Inhalt der Episode:
- Wo spielen Netzwerke überall eine Rolle?
- Was ist der Nutzen von Netzwerken?
- Was muss man im Sinne von Prozessen bzgl. Netzwerken berücksichtigen?
- Wie erleichtern Prozesse bspw. durch Regeln oder Standards den Umgang mit Netzwerken?
- Wie entwickeln Netzwerke selbst ihre (informellen) Prozesse bspw. in Form von Umgangsformen?
- Was lässt sich aus klassischen Geschäftsprozessen auf den Netzwerkkontext übertragen?
- Was können Netzwerke von klassischen Prozessen lernen?
- Was ist Dein persönlicher Bezug zu Netzwerken?
Notizen zur Episode:
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Episode 342 : Netzwerke und Prozesse
Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.
Götz Müller: Heute unterhalte ich mich mit Andi Ewert über das Thema Netzwerke und Prozesse. Hallo Andi.
Andi Ewert: Moin Götz, vielen Dank, dass ich hier sein darf. Vielen Dank für die Einladung. Mein Name ist Andi Ebert, ich bin 37 Jahre alt, so viel kann ich schon mal vorweg geben. Einigen wenigen bin ich tatsächlich auch bekannt als Stressflix. Das liegt unter anderem daran, dass ich seit Mitte 2022 als Coach und Berater in der Stress- und Burnout-Prävention unterwegs bin und aktuell vermehrt eher im Bereich der Selbständigen, tatsächlich also bei den Solopreneuren und ich lebe mit meiner wunderbaren Freundin im schönen Nordfriesland in der Nähe von Flensburg, also zwischen den Meeren. Und ansonsten, wenn es noch ein bisschen was Persönliches sein darf, haben wir noch ein paar Hühner zu Hause und einen Kater, der so nett ist und uns erlaubt, auch in diesem Haus zu leben. Vielen Dank, Götz, für die Einladung.
Götz Müller: Ja, sehr, sehr gerne und spannendes Thema heute. Wir sind ja im Grunde über eine Unterhaltung über etwas ganz anderes dann darauf gekommen, Netzwerke, jetzt könnte man fast so weit gehen zu sagen, ihr habt in eurem Haushalt auch ein Netzwerk aus mindestens zwei Menschen und noch ein paar vierbeinigen Vertretern und vielleicht mal so den Bogen ganz weit gespannt, in deiner Wahrnehmung – wo spielen Netzwerke im Grunde überall eine Rolle?
Andi Ewert: Ja. Überall. Um es mit einem … eigentlich könnte man es hier beenden, den Podcast, wenn das die einzige Frage wäre, Götz, überall. Also wenn man sich, wenn wir hier anfangen in diesem Haus, natürlich gibt es das soziale Netz, diese sozialen Netze gibt es überall, aber auch wenn wir nach draußen gucken oder auch den Fernseher anmachen, sind wir letztendlich umgeben von Netzwerken. Wir nehmen es nur nicht mehr so wahr, weil es für uns so selbstverständlich geworden ist, würde ich sagen, also wenn wir mal die Bereiche Wirtschaft und Politik ansehen, auch das sind alles Netzwerke beziehungsweise sie bestehen in Netzwerken und funktionieren auch in Netzwerken, um da mal ein paar Buzzwords reinzubringen, ja.
Götz Müller: Ja, und jetzt …, wenn man sich so ein bisschen neben sich stellt und drüber nachdenkt, warum. Das heißt … Menschen, typischerweise tun sie nur Sachen, wo sie irgendetwas davon haben, also die Frage, die jetzt hinter meinen Formulierungen steckt, was ist eigentlich aus deiner Sicht speziell eben, was ist der Nutzen von Netzwerken?
Andi Ewert: Ich glaube, da kann man tatsächlich verschiedene Nutzen formulieren. Zum einen sind wir ja soziale Wesen, das heißt im Grunde nichts anderes, wir sind nicht gerne allein, und Netzwerke geben uns eben ein Zugehörigkeitsgefühl. Das ist, glaube ich, ein ganz, ganz großer Punkt. Das ist nicht der Hauptpunkt in jedem Netzwerk, aber gerade in den, ich spiele mal hier auf die sozialen Netzwerke an, ist das ein ganz elementarer Punkt, würde ich sagen.
Götz Müller: Mhm. Und jetzt unterhalten wir uns natürlich in meinem Podcast-Kontext auch über Prozesse. Prozess bei mir, eine Definition wiederhole ich immer mal wieder, vielleicht kommt es dem ein oder anderen Zuhörer jetzt schon aus den Ohren eben raus, ist für mich die Kombination aus Kommunikation und Verhalten und mindestens seit Watzlawick, also seit Jahrzehnten, wissen wir schon, dass mit dem Nicht-Kommunizieren geht nicht, und wenn ich zu dir sage „Andi, auch wenn ich nur dein Standbild sehe, verhalte dich mal bitte nicht.“, wirst du mich auch nur mit großen Augen anschauen. Also das heißt, wir haben überall Prozesse drin und so eben auch in Netzwerken.
Andi Ewert: Ja, auf jeden Fall. Diese Prozesse sind auch wahnsinnig wichtig, denn sie sind ja letztendlich, aus der Metaperspektive betrachtet, auch dafür verantwortlich, dass sie überhaupt funktionieren. Denn nur wenn wir Prozesse innerhalb eines Netzwerkes definieren, können wir auch Dinge definieren wie Verantwortlichkeiten und nur über Prozesse können wir auch Dinge schaffen wie Transparenz, und das sind ja letztendlich auch irgendwo die Grundsteine, um im Netzwerk effektiv zu funktionieren.
Götz Müller: Mhm, jetzt hast du natürlich auch, wie soll man das ausdrücken? Ich würde jetzt mal vermuten, Lean ist nicht dein Haus- und Hofthema, womit du jeden Tag umgehst, so wie das vielleicht, wenn meine Frau jetzt hier mit dem Raum wäre sagen würde, ja, sogar beim Spülmaschine einräumen, denkt er darüber nach? Das heißt, was bedeutet das für dich, über solche Dinge wie Transparenz, wie Verlässlichkeit, wie Verantwortung in dem Kontext von Netzwerken überhaupt nachzudenken?
Andi Ewert: Also ich glaube, um das greifbar zu formulieren, muss man vielleicht ein bisschen vorher ansetzen. Ich glaube, man muss verstehen, dass grundsätzlich Dinge und damit man nicht auch Dinge in Netzwerken nicht von alleine entstehen, sondern Netzwerke entwickeln sich. Sie müssen sich entwickeln. Denn immer, wenn es in Netzwerken zum Beispiel um Menschen geht, finden ja letztendlich auch ständige Anpassungen statt. Also wenn wir jetzt mal ein soziales Netzwerk nehmen, es kommen neue Menschen rein und es verlassen Menschen dieses Netzwerk auch wieder. Das bedeutet, dieses Netzwerk ist einer kontinuierlichen Veränderung unterworfen und dementsprechend müssen dort dann auch Veränderungen stattfinden, also im Rahmen der Prozesse. Also man darf Prozesse dann entsprechend anpassen mit dem Netzwerk. Hat das die Frage beantwortet?
Götz Müller: Ja, ja, und vor allen Dingen, gibt es mir jetzt in unserer Unterhaltung eben weitere Impulse und ich denke jetzt gerade eben, es klang ja ein Stück weit an, Netzwerke wachsen und wenn man zum Beispiel einen der Klassiker uns betrachten, Facebook, wie hat das angefangen? In einem ganz kleinen Kontext, auf einem Universitätscampus und vermutlich hat der Zuckerberg damals ganz andere Gedanken vielleicht im Kopf gehabt oder eben auch noch nicht im Kopf gehabt, wie sie da jetzt heute bei vielen, vielen Millionen Menschen weltweit da dahinter stecken und ich glaube, in einem etwas kleineren Kontext typischerweise, haben wir solche Situationen eben auch in einem betrieblichen Umfeld, also in dem Unternehmensumfeld, soziales System, Stichwort Organisation, Belegschaft.
Andi Ewert: Ja, definitiv. Also da können wir auch, können wir auch gerne direkt einsteigen. Also wenn ich jetzt mal den Begriff Employer Branding mit einwerfen darf. Also wenn es wirklich um die Bereiche Mitarbeitergewinnung und auch um das Thema Mitarbeiter halten geht. Da bekommen Netzwerke auch noch mal eine ganz andere Bedeutung. Also die können schon ein starkes Sprungbett für das Unternehmen sein, diese Bereiche auszufüllen, also dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter auf dem richtigen Weg gewonnen werden, aber auch eben die richtigen Mitarbeiter gehalten werden können. Diese Netzwerke, die man auch innerhalb von Unternehmen anbringen kann, beziehungsweise installieren kann, bieten eben große Möglichkeiten auch für die Unternehmen und nicht nur für die Mitarbeiter, sondern das ist ja letztendlich eine Win-Win-Situation. Diese Netzwerke bieten ja letztendlich die Möglichkeit, dass Mitarbeiter sich beruflich weiterentwickeln können, sie können, es können Kontakte geknüpft werden, man findet Gleichgesinnte innerhalb eines Unternehmens. Wenn wir jetzt mal größere Unternehmen als Beispiel nehmen, wo man eben weiter entfernt von zwei-, dreitausend Mitarbeitern ist, sondern eher bei fünf- bis zehntausend, da kennt nicht jeder jeden, aber es ist ja ein großer Vorteil, wenn sich innerhalb dieses Konstruktes, also dieses Unternehmens, eigene Netzwerke in Unternehmen bilden, um dann entsprechend Gleichgesinnte zu finden, irgendwo und ich glaube, das ist ein großer Faktor, der noch häufig unterschätzt wird, im Unternehmenskontext aber langfristig wirklich für Erfolg Sorgen kann in einem Unternehmen vor allem in Bezug auf Employer Branding.
Götz Müller: Ja, und da schließt sich für mich auch schon ein erster Bogen, möchte ich fast sagen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir da. Auf. Stoßen werden nämlich da dann wieder diese Dualität Netzwerk auf der einen Seite und Prozess auf der anderen. Gerade so dieses Stichwort, Employer Branding, will ich an dem Zufall überlassen, sondern eben irgendwo eine Form von Standardprozess dahinter haben. Wie will ich denn nach außen auftreten, wie will ich denn nach außen wirken? Es vor allen Dingen eben nicht dem Zufall überlassen, welches Bild ich da nach außen abgebe.
Andi Ewert: Nein, auf gar keinen Fall. Das sollten Unternehmen tunlichst unterlassen, also es ergibt dann schon Sinn, gewisse Prinzipien, die für Netzwerke gelten, dann auch eben auf den Geschäftsprozess zu übertragen oder umgekehrt. Ich glaube, das war schon richtig. Also Dinge wie Effizienz und du hast es am Anfang schon angesprochen, klare Kommunikation, transparente Abläufe und natürlich dann auch die kontinuierliche Verbesserung von Prozessen, das sind alles Dinge, die letztendlich Garanten dafür sind, dass Netzwerke gut funktionieren, auch Netzwerke innerhalb von Unternehmen. Also die Funktionalität und die Leistungsfähigkeit des Netzwerks zu optimieren, um letztendlich auch mit dem Unternehmen dann die Geschäftsziele zu unterstützen beziehungsweise effektiv zu erreichen. Und dazu müssen Standards festgelegt werden und diese Standards sind mit Sicherheit in vielen Unternehmen unterschiedlich, aber ich glaub auf ein paar Kernpunkte, eben vielleicht so zwei, drei, die ich eben vorhin genannt hab, kann man das mit Sicherheit runterbrechen. Also ich kann mir keinen Unternehmen vorstellen, das nicht auf Effizienzsteigerung ausgelegt ist, wenn es um Prozesse im Rahmen von Netzwerk innerhalb des Unternehmens geht beziehungsweise ich glaube auch nicht, dass es Unternehmen gibt, die nicht für klare Kommunikation einstehen würden, weil es ja eben vieles einfacher macht, so in meiner Wunschvorstellung.
Götz Müller: Ja, du, also da bin ich voll bei dir. Die Frage, die mir jetzt hier in dem Kontext durch den Kopf geht, und ich könnte mir vorstellen eben auch dem ein oder anderen Zuhörer, weil wenn man jetzt den klassischen Produktionsprozess vor dem geistlichen Auge hat und selbst wenn es nur in Anführungszeichen ein unterstützender Prozess ist, also jetzt gar nicht irgendwie Teile zusammengeschraubt werden, um mal etwas ganz Griffiges zu nehmen, dann habe ich dort ja etwas Greifbares. Das heißt, wenn jemand diese Schraube anzieht, dann braucht er dafür so viele Sekunden und er muss vielleicht so weit laufen, um die Schraube zu holen, ein bisschen flapsig ausgedrückt an der Stelle. Jetzt sind wir natürlich beim Netzwerk in einem viel, ja, bei weitem nicht so greifbaren Kontext und trotzdem eben, wie gelingt es uns, das ist jetzt das Element, was ich noch ein bisschen, zwischen uns zwei, noch ein bisschen diskutieren möchte, wie gelingt es uns jetzt, dort den Hebel zu finden, auch an dem ich die Verbesserung eben ansetze?
Andi Ewert: Ich glaube, nachdem man dann Regeln und Standards festgesetzt hat, die man letztendlich regelmäßig überprüfen muss, ob diese eingehalten werden. Also das wäre vielleicht der erste Punkt, eine regelmäßige Überprüfung des Status quo, ob Regeln und Standards eingehalten werden innerhalb dieses Netzwerks. Das ist ja letztendlich auch, dient ja letztendlich auch der Prozessoptimierung, würde ich sagen. Und auch die Überprüfung, ob die regelmäßigen Kommunikationskanäle zum Beispiel eingehalten werden oder überhaupt genutzt werden. Und wenn dem nicht so ist, dieses dann eben auch anzupassen. Also gerade diese Einhaltung von Regeln und Standards halte ich für essentiell, denn am Ende soll ja letztendlich verhindert werden, dass so ein Netzwerk inkonsistent wird beziehungsweise es keine Kompatibilität mehr gibt und um es ganz einfach runterzubrechen, es soll einfach einen sicheren Ablauf geben, der funktioniert und dafür sind einfach Überprüfungen notwendig und notwendig, um im Rahmen von Prozessen eben dann doch noch mal die Stellschraube anzuziehen oder vielleicht zu lockern, je nachdem, was vorgefallen ist oder was gerade funktioniert.
Götz Müller: Ja, ich finde jetzt, die Unterhaltung ist deshalb für mich persönlich jetzt auch sehr spannend, weil gut, ich schreibe dir jetzt mal eben zu, dass du in dem Thema Prozessoptimierung, Lean und Co, oder durch die Lean-Brille nicht so siehst, wie ich zum Beispiel oder wie möglicherweise viele der Zuhörer, und trotzdem merke ich jetzt, dass du Stichworte gibst, die für uns, in Anführungszeichen, im Grunde ganz normal sind und trotzdem natürlich auch in einem klassischen Produktions-, Industriekontext, Industrie-, Produktionsprozess-Kontext immer mal wieder etwas schief läuft und das finde ich jetzt persönlich so spannend an unserer Unterhaltung, das von dir, im Prinzip, als, ja, ich nenne es jetzt mal ohne, ich will dir da nicht zu nahe treten, aber im Grunde bist du ja in dem Kontext, Prozesse, Lean und Co, ein Laie und trotzdem erwähnst du Dinge, die aber absolut entscheidend sind.
Andi Ewert: Ja, vielleicht kann ich diese Dinge erwähnen, gerade weil ich Laie bin und vielleicht auch, weil ich ein eigenes Netzwerk gegründet habe. Tatsächlich abseits der sozialen Medien, und da sind mir, gerade in den letzten Monaten, Dinge aufgefallen, die nicht gut funktioniert haben und wenn Dinge bei mir nicht gut funktionieren, dann hinterfrage ich, warum das so ist und stelle mir dann natürlich auch im Anschluss, versuche ich mir die richtigen Fragen zu stellen, wie ich es letztendlich ändern kann und dann bin ich beim Thema Prozessoptimierung und wenn ich mir, wenn ich selbst nicht in der Lage bin, mir selbst die richtigen Fragen zu stellen, um auf die richtigen Antworten zu kommen, muss ich Menschen fragen, die mir die richtigen Fragen stellen können und das habe ich in der Vergangenheit einfach gemacht und ich finde, gerade bei Netzwerken, in Verbindung mit Prozessen gibt es unglaublich immer viele Überschneidungen, vollkommen egal, ob es jetzt um Produktionsstätten in der Industrie geht oder ob es tatsächlich um soziale Medien oder andere soziale Gefüge geht, wie jetzt in meinem Fall, einem Unterstützungsnetzwerk für Selbstständige, denn am Ende, und das hast du am Anfang ja auch sehr, sehr ausführlich erklärt. Es geht um Dinge, wie zum Beispiel Kommunikation, und natürlich sieht das in einem Industrieunternehmen ganz anders aus als in einem sozialen Gefüge als in einem Unterstützungsnetzwerk, aber die Prinzipien sind doch gleich.
Götz Müller: Ja, absolut. Also bei mir persönlich rennst du da offene Tore, offene Türen ein, ich finde es eben insofern unheimlich spannend, weil ja Menschen wie mich, die in dem Kontext jetzt beraten, wird es ja nicht geben, wenn das alles wunderbar von alleine funktioniert und du hast ja gerade auch schon ein bisschen angedeutet, auch in Netzwerken funktioniert es nicht von alleine beziehungsweise muss man mal immer mal wieder reflektieren und was ich eben, ja, dann wiederhole ich mich schon fast, aber was ich unheimlich spannend finde, dass du ganz natürlich bestimmte Elemente nutzt, die jetzt im Lean-Kontext ständig, man ständig tun sollte und trotzdem eben immer mal wieder halt nicht tut, nämlich Fragen zu stellen, andere zu fragen, sich dann auch Antworten zu geben. Auch Fragen von anderen oder Fragen, die man sich in dem Kontext dann selber stellt, um eben sich drüber klar zu werden, was gerade passiert und auch ein weiteres, da füge ich jetzt ein paar Sachen hintereinander, vielleicht, damit ich es auch nicht vergesse, dieses Element Standard, das du erwähnt hast, ist ja bei uns auch, jetzt im klassischen Produktionskontext, Prozesskontext unheimlich wichtig, weil es mir ja sonst gar nicht möglich ist, irgendwas zu verbessern, wenn ich nicht so eine stabile Basis habe, von der ich ausgehen könnte, selbst wenn sie nicht gut ist.
Andi Ewert: Ganz genau und auch Vergleiche sind nicht möglich, wenn ich vorher keine Standards gesetzt habe. Ich kann im Grunde ja nichts optimieren, Prozesse optimieren, wenn ich vorher keine Standards gesetzt habe. Ich weiß doch dann sonst, ich weiß dann doch gar nicht, läuft es gerade gut, läuft es in die richtige Richtung oder entwickle ich mich gerade zurück? Um da mal den, von der Industrie jetzt wieder den Vergleich zum sozialen Netzwerk zu bringen, ich musste mir auch die Frage stellen, wie möchte ich denn reagieren, wenn die Anzahl der Verbindung der Mitglieder innerhalb meines Netzwerks von jetzt auf gleich exponentiell durch verschiedene äußere Faktoren explodiert? Dann muss ich reagieren und wenn ich mir vorher keine Gedanken gemacht habe, also keine Szenarien gefahren habe, wie ich dann reagieren möchte oder sogar muss, damit das Ganze weiter gut funktioniert, dann bin ich nicht handlungsfähig und bei dieser Prozesssteuerung und auch wenn es darum geht, Prozesse zu lernen, ist eine Sache, die mir mitgegeben wurde, es geht halt da eben auch sehr viel um Verantwortlichkeiten, also Verantwortlichkeiten vorher festzulegen und in meinem Fall ist es relativ einfach, ich bin der Leiter dieses Netzwerks, der Admin, also bin ich auch in der Verantwortlichkeit, also muss ich mich diesen Szenarien letztendlich auch stellen, egal was da kommt und natürlich gibt es immer Szenarien, auf die kann man sich nicht einstellen oder man stellt sich nicht darauf ein, weil sie so unwahrscheinlich sind oder weil man glaubt, dass sie unwahrscheinlich sind. Das ist ein großer Unterschied. Und da konnte ich einen klaren, ja, da musste ich tatsächlich in der Vergangenheit ein bisschen zurückrudern, denn nachdem ich ein paar Gespräche geführt habe mit Menschen, die in einer ähnlichen Situation waren wie ich, die haben gesagt „So unwahrscheinlich wie du das gerade beschreibst, ist es nicht. Fahr mal ein Szenario, wie gehst du vor, wenn die Situation XY eintritt.“ und ich glaube, das wird vermutlich in dem Kontext, in Industrieproduktion ähnlich gehandhabt. Ich bin da, wie du sagst absoluter Laie, ich habe da an für sich in diesem Industriekontext, was die Systeme angeht, eigentlich keine Ahnung. Ich kann es nur versuchen mir vorzustellen, wie so ein Netzwerk in diesem Kontext funktioniert, kann versuchen einen Vergleich mit meinem Netzwerk anzustellen und dann versuchen, ja, Gleichheiten festzustellen. Also gibt es Verbindungen, die gleich sind. Das wird nicht überall funktionieren, aber gerade, wenn es um Dinge geht, wie Verantwortlichkeiten müssen festgestellt werden, sie müssen auch transparent sein. Das ist eben sehr wichtig, damit sie letztendlich auch effektiv funktionieren. Ich glaube, das kann man dann, da kann man sich eine Menge ableiten, also im Grunde ist es eine Menge Ableitungsarbeit, die ich vielleicht geleistet habe, vielleicht kommt das deshalb so bei dir an, dass es sich so anhört, als wenn ich weiß, wovon ich rede, aber ich mache im Grunde Abgleicharbeit mit den Learnings, die ich aus meinem Netzwerk gezogen habe und versuche das dann letztendlich auf eine andere Situation zu übertragen.
Götz Müller: Ja, und das finde ich aber eben insofern unheimlich spannend, weil es eine ganz große Gemeinsamkeit eben für mich darstellt und auch ja ein Stück weit definitiv eben auch der Grund ist, warum ich in meinen Podcast-Episoden, wie jetzt in unserer Episode, auf den ersten Blick vielleicht ganz weit weggehe von dem klassischen Industrieunternehmenskontext und trotzdem, und ich möchte fast so weit gehen zu sagen, das ist jetzt eine der Episoden, wo das unheimlich stark rauskommt, dass es da viele Gemeinsamkeiten gibt und dass man eben durch eine ganz andere Brille betrachtet, sich selber auf eine Art und Weise, also seinen eigenen Kontext, sein eigenes Tun, plötzlich auf eine ganz andere Art und Weise vielleicht auch beobachtet, wenn man in der Lage ist, das durch eine andere Brille ein Stück weit, auch nur in der Unterhaltung wie bei uns beiden jetzt, zu tun.
Andi Ewert: Absolut. Und das ist bei mir vielleicht auch ein bisschen meiner Tätigkeit geschuldet als Coach für Stress- und Burnout-Prävention. Ich komme gar nicht umhin, im Rahmen meiner Arbeit mich selbst immer wieder zu hinterfragen, meine Entscheidung auch zu hinterfragen, also zu reflektieren, was ich getan habe und was ich eventuell noch tue und ich habe es mir einfach angewöhnt, Input von außen zu holen, weil ich gemerkt habe, ab einem gewissen Punkt sitzen wir in unserer Bubble und da verlieren wir für bestimmte Themen eben diesen peripheren Blick. Also wir gucken geradeaus, gucken an die Wand, sehen aber nicht, dass es einen Weg links und rechts dran vorbeigeht, das sehen wir denn ab einem gewissen Punkt einfach nicht mehr. Und das war natürlich im Rahmen dieser Prozesse, die ich versuche aufzusetzen für mein eigenes Netzwerk auch der Fall, und zwar sehr, sehr schnell. Also ich war maximal überfordert mit dem Thema, bin ich auch, das kann ich hier mal so ganz klar sagen, auch immer noch. Das werde ich vielleicht auch noch in einem halben Jahr sein. Wichtig ist aber doch, dass ich weiß, dass es Menschen gibt, die dabei unterstützen können, mir eben, ja, eine andere Brille aufzusetzen beziehungsweise ich kann mir dadurch eine andere Brille leihen. Und dadurch dann vielleicht auch wieder die Verbindungen sehen, auch zu anderen Kontexten, so wie wir es hier eben auch besprechen, obwohl es eigentlich auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so viele Gemeinsamkeiten gibt, dann doch eben wieder diese Anknüpfpunkte zu finden und zu merken, okay, an für sich sprechen wir schon über dasselbe, auch wenn es verschiedene Kontexte sind.
Götz Müller: Ja, und ein wichtiges Stichwort, das du genannt hast, du hast es Bubble genannt. Ich nenne das, ich habe das irgendwo mal aufgeschnappt, das Marmeladenglas, in dem ich halt drinsitze, jetzt in deinem Fall wäre es die Bubble, ich tue mich da, aber wenn ich da drinsitze, ganz einfach physikalisch unheimlich schwer zu lesen, was außen auf dem Etikett steht.
Andi Ewert: Ja, ganz genau. Das ist auch eine schöne Metapher beziehungsweise eine schöne Geschichte dazu. So darf man das auf jeden Fall sehen. Es ist schwierig und dann darf man jemanden fragen, ob jemand mal den Deckel öffnet, damit man mal rausklettern kann, um zu gucken, was steht denn da eigentlich oder um es anders zu beschreiben, man lässt es sich vorlesen von jemandem, der eine andere Position hat, nämlich vor dem Glas steht.
Götz Müller: Mhm, ja, und unter Umständen, und das kommt ja dann möglicherweise noch dazu, dass der da vielleicht was anderes liest. Ich habe jetzt so das klassische Marmeladenglas, wo man halt so einen handgeschriebenen Aufkleber draufhat und wenn jetzt die Handschrift vielleicht nicht so klar ist, dann ist mir nicht sicher, was für eine Beere das jetzt ist, die da in dem Marmeladenglas drinsitzt.
Andi Ewert: Ja, ja, das stimmt auf jeden Fall. Natürlich kann das Etikett auch anders gelesen werden beziehungsweise der Inhalt sieht dann vielleicht für die zweite Person, die draufguckt, auch noch mal anders aus. Und da kann ich letztendlich auch noch mal ein Learning, ich weiß ich nicht, ob ich das Learning nennen würde, vielleicht weitergeben, oder eine Beobachtung von mir. Das ist, glaube ich, der bessere Begriff. Immer wenn Prozesse Spielraum zur Interpretation haben, kann man wahrscheinlich auch zwanzig Leute fragen. Man bekommt eventuell zwanzig verschiedene, also unterschiedliche Antworten. Und ich finde, da sind wir dann aber auch schon wieder beim Thema Standards setzen und Standards zeichnen sich ja unter anderem dadurch aus, dass sie unmissverständlich in der Kommunikation sind für das, was sie den Lesenden oder den entsprechenden Personen mitteilen wollen. Also bei Standards sollte es nach Möglichkeit, so meine Erfahrung, möglichst wenig Spiel für Interpretationen geben.
Götz Müller: Ja, und im Grunde, das, was wir jetzt tun, nämlich das Nutzen von Sprache, von gesprochener Sprache ist a) die eine Sache, die uns von vielen anderen Lebewesen unterscheidet und trotzdem man manchmal aneinander vorbeiredet, vielleicht, weil man über diesen gemeinsamen Standort nicht gesprochen hat, und jetzt schlage ich dann den Bogen an der Stelle zu den Stichworten, die du schon genannt hast, nämlich dann daraus sich unter Umständen auch Stress ergibt für die Beteiligten in dem Netzwerk.
Andi Ewert: Ja, absolut. Ein guter Punkt. Netzwerke können beides, sie können Stress generieren, sie können ihn aber auch reduzieren, und das hängt ganz klar auch von den Prozessen ab und ob Prozesse angepasst werden. Also ein überlastetes, oder wie nennt man es, vielleicht ein fehlerhaftes Netzwerk verursacht immer dann Stress, wenn es zu Dingen wie, ja, Verzögerungen, Ausfällen, was gibt es in der Industrie vielleicht noch nicht, zusätzlich Sicherheitsprobleme gibt es da bestimmt, wenn so etwas häufiger vorkommt, dann gibt es Stress und das führt zu Frustration, also es hat einen langen Rattenschwanz und dann kommen wahrscheinlich so Dinge wie Produktivitätsverlust, andere negative Auswirkungen, da kommt dann ganz viel zusammen und auf der anderen Seite können dann gut gestaltete und vor allem effizient verwaltete Netzwerke Stress reduzieren, weil es reibungslose Kommunikation gibt, eine gute Zusammenarbeit ermöglicht wird, auf Anfragen wird schnell reagiert in guten Netzwerken und es gibt einfach eine hohe Leistung und das Ziel, womit dieses Netzwerk vielleicht mal gegründet wurde, wird erfüllt, das ist ja auch ein Kernpunkt.
Götz Müller: Ja, und auch da sehe ich halt eine unheimlich hohe Vergleichbarkeit zu dem Unternehmenskontext. Da verwenden wir jetzt vielleicht in dem Produktions-, speziell in dem Produktionskontext verwenden wir jetzt vielleicht nicht den Begriff Netzwerk, wir verwenden eher die Supply Chain, also eher die Kette, die jetzt vermeintlich linear ist und trotzdem wirken dort ja Unterstützungselemente, die vielleicht an der einen Stelle an der Kette ziehen oder sie vielleicht nur insofern unterstützen, dass sie nicht durchhängt. Und wenn es nur so ein, wenn man es so eine klassische Absperrkette vom geistigen Auge hat, die halt nur an einer Stelle, sich etwas anhebt und dann an anderer Stelle vielleicht ein bisschen daran zieht, im Sinne eines Führungsprozesses. Also ich sehe da viel mehr Ähnlichkeiten und das macht es auch so spannend, unsere Unterhaltung jetzt, wie ich am Anfang in der Vorbereitung und wo wir uns so ein bisschen über ein paar Stichworte abgestimmt hatten, vermutet hätte.
Andi Ewert: Das geht mir ähnlich. Ich saß tatsächlich auch erst mal vor dem Thema und natürlich habe ich mir auch die Notizen angeguckt, die du mir gegeben hast und mit vielem konnte ich schon etwas anfangen, aber die wirklichen Hey-Ho-Momente, nenne ich sie jetzt einfach mal, habe ich dann bemerkt, als ich mir dann tiefergreifende Gedanken gemacht habe und einfach mal so ein bisschen aufgeschrieben habe, reflektiert habe, was mir im Rahmen meines Netzwerk so passiert ist, in den letzten Wochen und Monaten und habe dann mal geguckt, okay, wenn ich das jetzt versuche, auf ein Unternehmen zu übertragen und ich hab auch mal in einem, gut, ich kann jetzt nicht wirklich sagen, es ist ein Unternehmen, ich war bei der Bundeswehr und davor war ich in der Verwaltung, aber auch da gibt es Prozesse und Umgangsformen und Standards, die gesetzt worden, gesetzt wurden. Gesetzt durch Gesetze zum Beispiel und wenn man sich da nicht darangehalten hat, wurde es natürlich auch schwierig und da habe ich dann schon Parallelen erkannt und natürlich gibt es immer andere Begriffe, je nachdem, je nach Branche nennt man es anders, aber gemeint ist sehr häufig dasselbe. Es bekommt nur einen anderen Namen. So, und da merkt man dann ja auch, dass sich diese verschiedenen Bereiche im Rahmen der Kommunikation in die gleiche Richtung bewegen, aber einfach andere Begriffe nutzen, und das ist ja, das dient dann letztendlich, ich suche gerade das richtige Wort dafür, na ja, jede Branche entwickelt ja auch so etwas wie eine eigene Sprache, weißt du was ich meine? Ja.
Götz Müller: Ja, definitiv und das, ja, ich wiederhole mich an der Stelle, das macht es eben auch so spannend mit Menschen wie jetzt dir, du hast das Stichwort Bundeswehr genannt, da hatte ich auch mal eine Unterhaltung, da haben wir uns über die Auftragstaktik unterhalten, wo ja auch ganz viele Standards, Kommunikationsstandards, drinstecken und man im Grunde genommen, unterm Strich, und das ist ja die große Gemeinsamkeit, nur davon lernen kann, wenn man auf andere Marmeladengläser schaut, um mal vielleicht bei der Metapher zu bleiben und vielleicht sogar mal eben einen Deckel aufmacht und mit jemandem redet, im übertragenen Sinne, so wie ich jetzt mit dir rede, der in einem ganz anderen Glas sitzt und trotzdem sehr, sehr ähnlichen Randbedingungen unterliegt und dort Erfahrungen macht, Erkenntnisse gewinnt und sich allein darüber auszutauschen, einen definitiv nicht dümmer macht.
Andi Ewert: Auf gar keinen Fall. Das macht mit Sicherheit nicht dümmer, ganz im Gegenteil, ich glaube, dass es sogar Voraussetzung für kreative Lösungsprozesse, würde ich es jetzt einfach mal nennen, wenn man in seinem eigenen Marmeladenglas, wie du es genannt hast, nicht weiterkommt und dann Input von außen bekommt, kann das durchaus dazu führen, dass man ein Stück weit kreativer in der Lösungsfindung wird, da bin ich mir ganz sicher und diese Erfahrung habe ich auch schon in anderen Kontexten gemacht. Das ist bei der Bundeswehr nicht immer so gern gesehen. Neu ist erstmal nicht so toll und das ist bestimmt auch in einigen Unternehmen vielleicht so, je nach Unternehmenskultur, die da so vorherrscht, aber insgesamt würde ich sagen, es ist immer gewinnbringend, andere Perspektiven mit reinzubringen. Und seien sie auch erstmal noch so weit hergeholt. Also sei dieses Glas auch noch so weit weg. Es gibt immer etwas, was man sich daraus mitnehmen kann, manchmal muss es ein bisschen angepasst werden und dann passt es eben wieder.
Götz Müller: Ja, Andi, das war ein wunderbares Schlusswort. Ich danke dir für deine Zeit, für die Unterhaltung über Themen, die im Grunde eben universell sind.
Andi Ewert: Ich danke dir, lieber Götz, vielen Dank für die Einladung. Ich komme gerne wieder.
Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Andi Ewert zum Thema Netzwerke und Prozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 342.
Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei Apple Podcasts. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.
Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
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