Inhalt der Episode:
- Wie sieht die aktuelle Ausgangslage am Arbeitsmarkt aus?
- Welche Lücken existieren im klassischen Employer-Branding?
- Wie unterscheidet sich Employer-Branding von Employer-Design?
- Welche neuen Elemente enthält das Employer-Design?
- Was und wer soll damit angesprochen werden?
- Wer wird ins Employer-Design innerhalb des Unternehmen einbezogen?
- Was bedeutet das für diese Personen?
- Was bedeutet „Flow“ im Kontext des Arbeitsalltags?
- Was sind typische Hindernisse, die diesem Flow entgegenwirken?
- Wie wird sich das Thema Employer-Design grundsätzlich noch weiterentwickeln?
Notizen zur Episode:
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Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.
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(Teil)automatisiertes Transkript
Episode 367 : Employer-Design-Prozesse
Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.
Götz Müller: Heute habe ich Tobias Jakob bei mir im Podcast-Gespräch. Seine persönliche Mission ist es, seine Kunden zu wahren Mitarbeitermagneten zu machen. Hallo Tobias.
Tobias Jakob: Hallo Götz, schön, dass ich heute hier sein darf.
Götz Müller: Ja schön, dass du dabei bist. Ich habe schon ein kurzes Stichwort zu dir gesagt, aber stell dich gern noch mal in ein paar Sätzen den Zuhörern vor.
Tobias Jakob: Ja, sehr gern. Mein Name ist Tobias Jakob, Ich bin Gründer und Geschäftsführer von Synergie-Kompass und wir verbinden verschiedene Disziplinen der Organisationsentwicklung, das nennen wir Employer Design, dazu später mehr, und den Themenbereich Employer Branding und wie du schon richtig gesagt hast ist unsere Mission, dass wir unsere Kunden zu wahren Mitarbeitermagneten machen.
Götz Müller: Okay, wenn man sich jetzt in dem, ich glaube es ist ein relativ großer Kontext, wenn man sich in dem Kontext bewegt, muss man wahrscheinlich einfach mal über die aktuelle Lage, so als eine Form von Normierung des Arbeitsmarktes sprechen. Wie stellt es sich dir dar auch im Zug Bezug eben auf deine Kunden?
Tobias Jakob: Ja, der Arbeitsmarkt hat aktuell viele Gesichter. Ja, man bekommt aus vielen Branchen mit, ja, dass, ja, Beschäftigung reduziert wird. Da gibt es auch aktuelle Umfragen, wo Unternehmen gefragt werden, was sie für 2025 planen und das sagen circa 38% der Unternehmen, dass die Beschäftigung reduzieren wollen. Es gibt aber auf der anderen Seite auch Unternehmen, die Beschäftigung aufbauen wollen, das sind in den Umfragen circa 17%. Und da gibt es unterschiedliche Werte, aber so einfach als grobe Richtlinie und welche Bereiche sind es, ja, das sind so klassische Bereiche wie die IT-Branche, erneuerbare Energien oder sogar auch die Bau- und die Immobilienbranche und bei den Firmen sind dann allgemein die Herausforderungen, also die klassischen Themen wie das Thema Fachkräftemangel, ja, was so viel heißt wie ja, die Nachfrage ist zum Teil viel größer als das Angebot der qualifizierten Leute. Es gibt da einen sehr hohen Wettbewerb um die jeweiligen Fachkräfte, gerade wenn ich auch schaue in Richtung IT-Branche ist, einfach, ja, gefordert, dass einfach eine permanente Weiterentwicklung stattfindet, ja, weil der technologische Wandel einfach sehr schnell voranschreitet und natürlich der Klassiker ja die regionalen Ungleichgewichte, wo einfach die Leute mehr in die Stadt ziehen als aufs Land.
Götz Müller: Jetzt haben wir unsere Episode Employer-Design-Prozesse genannt und ein sehr ähnlicher Begriff der mir da in den Kopf kommt, ist Employer Branding, also Branding so im Sinne von Markenaufbau. Und jetzt würde man sich ja mit dem Thema nicht grundsätzlich beschäftigen, wenn das alles supertoll und gut wäre. Das heißt, die Nachfrage an der Stelle wäre, wenn man das so nennen kann, welche Lücken existieren da in, ich nenne es jetzt mal klassischem, Employer Branding?
Tobias Jakob: Genau. Generell muss man ein bisschen unterscheiden. Employer Branding ist erstmal eine Marketingstrategie ne um Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren und da muss man einfach die verschiedenen Facetten erstmal verstehen, ja. Es gibt eine starke Fokussierung auf die Außenwirkung, ja, da ist, sagen wir mal, aus unserer Sicht erst mal ein Gap dazwischen, ja, was für eine Marke positioniere ich eigentlich und wie sieht eigentlich die Realität aus? Genauso, ja, Thema Kandidatenperspektive, ja, wir haben das immer wieder das Employer Branding Projekte Top Down initiiert werden und im Endeffekt einfach, ja, dem Ganzen eine Hülle überstülpt, die eigentlich gar nicht widerspiegelt, wie die Mitarbeiter das Unternehmen eigentlich wahrnehmen oder die Bewerber. Dann ist im Employer Branding, und das ist so bisschen auch dann, ja, das Thema in deinem Podcast, Employer Branding ist oft eine einmalige Kampagne. Ja, das heißt ich mach hier eine Marketingkampagne und habe einen Anfang und ein Ende, das ist natürlich auch nicht nachhaltig, sondern es braucht da auch, und da komme ich nachher noch dazu, einfach einen kontinuierlichen Prozess. Dann, was ist noch im klassischen Employer Branding? Ja, es gibt oft so dieses one fits all, ja, dass ich halt sage: Okay, hier, ich mache mal eine Ansprache an die potenziellen Bewerber oder an die Mitarbeitenden, mache ich halt einfach querbeet durch, für alle Altersgruppen, für alle Zielgruppen, egal ob das Engineering oder für den Einkauf oder für den Vertrieb, ja, das ist dann auch noch mal was. Ja, jeder hat andere Bedürfnisse, besonders dann auch bei den verschiedenen Zielgruppen, und so müssen die eigentlich auch angesprochen werden. Dann ist, sage ich mal, Employer Branding einfach oft nicht so verzahnt, wie es eigentlich bei einer gesamtheitlichen Betrachtung, ja, gehören würde. Also oftmals ist im Employer Branding dann die Grenze beim Recruiting, ja, da hört das Ganze dann auf und wenn man es mal genau nimmt, sind die meisten echten Markenbotschafter bereits im Unternehmen. Das heißt, man bräuchte eine Verzahnung von den externen Aktivitäten, eben wie Employer-Branding-Aktivitäten und den internen Aktivitäten. Das bedeutet, ich muss integrieren die Themen Onboarding, Leadership, Kultur, interne Kommunikation, und das ist eigentlich nachher die perfekte Überleitung zum eigentlichen Employer Design.
Götz Müller: Ich höre eben auch so ein bisschen raus, ein gewisses Defizit existiert in der, nennen wir es mal ganz platt Kundenorientierung, im Sinne von einem potenziellen Bewerber oder eben sogar, so habe ich es zumindest rausgehört, die eigenen schon vorhanden Mitarbeiter, bisschen wie Kunden zu betrachten und dort eben auch nicht alles über einen Kamm scheren, so, mir fallen dann da so Aspekte wie Demographie ein, zum Beispiel, wo ja durchaus Unterschiede oder man kann ja noch einen Schritt weitergehen. Ich glaube, der Begriff ist Psychografie, wo sich das dann von dem reinen Altersthema noch löst, kann man das so ausdrücken, gehört das mit dazu?
Tobias Jakob: Definitiv. Also man muss ja verstehen, ein Unternehmen ist ja eine Organisation, die aus vielen verschiedenen Funktionsbereichen besteht, die ja dann auch von, ich sage mal, ganz speziellen, wie sagt man da, Stereotypen betrieben werden. Das heißt, ich habe natürlich in einem Vertrieb ganz andere Typen Mensch wie in einem Einkauf oder wie in der Produktion oder in der Entwicklung oder im Personalwesen. Und da ist natürlich sehr wichtig zu verstehen, ja, was sind denn die Bedürfnisse genau dieser Leute und, ja, was wünschen die sich eigentlich, um es mal ganz einfach zu sagen.
Götz Müller: Du hattest auch angedeutet, zumindest habe ich das so rausgehört, dass eben dann noch weitere Personen, Personengruppen im Unternehmen in diesen Prozess integriert werden. Das würde ich ganz gerne noch vertiefen. Zum einen, wer ist das, der da integriert wird, was bedeutet das dann für die Personen und wie sieht möglicherweise auch deren Reaktion aus, weil es ja ein Stück weit, vermute ich mal, auch um Veränderung geht. Und Veränderung ist immer ein spannendes Thema. Und ich glaube, da kann es eben auch interessant sein, mal auf eine ganz andere Disziplin der Veränderung zu schauen und zu lernen, was ist dort ähnlich, was ist dort gleich, was ist ganz anders und wie kann man mit den dann möglicherweise existierenden Herausforderungen gehen?
Tobias Jakob: Genau. So generell würde ich noch kurz gern den Bogen schließen von Employer Branding zu Employer Design, und zwar, wie du gesagt hast, ja, es sind, es ist wichtig, dass man sehr viele Leute mit in die Projekte mit reinbezieht, ja, weil schlussendlich ist ja nachher das Endergebnis nicht nur ich habe nachher eine starke Arbeitgebermarke, sondern das Ergebnis muss ja auch sein, dass die Leute tatsächlich gerne da arbeiten. Deswegen ist es uns, in unserem Projekten immer wichtig, dass wir zuerst mal uns auf innen fokussieren und erst mal nach dem Bottom-up-Prinzip mal uns den Mitarbeiter-Input holen, ja, und wenn möglich auch den Bewerber-Input holen, weil nur so wird nachher klar, was es für verschiedene und Interessengruppen gibt, weil jetzt ja jemand, sage ich mal, aus der Geschäftsführung ja hat komplett andere Interessen als jetzt die einzelnen Funktionen oder die Mitarbeiter in den einzelnen Abteilungen. Und so muss man erst mal schauen, wo liegt eigentlich das Potential, was läuft schon gut, wo können wir Synergien nutzen, und das Gesamterlebnis muss dadurch im Vordergrund stehen. Das heißt, ich muss jetzt schauen, das ist ja die Herausforderung daran, dass nachher jeder Einzelne für sich einen Mehrwert daraus zieht und man nicht einfach nur, ich sag mal so eine hübsche Tapete an die Wand malt.
Götz Müller: Mir kommt da jetzt so ein ganz alter, zum Teil auch blöder Spruch in den Sinn, wenn man den ein bisschen weiterspinnt, ich interpretiere den jetzt mal, da gibt es ja von Henry Ford diesen Spruch: Wenn ich meinen Kunden gefragt hätte, was sie haben wollen, hätten sie schnellere Pferde gesagt. Da habe ich ja zumindest in dem Kontext mal die Kunden befragt, aus dem, was du jetzt angedeutet hast, habe ich eher rausgehört, ich habe den Pferdehändler gefragt, was er denn glaubt, was der nächste Trend ist, aber nicht die Menschen, die dann eben mit dem Pferd von A nach B kommen oder dem irgendwas hintendran schnallen, damit es was über den Acker zieht.
Tobias Jakob: Ja. Witzig, das so zu sehen. Ich glaube, es sind nachher zwei Sachen, die zusammenarbeiten, ja. Ich habe auf der einen Seite das Unternehmen, das am Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber auftreten möchte und auch so wahrgenommen werden möchte. Auf der anderen Seite habe ich natürlich das Thema Mundpropaganda, das einfach die stärkste Form des Marketings ist. Und das aktiviere ich nur, indem meine Mitarbeitenden auch wirklich zufrieden sind. Ja, das heißt, ich muss eigentlich beide Seiten zusammenbringen, dass ich sage okay, wir müssen jetzt erstmal analysieren, was die Bedürfnisse sind der Mitarbeiter, mal zu schauen: Okay, welche Handlungsfelder ergeben sich dann daraus? Und dann zeigt man sich, das raussucht, man kann ja als Unternehmen auch nicht alles machen, aber dann mal raussucht, ja, was denn den größtmöglichen Mehrwert bringt für die Mitarbeitenden und das Ganze dann zu Kommunikationszwecken und zum Markenaufbau zu nutzen, ist dann das, wo eigentlich die Synergie dahinter steckt, ja, dass ich sage okay, ich habe jetzt hier auf der einen Seite eine Arbeitgebermarke und irgendwo, ich nutze immer gerne die Metapher des Schaufensters, wo ich von außen reinschauen kann und dann hoffentlich auch das sehe, was mich später erwartet als potenzieller Bewerber zum Beispiel und die Mitarbeitenden einfach auch das Gefühl bekommen: Ja, es wird auch auf uns und unser Leben Rücksicht genommen und auch auf meine persönlichen und beruflichen Bedürfnisse eingegangen, weil nur so, ja, nur so lässt es sich nachher langfristig zusammenarbeiten.
Götz Müller: Mhm ja, und auch eben eine Form von Passung entwickeln, oder?
Tobias Jakob: Genau. Also es muss ja nachher, ich nehme auch immer gern das Beispiel vom Start-up, ja, in dem Start zu arbeiten ist ja etwas ganz anderes, als wenn ich jetzt bei einem großen Konzern arbeite und die Leute, die bei einem Startup arbeiten, die müssen sich eben damit auseinandersetzen und damit beschäftigen, dass sie wahrscheinlich vom Verdienst her weniger erwarten dürfen als bei einem Konzern. Ja, dann werden die Arbeitszeiten wahrscheinlich ganz anders aussehen als bei einem Konzern, aber was ich natürlich habe, ist ich hab eine super steile Lernkurve, ja, und mein Netzwerk vervielfältigt sich in kürzester Zeit und das ist so ein bisschen das, was man rausarbeiten muss, dass Leute, die sich dazu entscheiden, da zu arbeiten oder auch die sich dafür interessieren, dass die wissen, was auf sie zukommt, ja, und dann ist halt auch nicht wichtig, dass sich da 1000 Leute auf so eine Stelle bewerben, sondern es ist eigentlich am besten, da bewerben sich drei, die dafür passen, aber die müssen halt vorher wissen, was auf sie zukommt. Deswegen das Schaufenster.
Götz Müller: Ja, das ist eine schöne Metapher, dass ich dann, wenn ich im Laden drin bin und ans Regal gehe oder an den Kleiderständer gehe, dass ich dann dort auch die Dinge wiederfinde, die ich aus einem Schaufenster gesehen habe.
Tobias Jakob: Genau, und da ist so ein bisschen ja unser Motto oder unser Credo, ja, es muss um Authentizität gehen, das muss vor dem Hochglanz stehen, ja, das bedeutet das Bild, das ich nach außen vermittle, muss zur Realität passen. Das Nächste ist dann das Thema Partizipation, ja, viele Unternehmen scheuen sich noch so ein bisschen davor, da die Mitarbeiter wirklich mit einzubeziehen, aber das Thema ist ja, ich sollte ja nicht so eine Arbeitgebermarke für die Leute designen, wenn wir es mal so nennen, sondern, dass soll man mit denen designen, ja, weil nur wer sich da mit einbringt, der lebt es auch. Und ich kann ja nur das nach außen tragen, was auch wirklich gelebt wird, sonst kommen die Leute ins Unternehmen, merken, okay, vor der Fassade ist anders als hinter der Fassade und dann gehen sie wieder.
Götz Müller: Ja, ich bin jetzt mal die diese Schaufenster-Mode-Metapher bisschen weiter. Ein Stück weit werden, sprichwörtlich fast, die Kleiderschränke der Mitarbeiter geöffnet und mal reingeguckt und dann treten sie vielleicht ein bisschen, zumindest ist das so meine Metapher, und dann komme ich auf die Frage von vorhin zurück, sie müssen dann vielleicht, müssen in Anführungszeichen, vielleicht sogar fast ein bisschen als Model auf den Laufsteg durchs Schaufenster laufen oder ich sehe im Schaufenster ein Video, wo die Mitarbeiter ihren Kleiderschrank präsentieren. Kann man das so ausdrücken, oder ist das jetzt übertrieben?
Tobias Jakob: Ja, kann man so ausdrücken, finde ich eine schöne, ja, Zusatzmetapher. Es ist halt wichtig, dass die sich da so zeigen wie sie sind. Ja, das ist ja genau das Gleiche, wenn man ein Fotoshooting macht, dann kann man natürlich unbearbeitete Bilder irgendwo hochladen. Ja, das sieht natürlich ganz anders aus, wenn ich die dann schön nachbearbeitet habe, dann muss man natürlich dann schon vorsichtig sein, was man dann zeigt. Ja, also ruhig Ecken und Kanten zeigen, das kann ich allen Hörerinnen und Hörern nur empfehlen, zeigt Kante. Ja, ich sage mal dieses Ganze, auf Hochglanz polierte, das gibt es überall und das ist aber nicht das, wo sich Leute dazu hingezogen fühlen.
Götz Müller: Auch im Extremfall dann enttäuscht sind, wenn das halt dann eben nicht so aussieht, wie man es vorher im Schaufenster gesehen.
Tobias Jakob: Genau.
Götz Müller: Gut, aber jetzt bedeutet es ja, und ich möchte da den Punkt ein bisschen weiterspinnen eben, jetzt bedeutet das ja für die Mitarbeiter auch plötzlich noch eine, vielleicht zum Teil eine weitere Rolle, mit der sich so erstmal gar nicht geschätzt gerechnet haben, die jetzt vielleicht ungewohnt für sie ist. Was sind da deine Erlebnisse, wie gehen, wie reagieren die Menschen, wie geht man dann mit den, vielleicht auch das andere Mal eher zurückhaltend-ablehnenden um, im Sinne von ‚Boah, da muss ich mich, muss ich mir jetzt Gedanken machen, die ich mir vorher noch nie gemacht habe‘?
Tobias Jakob: Ja, ganz unterschiedlich eigentlich. Also oft ist es ja so, wenn man etwas Neues hört oder etwas Neues einem über den Weg läuft, dann ist man erst mal ja skeptisch und misstrauisch, aber es geht ja darum, dass man im ersten Schritt einen Mehrwert für die Mitarbeiter generieren will. Also in unseren Employer-Design-Projekten steht erstmal der Mitarbeiter im Vordergrund, dass es mal drum geht: Okay, was hast du für persönliche und berufliche Ziele und wie könnte dir dein Unternehmen, dein Arbeitgeber dabei helfen, da auch dran zu arbeiten bei uns? Und es ist tatsächlich so, wenn das geschickt kommuniziert ist, verstehen die Leute schnell, dass für sie eigentlich nur ja eine positive Entwicklung startet mit dem Projekt und, ja, die Leute viele Ideen haben die auch andere haben, das merkt man ganz oft, dass sobald einer anfängt zu sagen ‚Ja, hier das oder das könnte man ändern‘, zum Beispiel zum Thema Karrierepfade, dass es da eine Idee gibt, wie man im Unternehmen gewisse Karrierepfade aufsetzen kann, dass dann andere, sagen: Ja, das ist voll die gute Idee, und dann entstehen noch mal neue Ideen daraus. Und da die Mitarbeitenden mit dazu zunehmen, das mitzugestalten, kann natürlich auch eine Lawine auslösen und dann muss man die Leute eher wieder einbremsen, wenn man sagt, okay, wir können auch nicht alles machen.
Götz Müller: Wobei ich mir vorstellen könnte, dass man auch mit dieser Aussage, die natürlich, glaube ich, schon verständlich ist, im Sinne von begründet, muss man natürlich insofern möglicherweise aufpassen, dass man nicht vorher dann falsche Hoffnungen geweckt hat, die hinterher enttäuscht werden.
Tobias Jakob: Genau, also ich sage mal, vom generellen Vorgehen ist es natürlich schon mal so, dass man in der Erstanalyse mal schaut, okay, wie ist denn eigentlich das Stimmungsbild und mit dem Stimmungsbild, ja, geht man zur Geschäftsleitung, zur Personalleitung und bespricht das mal. Ja, wir schauen uns dann erstmal an, welche Handlungsfelder sich überhaupt ergeben, ja, kann ja sein, das größte Handlungsfeld ist das Thema Führung und das zweite Handlungsfeld ist das Thema Personalentwicklung. Und dann besprechen wir natürlich mit der Geschäftsführung ja, in welche Richtung wir jetzt dann da gehen sollen. Und genau mit dem Filter gehen wir dann auf die Mitarbeitenden los, wenn man es so sagen will und dann hat man ja schon ein abgegrenztes Themenfeld und dann lässt man die einfach mal brainstormen. Und, ja, viele Leute oder viele Köpfe sind schlauer als ein Kopf und dann kommt oft eine sehr passende Lösung raus, die wirklich für die meisten davon auch wirklich sehr viel bringt.
Götz Müller: Ja, und ich höre auch, ich greife da den Begriff von dir noch mal auf, eben authentisch, weil es nicht von irgendwie von oben von außen übergestülpt ist, sondern weil es von innen raus entstanden ist.
Tobias Jakob: Genau. Und oftmals ist es auch so, wenn, ich nehme wieder dieses Top-Down-Bottom-up-Prinzip. Ja, Top Down ist nachher ein Kopf, der das irgendwie für alle passend machen soll, dass das natürlich oft sehr schwierig ist in der Praxis, das ist auch klar. Wenn ich aber sag, okay, Leadership zum Beispiel ist ein Thema, da hat ja jeder Berührungspunkte, so, warum sollen wir nicht gemeinsam an dem Konzept arbeiten, um das nachher für alle passend zu machen? Ja, da kann man jetzt das ist jetzt auch kein Wünsch-dir-was, aber man kann ja schon sagen, okay, hier, Wertschätzung ist ein Thema, Feedback ist ein Thema, Entwicklungsmöglichkeiten ist ein Thema, das man dann sagt: Okay, und die drei Themen gehen wir jetzt an und gießen das nachher in ein passendes Führungskräftekonzept.
Götz Müller: Jetzt ist mir in der Vorbereitung zu der Episode, wo ich mich ein bisschen umgeguckt habe auch bei euch, ist mir da der Begriff Flow aufgefallen und als Lean-Mensch wird mir da, glaube ich, sehr aufmerksam, weil natürlich das Fluss-Prinzip ein sehr wichtiges Element ist, eben dass die Dinge fließen. Was bedeutet jetzt hier aber Flow im Sinne des Arbeitsalltags? Und was ergibt sich darauf auf die Themen eben, die wir besprochen haben?
Tobias Jakob: Flow ist im Endeffekt das Ergebnis von dem erfolgreichen Employer Design. Ja, wir greifen noch mal das Thema Führung auf, ja wenn wir eine Führung haben, die unsere Mitarbeiter sowohl befähigt als auch in ihrer Arbeit unterstützt, ja, dann kommen die in einen Bereich, wo sie sehr leistungsfähig sind, ja, wo ihnen Aufgaben mühelos von der Hand gehen, wo vielleicht auch die Zeit schnell rumgeht, weil sie weder überlastet noch unterlastet sind. Und das nennt man ja Flow, ja, dass jemand in seinem Leistungsoptimum arbeitet und da ist es halt einfach wichtig, wir nehmen wieder das Thema Führung, ja, dass man erst mal seine Leute kennt, ja, von mir aus mal eine Stärkenanalyse macht, mal schaut, okay, welche Fähigkeiten haben die Leute, was ist ihre Persönlichkeit und dass man dann entsprechend eben ja klare Ziele vereinbart, dass es ein Feedback gibt und dass die Leute einfach, ja, so eingesetzt werden, wie es halt ihren Stärken entspricht.
Götz Müller: Da höre ich dann eben auch raus, was denn also, weil es eben wieder ein Lean-Thema ist, was behindert den Flow, sind, glaube ich, auch hier Gedanken, die man sich macht, auch wenn das eine andere Form von Flow ist. Was sind das und wir können es ja wieder an dem Thema Führung festmachen, was sind denn typische Hindernisse, die diesem Flow im Sinne des Csikszentmihalyi, die dem entgegenwirken, die dort als Barriere stehen?
Tobias Jakob: Genau, also zuerst mal unklare Ziele oder Erwartungen, ja, wenn ich nicht weiß, was eigentlich die Ziele sind, dann kann ich ja auch auf nichts wirklich gut hinarbeiten. Dann natürlich klar fehlendes Feedback. Ich denke, jeder der Mal unter einer Führungskraft gearbeitet hat, sieht wie schwierig das ist, mit dem Thema Feedback, ja. Wenn ich keine Schleife habe, die mich dann immer wieder neu steuert, in welche Richtung es eigentlich gehen sollte, dann ist es natürlich schwierig, so einfach mal draufloszulaufen. Dann ja, Überforderung, Unterforderung hatten wir vorher auch schon, ja, es geht darum, sowohl ja das Skillset und die Persönlichkeit des Mitarbeiters mit den Mitarbeiterinnen zu berücksichtigen und eben halt die Aufgabe so zu wählen, dass man da einfach in dem guten Mittel ist, und wenn man natürlich die ganze Zeit überfordert ist oder unterfordert ist, ja, dann ist halt auch das Arbeitsergebnis nicht so gut.
Götz Müller: Eine Frage, die ich auch gern so bisschen mit Blick auf die Zeit zum Abschluss stelle, wie sich die Dinge noch weiterentwickeln. Ich meine, jetzt seid ihr den Schritt gegangen, vom Branding zum Design. In meiner Welt ist so etwas wie Stillstand im Grunde auch Rückschritt, weil ich immer irgendwo Potenzial habe, Dinge noch zu verändern, eben zu verbessern. Was ist deine Projektion in die Zukunft, was man da noch tun kann, was vielleicht heute schon am Horizont steht, aber nicht das allerwichtigste gerade ist.
Tobias Jakob: Also da fallen mir gleich fünf Sachen ein, die noch so, ich sage mal zum Teil in den Kinderschuhen stecken, zum Teil auch schon ganz gut gemacht werden und zwar generell, so ist unser Ansatz, muss es ja drum gehen, dass es ein gesamtheitliches Konzept wird, ja, weil oft ist halt in HR-Abteilungen das klassische HR-Silo und jeder sieht halt nur so seinen Bereich, aber als Unternehmen, als Organisation gibt es sehr viel Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Bereichen, zwischen den unterschiedlichen Menschen, unterschiedlichen Hierarchien und man muss einfach versuchen, das ganze gesamtheitlich zu sehen, weil wenn ich ein Auto habe, dann entwickle ich auch nicht nur den Motor weiter, sondern ich entwickle auch das Fahrwerk und die Steuerung und was es alles gibt und so muss ich das auch als gesamtes System verstehen. Dann, was auch immer wieder ist, wenn ich auf Homepages gehe von Unternehmen, Authentizität ist nicht unbedingt das, was man da auf den ersten Blick sieht, ja, da sind irgendwelche Stock-Bilder drin und so weiter ja. Es muss einfach darum gehen, dass man wirklich zeigt, wer man ist und das mag auch nicht immer für jeden passen, aber das ist dann auch nur ehrlich und fair. Dann ist ein Punkt menschenzentriertheit, es muss viel mehr darum gehen, was denn eigentlich Menschen für persönliche und berufliche Ziele verfolgen und vielleicht auch erstmal nicht, welches Ziel das Unternehmen verfolgt, ja, weil jemand, der sich bewirbt, ist ja erstmal kein Kunde, sondern der möchte da arbeiten. Dann das Thema partizipativ, ja, es muss einfach die Möglichkeit geben, auch als Mitarbeitender an der Kultur und auch an dem ganzen Thema Organisation mitarbeiten zu können. Ja, viele reden von dem Thema Purpose, ja, Purpose ist schön und recht, aber der Purpose muss ja irgendwie auch für einen selber sein, und wenn man das Gefühl hat, dass man selber an der Organisation mitentwickeln kann, ist es doch auch ein schönes Gefühl. Das ist wie daheim, da kann man auch sagen, okay, die Vase gefällt mir, die stelle ich mir ins Wohnzimmer und dann gefällt mir die Vase noch viel schöner, als wenn mir jemand eine schöne Vase ins Wohnzimmer stellt. Und der letzter Punkt ist das Thema datenorientiert, das habe ich jetzt vorher nicht mehr mit angebracht, aber das ganze Thema Employer Design und das, was nachher dabei rauskommt, lässt sich in Kennzahlen messen, ja, Mitarbeiterzufriedenheit, Thema Fluktuation, dann Einstellungszeit, ja, von wo das Onboarding anfängt bis der Mitarbeiter nachher im Unternehmen anfängt, kann deutlich verkürzt werden, wenn man das ganze gesamtheitlich sieht. Und ja, wer sich hier klug aufstellt in den ganzen Bereichen, der gewinnt nicht nur Talente, sondern der baut halt langfristig eine Bindung auf und eine Verbindung auf, zu seinen Unternehmern, zu seinen Mitarbeitern und wer sich in den Bereichen klug aufstellt, der gewinnt nicht nur Talente, sondern baut auch eine langfristige Bindung und viel wichtiger Verbindung auf zu seinen Mitarbeitern und die Mitarbeiter zu ihrer Firma, zu ihrem Unternehmen, und dann sind alle happy. Das ist die optimale Welt.
Götz Müller: Ja, ich glaube, man muss sich ein Stück weit schon vorstellen, auch dazu bereit sein, selbst wenn man trotzdem vielleicht das Gefühl hat, das ist so weit weg, da werde ich vielleicht im Extremfall nie ankommen, aber wenn ich halt mich gar nicht auf den Weg mach, dann werde ich sicher nicht ankommen.
Tobias Jakob: Ja, es geht darum, es ist alles ein ständiger Wandel und natürlich, alleine wenn ich mir anschaue, die Generationenwechsel oder wenn eine Generation auf die nächste folgt, dann ändern sich Bedürfnisse schlagartig und dann muss man sich wieder auf ein neues Umfeld einstellen. Und so wird sich das die ganze Zeit weiterentwickeln.
Götz Müller: Ja, ich glaube, was dann automatisch passiert, wenn ich in dieser kontinuierlichen Entwicklung bin, dass es mir dann auch in der Zukunft, wenn eine weitere Veränderung von außen in irgendeiner Form stattfindet, dass ich mich halt dann viel leichter tue, damit umzugehen und nicht halt auf den eingetretenen Pfaden der vergangenen Jahrzehnte unterwegs bin.
Tobias Jakob: Ja, das kann ich voll und ganz unterschreiben.
Götz Müller: Gut, Tobias, ich fand das jetzt sehr spannend. Ich habe da viele Lean-Elemente drin gehört, natürlich durch meine Ohren, durch meine Brille betrachtet, ich glaube, ich vermute mal, dass du die in der Form gar nicht aufgehabt hast und ich finde es halt insofern spannend, ein Stück weit vielleicht auch fast beruhigend, wenn jemand aus einem ganz anderen Kontext vergleichbare Ideen entwickelt, weil dann kann es ja nicht so völlig verkehrt gewesen sein, was andere, wie gesagt, durch die Lean-Brille betrachtet seit Jahrzehnten predigen manchmal, möchte ich fast ausdrücken, und doch viel zu oft ignoriert wird und man dann aber hinterher merkt, irgendwie funktioniert es nicht und dann wird die Schuld halt auf das Thema Lean geschoben und es liegt eigentlich an ganz anderen Dingen.
Tobias Jakob: Oh, das kann ich voll unterschreiben.
Götz Müller: Ja, deshalb, Tobias, ich danke dir für deine Zeit, für die mal ganz anderen Einblicke in eine, aber ich glaube ziemlich universelle, ich versteige mich zu dem Wort Weisheit.
Tobias Jakob: Hat mich auch sehr gefreut, Götz. Vielen Dank für die Einladung.
Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Tobias Jakob zum Thema Employer-Design-Prozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 367.
Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei Apple Podcasts. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.
Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
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