Kaizen 2 go 357 : Wandelprozesse für Geschäftsmodelle


 

Inhalt der Episode:

  • Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen oft im Bezug zu ihrem Geschäftsmodell?
  • Welche Ursachen stecken dahinter?
  • Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn der notwendige Wandel nicht angegangen wird?
  • Was sind typische Anzeichen, dass ein Wandel notwendig wird? Wie erkennt man den richtigen Zeitpunkt?
  • Warum tun sich Unternehmen dann mit der Veränderung schwer?
  • Was sind mögliche Ansätze für die Veränderung von Geschäftsmodellen?
  • Was sollte man dabei beachten und vermeiden?
  • Welche Phasen durchläuft der Wandelprozess?
  • Welchen Rollen spielen die Menschen in den verschiedenen Phasen?
  • Welche Rolle spielt Führung in diesem Zusammenhang?

Notizen zur Episode:


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Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.

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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 357 : Wandelprozesse für Geschäftsmodelle

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute haben ich Frank Ilg bei mir im Podcast-Gespräch. Er sagt von sich, er ist leidenschaftlicher Innovator. Hallo Frank.

Frank Ilg: Hallo Götz, vielen Dank für die Einladung. Freue mich sehr auf unser Gespräch und wie du sagst, ich bin ein leidenschaftlicher Innovator, liebe es mich mit unbekannten Dingen auseinanderzusetzen.

Götz Müller: Ja, und das, auch, wenn man vielleicht jetzt hinter unserem, hinter dem Titel unserer Episode das nicht direkt vermuten könnte, aber ich glaube, es ist ein wichtiges Element, wir unterhalten uns über Wandelprozesse für Geschäftsmodelle und in dem Kontext natürlich, das ist einer der Gründe, in meinem Weltbild, dass ich halt irgendwie Herausforderungen habe, im Bezug auf mein Geschäftsmodell.

Frank Ilg: Absolut. Also Herausforderungen stehen ja im Endeffekt im Unternehmensalltag tagtäglich an und die betreffen manchmal das Geschäftsmodell eben, wenn es große Themen sind und oft auch kleinere Sachen, aber das ist natürlich das Daily Business in einer Unternehmens sich verschiedenen Herausforderungen und den Wandel eben zu stellen. Absolut.

Götz Müller: Was ist denn deine Erfahrungen? Weil das ist dann im Grunde bei mir immer die Anschlussfrage, was sind die Ursachen, die da dahinterstecken? Ich meine, Daily Business, da könnte man sagen, ja läuft so, läuft so, läuft so.

Frank Ilg: Genau, das auf der einen Seite, aber da kommen wir bestimmt nachher noch dazu, das Daily Business ist der größte Hemmschuh des Wandels, vor allem wenn es gut läuft und Unternehmnungen sehr erfolgreich sind, dann dann vergisst man oft eben nach links und rechts zu schauen. Ich glaub genau das ist das Thema. Wandel eben wahrzunehmen. Nach links und rechts, schon und vor allem eben auch vielleicht ein Stück weit in die Zukunft zu schauen. Also ich möchte nicht sagen, dass irgendjemand die Fähigkeit besitzt, in die Zukunft zu schauen, aber man kann natürlich bestimmte Indizien, Trends, Entwicklungen wahrnehmen und sich eine flexible Position verschaffen in einer Unternehmung, um eben auch verschiedene Arten des Wandels reagieren zu können. Das ist aus meiner Sicht auch die große Kunst, eben diese flexible Position zu schaffen in einer Unternehmung neben dem Daily Business, das wir gerade angesprochen haben, das uns vielleicht davon abhält, aufgrund von Zeitmangel, Ressourcenknappheit, Budgets und so weiter und sofort, sich praktisch zu einem gewissen Teil eben auch mit Trends, mit zukünftigen Entwicklungen auseinanderzusetzen, die eben dann unter Umständen einen Impact auf das bestehende Geschäft haben, die einen Wandel hervorrufen.

Götz Müller: Ja. Was ich da im Grunde ja wieder, das merke ich jetzt gerade, ist so ein bisschen ein Reflex von mir schon fast, dann da anschließe, ist die Frage, was passiert denn, wenn ich es halt nicht mache, wenn ich denn notwendigen Wandel halt nicht angehe?

Frank Ilg: Also, das ist halt immer die Frage, notwendiger Wandel, also vorhersehen. Wie gesagt kann man natürlich die Zukunft nicht, aber wenn ich mich nicht damit auseinandersetze, dann kann man sehr sicher sagen, dass man überrascht wird, wenn ein Wandel ansteht und ein zwingend notwendiger Wandel vielleicht ansteht. Und ich finde, da gibt es ein ganz gutes Beispiel, es ist auch nicht, kein super radikales Disruptives Beispiel, aber mit Beginn der Covid-Pandemie zum Beispiel haben sich verschiedene Unternehmen sehr leicht getan, umzuswitchen auf diesen Remote-Modus und digitale Konferenzen, Video-Calls und so weiter, weil im Vorfeld eben schon ein gewisses Interesse da waren, man vielleicht experimentiert hat mit der ein oder anderen Software, digitale Meetings eben schon mal getestet hat, dann ist es relativ einfach einem solchen krassen Change von heute auf morgen praktisch in die Remote-Welt eben durchzuziehen oder erfolgreich durchzuziehen, wenn ich da schon Erfahrungen gesammelt habe. Bei anderen Unternehmen, für die das Remote Work im Endeffekt vollkommen neu war, die hatten dann erstmal ein paar Wochen lang, sage ich mal, Tage, Wochen, damit zu kämpfen sich diesen Wandel zu stellen praktisch und man verliert eben Zeit, man verliert Anschluss im dümmsten Fall, das ist jetzt wie gesagt eine relativ kleines Beispiel, aber im dümmsten Fall verliert man natürlich auch den Anschluss an den Wettbewerb, wenn man Wandel verschläft.

Götz Müller: Und es können ja, ich meine, das find ich ein gutes Beispiel, das können ja ganz subtile Dinge sein, wo man jetzt erstmal auf den ersten Blick vielleicht sogar sagt: Was hat jetzt das, bloß weil ich halt ein bisschen Remote arbeite, was hat das mit meinem Geschäftsmodell zu tun? Aber spätestens dann, dass mir spontan einfällt, wenn ich halt mit Kundenkontakten mit Lieferantenkontakten an der Stelle auch umgehen muss, dann ist das für mich jetzt ein Teil des Geschäftsmodells.

Frank Ilg: Absolut genau. Und das konnte ja eben auch niemand vorhersehen. Also, um auf die Frage zurückzukommen, wie richtet man sich auf Wandel ein und kann man es identifizieren, wahrscheinlich tut man sich schwer, ganz konkret die Themen, außer man arbeitet natürlich proaktiv. Wandel hat ja immer zwei Seiten, einmal das Thema reaktiv, ich stelle mich auf verschiedenste Szenarien ein, ich versuch eine flexible Position hier zu erarbeiten, um reagieren zu können, auf der anderen Seite kann ich Wandel natürlich auch ganz proaktiv, also keine Ahnung, ist zwar wahrscheinlich ein ausgelutschtes Beispiel, aber mit mit Tesla und der E-Mobilität, das ist ja ein proaktiver Wandel. Ich gehe als Erster voran und versuche einen Markt zu verändern in dem Beispiel, indem ich als Innovationsführer praktisch voran gehe, dann gestalte ich ja Wandel und habe dann vielleicht die Zulieferindustrie in dem Beispiel, als wie soll man sagen, die haben da die Position der Reaktion praktisch. Aber das sind ja diese zwei Perspektiven aus meiner Sicht, ich kann proaktiv Wandel gestalten, vorausgehen und ich kann mich reaktiv im Endeffekt vorbereiten auf verschiedene Themen, die da eventuell kommen können. Und aus meiner Sicht als leidenschaftlicher Innovator eben sollte man auf beiden Spielfeldern irgendwie aktiv sein.

Götz Müller: Ja, das möchte ich insofern vielleicht noch ein bisschen und ich finde gut diese Differenzierung, diese zwei Pole nenne ich es jetzt mal, das noch ein bisschen vertiefen, im Sinne gibt es, vielleicht gibt es auch gar keine, aber wenn ja, was wären so typische Anzeichen, ich meine, wenn die Hütte brennt oder wenn so etwas wie Covid in dem Beispiel eintritt, dann glaube ich sollte es der Letzte gemerkt haben, aber es gibt ja glaube ich eben halt auch subtilere Dinge.

Frank Ilg: Ja, also man kann ja, also wenn die Hütte brennt, ist es natürlich ein absolut relevantes Anzeichen ist aber das man meistens zu spät praktisch, um da loszulegen. Es gibt ja Methoden und das mach ich jetzt, das habe ich über die letzten Jahre praktisch bei meinem alten Arbeitgeber gemacht, ich habe mich jetzt zum Jahreswechsel auch selbständig gemacht zum Thema Innovationsmanagement, und da gibt es ja methodische Ansätze, um praktisch diese, ja, diese Early Signals im Endeffekt zu erkennen über Szenarien, über Trends, die man interpretieren kann. Es gibt ja eine ganze Anzahl von Zukunftsforschern, im Endeffekt ist das eine ganz eigene Disziplin geworden mittlerweile, und diese Ergebnisse, also man muss kein Zukunftsforscher werden, aber diese Ergebnisse der Zukunftsforschung kann man natürlich in regelmäßigen Abständen für sich selber interpretieren und so kann man Szenarien für die spezifische Unternehmung entwickeln, die dann natürlich auch eine Relevanz haben, sollten sie kommen oder auch nicht, also da ergeben sich im Endeffekt Möglichkeiten zur proaktiven Inszenierung von Wandel und eben auch eine flexible Position zur Reaktion auf Wandel. Also aus meiner Sicht sollte man sich, zumindest jede Unternehmung, die sich mit der Zukunftsfähigkeit der eigenen Unternehmung auseinandersetzt, ein Stück weit in die Zukunft kümmern und diese Zeichen, die da aus der Forschung kommen, die Trends, gesellschaftliche Strömungen, Regulatorik und so weiter, im Auge behalten, um dann eben auch Szenarien zu entwickeln, die die eine hohe Relevanz für die eigene Unternehmung haben und so kann man sich vorbereiten auf den Wandel.

Götz Müller: Ja, es gibt ja da dieses schöne Zitat, ich kriege es jetzt wahrscheinlich nicht ein zu eins hin und wer es gesagt hat, kommt mir jetzt auch nicht mehr in den Sinn, aber in Bezug zur Zukunft, natürlich kann ich sie nicht vorhersagen, aber ich kann sie halt gestalten.

Frank Ilg: Genau, ich kann sie gestalten und ich kann im Endeffekt schon auch Prognosen, Szenarien entwickeln, die dann, also wie im Wetterbericht, also gutes Wetter kann man nicht gestalten, vielleicht ein Beispiel, aber ich kann ja irgendwie Prognosen erstellen und gucken, was denn da auf mich zukommen könnte, mich darauf einstellen auf jeden Fall.

Götz Müller: Ja und dann wird man auf jeden Fall nicht überrascht, wenn man fünf Minuten, nachdem man zur Tür raus, ist vom Regen eben überrascht wird.

Frank Ilg: Genau. Und dann hat man wahrscheinlich n Regenschirm dabei, ja.

Götz Müller: Genau. Und das kann ja manchmal schon ausreichen. Ja, gut, jetzt wird man wahrscheinlich über das Thema auch nicht reden, wenn das alles ganz locker wäre, wenn sich Unternehmen, Klammer auf, und noch weitere, die Menschen, dann zum Schluss, wenn die sich jetzt mit Veränderung ganz, ganz leicht tun würden.

Frank Ilg: Genau.

Götz Müller: Ich glaube, wir erleben alle ja eher das Gegenteil, was sind für dich so die Gründe, wenn man dieses, ja, ich glaube, es ist ja schon ein großes Szenario, Wandel des Geschäftsmodells, wenn wir uns das angucken, was sind da so die Gründe, die du wahrnimmst?

Frank Ilg: Ja gut, der Mensch ist ja ein Gewohnheitstier und der erste Impuls ja irgendwie schon immer bewahren auf der einen Seite und dann ist für mich auch ein Treiber, ist ja nicht unbedingt die Freiwilligkeit, also jetzt bei paar ganz wenigen, die dann vielleicht forschend auch unterwegs sind, aber der Großteil, also zu einem großen Teil ist der Treiber der Gesellschaft ja nicht die Freiwilligkeit, sondern der Zwang irgendwie und das ist auch ein Hemmschuh. Also ich glaube, die große Masse setzt sich vielleicht nicht jeden Tag damit auseinander, was könnte denn morgen sein, sondern sind ganz zufrieden im Hier und Jetzt und versuchen auch den bestehenden Status zuzusichern, das bestehende Geschäftsmodell zu sichern und in der Routine zu bleiben. Das Problem ist nur an der Stelle, und das ist gerade dieses Thema Reaktion, dass ich vorher angesprochen habe, der Wandel trifft sehr oft von außen diktiert ein. Also ich meine, niemand hier oder einzelne Unternehmungen haben ja keinen großen Einfluss auf gesellschaftliche Strömungen oder Regulatorik, minimalst vielleicht, also oft kommt der Wandel ja von außen und ich muss mich daran anpassen, und das ist eben die Schwierigkeit, wenn ich mich nicht damit auseinandersetze, dass überhaupt wahrzunehmen. Und die Tendenz ist ja schon die, dass ich mich im Hier und Jetzt aufhalte. Sie hatten es vorher angesprochen, erfolgreiche Geschäftsmodelle, lange Historie, erfolgreiche, über Jahrzehnte erfolgreiche Unternehmen, profitabel, da versucht man natürlich zu hundertzehn Prozent den jetzigen Kunden zu bedienen, das jetzige Geschäft am Laufen zu halten und und lässt es oft außer Acht, was könnte denn von außen sonst noch auf mich zukommen. Und das sollte man aber vielleicht zu einem gewissen Anteil eben mit einbauen in Strategie, Vorausschau und eben Zukunftssicherheit sichern. Und da sage ich gar nicht, dass das irgendwie ein Hauptelement sein muss, aber das sollte ein Element sein eben. Also natürlich ist es bestehende Geschäft elementar wichtig, um, also Wirtschaftsunternehmen müssen irgendwie profitabel sein und und einen Mehrwert schaffen, Geld erwirtschaften, Umsatz erwirtschaften, und zu einem kleinen Teil müssen sie ja aber auch, wenn sie zukunftsfähig sein wollen, eben über das bestehende Geschäft hinaus gucken und also in der Wissenschaft oder in der Wissenschaft ist es der Begriff der Ambidextrie, das heißt, dort wird die Polarität beschrieben zwischen Exploitation und Exploration. Also Exploitation auf der einen Seite, Verbesserung des Bestands, Bewahrung und Verbesserung des Bestands und die Exploration auf der anderen Seite, Neues austesten, Experimente machen, neues Wissen aufbauen, über den Tellerrand hinausschauen und im Endeffekt sollte man da eine gute Balance finden zwischen diesen beiden Polen und beides aber betreiben. Es ist beides gleich wichtig aus meiner Sicht, deshalb sollte man beides betreiben und da gibt es diesen schönen Spruch: Exploitation pays your salary and exploration pace your pension. Und das finde ich eigentlich ganz, das beschreibt es eigentlich ganz gut. Ich muss im Hier und Jetzt natürlich sichern, was ich aufgebaut habe und auf der anderen Seite auch ein Stück weit, aber investieren in die Zukunft, experimentell austesten, um eben auch für nächste Generationen oder langfristig praktisch Erfolg zu sichern.

Götz Müller: Das finde ich ein sehr spannendes Zitat und ich würde ja nicht einmal so ganz groß in Richtung weite Generation, sondern eben durchaus mit einem gewissen Eigennutz, nämlich die eigene Pension. Also, ja.

Frank Ilg: Ja, absolut. Also das stimmt, gebe ich dir voll Recht, man muss nicht in Generationen denken, wenn man das ganze Thema KI anschaut, das ist ja, also für die, die nicht total tief dringesteckt sind, auch von heute auf morgen praktisch passiert und so weit muss man gar nicht in die Zukunft schauen. Da hast du recht.

Götz Müller: Gut, jetzt haben wir ja oder habe ich den Wandelprozess definiert oder vorgegeben, wie auch immer man das nennen mag, und da steckt dadurch so ein bisschen auch der Gedanke drin, ja, wie wie gestalte ich das? Zum Beispiel, welche Phasen durchläuft so ein Prozess? Kann man davon überhaupt reden?

Frank Ilg: Ja, also ich habe die letzten Jahre ja viel an so radikalen Themen, also wenn man das Ambidextrie-Beispiel wieder hernimmt, auf dieser explorativen Seite gearbeitet und da gibt es natürlich Unterschiede zu inkrementeller Innovation oder diesem Thema Explotation und gerade für diese experimentellen Themen, da verläuft der Wandelprozess, also je radikaler, desto sichtbarer wird es, aus meiner Sicht so, im ersten Schritt, also organisatorisch gedacht jetzt. Ich implementiere eine disruptive, super radikale Innovation in dem Unternehmen, da wird im ersten Schritt natürlich ignoriert, schon die neue Technologie, das neue Thema, das neue Projekt, die Innovation, dann wird das Ganze belächelt. Also es funktioniert ja ohnehin nicht, weil und unzählige Gründe aufgezählt, warum Dinge nicht funktionieren. Sobald es aber dann den Anschein macht, dass Dinge funktionieren, wird oft bekämpft, weil das ja, also gerade disruptive Innovationen ja auch als Angriffs praktisch verstanden werden können auf die eigene Daseinsberechtigung, wird oft bekämpft und sobald dann aber sichtbar wird, dass wenn die Unternehmen selbst disruptiert oder radikale Innovationen fördert, das Geschäftsmodell einfach breiter wird und ich eben im Regelfall innovativer wahrgenommen werde, aber auch mehr Geschäft machen kann auf der anderen Seite durch neue Technologien, dann wird es oft akzeptiert am Ende des Tages dann und sogar befürwortet. Das ist so ein Wandelprozess, den ich jetzt schon öfter beobachtet habe, mit diesen 4 Stufen: Ich ignoriere, ich belächle es, ich bekämpfe es, ich akzeptiere und befürworte sogar dann am Ende des Tages, gerade bei radikaleren Innovationen.

Götz Müller: Ja, finde ich insofern sehr spannend, weil das im Kleinen, wenn es halt um Verbesserung geht, jetzt in meinem Kontext Geschäftsprozesse verbessern, erlebe ich natürlich im Grunde genau das Gleiche und jetzt, ich vermute mal aber, und das werden wir jetzt gleich hören von dir, da steckt ja auch der Faktor Mensch drin, auch wenn du es jetzt vielleicht noch nicht direkt ausgesprochen hast. Ich will das insofern noch ein bisschen hinterfragen. im Sinne von auch verschiedenen Rollen, die vielleicht sogar ein und dieselbe Person in den verschiedenen Phasen dann einnimmt, a) was erlebst du da und b) wie kann man halt dann damit umgehen? Weil das ist ja immer die spannende Frage.

Frank Ilg: Was erlebe ich da? Also was, was ich ganz interessant finde, ist, dass also gerade bei diesen großen Innovationszenen, radikaleren Innovationen, dieser Prozess immer wieder von vorn anfängt. Also ich habe ein Thema implementiert, erfolgreich, bin die vier Phasen durchlaufen und habe eine große Anzahl von Befürwortern gewonnen, am Ende des Tages, ich komme jetzt mit der nächsten Innovationsidee, um die Ecke und dann geht es von vorn los. Dann habe ich wieder, es wird ignoriert, belächelt und das finde ich eigentlich ganz interessant, das Phänomen irgendwie, dass es immer wieder von vorne, natürlich wächst da ein Bewusstsein, eine Offenheit für Innovation, das passiert da schon, aber ist natürlich schon, du musst schon immer wieder argumentieren, warum das jetzt wieder relevant ist für die Unternehmung. „Wir haben doch gerade …“ und das passiert dann natürlich schon. Aber was ich dann natürlich schon erlebe, ist, dass das die ganze Thematik an sich, auch wenn sich das teilweise ein bisschen wiederholt, die Diskussionen im Mittel, im Durchschnitt eine Unternehmung wahnsinnig voranbringt in Richtung Offenheit für neue Themen, Offenheit für für neue Technologien und vielleicht sogar auch die, die intrinsische Motivation, selber irgendwie neue Themen zu gestalten. Also man kann durch diese innovativen Prozesse und Themen, die da umgesetzt werden, auch die Kultur ein Stück weit verändern mit der Zeit.

Götz Müller: Ja, da kommt mir jetzt der Gedanke und dann mal die Nachfrage an dich, Aspekt Kultur, da drängt sich mir ein Stück weit so ein bisschen das Henne-Ei-Problem auf und da jetzt die Chance, eben deine Erfahrung mal abzufragen, soll ich eher zuerst an der Kultur arbeiten oder ist es für dich eher eine Folge, dass sich die Kultur verändert?

Frank Ilg: Es ist eigentlich eine ganz spezielle, oder was heißt eine spezielle Meinung oder eine sehr klare Meinung dazu. Ich finde, dass Kultur ein Resultat von Aktionen ist. Also Kultur entsteht aus Dingen, die ich tue, ich kann nicht Kultur verändern, indem ich, keine Ahnung, Methoden implementiere und irgendwie den Auftrag herausgebe: ‚Ich möchte jetzt keine, keine Thema heute Wandelprozesse, ich möchte einen Wandel vorantreiben, macht jetzt mal ich.‘ Also bin ich absolut überzeugt davon, dass die Kultur ein Resultat ist aus den Aktionen, die ich mache und die entsteht. Das heißt, um auf deine Frage zu antworten, es kommt zuerst die Aktion, ich weiß jetzt nicht, ob das die Henne oder das Ei ist, aber es kommt zuerst die Aktion und das Resultat ist dann eine Kulturveränderung.

Götz Müller: Ja, und ein Stück weit, glaube ich, also ich bin da voll bei dir, kann man jetzt sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen, wenn mir die Kultur nicht gefällt, dann sollte ich halt auch mal über meine Aktionen, ich greife jetzt den Begriff auf, nachdenken und vielleicht auch mal drüber nachdenken, welche Aktionen fördere ich denn, was unterstütze ich selber als jetzt Entscheidungsträger, Verantwortungsträger.

Frank Ilg: Absolut.

Götz Müller: Wie gehe ich selber als Vorbild voran und was folgt dann daraus?

Frank Ilg: Absolut. Und das kann man finde ich auch. Also das ist, das kann man ja auf alles übertragen, jetzt bin ich eher so der Innovationsmensch. Du arbeitest ja im Lean-Umfeld eben auch und da ist es, das ist ja genauso aus meiner Sicht die Kultur von Lean, also du verbesserst mich, du bist ja Experte in dem Feld für mich, hier ist die Kultur eben in diesem ganzen Lean-Thema ist ja, ich möchte mich jeden Tag verbessern. Also gestern war der schlechteste Tag ever und morgen, oder heute ist der schlechteste Tag ever, morgen ist es besser, also dieses kontinuierliche Verbesserung praktisch. Und das kann ich ja nicht implementieren, indem ich jedem sage: Hey, ihr verbessert jetzt jeden Tag, sondern das ist ja was, was intrinsisch motiviert passieren muss und das kann ich aus aus meiner Sicht nur über Leuchttürme oder positive, erfolgreiche Beispiele machen, eine intrinsische Motivation schaffen, das man sagt: Oh ja, das ist cool, was sie da drüben gemacht haben, ich möchte es morgen auch einfacher haben und ich möchte auch verbessern. Deshalb ist Kultur immer ein Resultat aus der Aktion und ich gebe dir zu 100% Recht, oder bin da auch zu 100% der gleichen Meinung wie du, wenn die Kultur nicht passt, dann sind die Aktionen vielleicht nicht unbedingt die richtigen.

Götz Müller: Du hattest noch einen anderen Punkt erwähnt und das möchte ich auch noch ein bisschen vertiefen. Ich habe es, zumindest kam es von mir so an, im Grunde muss ich im Wandel selber eine Form von Routine schaffen, dass es also im Grunde normal ist, sich zu wandeln und andererseits natürlich aber, und das glaube ich, sollte man sich auch mal wieder vors Gedächtnis holen, ins Gedächtnis holen, dass natürlich auch, so wie du es ausgedrückt hast, es auch eine Routine im Widerstand gibt, komischerweise in Anführungszeichen. Das heißt, obwohl ich gestern mal was auf Links gedreht hab und wenn ich es heute noch mal machen muss zucken die Leute trotzdem wieder.

Frank Ilg: Ja, zu einem gewissen Grad natürlich. Es ist individuell unterschiedlich, aber in der Masse, glaub ich, ist es so, ja. Genau und der Change oder der Wandel an sich, das ist für mich auch so ein Thema, das ist etwas Stetiges und das ist ja auch gut so, weil die Welt, wenn ich jetzt aus einer Unternehmensperspektive spreche, die Welt um ein Unternehmen herum oder um uns als Individuen, die verändert sich ja tagtäglich und die wird morgen anders sein oder in 10 Jahren, in einem Jahr auf jeden Fall anders sein als jetzt ist es halt ist der Wandel und der Changer eigentlich ein ganz normaler Prozess und wie du sagst, Change Management sollte praktisch beibringen, dass der Wandel an sich das Konstante ist, also der Wandel an sich ist im Endeffekt das Normale, der Widerstand vielleicht eben auch, wie du sagst, an sich, ist das Normale und nicht: Wir haben jetzt ein Thema, ein Change und dann sind wir fertig und Haken dran, das ist ja oft was im Change Management passiert. Ich arbeite auf einen Change hin und der überholt mich eigentlich während der Implementierung schon wieder und das ist eben so ein Punkt, den du da ansprichst, wo ich die Meinung vertrete, ganz einfach, der Wandel ist das normale und Change Management sollte praktisch lehren, wie ich mit Wandel umgehe und das als normal und Routine auffasse.

Götz Müller: Mhm, ja, und eben da, du hast das Stichwort Projekt genannt, nicht mit diesem Projektcharakter von wegen klares Ende, Anfang ja, okay, aber klares Ende existiert in der Stelle in meinem Weltbild nicht.

Frank Ilg: Absolut, bin ich genau der gleichen Meinung.

Götz Müller: Gut, jetzt haben wir uns auf, ich möchte es mal so ausdrücken, auf einen neutralen Menschen vielleicht konzentriert oder vielleicht nur am Rande gestreift, aber natürlich haben wir jetzt immer in einer Organisation, in einem Unternehmen, auch so Aspekte wie Führung und das ist auch ein Punkt, den ich ein bisschen beleuchten möchte, was da deine Erfahrung bezüglich Wandelprozessen im Kern, aber ich glaube, es ist ein sehr allgemeines Thema mit Geschäftsmodellen, welche Rolle, was nimmst du da wahr, spielt Führung im Positiven, aber vielleicht halt auch manchmal im Hinderlichen?

Frank Ilg: Also ich mache da zum Thema Führung gar keinen Unterschied, wenn ich ehrlich bin, ob das jetzt sich um den Wandelprozess oder um den Standardprozess handelt. Ich denke Führung sollte sich damit auseinandersetzen praktisch, intrinsische Motivation zu stiften, egal an welcher Stelle. Das ist also egal, ob es ein Wandelprozess ist oder ein Standardprozess und dazu ist aber notwendig, dass Führung auf Individuen zugeschnitten wird, also um intrinsische Motivation freizusetzen, ist, glaube ich, jeder Mensch verschieden, jeder Mensch anders, jeden triggert irgendwas anderes und das ist für mich die eigentliche Führungsaufgabe, auf Individuen einzugehen und in jedem Individuum intrinsische Motivation, ein Feuer zu entfachen.

Götz Müller: Ja, das finde ich sehr wichtig und ein Stück weit glaube ich, ich habe es auch rausgehört, eben sich selber, ja, bewusst zu machen, vielleicht einzugestehen, im Sinne von, ein bisschen flapsig ausgedrückt, Führungskräfte sind halt auch bloß Menschen und deshalb manchmal halt durchlaufen sie vergleichbare Prozesse, manchmal ein bisschen früher, weil sie vielleicht Dinge auch bloß früher erfahren. Und so erlebe ich es dann manchmal, sie sind dann schon wieder in diesem, nennen wir es mal aufsteigenden Ast, wo sie sich mit Dingen vielleicht abgefunden haben, wo sie die positiven Aspekte entdeckt haben für sich und dann sind sie erstaunt, warum vielleicht ihre Mitarbeiter nicht Hurra schreien, weil die halt jetzt noch in dem Tal sitzen, einfach weil es zeitlich versetzt.

Frank Ilg: Absolut. Im Endeffekt, diese zeitliche Komponente, die Dimension kommt da auch noch dazu. Klar, die stecken in unterschiedlichen Phasen und jeder Mensch tickt unterschiedlich, das ist schon ein multidimensionales Konstrukt oder eine multidimensionale Aufgabe, die Führungskräfte haben auf jeden Fall.

Götz Müller: Ja, das macht es manchmal nicht einfacher, aber das ist halt dann ein bisschen flapsig ausgedrückt der Grund, warum sie halt den ein oder anderen Euro am Monatsende mehr haben im Vergleich.

Frank Ilg: Sehe ich auch so, ja.

Götz Müller: Gut, zum Abschluss so ein bisschen die Frage, die stell ich immer ganz gern, wenn man sich jetzt mit dem Thema in der Voraussicht oder vielleicht auch, ah, muss ich was tun, mehr beschäftigen will, wo kann man mehr drüber erfahren? Du hast gesagt, du bist relativ frisch jetzt, wenn wir vom Jahresanfang 2025 reden, gibt es schon irgendwas, wo man noch was nachlesen kann, von dir allgemein zu dem Thema?

Frank Ilg: Genau, das kann man also. Ich bin, wie du sagst frisch im Geschäft, ich habe eine Social Media Präsenz auf LinkedIn und bastle an der Webseite. Die Webseite ist auch schon aktiv, LinkedIn logischerweise auch aktiv, die verändert sich tatsächlich aber noch fast täglich muss ich sagen. Das heißt, auf LinkedIn unserer Webseite kann man sich informieren über verschiedenste Themen, die ich das so mache, und auf der anderen Seite kann auch gerne jeder, der Interesse hat, also rund ums Thema, Innovation von Organisationen, über Identifikation von Use Cases, über Implementierung von Geschäftsmodellen und so weiter und sofort, einfach gerne jederzeit auf mich zukommen.

Götz Müller: Ja. Das werde ich auf jeden Fall, also dein LinkedIn-Profil und auch die Website werde ich auf jeden Fall in die Notizen reinnehmen, da kann man sich das dann, falls man jetzt im Auto sitzt und nicht gerade Stift und Papier dabeihat, kann man das dann nachlesen und an der Stelle, Frank, ich danke dir für deine Zeit für die spannende Unterhaltung.

Frank Ilg: Ich danke dir, lieber Götz, vielen Dank für die Einladung.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Frank Ilg zum Thema Wandelprozesse für Geschäftsmodelle Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 357.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei Apple Podcasts. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
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