmter Ausgabegründe und -umfänge das vorselektiert ist und dann kriegt mein Chef eben einfach eine Anfrage zum Beispiel über die App, wo ich einfach sage: Ich verreise am Montag irgendwo hin und brauche bitte noch 200€ verfügbar auf meiner Kreditkarte, damit ich Verpflegung beispielsweise decken kann oder ein geplantes Geschäftsessen. So etwas kann man dann eben über eine App starten. Das heißt, das Thema der Regelung, wer darf wann was ausgeben, das ist ganz klar darin abbildbar und auch ganz einfach abbildar. Das Thema Compliance kann dann von Finance eben auch gleich mit geregelt werden und wenn ich das auf so einer Plattform habe, die eben, weil Sie das Beispiel Amazon hatten, nicht nur mich selber betrifft, sondern viele, viele Mitarbeiter, dann habe ich mit einem Mal Transparenz als Unternehmen, kann eben doch jederzeit sehen als Verantwortlicher eines Bereiches: Wie hoch ist denn mein Budget überhaupt noch? Wie viel habe ich schon geblockt für Ausgaben, die geplant sind? Im Marketing für eine Messe oder Ähnliches oder für Kampagnen? Wieviel habe ich noch verfügbar? Das heißt, wieviel kann ich dem Mitarbeiter überhaupt noch freigeben? Und habe damit in Echtzeit die Möglichkeit, wirklich Entscheidungen auf Basis von vorliegenden Informationen zu treffen. Und nicht aufgrund einer Information, dass es ja irgendwie scheinbar nötig ist, dass er das macht, ich aber nicht so richtig weiß, ob wir überhaupt noch Budget haben?

Götz Müller: Ja, ich höre ein Stück weit auch raus, dass vielleicht, auf den ersten Augenblick, auf eine gewisse Art lästige Randbedingungen definiert werden, die aber im Sinne von Transparenz, wie Sie es ausgedrückt haben, durchaus hilfreich sein können, um es mal so auszudrücken, also manchmal auch so ein gewisser sanfter Druck entsteht dadurch, dass ich etwas digitalisiere, wir alle kennen diesen berühmten Spruch der digitalen Scheiß-Prozesse, kann es manchmal sinnvoll sein, sich vorher zu überlegen, was machen wir denn da eigentlich, um von einem von einer ad-hoc-Vorgehensweise ein Stück weit auch wegzukommen, oder?

Thomas Seidel: Definitiv. Also ganz ehrlich, jede Finanzabteilung muss heute Restriktionen auflegen und hat sie auch früher aufgelegt. Wenn sie die nämlich nicht aufgelegt hätte, dann hätte sie keine Möglichkeit, wirklich eine Kontrolle über den Geldfluss zu bekommen. Das heißt, jedes Unternehmen hat schon vor zwanzig, dreißig Jahren im Grunde Regeln erlassen, wer welche Geldwerte, welche Geldflüsse im Grunde genommen und welche Beschaffung genehmigen darf, in welcher Höhe, ja, bis wohin darf es der Mitarbeiter, bis wohin darf es sein Chef, bis wohin der CFO, wo bis wohin der CEO. Das gab es schon immer und das musste es geben, um überhaupt ein Stückchen Kontrolle zu bekommen. Heute sind wir in der Lage, durch eine höhere Transparenz das Ganze erstmal automatisiert zu unterstützen, sodass also nicht jedes Mal überlegt werden muss: Wer muss denn jetzt eigentlich noch zustimmen? Darf ich das jetzt freigeben? Darf ich das nicht? Und der Mitarbeiter auch in einem bestimmten Rahmen quasi in die Lage versetzt werden kann, als Vertriebler beispielsweise ein monatliches Budget von 300€ für Geschäftsessen zu bekommen oder für Geschäftsreisen oder was auch immer das Beispiel sein mag. Das heißt, viele Dinge kann man voraussetzen heutzutage und damit den Aufwand für die gesamte Organisation ein Stück weit senken, ohne dabei eine Kontrolle zu verlieren, und das ist, glaube ich der große Unterschied.

Götz Müller: Gut. Jetzt könnte ich mir vorstellen, der ein oder andere geht mal so in sich und fragt sich: Ja, warum haben wir das eigentlich nicht die ganze Zeit schon gemacht? Da gab es ja vermutlich auch Gründe, warum eben Dinge nicht so passiert sind, wie sie in der idealen Welt passieren würden. Und jetzt könnte ich mir aufstellen, dass vielleicht auch wieder beim ein oder anderen die Frage steht: Ja, ist das jetzt für mich etwas Neues, also fürs Unternehmen? Was kommt da auf mich zu, wie bewältige ich das auch?

Thomas Seidel: Ja, also aus unserer Sicht ist das eine ganz neue, nennen wir sie mal Kategorie. Ja, das gab es bislang nicht. Es gab für große Unternehmen von SAP ein Reisekostenmodul. Es gab verschiedenste Angebote, aber für mittelständische, vor allem kleine, mittelständische Unternehmen, sagen wir mal bis 1000 Mitarbeiter, gab es in der Form keine wirklichen Angebote, die sich mit diesem Gesamtprozess befasst haben. Ja, da gab es einzelne Anbieter, die haben gesagt, wir helfen euch bei den Reisekosten, vielleicht auch spezifisch für bestimmte Branchen. Da gab es vielleicht andere Anbieter, die haben gesagt, wir helfen euch eure Budgets vielleicht besser zu managen, dass, wenn jemand eine Anfrage macht, man so etwas sieht. Aber das als Prozess zu verstehen, als Gesamtfinanzprozess, der verschiedenste Akteure im gesamten Unternehmen beinhaltet, das gab es bislang nicht und für uns jetzt aus Anbietersicht ist das ein, wir nennen es gerne Whitespace. Also wir haben dreieinhalb Millionen Unternehmen im mittelständischen Bereich, so bis 1000 Mitarbeiter in Deutschland, so round about, und davon sind zwei Prozent vielleicht aufgestellt für so etwas, der Rest hat dort nichts. Das heißt, es ist wirklich ein komplett neuer Ansatz, so eine typische disruptive Idee, die eben auch die Basis für Spendesk gebildet hat, 2016 und die sich jetzt sehr, sehr schnell entwickelt. Woran mache ich das fest? Zum einen sehen wir, dass eben die Zahl der der Marktanbieter oder der Anbieter von solcher Software meist für einzelne kleine Module immer grösser wird, dass die Investitionen in diesem Bereich unglaublich angestiegen sind. Wir als Spendesk haben innerhalb der Series C, also unserer dritten Finanzierungsrunde, gerade Zweihundertmillionen Funding erhalten, von verschiedenen, wirklich großen Kapitalgebern, die mit uns diesen Markt entwickeln wollen. Man sieht also da, wie groß das Potenzial ist und rückblickend auf meine zwölf Jahre in der Marketingtechnologie, da hat man halt, wenn man zum Kunden kam, immer eine andere Technologie ersetzt. Wenn wir heute zum Kunden kommen, dann ersetzen wir oft nichts, vielleicht Excel und Papier, aber wir ersetzen eben keine andere Technologie in dem Sinne, keinen Anbieter, sondern wir bringen etwas Neues dahin. Insofern ist es also oft genug für die Geschäftsführung dann relativ logisch und eingängig und verständlich und die Finanzteams haben ein riesigen Benefit, weil sie massiv Kosten und Aufwand einsparen. Also etwas, was sich aus meiner Sicht entwickelt, und deswegen ist die Frage ganz gut, aber so etwas gab es eben vor fünf Jahren noch nicht.

Götz Müller: Mal von Excel abgesehen und mir hat vor einiger Zeit mal in einer Diskussion mit einem ERP-Vertriebsmitarbeiter jemand gesagt: Glaub doch nicht, dass die anderen ERP-Systemhersteller, wirklich unsere Konkurrenz sind. Unsere Konkurrenz ist Microsoft Excel.

Thomas Seidel: Ja, bei uns ist es eher, unser Statement dazu ist eher, dass unsere Konkurrenz eher das Verharren im alten Prozess ist.

Götz Müller: Auch das, ja, und Sie sprechen es im Grunde an, was mir jetzt gerade auf der Zunge lag, weil ich es dann doch immer wieder feststelle halt, dass dieses, ja, sehr natürliche menschliche Beharrungsvermögen manchmal eine echte Herausforderung darstellt und man muss es dann, das ist auch wieder meine Erfahrung, man muss es den Menschen auf eine gewisse Art und Weise schmackhaft machen, selbst wenn man ihnen blühende Landschaften an die Wand wirft, wird dann manchmal trotzdem der Big M gegessen, weil man halt weiß, wie er schmeckt.

Thomas Seidel: Ja, stimmt. Ich glaube aber, dass es auch einen zusätzlichen Druck vom Markt gibt. Wenn man mal guckt, früher waren Organisationen oft nach dem Prinzip Befehl und Kontrolle aufgebaut. Ja, klare Hierarchien, alles wurde zentralisiert, die Geschäftsführung hat die Entscheidung getroffen und dann wurde sie eben entsprechend ausgeführt. Wenn wir uns heute mal angucken, wer so die Innovatoren sind, dann sind das üblicherweise Unternehmen, die relativ flache Strukturen haben, die total beweglich sind, die kreativ sind, die Schnelligkeit fördern, die also sehr agil tätig sind. So, und diese damit verbundene … dieses Vertrauen, Freiheit, Eigenverantwortung als Schlüsselfaktoren für Innovation, die kann ich eben nicht in eine starre, von gestern geprägte Struktur hineinbringen, sondern das sind dann Menschen und auch eine Philosophie des Arbeitens, die eben solchen Prozessen widerspricht. Das heißt, ein Unternehmen, was sich restrukturiert und innovativ aufstellt, wird nicht umhinkommen, solche Kernprozesse nachzuziehen.

Götz Müller: Mhm, ja. Und ich glaube, wie Sie es vorhin mal angedeutet haben, es hat dann auch wieder unter der sehr breiten Überschrift Demographie usw., natürlich kann man da auch wieder einbeziehen, ja, eine Belegschaft, die jetzt halt langsam vielleicht im Schnitt die fünfzig überschreitet, ich habe dann aber trotzdem eben die jüngeren Menschen, für die das ganz normal ist und manchmal, der ein oder andere Widerstand vielleicht ein bisschen ein böser Spruch, ja, er stirbt dann aber vielleicht auch aus.

Thomas Seidel: Mit Sicherheit. Aber ich glaube, wenn wir so in unsere Projekte hineinschauen und natürlich haben wir als Unternehmen angefangen, mit vielen Startups zusammenzuarbeiten, ja, also Firmen, die riesig gewachsen sind, wie Gorillas, wie Flixbus, wie Soundcloud, für die ist es selbstverständlich, ja, die sind so aufgewachsen, die wurden vielleicht vor fünf Jahren, vor zehn Jahren maximal, gegründet, für die ist das kein Thema, die sind es gewohnt, Services aus der Cloud zu nutzen. Die haben nicht diese Angst, Informationen oder Daten, wenn man die rausgibt, sind sie sofort verloren, sondern denen ist klar, welche Möglichkeiten und welche Sicherheit auch damit einhergeht, wir haben aber eben auch Kunden, wie eine Firma Stihl zum Beispiel, die sehr traditionell unterwegs ist, aber die eben auch erkannt haben, wie wichtig es ist, in diesem Bereich sich innovativ und neu aufzustellen. Und ich denke, dass sich über die Entwicklung hin, das einfach klar befürworten oder bewahrheiten wird. Wir sehen, welche Einsparungen es gibt. Wir sehen, welche Benefits es gibt, für alle Mitarbeiter im Unternehmen und ich glaube auch, dass sich diese Kategorie und damit auch die Wahrnehmung, dass das ein Thema ist, in den nächsten ein, zwei Jahren massiv vorantreiben wird. So sehe ich jetzt eben auch die Marktentwicklung, wenn ich auf deutsche mittelständischen Unternehmen gucke.

Götz Müller: Mhm. Wenn wir vielleicht zum Abschluss mal noch, auch immer so eine Frage, die ich ganz gern stelle, wie der Einstieg in so ein Thema aussieht. Das heißt, wenn der ein oder andere Entscheider sich jetzt fragt: Ja, das, was ich da gehört habe, spiegelt im Grunde die Situation bei uns wider. Dinge haben sich verändert und eigentlich müssten wir mal und jetzt könnte man doch. Und dann versackt es manchmal, weil man nicht so recht weiß: Ja, wie fange ich denn an?

Thomas Seidel: Ja. Also, ich glaube, das ist ein Bereich, in dem man, weil er eben universell ist, es ist eben nicht etwas, was nur für eine Branche gilt, sondern das ist eben für jedes Unternehmen identisch. Finanzwesen ist halt etwas, was sich von Branche zu Branche nicht zwingend unterscheidet, sondern im Kern eben das Gleiche bleibt. Deswegen ist es gar nicht so komplex und ist es gar nicht so vielfältig. Das heißt, aus meiner Sicht als Unternehmenslenker würde ich hingehen und würde in meinem Finanzbereich einmal schauen: Wie sieht denn so ein Prozess heute aus? Von der Erstellung des Budgets eben über diesen gesamten Prozess bis hinten zur Abrechnung oder zur Übertragung in die Buchhaltung. Wer ist da involviert? Wie viel Aufwand gibt das eigentlich, wieviel Zeit brauchen wir heute, um Belege zu sammeln und wie viel Zeit brauchen wir, um einen Monatsabschluss zu tätigen? Welchen Aufwand haben oder welchen Einfluss haben dabei all die geschäftlichen Aufgaben, die da reinfließen. Das heißt, wenn ich mir das angucke, komme ich wahrscheinlich relativ schnell zu einem Punkt, wo ich sage: Oh, da haben wir eine Menge Aufwand im Finanzteam oder mit Unterstützung von Steuerberatern und und und, den wir heute betreiben. Und der Blick nach vorne ist, glaube ich, relativ einfach. Also Standardisierbarkeit gibt es dort ganz klar. Das heißt, ich muss nicht hingehen und erstmal übergroße Strategien, Strukturen, Reorganisation und ähnliches nachdenken, sondern ich kann eben in solchen Prozessen relativ schnell sagen: Der läuft von A bis Z durch. An welchem Punkt sind welche Parameter zu definieren? Da gehen wir üblicherweise mit hinein und unterstützen das, weil letztendlich wird das dann auf der Software entsprechend abgebildet. Die Prozesse sind wie gesagt relativ standardisiert, also für die Unternehmen gleich und es gibt eine Chance eben, gewisse alte Zöpfe abzuschneiden, Dinge effizienter zu gestalten, weil ich mehr Akteure einbinden kann und gleichzeitig aber eben auch durch das Hinterlegen von Regeln und ähnlichem mehr Aufsicht und Kontrolle über das Ganze bekommen. Also zusammengefasst, wir sehen jetzt gerade mit den Geschäftsleitungen in den Gesprächen einen relativ klaren Blick darauf, dass sie relativ schnell sagen: Wir verstehen das, wir können uns an der Stelle hier besser aufstellen. Und wenn wir dann über die Schritte reden, die dahin zu tun sind, dann ist das eben, sind es keine riesigen Projekte, das ist keine Einführung eines ERP-Systems, die das Finanzsystem in der Tiefe beeinflussen, sondern es ist ein Prozess, den man eben transparent und digital aufstellen kann, mit einer klaren Roadmap und das dauert dann mal einen Monat, mal drei Monate, je nach Komplexität und dann läuft das Ganze.

Götz Müller: Mhm, ja. Ich höre aber auch raus, dass es im Grunde auch ein Beispiel wäre, ein überschaubares Beispiel, mit Digitalisierungsthemen im Unternehmen einfach mal loszulegen, weil ich eben diesen, doch stark vordefinierten, Prozess habe, Finanzprozesse, wie Sie es angedeutet haben, allein schon alles, was mit Steuer und Co zu tun hat, ist halt nun mal von außen so oder so bestimmt, warum dann nicht an so einer Stelle mal erste Gehversuche machen?

Thomas Seidel: Das ist der Punkt. Das erlebe ich auch in den Gesprächen mit Firmeninhabern, Digitalisierung ist so ein riesengroßes Wort, da kann man alles reinpacken und gar nichts. Das heißt, das beginnt vielleicht bei der Digitalisierung meines Geschäftsmodells und geht dann durch die verschiedenen Bereiche in meinem Unternehmen. Also von daher, das kann schon überwältigend wirken. Hier ist es ein ganz klarer Prozess, den wir uns anschauen, wo heute vielleicht verschiedenste Systeme, verschiedene Tools im Einsatz sind oder auch gar nichts. Das ist etwas, was man schnell unter Kontrolle hat, was man schnell unter Kontrolle bekommt und das Ergebnis ist einfach faszinierender. Also … oder klar, für sich selbst redend. Wir sehen, dass die Finanzteams viermal schneller einen Monatsabschluss hinkriegen. Wir haben typische Messungen gemacht, dass circa 95% aller Belege, die für Ausgaben getätigt werden, innerhalb von zwei Tagen verfügbar sind. Also das sind so kleine Parameter, die so ein Finanzteam einfach in die Lage versetzen, den Monatsabschluss eben nah am Monatsende zu machen und eben nicht mit einem Riesenaufwand, jeden Monat allen Dingen hinterher zu rennen.

Götz Müller: Ja, und mir kommt gerade noch ein anderes Bild oder anderes Beispiel in den Sinn, was ich vor Jahren mal bei einem Kunden hatte, wo praktisch alles über den, kein riesengroßes Unternehmen, knappe 100 Mitarbeiter, wo aber an der Stelle sehr hohe Disziplin, Finanzdisziplin gefordert wurde und deshalb nahezu alles über den Tisch des Inhabers ging, das wiederum aber ihn sehr regelmäßig, wenn es um größere Zahlungen ging, sehr regelmäßig halt ins Büro gebunden hat und dann seiner doch recht starken Vertriebsorientierung entgegen stand und sich also aus dem, was Sie so geschildert haben, dadurch, dass ich nicht mehr physisch an der Stelle sein muss, weil ich ein Papier unterschreiben muss, dass plötzlich ganz neue Freiheitsgrade entsteht.

Thomas Seidel: Das ist genau der Punkt. Dann bekomme ich eben als Geschäftsführer die Anfragen auf mein Handy, meine App und kann mir die kurz angucken und kann dann sagen: Abgelehnt oder akzeptiert und dann ist das eben freigegeben. Das heißt, das ist genau die Entscheidung zwischen dieser alten Struktur, Befehl und Kontrolle, oder der neuen Möglichkeit, agil zu arbeiten und eben hier auch eigene Vorteile zu haben, eben nicht mehr so viel Zeit für entsprechende Anfragen dort, ja, binden zu müssen. Also kann ich völlig nachvollziehen.

Götz Müller: Prima, Herr Seidl, ich fand das wieder, ja, da wiederhole ich mich schon fast in jeder Episode zum Schluss, ich bin dann immer überrascht, was noch an Details drinsteckt, im Vergleich zu dem, was man sich vielleicht am Anfang der Unterhaltung oder in der Vorbereitung überlegt hat, deshalb vielen Dank für Ihre Zeit, für die auch interessanten Einblicke.

Thomas Seidel: Ganz herzlichen Dank an Sie und es hat Spaß gemacht, Ihnen erstmal einen schönen Tag.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Thomas Seidel zum Thema Prozesse im Ausgabenmanagement. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 277.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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