Kaizen 2 go 345 : KI-gestützte Montageplanung


 

Inhalt der Episode:

  • Was war der Impuls sich mit KI im Kontext von Montageplanung zu beschäftigen?
  • Wie sieht der typische Ablauf klassischer Montageplanung aus?
  • Welche Probleme bestehen bei klassischer Montageplanung?
  • Welche Ursachen hat das und welche Folgen ergeben sich daraus?
  • Wie kann KI dabei helfen? Welcher Nutzen entsteht durch die KI?
  • Welche Veränderungen ergeben sich im Erstellungsprozesse?
  • Wie sehen die Reaktionen auf diesen Anwendungsfall aus?
  • Wie wird sich ggf. zukünftig der Konstruktionsprozess oder sogar der Designprozess verändern?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 345 : KI-gestützte Montageplanung

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Alexander Neb bei mir im Podcast-Gespräch. Er ist der Gründer von Assemblio. Hallo Alexander.

Alexander Neb: Grüß Gott, hi.

Götz Müller: Ja, ich habe schon ein kurzes Stichwort zu dir gesagt, aber stell dich gern noch mal in ein paar Sätzen vor.

Alexander Neb: Ja, mein Name ist Alexander Neb. Ich bin einer der Gründer und der Geschäftsführer von Assemblio und wir haben uns nicht weniger zum Ziel gemacht als die Produktentwicklung der Zukunft zu revolutionieren.

Götz Müller: Das find ich schon mal einen guten Anspruch. Was ich immer ganz gerne Frage zum Start, was war denn Impuls dich mit dem Thema … wir beschäftigen uns ja heute mit KI im Kontext von Montageplanung, ich würde mal sagen, davon träumt man jetzt nicht notwendigerweise nachts, also es muss irgendwie eine Art von, zumindest in meinem Weltbild, korrigier mich da gerne, einen Impuls gegeben haben.

Alexander Neb: Tatsächlich war es fast schon nachts ein Traum. Und zwar habe ich selbst in der Arbeitsvorbereitung gearbeitet und musste bis in die Nacht Bildchen machen, bis in die Nacht Pläne machen. Daher, doch es hat mich bis in die Nacht verfolgt. Und das war tatsächlich doch der Auslöser, dass ich dann auch gesagt hab, ich mache das nicht weiter. Das kann ja wohl nicht wahr sein, dass das heute noch genauso läuft. Ich habe dann die Möglichkeit bekommen, in die Fraunhofer Gesellschaft zu wechseln, dort zu promovieren, habe genau dieses Thema genommen, habe mir genau das auch auf die Fahne geschrieben. Und daher doch, es betrifft mich schon, seit 2014, glaube ich.

Götz Müller: Ja, das finde ich jetzt spannend. Also, aber es ist sehr nachvollziehbar. Ich glaube so, ich höre da einen gewissen persönlichen Schmerz raus, was ja durchaus ein starker Antrieb sein kann. Heile Welt in der Regel bringt einen höchstens zur Kaffeemaschine, aber weiter unter Umständen nicht.

Alexander Neb: Absolut. Ich war einfach schockiert, als Jüngling in einem Automobilunternehmen, als Jüngling bei einem Automobilzulieferer und dann heißt es, wir machen Screenshots, Screenshots und die packen wir in eine Word-Datei. Da dachte ich, nee, da gibt es doch bestimmt eine professionelle Lösung, und nach und nach habe ich dann erfahren, das ist die professionelle Lösung. Die meisten haben gar keine Anleitungen und da dachte ich: Nee, das ist das ist ein Thema, das kann ich lösen. Ich kenne mich in dem Thema aus, jetzt arbeite ich mich in die Forschung ein, das bekomm ich hin. Und ich war auch komplett überzeugt.

Götz Müller: Gut. Jetzt hast du schon bisschen was angedeutet. Vielleicht schilderst du mal den Zuhörern so den typischen Ablauf einer klassischen Montageplanung.

Alexander Neb: Ja, gern. Also ein Team konstruiert ein Produkt, die bauen das zusammen, konstruieren macht unheimlich viel Spaß, aber irgendwann muss dokumentiert werden, wie bauen wir das Ding zusammen, welches Werkzeug, welche Betriebsmittel, in welcher Reihenfolge. Dann kommen noch die Kollegen dazu, meinen: Ja, und das wird automatisiert gemacht. Wie automatisiert gemacht? Ja, und dann ist die Werkzeugzugänglichkeit nicht da und dann kommt das im Flurfunk. Mein Chef erklärt mir „Alex, der Recliner muss an der Feder und hier und da und achte auf die Spannvorrichtung“ und ich denke mir nur: Was genau willst du von mir? Um was geht es hier? Und dann fängt es an. Das Produkt wird so komplex, dass wir anfangen müssen zu dokumentieren. Wir müssen die Reihenfolge dokumentieren. Wir müssen das ganze Wissen auf Papier bringen. Dieses Dokument wächst. Das geht ins Testing, das Testing wird nach diesem Dokument die Crashtests durchführen, prüfen: Ist das überhaupt umsetzbar, dann kommt raus, nein, es ist nicht, Schrauben sind gerissen oder was auch immer. Also wird das 3D-Modell redesignt. Was passiert, wenn es redesignt wird? Ja, die Dokumentation ändert sich schon wieder. Dann will natürlich der Endabnehmer die Dokumentation sehen. Dann wollen die Produktionsleute die Dokumentation sehen. Es ist ein dynamisches Dokument, das immer weiterwächst, immer kompletter wird und ich meine, es ist kein Wunder … wir haben einen Kunden der braucht 26 Wochen für eine Dokumentation und Monate sind absolut keine Seltenheit. Und wen wundert es an der Stelle?

Götz Müller: Ja, das übersteigt dann unter Umständen vielleicht sogar fast die eigentliche Konstruktionsarbeit, vom Aufwand her.

Alexander Neb: Man muss sagen, die Konstrukteure wissen schon ganz genau, wie es gemacht wird. Nur sind es nicht die Konstrukteure, die das am Ende planen müssen. Der Konstruktor weiß genau, blind baut er seine Baugruppen zusammen, aber wie er seine Baugruppe in die andere Baugruppe einbaut, das weiß er nicht. Wie das Werkzeug da hinkommt, das weiß er leider auch nicht. Wie die Maschinen an die Stelle kommen und welche Prozesse vorher kommen, leider auch nicht. Wie die Teile vereinzelt werden und welchen Einfluss das hat, ob sich Schrauben verkanten können, das weiß er leider auch alles nicht. Und das ist unheimlich viel Wissen von unglaublich vielen Menschen, das in dieses Dokument muss und ich meine, ein Bild sagt mehr als 1000 Worte, klar, dann macht man einfach hunderte Screenshots, packt die in eine gigantische Word-Datei und lässt diese Datei am Leben.

Götz Müller: Und auf die Menschheit los.

Alexander Neb: Und auf die Menschheit los und alle anderen danach. Tatsächlich dieses Dokument, ich bin bei einem Projekt eingestiegen, dann hieß es das Dokument, es war quasi schon alles fertig, jetzt musste es noch vereinfacht werden. Ich denke, wieso muss das vereinfacht werden? Das Dokument wird jetzt die Basis für die Monteure, für die Vorarbeiter, die den Leuten erklären müssen, wie das umzusetzen ist und man benutzt da Bilder, keine Texte, die werden das nicht lesen. Also bis zum Schluss ist das Dokument geführt worden.

Götz Müller: Ja, also ich kann so etwas nachvollziehen, jetzt nicht unbedingt, weil ich Konstrukteur war, aber weil ich halt dann manchmal, wenn ich Produktionen besuche und wir dann da über Produktionsabläufe reden, dann wird mal irgendwo eine Dokumentation, wenn es gut ist, aus einem Ordner vor Ort gezogen, das ist dann schon fast der positive Fall. In manchen Fällen wird es dann irgendwo auf einem Rechner gesucht, in irgendeinem Verzeichnis, wo die Leute vor Ort manchmal dann das erste Mal reinschauen.

Alexander Neb: Absolut wahr. Ich war bei einem Kunden, tatsächlich, ein super Konstrukteur saß mir gegenüber, wirklich blind konnte er die größeren Anlagen durchdenken. Seine Pläne waren einfach nur Screenshots aus großen Zeichnungen und mit einem roten Stift hat er noch etwas dazu geschrieben und jetzt Zitat „Und die da unten verstehen nicht, was ich meine und deshalb brauchen wir Assemblio“. Ich gucke mir das Dokument an und denke mir, ich weiß leider auch nicht, was Sie damit meinen. Ich brauche da schon bisschen Futter. Es ist einfach, dieses Wissen ist so implizit, wenn man acht Stunden am Tag, fünf Tage die Woche damit arbeitet, ist alles einfach nur logisch, aber für alle anderen einfach leider nicht. Und, zur Verteidigung, wer dokumentiert gerne?

Götz Müller: Das ist jetzt wieder der Punkt, wo ich mitreden kann als früherer Softwareentwickler. Das war so ziemlich das letzte, was du gerne machst.

Alexander Neb: Das ist es. Und genau so sieht es dann leider aus.

Götz Müller: Ja, und mir wird jetzt auch noch ein Punkt klar und im Extremfall ist es dann ja oft so gewesen, wenn man seinen eigenen Code irgendwann Wochen, Monate später angeguckt hat und man dann seine eigenen Kommentare nicht verstanden hat. Das ist ja, ich könnte mir vorstellen, dass das jetzt in diesem mechanischen Kontext vielleicht sogar ähnlich ist. Wenn ich mir ein halbes Jahr später sowas noch mal angucke, so nach dem Motto: „Verdammte Tat, was habe ich mir damals dabei gedacht?“

Alexander Neb: Ja, absolut. Warum haben wir hier eine Fädelreihenfolge, haben wir an einem anderen Produkt auch nicht? Wieso ist die jetzt da drin? Jetzt irgendwo ist in irgendeinem Test etwas schiefgelaufen, das heißt, Schrauben verkanten sich, die müssen eingefädelt werden. Wenn es nicht dokumentiert ist, dann ist die Info weg und das ist ärgerlich.

Götz Müller: Und in dem Augenblick, wo man es halt macht, weiß man es ja genau und deshalb muss man sich ja schon fast auf die sokratische Ebene bewegen, zu wissen, was man nicht weiß.

Alexander Neb: Ja, ja, wenn man das könnte und auch versioniert wäre natürlich fantastisch. Absolut.

Götz Müller: Ja, ich glaube, das könnte jetzt auch eine Überleitung sein zum Thema KI, weil so wie ich es in diesem kleinen Ausmaß, wie ich es manchmal nehme, mehr so als Impulsgeber, merke ich aber doch, dass ich mir Gedanken mache, die ich mir vorher so nicht gemacht habe und auch manchmal in Unterhaltung mit Menschen nicht mache und ich nenne immer spaßeshalber so ChatGPT und Co Schlaumeier, aber manchmal ist er halt einfach dumm wie die Nacht und ich muss es ihm verdammt gut erklären.

Alexander Neb: Ja, ja, dafür kann er sehr viel parallel machen. Tatsächlich, wir haben den Riesenvorteil. Wir gucken uns Bauteile an, wir haben einen Messedemonstrator, das sind kleine Handventilator, 15 Bauteile hat er und dann hatten wir eine Challenge: Los, ohne den Ventilator zu kennen, baut das Ding zusammen und jeder denkt sich „Meine Güte, ich bin promovierter Ingenieur, das kriege ich blind hin“. In zwei Jahren hat es ein einziger hinbekommen und wir hatten knapp 1000 von denen. Weil dann doch ein Batterieblech da ist und kein Mensch weiß, was ist das. Und dann hört das Wissen einfach an der Stelle auf. Und dann ist da ein Schieberegler. Was soll das bitte sein? Der KI ist es egal was es ist, der KI ist egal ob es ein Batterieblech ist, ein Schieberegler, der ist es egal, welche Funktion es hat, aber es kennt die Kontaktbeziehungen zwischen dem Bauteil und allen anderen Bauteilen zur gleichen Zeit und kann ganz genau sagen: Wenn dieses Bauteil rausgezogen wird, hat das einen Einfluss auf das Bauteil 8, 9, 4 und 3. Und alles zu jeder Zeit sofort und das ist dieses Expertenwissen. Ich muss sagen, ein Experte wird sich nicht über ein Batterieblech wundern, aber irgendwo ist es dann so granular und geht so ins Detail, dann ist man über jede Hilfe dankbar.

Götz Müller: Ja, das möchte ich aber noch mal geschwind ein bisschen vertiefen. Also vielleicht fällt mir da persönlich die Vorstellungskraft, jetzt in einer verbalen Unterhaltung vielleicht auch ein bisschen schwierig zu erklären. Das heißt, ich weiß selber jetzt als Dritter wahrscheinlich, als Konstrukteur weiß ich es schon, oder, aber als dritter Mensch weiß ich es halt nicht. Welchen Vorsprung hat jetzt die KI? Sie ist ja im Grunde auch erst mal eine dritte Person.

Alexander Neb: Es ist tatsächlich keine Person, es ist ein superintelligentes Instrument. Man muss es wirklich als Werkzeug sehen. Assemblio erreicht bis zu 98%, 2% bleiben und diese 2% ist wirklich das absolute Know-How des Menschen, das wird die KI auch zeitnah nicht lösen können, es ist dieses kleine bisschen, dieser Funke, diese Innovation, die dann mitgebracht wird, die die KI einfach nicht hinbekommt. Das bedeutet, es ist ein intelligentes Tool, das einem hilft, Hinweise gibt, Sachen offenlegt: Guck mal, hier sind diese Beziehungen, hier sind diese Kohärenzen, hier sind die Hinterschneidungen. Ah stimmt, ist an der Stelle und plötzlich sehe ich, plötzlich erkenne ich Fehler, bevor sie entstehen oder wir hatten das tatsächlich in Studien. Ein Marketingmitarbeiterin bei Assemblio plant komplexeste Montagen, sieht ein Bauteil schwebt in der Luft. Oh, das ist falsch, das macht keinen Sinn, dass Bauteile schweben, guckt im Prozess nach, wo hätte es hingehört, da, na ja, dann schiebe ich es da rein und erledigt. Und dann hat sie wirklich einen typischen Konstruktionsfehler erkannt, ohne Kenntnisse, einfach nur weil das System einfach darauf hingewiesen hat, da ist etwas nicht in Ordnung. Plötzlich: intelligentes Tool, intelligenter Mensch und schnelles Ergebnis.

Götz Müller: Ich. Ja, ich höre auch so ein bisschen raus. Der Konstrukteur, in dem Augenblick, wo er es ja konstruiert hat, kennt das Ding ja im Grunde im Schlaf, und das ist durchaus eine Herausforderung, die mir an vielen anderen Stellen auch immer wieder begegnet, eben dieses an der Stelle unbewusste Wissen auf eine bewusste Ebene holen, oder? Da höre ich raus, ist die KI eben auch eine Hilfe.

Alexander Neb: Absolut. Ich bin leidenschaftlicher Schrauber an einem Auto. Bei uns ist es ein Running Gag, dass man vergisst, etwas einzubauen. Ich meine, am Ende bleiben schrauben übrig. Wie oft, ich weiß nicht mehr, was es war, aber ich habe irgendeine Halterung mal vergessen, dachte mir: Nein, das kann doch nicht sein, alles wieder zurück, ich muss die Halterung reinmachen. Ich habe genau gewusst, wo die hinsoll und ich habe sie trotzdem vergessen. Es wäre schön gewesen, wenn da einfach System gewesen wäre und mir gesagt hätte: Du, Alex, guck mal, war da nicht die Halterung vorher drin, hatte die nicht Kontaktpunkte hier und da, komm verschraub es doch, nimm deine zwei Schrauben, rein damit, wäre schön gewesen.

Götz Müller: Ja, das bringt mich jetzt auch schon bisschen zu dem Gedanken oder zur nächsten Frage: Wie verändert sich jetzt auch der Konstruktionsprozess, der Erstellungsprozess? Weil ich, oder vermute einfach mal, das kann natürlich auch eine ganz naive Vermutung von mir sein, dass ich da auch etwas verändert.

Alexander Neb: Ja, ja, absolut signifikant. Gucken wir uns mal das Dilemma der Konstruktion an. In der Konstruktion, in der Entwicklung erkenne ich alle Bauteileigenschaften, aber nicht alle in der Montageplanung, In der Produktionsplanung erkenne ich weitere Montage-Eigenschaften zum Produkt, jetzt ist es oft dann zu spät. Es ist einfach zu spät, ich habe Fehler nicht früh genug erkannt, ich habe nicht gesehen, dass sich der Deckel nicht schließt, dass er an einer anderen Ecke anstößt oder sich bei Wärme das Ding so ausdehnt, dass es dann kaputt geht. So, und die Forschung setzt ja alles daran, dass man einfach diese Fehler möglichst früh schon in der Konstruktion erkennt, sprich weg von dem Gedanken, ich plane, entwickle ein Produkt, ist jetzt fast erledigt und jetzt beginne ich mit Montageplanung. Weg von dem Gedanken. Die Montageplanung beginnt parallel zu Produkte zur Produktentwicklung. Ich plane mein Produkt und im Hintergrund baut Assemblio alles mit auf, nach und nach kommt es zu Änderungen, aktualisiert sich alles automatisch. Ich mache nichts doppelt. Das System lernt mit, kommt mit, erkennt diese Fehler wahnsinnig früh: Oh, da ist eine Kollision, da ist eine Hinterschneidung, da kommen wir nicht mit dem Werkzeug ran. Früh erkannt. Und dadurch schiftet sich natürlich auch ein deutlich stärker Montagefokus in die Produktentwicklung und die Produktentwicklung selbst, stimmt gart nicht, die Montageplanung selbst, die Produktionsplanung braucht dann auch den stärkeren Input und baut dann schon auf Montagedaten auf. Sprich, ich muss nicht schon wieder von 0 beginnen und ich meine, jeder weiß, es ist sehr viel leichter, von 3 auf 4 zu kommen, als von 0 auf 1.

Götz Müller: Ja, ich höre auch raus, ich habe dann eben keine unnötigen Redesign-Zyklen drin.

Alexander Neb: Genau. Dieses Beispiel mit den Änderung bis in die Nacht. Unser Produkt hatte sich geändert und ich musste bis in die Nacht neue Bilder machen, weil sich einfach, ich weiß es nicht mehr, zehn, zwanzig Komponenten geändert haben. Alles noch mal, das genau Gleiche von vorne. Wir haben noch eine KI bei uns integriert, wenn sich das Produkt ändert, muss der Mensch nicht mal wissen, was anders ist. Ich habe eine komplette Anleitung erstellt für eine Baugruppe mit 5000 Bauteilen. Ich sage den System: Hier ist der neue 3D-Datei, keine Ahnung, was da neu ist. Das System rechnet durch und gibt dir mit: Du Alex, von 5000 Bauteilen sind 4800 komplett identisch, die letzten 200, von den letzten 200 sind 50 ähnlich, sprich, meine Güte, die Schraube hat ein längeres Gewinde oder einen anderen Kopf bekommen. Das Gehäuse hat jetzt eine Versteifungswippe bekommen oder zwei Kühlrippen mehr. Mensch Alex, die übernehme ich dir, die 150, die habe ich erkannt, übernehme ich dir, hier sind noch 50 letzte Bauteile, die sind nagelneu, die konnte ich nicht zuordnen, mach die mal. Also plane ich 50 Prozesse statt 5000 und habe einen kompletten Plan aktualisiert. Das hat mich früher über eine Woche gekostet und das waren keine 5000 teile.

Götz Müller: Ja, weil allein jeden, im Extremfall jeden einzelnen Screenshot, den ich mir gespart habe.

Alexander Neb: Konzerne haben Abteilungen, Änderungen abzugleichen, dann guckt man wirklich in Stücklisten, Bill of Materials, was sich geändert hat und guckt sich danach in 3D an „Jup, ist etwas anderes“ und dann gucken wir noch an, okay, was war jetzt der SAP-Name, gehen wir noch ins ERP-System, gucken uns das hier nochmal an, das schaukelt sich hoch, dann gucke ich, was ist der Einfluss, wer montiert in meinem MES-System, im Werk Pilsen wird anders montiert als im Werk Shenzhen, und dann muss ich das noch abgleichen. Dafür gibt es Menschen, die gleichen es ab. Und das ist komplex. Das ist aufwendig.

Götz Müller: Mhm, ja. Jetzt hast du gerade das Stichwort Menschen genannt. Jetzt könnte ich mir vielleicht vorstellen, aber korrigiere mich auch da gerne, der eine oder andere definiert sich vielleicht, aus der, ich sage mal aus der Gewohnheit raus, auch mit solchen Dingen, so nach dem Motto: Ja, haben wir schon immer so gemacht und jetzt plötzlich ganz anders. Also auf was ich da raus will ist: Wie sehen da jetzt die Reaktionen aus? Und ich glaube, man muss da ja differenzieren, einmal haben wir den Konstrukteur, also den Ersteller, dann haben wir vielleicht den Teil der Arbeit von der gleichen Person, der jetzt nicht so viel Spaß macht, nämlich Dokumentation erstellen, dann haben wir den Empfänger in der Produktion, vielleicht auch in der Arbeitsvorbereitung, im Industrial Engineering, und dann haben wir unter Umständen noch jemanden, der dafür Geld ausgeben soll, weil umsonst ist dann in Anführungszeichen wahrscheinlich auch nicht zumindest eine gewisse Erstinvestition, bis man mal so ein System ins Feld gebracht hat. Was erlebst du da für Reaktionen?

Alexander Neb: Das ist tatsächlich sehr, sehr unterschiedlich, also in der Regel: Einkäufer lieben uns. Der ROI rechnet sich sehr leicht, sehr einfach. Einkäufer lieben uns tatsächlich, die Monteure ganz am Ende mögen uns auch total, einfach mal in 3D, plötzlichen Einfluss, da haben wir auch eine Wertschätzung erfahren dürfen. Ich bekomm ein 3D-Tool in der Hand, ich habe ein intelligentes Tool, mit dem ich arbeiten darf, ist klasse. Angst ist tatsächlich eher bei der Integration und das ist aktuell das größte Hindernis, gerade im Mittelstand. Die Unternehmen haben Angst, komplett neue Technologien zu integrieren und das ist jetzt eine cloud-basierte Lösung, da ist KI mit drin, trauen wir uns das zu und wer macht das, was ist mit Cyber Security? Unsere Daten laden wir auf einem Server hoch. Da ist die Angst einfach groß. Die Skepsis ist, ja, man kann sie schon nachvollziehen, aber sie ist tatsächlich unbegründet. Ein Großteil der Daten findet sich schon einfach darin, medizinische Daten finden sich darin, dann kam bei Kunden raus: Na ja, benutzt ihr Siemens Teamcenter? Ja, schon seit Jahren, wunderbar, dann habt ihr schon eine Cloud-Lösung und ihr seid in der genau gleichen Cloud. Das ist das größte Hindernis. Dass die Anwender sagen, ich habe Angst, dass mich das ersetzt. Das gab es tatsächlich noch nicht, weil wir haben einen Fachkräftemangel, die Leute haben keine Lust auf Dokumentation. Jeder hat schon auf die Finger bekommen, dass die Dokumentation schlecht war. „Martin, was hast du wieder für Mist …“ oder „Thomas hat schon wieder diesen Monat schon etwas schlecht gemacht“, und dann ist man einfach dankbar, endlich nimmt mir das jemand ab. Ich meine, den Menschen wird es nach wie vor brauchen, aber es ist einfach das intelligente Tool. Ich mein, jeder, der Office-Systeme nutzt oder Outlook, geht nicht mehr zurück, geht zur Briefpost und irgendwo war es eine Erleichterung und hat mehr Jobs am Ende geschaffen als es genommen hat.

Götz Müller: Ja, absolut nachvollziehbar. Jetzt haben wir ja gerade den großen Prozess uns angeschaut, von der Erstellung bis hin dann zum Anwender als eine Form von internen Kunden. Jetzt können wir natürlich aber auch mal reinzoomen, in den Konstruktionsprozess, da gehe ich mal davon aus, auch da wird sich etwas verändern und auch da noch mal die Nachfrage: Wie sehen diese Aktionen aus? Ganz oft erlebe ich so, dass die Veränderung an sich ja, hm, selbst wenn man vielleicht im Innersten seines Herzens es erkennt, versteht ja, das ist gut. Trotzdem sind wir ganz leicht irgendwie Vorbehalte da.

Alexander Neb: Vollkommen. Ich meine, was macht das dann wieder letzten Endes? Wir machen Montageanleitungen. Ganz simpel. Und Montageanleitungen bestehen aus zwei Komponenten: einmal das Engineering, das menschliche Know-How, Wissen, was ich mache, in welcher Reihenfolge, welches Werkzeug, und das Zweite ist natürlich die Dokumentation. Bei der Dokumentation, die dieses Bild hier machen, haben wir tatsächlich noch nie kontra bekommen, aber bei dem menschlichen Aspekt eben doch. Wir hatten früher eine Funktion, das war tatsächlich meine Dissertation, der Auto-Sequenzer, automatische Bestimmung der kompletten Reihenfolge, ein fertiger Plan auf der Stelle. Und da haben dann immer wieder Leute gemeint: Mag sein, dass Ihre Sequenz besser ist. Mag sein, dass Sie weniger Orientierungswechsel haben. Mag sein, dass Sie weniger Werkzeugwechsel haben, bessere Stabilitätskriterien, aber unsere Maschinen stehen, wie sie stehen, wir haben nur dafür eine Abnahme, so haben wir das schon immer gemacht, anders können wir diesen Prozess nicht ändern. Und das hat ihnen gar nicht gefallen, das hat ihnen nicht gefallen, dass mein System denen sagt, was sie zu tun haben. Und dann kamen die und meinten: „Aber Herr Neb, Sie haben so viele tolle Funktionen, so viel Wissen, kann ich das nicht selber bei Ihnen machen?“ Ja, let's go. Wir haben das dann ein bisschen geändert und plötzlich hat dann der Experte in Assemblio sein Expertenwissen im Prinzip in 3D visualisiert in Sekunden und das hat natürlich Zufriedenheit ausgelöst. Genauso stelle ich mir das vor. Ich als Mensch stelle mir das genauso vor und Assemblio visualisiert mir das Ganze, erstellt die komplette Drecksarbeit, macht mir die Dokumentation, macht mir Videos dazu, schickt mir die Infos in die Produktion, aktualisiert mir meine Dateien, versioniert mir meine Dateien und gleicht Änderungen ab, all das, wofür ich als Mensch einfach zu schade bin.

Alexander Neb: Und plötzlich waren sie alle zufrieden.

Götz Müller: Ich höre jetzt auch raus, so ein bisschen wird auch der Denkprozess da abgebildet, oder kann man das so ausdrücken?

Alexander Neb: Ja, ja.

Götz Müller: Und dann eben dadurch, dass ich diesen Denkprozess da abgebildet habe, a) brauche ich ihn sowieso, und ich erkenne mich in dem dann wieder und umgehe vielleicht so diese Geschichte „not invented here“, was du vorhin auch angedeutet hast, so nach dem Motto, die KI ist, in Anführungszeichen, schlau wie ich, ganz gefährlich als Konstrukteur, und in dem Augenblick, wo ich aber meinen eigenen Hirnschmalz reingeben kann und die Maschine dann wieder mit ihrer Fähigkeit, sich Dinge zu merken ja mir völlig überlegen ist. Und ich glaube, dagegen wehrt sich auch keiner, dass einem, ja, sprichwörtlich die Drecksarbeit abgenommen wird, nämlich die Dokumentation, um es so ein bisschen derb auszudrücken, oder?

Alexander Neb: Absolut. Ich kann es mal mit ChatGPT vergleichen. Ich musste einen Bericht schreiben, ich hatte keine Lust ChatGPT weiß nicht was da rein soll, irgendjemand muss das füttern. Ich habe Stichpunkte gemacht, was ich drin haben möchte, habe dem System gesagt „Schreib mir das bitte.“, habe es ein bisschen korrigiert und das war in Ordnung und ähnlich ist es hier. Ich gebe dem Assembly Stichpunkte „So soll es sein, das ist die Reihenfolge, so habe ich es gemacht.“ und die Drecksarbeit wird erledigt, der Teil, auf den ich keine Lust habe, aber ja, es ist eine andere Denkweise mit dem System. Es ist einfach ein komplett neuer Prozess.

Götz Müller: Ja, und ich glaube eben, der größte Vorteil ist die Zeitersparnis durch dieses parallele Arbeiten, glaube ich, könnte man es am ehesten nennen, weil ich halt, weil die Konstruktion und all das, was ich dann für die Fertigbarkeit, inklusive so Dingen wie Design for Manufacturing, was natürlich jetzt in einem mechanischen Kontext, glaube ich, noch viel schlimmer ist, wie da, wo ich es jetzt her kenne, in elektronischen Dingen, also gedruckte Leiterkarten und so weiter. Da gibt es sowieso harte Regeln, weil die Bestückungsmaschine das so vorsieht. Da muss ich aber über die Details gar nicht nachdenken.

Alexander Neb: Ja, aber natürlich können wir uns wehren und sagen: Ich benutze diese modernen Systeme nicht. Ich schreibe meine Berichte alle selbst. Ich mache alle meine Dokumente selbst. Ich schreibe alle meine Protokolle. Ja, aber andere machen es schneller, andere machen es effizienter und irgendwo bin ich dann auch zu schade. Daher, ich kann nicht wehren, aber ich kann auch mitschwimmen und einfach effizienter werden.

Götz Müller: Ja, ich glaube, das ist im Grunde auch die größte Gefahr, dass ich halt, mehr oder weniger zu langsam bin und ich glaube, aus der Geschwindigkeit, da steckt die viel größere Gefahr dahinter, wenn ich halt meinen eigenen menschlichen Hirnschmalz in Tätigkeiten investieren muss, weil ich es glaube, dass es notwendig ist, wo die Maschine einfach schlichtweg schneller ist.

Alexander Neb: Ja, absolut.

Götz Müller: Ich stelle auch immer gerne die Frage, was ist dein Blick in die Zukunft, wie werden sich die Dinge noch weiterentwickeln? Wobei ich natürlich verstehen kann, dass das jetzt an der Stelle, glaube ich, ja schon fast der Blick in die Glaskugel ist.

Alexander Neb: Aber genau das macht es ja so spannend. Mal gucken, wo wir am Ende landen. Also was ich denke, die Konstruktion, die Entwicklung wird bleiben, das ist menschliches Know-how, es wird immer mehr intelligente Systeme geben, die einen hier unterstützen, auf Verbesserungen hinweisen, aber diesen initialen Denkanstoß, der wird immer vom Menschen bleiben und auch das Absegnen, was am Ende akzeptiert wird, wie es weitergeht, kommt auch vom Menschen. Wir werden Fehler früher erkennen, viel früher auf Themen eingehen können. Analysen wie eine MTM-Analyse – wie lange braucht ein Prozess? Soll ich jetzt in den Shopfloor gehen oder anfangen mit einer Stoppuhr zu messen? System, ich habe keine Lust. Gib mir doch einfach die Zeiten. Hier ist deine MTM-Zeit. Ich frage das System und ja, das haben wir auch schon: Können wir diesen Prozess automatisieren? Nein, kannst du nicht, weil du keine Einfuhrschlägen hast und die Werkzeugzugänigkeit nicht da ist. Ja, gut, dann sorge ich doch dafür. Kann ich den Prozess automatisieren? Ja, den kannst du wunderbar automatisieren, wenn du die Verkabelung im Nachhinein machst und nicht im Vorhinein. Wunderbar. Ich verbessere meinen Prozess, arbeite dynamisch mit dem System, das mir Einblicke gibt und alles danach natürlich in 3D visualisiert. Ich meine, wieso sollten wir von einer Idee in eine 3D-CAD-Zeichnung in 2D-Bilder, damit wir das bei einem 3D-Produkt sind? Zahlreiche Studien zeigen, es ist so viel leichter, das in sind 3D zu verfolgen. Ich meine, wenn ich Probleme habe und etwas machen möchte, lese ich mir die Dokumentation durch oder gucke ich mir ein Tutorial an. So, jetzt ist plötzlich in Assembly alles in 3D, alles visualisiert, alles sicher animiert, nachvollziehbar, meine Winkel ändern sich, ich weiß ganz genau, in welcher Hand ich was halte und plötzlich ist es einfach greifbar.

Götz Müller: Ja, ich glaube, da kommt eben dieser eine Aspekt greifbar, haptisch, der Mensch ist durchaus ja ein haptisches Wesen, sprichwörtlich, ich fange an, die Dinge zu begreifen.

Alexander Neb: So ist es, absolut. Absolut.

Götz Müller: Und das halt, obwohl ich, in Anführungszeichen, noch vor einem 2D-Monitor sitze, aber dort halt in 3D die Darstellung habe.

Alexander Neb: Es gab eine Studie. Ich weiß gar nicht mehr, in welchem Kontext das war, aber das Ergebnis war, man hat ein Buch gehabt, dazu einen Comic und dazu einen Film und hat natürlich gemessen, wie lange braucht man dafür, und das war natürlich Schock. Die gleichen Informationen, natürlich war das Comic deutlich schneller als das Buch und das Video, der Film deutlich schneller als das Comic. Klar, das eine ist einfach nur lesen, das andere sind 2D-Bilder mit Abstraktionsverlusten und das Dritte ist einfach eine automatische Abfolge, alles in 3D nachvollziehbar. Man kann sich leichter reindenken. Natürlich kommen mehr Informationen, aber es war möglich.

Götz Müller: Ja, und ich glaube, wir Menschen sind halt dann doch 3D-Wesen. Das heißt, wenn wir denken, wenn wir jetzt mal unseren Denkprozess so vors geistige Auge holen, dann sehen wir die Dinge ja vor uns, und wenn wir dort jetzt ein Tool auf, ja, nennen wir es mal auf Ballhöhe haben, nicht wie ein Blatt Papier, dann kann uns das ja im Grunde nur nutzen. Vielleicht sind wir es über ja, seit wann macht man, also ich habe gerade den Gedanken, mein Großvater hatte noch so ein Reisbrett im Keller stehen, der war Maschinenbauingenieur und dann halt selber Sachen erfunden auch, aber an seinem Reißbrett.

Alexander Neb: So ist es, so ist es. Wir haben tatsächlich auch eine sehr, sehr interessante Studie gemacht mit Ikea-Anleitungen, tatsächlich war das noch in einem Robotik-Kontext und dann kam wirklich in der Studie raus, die Ikea-Anleitung Schritt für Schritt, wir sind irgendwo bei Prozessschritt 4 und 5, der Mensch ist verwirrt. Ist es das richtige Brett? Ist es die Richtige Stelle? Sind es die richtigen Löcher? Habe ich es vielleicht komplett falsch herum und muss ich vielleicht einmal komplett axial umdrehen? Und plötzlich war eine Verwirrung da und wir haben dann einfach rausfinden können, da ist zwischen jedem Bild und der Realität eben ein Abstraktionsverlust. Ich gucke mir das Bild fünf, sechs, sieben, acht mal an, bis ich verstanden habe, wie ich es im 3D-Raum mache. Und dann haben wir das irgendwann, ich glaube ein Jahr, später noch mal gemacht und haben das mit Videos gemacht und im Video hat sich dann Brett natürlich angehoben, die richtige Perspektive gehabt und hat sich dann langsam in die richtige Richtung bewegt. Der Mensch hat sich das einmal angeguckt und hat es nachgemacht. Und da war einfach nachmachen deutlich leichter als sich siebenmal das Bildchen anzuschauen und das fand ich einfach absolut beeindruckend und das hat auch mich genauso getroffen. Also keiner von uns ist schlauer als der andere, in dem Kontext.

Götz Müller: Ja, und manchmal, ich meine, da kommt jetzt mir die ein oder andere Situation in den Sinn, wenn man gerade so etwas vor sich hat, wo man sich dann manchmal fragt, hat derjenige, der das konstruiert hat, das wirklich mal selber zusammengebaut?

Alexander Neb: Absolut. Ich habe, meine kleine Tochter hat angefangen die Tür aufzumachen, ich musste ein zusätzliches Schloss dranmachen. Die Anleitung ist totaler Schrott. Was soll denn das? Ich bin ja Ingenieur, ich mach das jetzt und dann sehe ich am Ende: Ach so, jetzt kommt das, okay, ja, hätte das vielleicht wie nach Anleitung am Anfang machen sollen, war mir nicht klar und ich habe dann tatsächlich das Problem gehabt, habe dann online ein Tutorial gesehen, dachte: Mist, das wäre so viel schlauer gewesen. Ich hätte mir Zeit sparen können.

Götz Müller: Ja, ich glaube, das ist dieser große Faktor, den wir bei der KI immer noch, glaube ich, immer noch unterschätzt, auch wenn man vielleicht ansatzweise selber schon die Erfahrung gemacht hat, die manchmal Höllengeschwindigkeit, aber vielleicht auch das deshalb einem die eigenen, ja, vielleicht auch Grenzen aufgezeigt werden. Und ich glaube, das ist jetzt wieder eine Sache, wo wir uns jetzt halt in einem total menschlichen Kontext bewegen, was keinen Spaß macht, wenn einem die Grenzen aufgezeigt werden. Und ich glaube, das sind die Dinge und das höre ich bei dir auch raus, das sind die Dinge, die man begleiten muss, oder, wenn man so ein Thema einführt.

Alexander Neb: Ich weiß nicht, vielleicht wird das noch kommen, ich vergleiche es einfach mit dem einen, mit ChatGPT schreib ich quasi alle meine Protokolle und Berichte, aber ich habe ein Schreiben gehabt, und das war so brillant, da dachte ich mir, es könnte sowas hätte ich nie selbst können. Nur mein Name steht jetzt unten drunter und dann finde ich es cool, dass ich plötzlich in der Lage bin, Sachen zu schreiben. Ich weiß nicht, mich hat das absolut motiviert und eher angespornt, mehr in die Richtung zu gehen.

Götz Müller: Ja, weil es halt den eigenen, ja, Fähigkeiten-, nicht Erkenntnishorizont, aber Fähigkeitshorizont halt ausbaut. Dadurch, dass man auch manchmal zu eigenen Denkprozessen, so geht es mir zumindest, angeregt wird, die man ohne gar nicht gehabt hätte und weil man diesen eigenen Denkprozess mit ins Spiel bringt, ist dann unterm Strich das Ergebnis mit der, in Anführungszeichen, schlauen, mit der schlauen Maschine, so nach dem Motto 1 und 1 ist halt dann plötzlich doch 3 oder vielleicht sogar 11.

Alexander Neb: So ist es. Ich meine, jeder Achtzehnjährige hat mehr Wissen in der Hosentasche als Albert Einstein ist seinem ganzen Leben. Wieso ist der Achtzehnjährige aber nicht schlauer? Weil er das er das Wissen nicht nutzt, weil er eben TikToks anguckt, statt sich als Sachen durchzulesen, und das ist der Punkt, wir müssen die Technologie nutzen. Da gibt es ein tolles Zitat: Jemand, der nicht liest, unterscheidet sich nicht von einer Person, die nicht lesen kann. Genau das ist der Punkt.

Götz Müller: Ja, und ich glaube, wir müssen es halt als Chance begreifen. Sicher mit einer sehr dünnen Linie in der persönlichen Wahrnehmung zur Bedrohung, aber die Linie ziehen wir selber, um mal bei dieser Metapher zu bleiben.

Alexander Neb: So ist es, so ist es. Ich meine, Lehrer hatten, wann war das, in den Neunzigern, Angst, dass mit Taschenrechner die Kinder dümmer werden und das Ergebnis ist, die Schulaufgaben sind komplexer geworden und die Kinder konnten noch mehr lösen. Ja, ich glaube, okay, KI ist wahrscheinlich ein größerer Sprung als ein Taschenrechner, aber wir müssen daran arbeiten und forschen, wie wir das Wissen effizient einbringen. Früher gab es Forschung, ich glaube, das war auch auf Fraunhofer IPA sehr, sehr stark, dass man einfach gesagt hat, der Mensch ist eine Fehlerquelle, wir automatisieren den weg. Sämtliche Systeme sind kollabiert, weil einfach die menschliche, die kognitive Intelligenz gefehlt. Heute ist man schon längst an dem Punkt, dass man sagt, der Mensch ist ein intelligentes Wesen, er ist Dirigent in einer hochkomplexen Welt, und das ist es. Wir machen komplexe Probleme so einfach, dass der Mensch die einfach dirigieren kann, mitführen kann, organisieren kann und plötzlich Größeres erreichen kann als noch seine Vorgänger. Und das ist das Beeindruckende, das finde ich einfach absolut genial.

Götz Müller: Ja, das ist eben die Chance, gemeinsam mit der KI voranzukommen und sich nicht alleine abzukämpfen im Zweifelsfall, und ich glaube, allein unsere Unterhaltung, jetzt so ein bisschen zum Abschluss, finde ich, hat mir persönlich noch mal klargemacht. Wir hätten uns über solche Themen, und in Bezug zum menschlichen Denkprozess und so weiter und so weiter, hätten wir uns ohne den Impuls KI wahrscheinlich überhaupt nicht unterhalten, wir hätten uns vielleicht nicht einmal getroffen auf der Messe, geschweige denn über solche Themen, ja, schon fast auf einer philosophischen Ebene ausgetauscht.

Alexander Neb: Ja, vollkommen, das macht ja Spaß.

Götz Müller: Ja, genau. Ja, Alexander, ich dank dir für deine Zeit. Das war eine wieder spannende Unterhaltung, wo ich jetzt im Rückblick sagen muss, hätte ich mir in der Form mit diesem rein technischen Thema KI erstmal gar nicht vorgestellt. Deshalb nochmal vielen Dank.

Alexander Neb: Danke dir, danke dir. Montageanleitung können auch spannend sein. Vielen, vielen Dank.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Alexander Neb zum Thema KI-gestützte Montageplanung. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 345.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
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