Kaizen 2 go 359 : Prozessautomatisierung mit RPA in Kleinbetrieben


 

Inhalt der Episode:

  • Was sind typische Einsatzfälle von Robotic Process Automation (RPA)?
  • Welche Voraussetzungen müssen dabei beachtet werden?
  • Wie unterscheidet sich der Einsatz in Kleinbetrieben?
  • Warum bilden Steuerbüros/Steuerkanzleien eine Ausnahme beim Einsatz von RPA?
  • Welchen Nutzen ziehen Steuerbüros aus dem Einsatz von RPA?
  • Welche Rolle kommt den Menschen dann (noch) zu?
  • Was lässt sich vom RPA-Einsatz in Steuerbüros auf „normale“ Unternehmen übertragen?
  • Welche Möglichkeiten ergeben sich aus RPA-Einsatz noch?
  • Wie wird sich RPA ggf. durch den Einsatz von KI weiterentwickeln?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 359 : Prozessautomatisierung mit RPA in Kleinbetrieben

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Gunther Verleger bei mir im Podcast-Gespräch. Er ist Gründer eines großen Netzwerkes, Business-Netzwerkes in Deutschland und beschäftigt sich eben jetzt auch mit Prozessautomatisierung.

Gunther Verleger: Grüß dich, Götz, schön wieder hier zu sein, ist, glaube ich, ein gutes Zeichen, oder?

Götz Müller: Ja, und schon lange her. Das könnten sogar fast 10 Jahre, also 9 Jahre, würde ich sagen, sind es bestimmt und es könnten auch fast schon fast schon 10 sein. Gut, ich habe dich ja schon kurz vorgestellt, aber sag selber noch gerne ein paar Sätze zu dir, vielleicht auch zum Einstieg schon, wie du auf das Thema jetzt überhaupt gekommen bist.

Gunther Verleger: Ja, gerne mach ich das. Also erstmal noch mal ganz lieben Dank, dass ich die Chance habe, hier noch mal bei deinem Podcast bei Kaizen 2 go dabei zu sein, finde es hoch interessant, auch Anerkennung an dich, glaub ich, mit der 359. Folge, die du ja jetzt über die letzten Jahre aufgebaut hast, ist wahnsinnig viel Wissen drin. Zu meiner Wenigkeit, ja, ich habe vor über 20 Jahren eines der professionellsten oder größten Unternehmernetzwerke hier in Deutschland begonnen. Das ist ein Thema, aber weswegen ich heute da bin, mich interessieren Abläufe, Prozesse und natürlich Automatisierung, nicht nur aus meinem eigenen Geschäft, sondern auch in anderen Bereichen und wir haben dazu eine neue Firma gegründet, die heißt RPA Pilots GmbH und befasst sich mit Prozessautomatisierung, vorwiegend in der Steuerberatungsbranche. Was das alles genau ist, hören wir daher wahrscheinlich noch genau. Das heißt, es geht darum, wie kann ich den Unternehmeralltag oder den Alltag der Mitmacher, Mitarbeiter, Mitunternehmer schöner, entspannter machen, um von vielen stupiden oder, na ja, fehleranfälligen Klick-Tätigkeiten, das über eine Automatisierung abzuwickeln und ich hoffe, ich habe viel gute Ideen für die Hörer dabei, weil ich glaube, uns allen wird die Arbeit nicht weniger.

Götz Müller: Ja, ja, du hast ein paar spannende, wie soll man das nennen, ein paar spannende Punkte genannt, die über die reine Technik hinausgehen, auch das möchte ich noch besprechen, aber vielleicht zum Einstieg und wir konzentrieren uns ja auf einen technischen Aspekt, Robotic Process Automation, vielleicht hat es der ein oder andere schon gehört, aber was sind so die typischen Einsatzfälle in einem ganz breiten Kontext mal, die dir da begegnet sind?

Gunther Verleger: Ja, also RPA ist ja jetzt nichts Neues, sondern das gibt schon viele Jahre, aber es gibt immer viel oder es gibt immer weitere Lösungsansätze dafür. Vielleicht, ich vergleiche das immer bildlich, wenn wir ein Auto produzieren, ein Auto wird heutzutage meistens an einem Fließband produziert, der Rohbau läuft meines Wissens schon fast vollautomatisch mit Robotern und Spritzgeräten und so weiter und so kann man sich das auch im Alltag vorstellen. Das heißt, jeder Unternehmer hat Abläufe, die hoffentlich, und dafür sind es ja bei dir, schön dokumentiert und Prozesse haben, und wenn es geht standardisiert sind, dass nicht nur individuelle Einzelfälle oder sowas abgewickelt werden und wenn Unternehmen quasi Standardabläufe haben, dann gibt es eben Dinge, die man eben auch automatisieren kann und automatisieren heißt in dem Fall, dass eine Art Roboter, jetzt nicht ein physischer Roboter wie bei der Automobilindustrie, sondern eine Software oder eine Softwarelösung oder eine Schnittstellenlösung hilft, dass einzelne Teilbereiche automatisch laufen. Also ich möchte mal ein einfaches Beispiel machen, was glaube ich jeder von uns jeden Tag kennt, wenn es um Banküberweisung geht, da sitzt ja keiner mehr irgendwo bei der Bank und tippt eine Bankleitzahl ab und drückt auf Enter und kopiert es oder sonst irgendwas, sondern das sind alles Automatismen, die zu einer gewissen Uhrzeit, anhand von gewissen Triggern mit gewissen Algorithmen und Prüfmechanismen automatisch durchlaufen. Und jetzt sind deine Kunden wahrscheinlich als Banken, sondern eben auch klassische kleine mittelständische Unternehmer, die Standardabläufe haben und das kann ich über Automatismen im Sinne von einem Roboter, der vielleicht Dinge klicken würde, die sonst ein humaner Mitarbeiter macht, letztendlich durch ihn machen lassen. Das kann zeitbasierend, das kann eventbasierend sein und ganz wichtig bei dem Oberbegriff RPA, es ist normalerweise plattformunabhängig. Also ob das jetzt im Office ist oder in der Webanwendung oder irgendwo anders, das heißt, die Brücke von einer Anwendung zur anderen kann ich über Automatisierung lösen. Es gibt auch so Anwendungen, die zum Beispiel die Schnittstellen über API bedienen, eins ist, glaube ich, Sepia, was derzeit bekannt ist, wo genau diese Automatismen übernehmen soll. Und darum geht es, und das, glaube ich, hilft Unternehmern einfach, ein stabileren und qualitätsbewussteren Arbeitsalltag zu haben.

Götz Müller: Mhm. Eine Frage, die ich in dem Kontext dann immer gern stelle, wenn es um Automatisierung, Schrägstrich, Digitalisierung geht, hier geht es im Grunde ja um beides. Was sind so typische Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit es überhaupt funktioniert?

Gunther Verleger: Das ist auch eine der meisten Fragen, die wir vom Kunden haben, egal welcher Branche das ist. Aus meiner Wahrnehmung, wenn man über Automatisierung, im Sinne von Robot Process Automation, spricht, dann sollte man in sehr klaren Standards denken. Also wenn man jetzt ein Geschäft hat, was sehr individuell ist, sehr viele Sonderlocken hat, dann ist da wahrscheinlich erstmal der falsche Ansatz. Also alles, was erst mal mehrfach, im Sinne von dutzend- oder hundertfach am Tag oder im Monat oder tausendfach im Jahr gemacht wird, also immer und immer und immer wieder, da ist ein super Ansatz, um RPA mal zu testen oder reinzuschauen. Wenn ich es zweimal im Jahr mache, macht es keinen Sinn, auch wenn es ein großer Punkt ist. Der zweite, die zweite Voraussetzung könnte sein, wenn es sehr viele Ressourcen, also humane Ressourcen kostet. Also ich mach jetzt ein Beispiel, in unserem Business-Netzwerk haben wir, machen wir, jeden Monat gibt es so eine Auswertung über Zahlen, Daten, Fakten. Und da habe ich dann Systeme aus, Zahlen aus, keine Ahnung, sechs, sieben, acht, neun Quellen zusammenklicken müssen und diese wieder zusammenbauen und es war, jeden Monat gab es da eine Aufgabe, das zu machen, aber nicht jeden Monat einmal, sondern Monat mal dreißig. Und wenn ich das dann hochrechne mal zwölf, dann komm ich halt schon über auf eine gewisse Wiederholungsfrequenz oder ich gehe weiter, was wir selber automatisiert haben, auch über RPA-Technologie. Bei uns wird jeden Tag der Kontostand gecheckt, was hoffentlich jeder Unternehmer auch macht. Der schaut jeden Tag in sein Kontostand rein und dann guckt er, ist seine Zahlung gekommen, stimmt die Zahlung und wenn die Zahlung stimmt, dann werden die Folgeschritte getriggert, Eingangsbestätigung oder ‚Danke für die Zahlung‘ oder, oder, oder. Und wenn jetzt mal der Mitarbeiter nicht da ist, der humane Mitarbeiter, der das zu verantworten hat, dann bleibt es ja liegen und deshalb ist das eine kleine Tätigkeit, auch wenn wir jeden Tag hundert Zahlungen bekommen, aber wenn man jeden Tag zwei, drei, vier Bezahlungen bekommt und die werden dann schon nachts oder irgendwann morgens zu Randzeiten gemacht, dann hätte ich da einen Use Case oder eine Voraussetzung, um das umzusetzen und technische Voraussetzungen die sind sag ich mal relativ simpel. Wichtig ist, dass man offen dafür ist, weil es eine Reise ist und wenn Unternehmer sagen, Mensch, was braucht ihr denn für Voraussetzungen. Das, was ich jetzt gesagt habe, und ich bin offen dafür, dann bin ich mir sicher, würde, dass sich in einigen Wochen da ganz schöne neue Lösung zusammenbasteln können.

Götz Müller: Mhm, Mhm, ja. Ich finde es auch spannend, weil das ist ja auch der Titel unserer Episode ‚in Kleinbetrieben‘. Ich meine, du hast, weiß ich, du hast ja selber einen Automobil-Hintergrund und so eine Aussage, die mir doch immer mal wieder offen oder auch manchmal nur versteckt gegenüber oder entgegengeschleudert wird, kann man sogar so krass sagen: Wir bauen doch keine Autos. Und deshalb könnte ich mir vorstellen, der ein oder andere, vielleicht hat er so einen inneren Zweifel, ah, wir sind doch zu klein, also im Sinne von, was unterscheidet sich auch eventuell den Einsatz oder warum eist s halt gerade doch auch eine Chance für Kleinbetriebe, also wo wir vielleicht über eine Handvoll, zwei Handvoll, vielleicht auch drei Handvoll Menschen reden?

Gunther Verleger: Das ist genau der Punkt. Je kleiner der Betrieb, umso wichtiger ist es. Also du, ich glaube, du bist ja der Spezialist über Leistung, in den Großunternehmen gibt es ja viel Blindleistung und in kleinen Unternehmen kann ich mir das gar nicht erlauben, die Blindleistung und ich mache immer das Beispiel, wie viele Klicks brauchst du für irgendeinen Vorgang? Ich mache jetzt ein Beispiel: Du kriegst eine Rechnung, du kriegst irgendwas, musst es ablegen. Kann ich das nicht so machen, dass ich nur mit einem Klick hinkriege oder so, dass ich es über den Automatismus hinkriege, dass ich nach einer Nomenklatur, einem gewissen Pfad, zu einer gewissen Uhrzeit automatisch abgespeichert wird und unser Visionär der Steve Jobs hat ja mal gesagt: Wenn ich nur einen Klick beim Hochfahren eines Apple-Rechners sparen kann und rechne das jetzt mal Millionen User hoch, dann habe ich für Millionen Menschen vielleicht nur eine Sekunde gespart, aber in Summe ist halt ganz, ganz viel Zeit. Und wenn man mit dem Ansatz rangeht, also zu sagen: Na warum, sind doch nur fünf Klicks? Dann sag ich: Und wie oft machst du diese fünf Klicks? Und wenn du die gar nicht mehr machen müsstest, was wäre es dann? Und da ist genau der Ansatz. Also ich mache noch ein einfaches Beispiel mit Outlook, kennst du wahrscheinlich auch, aber die wenigsten nutzen es tatsächlich, das sind diese QuickSteps, da kann ich mir quasi drei Schritte zusammenklicken, wenn ich auf einen Button klicke, den ich selber zusammengestellt habe. Also ich klicke drauf, dass, wenn eine Nachricht abgelegt werden soll, dann soll die als gelesen markiert werden, in einen Ordner verschoben werden und Danke an den Empfänger geschickt werden, so als Beispiel. Wenn ich das alles für Hand machen müsste, würde ich vielleicht acht Sekunden brauchen oder fünfzehn Sekunden. Wenn ich das über einen Klick mache, dann kann ich es schneller hinbekommen und das ist nur ein ganz banales Beispiel und bei RPA kann ich das eben über sehr komplexe Themen machen.

Götz Müller: Jetzt habt ihr, so wie ich das verstanden habe, habt ihr euch ja Steuerbüros, Steuerkanzleien, also Steuerberater rausgesucht. Einmal die Frage: Warum? Ist natürlich jetzt, ein Stück weit ist es eine rhetorische Frage, aber ich glaube, das zeigt es noch mal schön, weil dort vermutlich eben bestimmte Dinge besonders sind, aber sich vielleicht dann von dort aus wiederum auf viele andere übertragen lassen, so im Grunde, dass der ein oder andere vielleicht sagt: Ja, genau so etwas habe ich auch.

Gunther Verleger: Also ich habe jetzt gerade eingangs gesagt, wir haben selbst, bei einem meiner Unternehmen machen wir die Zahlungseingänge jetzt, die sind bei uns vollautomatisch, da geht ein Bot rein, der meldet sich selber im Portal an, zieht eine CSV-Datei, das wird verglichen mit unserem ERP-CM-System und danach gehen automatisierte E-Mails mit Folgeaufgaben und dann macht er das Morgen zwischen vier und fünf Uhr morgens. Das schöne bei solchen Prozessen ist, wenn die mit harten vergleichbaren Werten arbeiten, also was meine ich damit? Bei einem Zahlungseingang gibt es Ziffern, die verglichen werden müssen. Wenn ich einen Automatismus machen würde, der über einen über einen weichen Faktor geht, also was ich nicht hart messen kann, also zum Beispiel bei einem Produkt, ist das jetzt Ausschussware oder nicht Ausschussware, was vielleicht nur ein Sachbearbeiter über eine Sichtkontrolle machen kann, dann könnte es ein bisschen schwieriger werden. Aber auch dafür gibt's heutzutage Lösungen über Bilderkennung, über KI, um zu sagen, die kann das genauso gut. Also ich mach ein Beispiel, in der Medizinbranche, was jetzt Radiologie anbelangt, da wird heutzutage auch schon wahnsinnig viel über KI gemacht, über Erkennungen, die dann besser erkennt als der tatsächliche Arzt, was auf dem Röntgenbild zu sehen ist. Ne, das geht natürlich auch im Maschinenbau, wenn ich da über Bilder oder sonstiges arbeiten muss und da wird es auf deine Frage zurückzukommen, warum Steuerberatungskanzleien, hier geht es halt viel über Zahlen. Und wenn die Zahlen sauber vorliegen, also in einem lesbaren Format, dann behaupte ich, dann ist eine Maschine oder ein Roboter oder ein Algorithmus qualitativ besser oder fehlerfreier als ein Mensch, weil Mensch kann immer eine Ablenkung haben, ein Mensch kann mal einen schlechten Tag haben oder sonst irgendetwas. Und deshalb wird die Qualität einfach höher sein und bei Steuerberatungskanzleien oder Steuerbüros wird halt sehr viel mit Zahlen gemacht und die haben noch den Zusatz, dass sie eben wahnsinnig viele wiederholende Prozesse haben. Also ich mache jetzt ein Beispiel, Jahresabschluss, dafür gibt es Steuerberatungskanzleien, der muss natürlich inhaltlich durch den Sachbearbeiter perfekt aufbereitet sein. Doch danach gibt es ganz viele Schritte, die quasi, ich sage jetzt mal nicht ein Azubi, aber die man einfach zusammenklicken kann. Ne, und das kostet heutzutage extrem viel Ressourcen, weil so viel beachtet werden muss oder bei der Bescheidprüfung, da müssen eigentlich nur zwei Zahlen verglichen werden oder mehrere Zahlen verglichen werden, einfach mal die Gesamtsumme, das, was Beratungskanzlei erklärt hat und das, was die Finanzverwaltung nachher im Bescheid zurückgegeben hat, und wenn diese Zahlen identisch sind, dann bin ich ja schon mal relativ weit, aber bis ich dahin komme, dass ich die Zahlen verglichen und zusammengeklickt hab, da brauch ich vielleicht eine Minute, fünf Minuten, zehn Minuten, da muss ich noch ein Anschreiben machen, dann muss ich noch irgendwelche Felder oder Namen zusammenklicken und dann noch irgendwelche Textbausteine und ratzfatz bin ich vielleicht bei fünfzehn Minuten und wenn ich diese fünfzehn Minuten pro Bescheidprüfung auf quasi 0 reduziere und die Fehlerquote auch noch auf 0 reduziere, dann hat der Unternehmer natürlich wahnsinnig viel gewonnen, und das ist nur ein Beispiel für die Steuerberatungskanzleien, aber jeder deiner Kunden oder die Zuhörer, die haben das mannigfaltig bei sich im Unternehmen. Sie sind es leider wahrscheinlich nicht mehr so bewusst, weil sie sagen: Ja, das mache ich ja schon immer so.

Götz Müller: Ja, man gewöhnt sich, glaube ich, an viele Dinge, auch, an viele Dinge, besonders an die lästigen.

Gunther Verleger: Ja, eben man. Man gewöhnt sich leider an die lästigen.

Götz Müller: Ja, und wenn man das jetzt mal noch ein Stück weiterspinnt, Jahresabschluss pro Unternehmen einmal, aber allein, wenn ich mir die Verbuchung der Vorgänge im Vorfeld angucke, dann rede ich ja da ganz schnell über einen Faktor, allein über die Monate haben wir schon mal Faktor 12 und lass es mal nur 12 Vorgänge, und das ist ja wenig, im Monat sein, sind schon 144.

Gunther Verleger: Absolut. Und wenn wir jetzt mal, also wir angenommen wir schauen bei der Buchung, also wer heutzutage noch alles manuell selber bucht, der lässt ganz viel auf der Straße liegen. Also ich mache jetzt Beispiel, ob das jetzt Datev ist oder Lexware oder wie sie alle heißen, die Belege, die es gibt, die werden automatisch über OCR oder über andere Technologie erkannt und dann werden automatisch Buchungsvorschläge gemacht. Und genau das Gleiche ist, wenn ich halt andere komplexe Prozesse habe über unterschiedliche Systeme. Also wo ein E-Mail-Programm oder ein Textverarbeitungsprogramm oder eine Individualsoftware oder ein Webportal bedient werden muss. Also anderes Beispiel bei Steuerüberweisungskanzleien, die müssen sehr häufig Auszüge vom Handelsregister sich ziehen oder müssen in Web-Portalen gewisse Dinge nachgucken. Und da sitzt dann jeden Tag einer dran und der guckt und gibt Daten ein, vergleicht, ob was vorliegt oder nicht. Und die Information ist ja meistens vorhanden in irgendeinem anderen System. Und wenn ich weiß, wenn das eine Regel ist oder ein Algorithmus ist oder ein Standard, den ich immer und immer wiederholen kann, dann braucht es nicht ein Mensch machen, sondern dann kann das der Bot machen oder die Maschine machen und ich spare mir da wahnsinnig viele Ressourcen und was ich noch viel wichtiger finde, also nicht nur aus Unternehmersicht, sondern auch als aus Mitarbeitersicht. Ich kenne jetzt nicht wirklich viele Mitarbeiter, ob das bei mir oder anderen, die gerne stupide Klickarbeit machen.

Götz Müller: Mhm, ja ich glaube, gerade bei Steuerberatern kommt ja noch erschwerend hinzu, erschwerend ja, kann man schon deutlich so sagen, dass jetzt Steuerfachangestellte, die das typischerweise machen, ja nicht zu hunderttausenden auf der Straße rumstehen, sondern das ja die absolut knappe Ressource ist.

Gunther Verleger: Absolut, absolut. Und es ist eben auch ein Grund, was schaffen wir oder was bieten wir Steuerberatungskanzleien dadurch. Also es ist natürlich nicht so interessant, wenn das eine Kanzlei ist mit 4 Leuten, oder? Ne. Wenn man aber ein Dutzend oder vielleicht zwanzig, dreißig Mitarbeiter in der Kanzlei ist, dann ist da viel auch angebracht. Und du sagst es, die Fachressource, die diese Kompetenz hat, diese Sachbearbeiter, die gibt es ja nicht irgendwie wie Sand am Meer und da hat er meistens auch nicht zehn Bewerber pro Monat hier, die sagen: Ich möchte jetzt endlich bei dir anfangen. Und wenn ich dann meinen existierenden guten Leuten mehr Freiräume für ihre tatsächliche Tätigkeit geben kann, dann haben wir alle gewonnen. Dann hat die Steuerkanzlei gewonnen, der Mitarbeiter oder der Sachbearbeiter hat gewonnen und letztendlich auch der Mandant, weil ich vergleiche das immer, wir beide sind jetzt aus einem ähnlichen Geburtenjahrgang, also du bist noch ein paar Jahre älter als ich, aber ganz unabhängig davon, wir haben es noch erlebt, dass man in die Bank reingegangen ist, sich Geld geholt hat und da saß einer und hat dir das Geld vorgezählt, 50, 100, 50, 200, 50, 300, 50, 400, so auf die Art und Weise. Viele Kinder kennen das heutzutage nicht. Warum, es gibt doch einen Bankomat. Der spuckt es genauso korrekt aus. Und genau das Gleiche ist es bei solchen RPA-Prozessen, wo der Kunde eigentlich keinen Mehrwert hat. Und wir wissen, dass, wenn ich die Werte in Taschenrechner richtig eingebe, der meistens besser rechnet als der Mensch, egal wie komplex das jetzt ist. Und das ist genau der Punkt, wo ich sage: Hey, ich kann mit meiner aktuellen humanen Ressource mir durch diesen Bot oder durch RPA eine zusätzliche digitale Ressource aufbauen. Also wir sagen, das ist ein sowohl als auch, ich sag nicht, wir machen RPA, um nachher alle rauszuschmeißen, sondern man macht RPA, um meine guten qualifizierten Mitarbeitern, die jetzt in Deutschland, würde ich mal behaupten, eher rar gesät sind. Also ich kenne jetzt eigentlich, die meisten Unternehmen, die suchen gute Leute und sie würden gerne weitere Dinge machen, aber sie haben die Ressourcen nicht, aber wenn ich die stupiden Sachen und die Standardsachen weg automatisieren kann, damit die komplexen oder die, wo auch ein sagen wir mal mitdenken oder wie sagt man noch, wo es auch im Kundensupport, also wo einfach Qualifikation da ist, wenn ich denen dann wieder Freiräume gebe, dann haben alle gewonnen.

Götz Müller: Mhm ja, das find ich jetzt einen guten Punkt. Da habe ich so das Gefühl, ich meine, das schweift vielleicht ab, ja, aber da habe ich manchmal das Gefühl, dass das Thema in die falsche Richtung … Wenn dann ein Chatbot für den Kunden da ist, weil vielleicht auch da die Ressource fehlt, dann habe ich jetzt da nicht das positive Erlebnis gehabt, um es mal so auszudrücken.

Gunther Verleger: Das teile ich vollkommen mit dir, weil nachher hängt es ja davon ab, wie hoch ist die Qualität und die Brille ist einfach wichtig: Was nimmt mein Kunde wahr? Und wenn mein Kunde sagt, okay, jetzt probiere ich den Chatbot, und dann hat er aber keine Ahnung welche blöden stupiden Abfragen, dann wird er den nie mehr verwenden und sagt: Das ist ein Rotz. Wenn ich schnell mit einem telefonieren kann, der mir schnell eine Auskunft gibt, dann bin ich dafür viel dankbarer, dafür aber bei anderen Themen, wo der Kunde sagt, das ist doch mir egal, dieser Prozess ist vollautomatisch generiert worden ist, solange das Ergebnis stimmt, hat der Kunde wieder einen Vorteil, weil er Informationen vielleicht schon lange bekommt.

Götz Müller: Aber er sieht es ja in vielen Fällen gar nicht.

Gunther Verleger: Genau, aber bei dir zum Beispiel, viele buchen Termine jetzt über eine Webseite. Das ist ja nichts, das ist ja auch Prozessautomatisierung, weil sonst brauch ich erstmal drei, vier Mails hin und her, Kalender reingucken hin und was weiß ich, bis dann ein Termin zustande kommt und jetzt du hast gesagt: Für die Terminart mache ich das, für die Termine mache ich dir dieses Zeitfenster frei und dann kann der andere schnell buchen und dann kommt die Buchungsbeschädigung, der Outlook-Kalender und der Termin und die Erinnerung und alles, was dazu dranhängt mit, keine Ahnung, mit noch einer Vorbereitungsmail, mit einem Link zum Video, kommen dann automatisch. Und es ist aber wichtig zu verstehen bei dem RPA-Thema, es ist systemunabhängig. Das ist das ganz, ganz wichtige. Ich kann systemunabhängig die Kombination, also bei uns jetzt, bei Steuerberatungskanzleien ist einfach die Kombi zwischen der höchst komplexen, im Sinne von sicherheitskomplexen, DATEV-Umgebung plus Microsoft Office. Das sind ja zwei unterschiedliche Ökosysteme, aber mit Schnittstellen, ob das jetzt über Sichterkennung, also Bildschirmerkennung UI oder über API, das heißt über tatsächliche Datenschnittstellen im Hintergrund, kann ich Daten von links nach rechts schaufeln, ohne dass Fehler passieren.

Götz Müller: Gut, das bringt mich auch so ein bisschen zu einer Frage, die ich auch immer gern stelle und zum Teil hast du es schon angedeutet, aber ich nehme immer wahr, manchmal schwingt trotzdem bei den betroffenen Mitarbeitern jetzt so eine gewisse Sorge mit, werde ich dann überflüssig, aber ich glaube. Sie werden definitiv nicht überflüssig. Es ändert sich manchmal halt auch bisschen die Tätigkeit und das ist auch so ein Punkt, wo ich manchmal eine gewisse Sorge wahrnehme: Bin ich dieser, bin ich diesen neuen Anforderungen dann noch gewachsen? Und vielleicht da auch, weil wir ja über ein hochautomatisiertes Thema reden und ich glaube auch da eine gewisse, ja, vielleicht innere Zerrissenheit bei Menschen existiert. Wie geht man damit um? Wie geht ihr damit um?

Gunther Verleger: Wir bekennen das. Also das hat jetzt nichts mit Steuerberatungskanzleien zu tun. Das ist halt, sondern das hat mit jeder, mit jedem Unternehmen zu tun, also vielleicht andersrum gefragt: Wo kommt es her? Der Mensch an sich hat erstmal Sorge bei Veränderung, ob das Automatisierung ist, RPA oder was anderes. Und wenn es um Veränderung geht, da hat er erstmal Sorge. Wenn es darum geht, hey, da kommt jetzt ein Prozess oder ein Automatismus oder eine Maschine oder ein Bot, der meine Arbeit macht, dann schwingt natürlich das mit: Bin ich dann überhaupt noch gefragt, braucht man mich dann noch, verliere ich dann meinen Job? Wenn die Leitung den Nutzen, den Mehrwert und die Ausrichtung falsch kommuniziert, kann das genau ankommen. Wenn aber von vornherein gesagt wird: Leute, wir wollen diesen Weg gehen, weil es ein sowohl als auch in den nächsten Jahren sein wird. Und das ist meine persönliche Meinung, meine persönliche Überzeugung. Dann ist es eine riesen Chance dabei und das würde ich einfach auch langsam machen. Es ist ein Veränderungsprozess ganz klar und er wird Dinge anders machen oder Dinge nicht mehr machen können. Aber ich habe noch keinen Fall jetzt, ob das jetzt bei mir oder bei anderen Unternehmen, der gesagt hat: Hey, jetzt haben wir so viel automatisiert und haben deshalb die halbe Belegschaft rausgeschmissen. Nein, sie haben automatisiert und konnten deshalb expandieren. Vielleicht mit der gleichen Belegschaft, aber konnten mehr Gewinn und mehr Umsatz dadurch generieren, weil sie jetzt, wie heißt es so schön? Der Tag hat 24 Stunden, eine normale Arbeiterwoche hat 40 Stunden für dich als Inhaber, Unternehmer, Selbstständiger reichen die 40 Stunden wahrscheinlich nicht aus, aber ich kann jetzt einfach andere Dinge angehen, die ich vorher nicht hätte angehen können und das hat sehr viel mit der Art und Weise zu tun, wie man es kommuniziert. Und wenn da jetzt jemand keine Ahnung 30, 40 Jahre in der Kanzlei ist und sagt: Sowas brauchen wir nicht, haben wir noch nie gehabt. Verstehe ich, aber vielleicht ist es auch eine Chance für ihn zu sehen: Hey, dadurch wird unser Unternehmen fortschrittlicher, weil es ist unaufhaltsam. Ich habe gerne den Vergleich, wer in den Neunzigern gedacht hat, dass das Internet vorübergehend ist. Du lachst jetzt, das wäre jetzt gleich, wenn ich sagen würde: KI ist vorübergehend. Nee, das wird nicht der Fall sein. Das wird kommen, früher oder später. Die Frage ist, wie mache ich es für uns zu Nutzen? Wie mache ich das Ganze, dass es mir einen Mehrwert und natürlich meinem Unternehmen oder meinem Kunden bringt. Also auch, wenn jemand sagt: jetzt habe ich hier eine KI oder sonst irgendwas, die macht ja dann nachher alles für mich. Mhm, glaube ich nicht. Wir brauchen ja immer noch die Gesamtzusammenhänge, die zwischen den Ohren der Mitarbeiter fundiert sind und die dann damit lernen können umzugehen und vielleicht kommen dann auch Mitarbeiter auf ganz kreative Ideen, um zu sagen: Hey, wir haben den und den Prozess ja immer so und so gemacht, weil es immer so und so schwierig war, aber wenn das jetzt so und so funktioniert, dann können wir den doch automatisieren, damit wir wiederum Freiräume haben für andere Dinge.

Götz Müller: Auch die Kreativität, glaube ich, und wir jetzt so ein bisschen aus der Ferne, ich möchte mich da nicht als Referenz nehmen, aus der Ferne das Steuerrecht anguckt, dann sind da ja manchmal schon recht kreative Menschen irgendwie zugange.

Gunther Verleger: Ja, da sind kreative Menschen zugange. Absolut. Aber ich glaube, was wünscht sie denn jetzt in der Steuerbranche? Was wünscht sich denn ein Mandant? Ein Mandant wünscht, glaube ich, dass die Zahlen richtig sind, also von der Buchung bis zur Erklärung. So, dass die Themen schnell gemacht werden. Also wenn ich dann manchmal höre, dass, ja, ich brauche jetzt, ich muss einen Beleg nachreichen von einem Kunden aus dem Jahr 2022. Was vor drei Jahren? Das Thema ist doch schon längst abgeschlossen. Dass die einfach tagesaktuell wissen, wo ihr Unternehmen steht und sich dann über die Dinge Gedanken machen können, die eigentlich jetzt steuerlich oder strategisch ihr Unternehmen weiter voranbringen.

Götz Müller: Das bringt mich jetzt auch und das ist auch so eine Frage, die ich immer ganz gerne stelle. Jetzt haben wir uns einerseits auf die Steuerbüros konzentriert, aber natürlich ist das ein Thema, was sich in fast allen Branchen einsetzen lässt. Was sind Dinge, wo du jetzt aus deiner Erfahrung heraus sagst, damit könnte ich zum Beispiel anfangen, auf einer etwas, ja, wie soll man es ausdrücken, vielleicht auf einer etwas noch konkreteren Ebene für die Nicht-Steuerberater?

Gunther Verleger: Also ich sage jetzt mal, um da zum Eingang noch mal zurückzukommen. Was fällt bei uns regelmäßig an, im Sinne von wöchentlich oder täglich. Ich würde mal behaupten, dass die meisten Unternehmen täglich ihre Zahlungseingänge prüfen. Und wenn das jetzt nicht gerade ein hyperkomplexes System ist, dann glaube ich, könnte man damit beginnen. Dann muss man natürlich jetzt wieder aufpassen wegen Banken und wegen Schnittstellen und sonst irgendwas, weil es da um sensible Daten geht, aber das ist ja ein Thema, was jeden Tag anfällt. Und die Frage, die sich ein Unternehmen stellt, ob das jetzt Maschinenbau ist oder Gesundheitsbranche oder Werbebranche, sonst irgendwas. Was habe ich denn, was jeden Tag gemacht wird? Und wenn das eine Arbeit ist, die ich eigentlich gar nicht gerne mache oder die ich, wo ich dankbar wäre, wenn die gemacht werden würde, auch ohne meine Wenigkeit oder ohne den Sachbearbeiter oder eine Arbeit, wo ich sage: Boah, jetzt ist da jemand drei Wochen im Urlaub, wer übernimmt das jetzt? Ich würde mit sowas einfachem anfangen, damit ich das Gefühl bekomme, welche Chancen dadurch entstehen und dann auch wieder entscheidend, gibt es hier ganz viele Sonderfälle. Ne, also wenn es viele Sonderfälle sind, dann wird es meistens zum Scheitern verurteilt. Aber wenn es einfache Dinge sind, ich mache mal ein anderes Beispiel. E-Mail-Posteingang-Überwachung. Keine Ahnung wie viele Mails ein Unternehmen in zentralen Posteingängen bekommt, kann ich da nicht irgendwelche Typen anhand von der Absender-E-Mail-Adresse und vom Anhang so automatisieren, dass die automatisch weiterverarbeitet werden? Das wäre so mein Vorschlag, mal hinzuschauen. Weil wenn man mal einmal gesehen hat, als ich, ich glaube vor fünf Jahren habe ich das erste Mal mit Microsoft Flow, hieß es damals, heute heißt es Microsoft Power Automate, damals für eine Desktop-Anwendung, habe ich gesehen, wie der Bot, also der Roboter meinen Bildschirm bedient. Also ich habe nichts gemacht und dann habe ich da quasi sowas aufgezeichnet, nichts anderes wie ein Makro im Excel. Und dann hat er da Dateien von links nach rechts bewegt, umbenannt und Fenster auf- und zugemacht. Und das ist ja total spooky, wenn man mal gesehen hat, dann kommt man plötzlich ganz schnell auf Ideen. Was der kann das so machen? Der kann so klicken, wie ich klicken würde. Dann finden da viele Leute, also so habe ich es zumindest erlebt, Gefallen daran, also von der Message her: Fangt mit was einfachem an. Es ist häufig nicht zu komplex, und wer auch nicht so viele Sonderfälle hat, und dann tastet euch da einfach mal ran, ist ganz egal welche Applikation das ist, ob man da, also Microsoft Power Automation ist ja schon sehr gut. Die haben bei der ein oder anderen Anwendung bei uns, bei DATEV sind die da nicht so gut. Dann gibt es den Weltmarktführer UiPath, die Arbeiten vorwiegend für Konzerne, weil es da einfach um so, wie du vorher gesagt hast, in der Automobilbranche um zigtausend da oder millionenfache Wiederholungen geht, aber da gibt es genügend kleine Anwendungen, wo man einfach mal bewusst hinschauen sollte.

Götz Müller: Mhm. Jetzt würde ich zum Abschluss gern noch eine Frage, das hattest du, das Stichwort zumindest hattest du schon am Anfang verwendet, nämlich KI, an manchen Stellen zum Beispiel, das ist auch immer das Beispiel, was mir als Erstes einfällt, Röntgenbilder auswerten oder alle diese bildbasierten Dinge auszuwerten, wo sie uns Menschen schon lange überlegen ist. Was ist deiner Ansicht nach, ja, kann man es wirklich Weiterentwicklung nennen von RPA durch den Aspekt KI zusätzlich?

Gunther Verleger: Also ich muss ganz klar sagen, die Zeit geht hier extrem schnell. Also wenn ich überlege, was vor zwei Jahren im RPA-Bereich möglich war oder ist und was jetzt nach zwei Jahren möglich ist, ist es ist wahnsinnig, wie schnell es geht. Da kommen so viele neue Lösungen, so viele neue Modelle, da ist es schon fast schwierig, da Schritt zu halten. Aber generell ist es so, ich bleibe jetzt mal bei dem Beispiel der Steuerberatungsbranche, weil dann ist vielleicht ein bisschen sichtbarer. Wenn die Werte in einem guten Format vorliegen, also ich sage jetzt mal bei der Bescheidprüfung gibt es das sogenannte Elster-Verfahren, da werden die die die Werte elektronisch rückübertragen von der Finanzverwaltung, also vom Finanzamt, und dann stehen da quasi Werte in Zellen und dann ist es total einfach. Jetzt muss man aber im Alltag wissen, das ist nicht immer der Fall und nicht für alle Bescheide, sondern manche Bescheide kommen halt noch im Papierformat und so ist es ja auch bei anderen Belegen. Die kommen im Papierformat und dann werden die über einen Hochleistungsscanner oder über einen normalen Scanner gescannt und dann geht es ja darum, jetzt muss ich das, was da drinsteht, verstehen oder auswerten und da kann eine KI natürlich enorm helfen. Also wenn du jetzt anschaust, ich gehe mal in eine ganz andere Branche, Immobilienmakler, die müssen wahnsinnig viele Verträge lesen, Gesetzesanforderungen oder sonst irgendwas. Das kann ich in eine KI hochschieben und sagen: Gib mir eine Zusammenfassung. Ich muss das jetzt natürlich nachher immer noch selbst bewerten. Und wenn ich diese beiden Dinge jetzt kombiniere und das passiert jetzt bei uns in dieser Bescheidprüfung. Da gibt es die sogenannten Erläuterungstexte und ein Erläuterungstexte, der kann eine Zeile lang sein oder eine ganze Seite lang oder vielleicht sogar 2 Seiten lang So, der Sachbearbeiter muss das jetzt erstmal durchlesen. Natürlich hat er da ein gewisses Gefühl dafür, aber bei uns ist es so, die KI liest dann den Zusammenhang der Erläuterungstext, den die Finanzverwaltung geschrieben hat und fasst die für den Kontext in diesem Fall so zusammen, dass sie Sinn gibt. Und jetzt muss ich natürlich immer aufpassen. Achtung: Eine KI ist nicht perfekt. Da kann es auch Fehler geben. Aber unterm Strich habe ich genau die Kunst von großen Datensätzen, die ich vielleicht jetzt, jetzt reden wir eine Stufe weiter, wir werden dann immer gefragt: Ja kann denn eure Lösung schon auch den Unterschied bei einer Abweichung herausfinden? Ne, also wenn es ein Nuller-Bescheid ist. Das heißt, das, was ich erklärt habe und das, was die Finanzverwaltung gesagt hat, ist identisch, nennt man es einen Nuller-Bescheid, aber wenn die Finanzverwaltung jetzt sagt: Nee, wir haben einen anderen Wert, ihr müsst 20 000€ nachzahlen. Dann ist die Frage von den Kanzleien: Ja, kann euer Modell jetzt auch schon herausfinden, warum die das anders bewertet haben? Das ist dann der nächste Schritt und dann bist du natürlich gleich bei der Schnittstelle, wo du sagst, wenn ich jetzt Datenmodelle habe, die an sehr hohe Referenzdaten reingehen können, wo es Gerichtsurteile gibt, Gesetzestexte oder sonst irgendwas, und ich kann diese dann trainieren, dann kommst du in eine ganz neue Dimension, wie du arbeiten kannst. Also wir haben einen Kunden, der seine Kanzlei jetzt ein bisschen anders aufstellen möchte. Er hat 100 Prozesse in seiner Kanzlei definiert. Er hat gesagt, wir haben ungefähr 100 Prozesse und die haben wir alle sauber dokumentiert. Und jetzt möchte er die erstens automatisieren. Das Zweite, was er hat gesagt, er hat fünf, sechs, sieben Verlagsportale, wo er Urteile, Gesetzestexte, Erläuterungen, Hinweise zu Interpretation, sonst irgendwas sich immer wieder zieht. Jetzt kommen da jeden Monat neue Artikel dazu und jetzt frag ich dich, Götz: Welcher Mensch kann sich das merken? Das ist ja ein Ding der Unmöglichkeit. Das kann sich ja keiner merken. Wenn ich jetzt aber sage, ich habe die KI hinten drangehängt und jetzt stelle ich über einen über einen Automatismus eine gewisse Frage, über diese Prompts, die ich ihr quasi gegeben habe, dann habe ich ja das eine in der Automatisierung mit den Daten, die so im enorm sind, dass ich mich selber zu Tode suchen würde, kombiniert und kann dadurch schneller ans Ziel kommen.

Götz Müller: Mhm, ja, ich glaube eben, der Zeitfaktor, das ist, also der zeitliche Vorsprung, das ist das, was den großen Unterschied ausmacht. Nicht, dass wir es nicht auch hinkriegen würden, aber wir würden ja ein Unendliches, an mehr an Zeit brauchen.

Gunther Verleger: Also das ist ja auch, es hat ja alles Fluch und Segen. Wir hatten vor einem Jahr waren wir bei einem, hatten wir einen Familiengeburtstag und da war aus weiterer Verwandtschaft war jemand da und er ist Richter, Richter in Köln vor Gericht und er gesagt: KI ist alles schön und gut, aber das schwierige ist. Die ganzen Schriftsätze, die reinkommen, die werden zum Teil nicht mehr von Anwälten geschrieben, sondern die werden von der KI geschrieben, die werden dann so komplex geschrieben, dass er gar nicht mehr die Zeit hat, die Sachen zu lesen. Also es geht einfach nicht, weil die Schriftsätze so riesig geworden sind. Jetzt versucht das Gericht auch schon wieder KI zu verwenden, um die Schriftsätze, die reingekommen sind, wieder so weit, so im groben zusammenzufassen und ich sage mal, das ist so ein bisschen Fluch dieser Sache. Aber eins ist klar, es wird nicht weniger werden und deshalb vom Lösungsansatz her. Ich würde einfach unternehmen die eine Vision haben und eine Zukunft sich vorstellen, den würde ich einfach empfehlen, schaut euch das an, wie ihr mal das ein oder andere automatisieren könnt und wenn ihr dann noch eine Idee habt, vielleicht kann man da noch eine KI mit dazu anbinden und das ist eben mit RPA möglich. Ich bin da komplett unabhängig, ob ich da jetzt OpenAI oder von Amazon oder von Google oder sonstigen irgendwelche Daten oder ich bin da vollkommen autonom und ich kann das nehmen, was am besten funktioniert.

Götz Müller: Ja, und ich generiere nicht eine weitere Abhängigkeit, die ich halt habe, egal ob es jetzt SAP sich nennt oder ob es DATEV heißt. Das ist ja eine der großen Herausforderungen dieser Abhängigkeit, die da existiert, und da, glaube ich, ist auch eine KI eine Chance.

Gunther Verleger: Gut, und dann ist wohl also, man darf es ja nicht sagen, aber trotzdem raus mit der Sprache. Du hast jetzt ja die beiden Namen genannt SAP oder DATEV, das sind diese riesen Softwareunternehmen, aber für den Endanwender, also gibt es ja sehr häufig, da sträuben sich ja nur die Haare, die sagen, die können zwar viele Sachen gut, aber manche Sachen können sie gar nicht gut und für die Sachen, die sie einfach nicht gut können, brauche ich eine Lösung, dass mir mein Arbeitsalltag leichter wird.

Götz Müller: Ja, und ich glaube, das ist eben eine der wichtigen Dinge, die man oft unterschätzt und an der Stelle möchte ich dann auch irgendwo einen Knopf dran machen. Gunther, ich dank dir für deine Zeit für die Einblicke.

Gunther Verleger: Ganz lieben Dank für die Chancen. Wenn jemand Fragen hat, bitte wendet euch an den Götz, das ist für mich ein super Prozessprofi, wenn es einer kann, schlank aufzustellen. Wenn jemand zu RPA Fragen hat, bin ich gerne für einen offenen Dialog da.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Gunther Verleger zum Thema Prozessautomatisierung mit RPA in Kleinbetrieben. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 359.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei Apple Podcasts. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
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